Schieß- und Einsatztrainingszentren der rheinland-pfälzischen Polizei

Schieß- und Einsatztraining hat bei der Polizei eine sehr hohe Bedeutung. Im Spätjahr wurden die neuen Schieß- und Einsatztrainingszentren in Wittlich bzw. Enkenbach eröffnet.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Auf welchen Überlegungen fußt die weitgehende Zentralisierung des Schieß- und Einsatztrainings der rheinland-pfälzischen Polizei?

2. Wie hoch waren die Investitionen für die Errichtung der Schieß- und Einsatztrainingszentren in Enkenbach-Alsenborn und Wittlich-Wengerohr?

3. Welche Funktionalitäten bieten die beiden Anlagen?

4. Welche Trainingsfrequenzen und Leistungsabnahmen sehen die Landesvorschriften vor?

5. Wie viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte absolvieren ihr Training in den neuen Anlagen?

Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 25. Januar 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Für das Schießtraining der Polizei wurden bisher mehr als 50 überwiegend private und militärische Schießanlagen genutzt. Diese Anlagen waren abhängig vom Betreiber auf das sportliche oder militärische Schießen ausgerichtet und konnten daher den speziellen polizeitaktischen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Hinzu kam, dass sie als Fremdanlagen auch von anderen Organisationen genutzt wurden und insoweit für das polizeiliche Schießtraining nur eingeschränkt zur Verfügung standen.

Aus den genannten Gründen orientierte sich das polizeiliche Schießtraining in der Regel an den örtlichen Gegebenheiten. Integrierte Schieß- und Einsatztrainings (z. B. Fahrzeug- und Personenkontrollen, die Vollstreckung von Haftbefehlen oder die Beherrschung von Amoklagen) waren auf den Fremdanlagen nicht möglich.

Zudem konnten die für das einsatzmäßige polizeiliche Schießen geltenden Sicherheitsbestimmungen sowie die aktuellen gesetzlichen Anforderungen des Arbeitsschutzes auf den angemieteten Anlagen nicht vollständig eingehalten werden.

Die dargestellten Problemstellungen führten zu der Entscheidung der Landesregierung, das polizeiliche Schießtraining auf polizeieigene Schießanlagen zu verlagern und hierzu unter Nutzung vorhandener Gebäudekapazitäten zwei neue Schieß- und Einsatztrainingszentren in den Liegenschaften der Bereitschaftspolizei an den Standorten Wittlich-Wengerohr und Enkenbach-Alsenborn zu errichten.

Die neuen polizeieigenen Anlagen ermöglichen es, das künftige Schieß- und Einsatztraining gezielt an den speziellen taktischen Anforderungen der Polizei zu orientieren, zu intensivieren und es praxisnah und landesweit einheitlich zu gestalten.

Die Polizei wird von privaten und militärischen Schießanlagen weitestgehend unabhängig und wird in den neuen Anlagen u. a. durch moderne Lüftungstechnik, Raumluftüberwachung, Geschoss-Rückprallschutz sowie durch Explosions- und Brandschutz allen aktuellen Anforderungen des Arbeits- und Unfallschutzes gerecht.

Zu 2.: Die Investitionskosten für die Errichtung der Schieß- und Einsatztrainingszentren in Enkenbach-Alsenborn und Wittlich-Wengerohr belaufen sich insgesamt auf annähernd 11,5 Millionen Euro.

Davon hat der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) etwa zehn Millionen Euro in die Um- und Ausbauten der bereits vorhandenen Gebäude (4,8 Mio. Euro in Enkenbach-Alsenborn und 4,9 Mio. Euro in Wittlich-Wengerohr) investiert. Hinzu kamen zirka 1,5 Millionen Euro aus dem Polizeihaushalt für die computergestützte Schießanlagentechnik.

Zu 3.: Die neuen Schieß- und Einsatztrainingszentren in Wittlich-Wengerohr und Enkenbach-Alsenborn gehören zu den modernsten und leistungsfähigsten Anlagen dieser Art in Deutschland.

Die Anlage auf dem Gelände der 2. Bereitschaftspolizeiabteilung in Wittlich-Wengerohr bietet im Erdgeschoss zwei 25-Meter-Schießbahnen sowie eine 180-Grad-Schießbahn.

Auf diesen Bahnen ist das Schießtraining im Nahbereich (ab drei Meter) ebenso möglich wie das Schießen auf interaktive Ziele mittels lebensnaher Video-Projektion, das Nachtschießen, das Schießen im Team (mit separater Trefferauswertung), das Notwehrschießen und das Schießen unter Ablenkung durch optische und akustische Irritationen.

Die EDV-gesteuerte Darstellung der statischen und beweglichen Ziele ermöglicht die personalisierte elektronische Treffererkennung, -auswertung und -dokumentation.

Alle Trainings können aufgezeichnet werden. Auch die Video-Einspielung von Außentrainings und interaktiven Live-Szenen mittels sogenannter Bluebox-Technik ist möglich.

Die 180-Grad-Anlage erlaubt das Schießen in drei Richtungen und damit u. a. auch die Aus- und Fortbildung von Spezialeinheiten sowie das Üben von Amoklagen.

Neben einem „echten Schuss" aus Pistole und Maschinenpistole ermöglichen alle Anlagen auch das kontrollierte Üben mit Lasergestützten Simulationswaffen und Pfefferspray.

Das Obergeschoss der Anlage in Wittlich-Wengerohr verfügt über eine komplett eingerichtete Trainingswohnung sowie eine Trainingsgaststätte, die zum Schalterraum einer Bank umgebaut werden kann. Hinzu kommen eine Trainingsstraße mit Fahrzeugen, ein Seminarraum und ein Bluebox-Studio. In allen Trainingsräumen besteht die Möglichkeit der Videoaufzeichnung und der Übertragung der Aufzeichnungen in den Seminarraum.

Für das Schießtraining stehen in der Anlage in Enkenbach-Alsenborn drei Standard-Schießbahnen und eine 180-Grad-Anlage zur Verfügung. Die Schießtechnik ist identisch mit der Anlage in Wittlich-Wengerohr. Für das Einsatztraining werden die in der Liegenschaft disloziert verfügbaren Anlagen und Räume genutzt.

Zu 4.: Die vorgeschriebenen Trainingsfrequenzen und Leistungsabnahmen für die rheinland-pfälzischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind in der bundesweit gültigen Polizeidienstvorschrift 211 und in dem seit dem August 2009 geltenden neuen Landesteil „Schieß- und Einsatztraining in der polizeilichen Aus- und Fortbildung" festgeschrieben.

Sie basieren auf landesweit gültigen Trainingsstandards, die von der bei der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz nunmehr eingerichteten Zentralstelle für das Schieß- und Einsatztraining (ZSET) definiert wurden.

Danach sind alle polizeilichen Einsatzkräfte verpflichtet, pro Jahr an drei Schießtrainings und spätestens alle zwei Jahre an einem eintägigen Einsatztraining teilzunehmen und die Schießfertigkeit durch das erfolgreiche Absolvieren einer sogenannten Kontrollübung mit der Pistole und der Maschinenpistole nachzuweisen. Für Polizeikräfte, die ausschließlich in administrativen Bereichen tätig sind, gelten entsprechend geringere Anforderungen.

Zu 5.: Die Begrenzung der Anfahrtszeiten und -strecken war neben der optimalen Auslastung der Trainingskapazitäten bestimmend für die Zuordnung der einzelnen Polizeidienststellen zu dem jeweiligen Schieß- und Einsatztrainingszentrum.

Zusammen mit den Auszubildenden im Diplom- bzw. Bachelor-Studiengang „Polizeidienst" am Fachbereich Polizei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung absolvieren derzeit annähernd 5 700 der insgesamt ca. 10 000 Waffenträgerinnen und Waffenträger der Polizei Rheinland-Pfalz ihr Schieß- und Einsatztraining in einem der beiden neuen Trainingszentren in EnkenbachAlsenborn und Wittlich-Wengerohr.

Auch die Angehörigen der polizeilichen Spezialeinheiten (SEK, MEK) nutzen die hervorragenden Trainingsmöglichkeiten, die ihnen die neue Technik bietet.

Die verbleibenden etwa 4 300 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten trainieren derzeit in den ebenfalls polizeieigenen Schieß- und Einsatztrainingsanlagen in Mainz und Koblenz.