Soziologe Werner Wüstendörfer im Auftrag der Stadt Nürnberg durchgeführt hat zeigt das

80 Hier kommt es häufiger zu „unsichtbaren" oder „verdeckten" Formen von Einkommensarmut. Im Gegensatz zur „alten" beziehungsweise verfestigten Armut sind die Chancen, der Armut wieder zu entkommen, deutlich besser.

Ausschlaggebend dafür sind Ressourcen, wie zum Beispiel höheres Bildungsniveau, soziale Netze, Eigenaktivitäten und Kompensationsmöglichkeiten.

Vorurteile

Obwohl „Armut" mittlerweile in Deutschland kein „Tabu-Thema" mehr ist, sehen sich bedürftige Familien dennoch mit Vorurteilen konfrontiert. So wird in der öffentlichen Diskussion um zusätzliche Leistungen für einkommensarme Familien der Vorwurf erhoben, die zusätzlichen Mittel kämen nicht bei den Kindern an, sondern dienten einem nicht wünschenswerten Konsum der Eltern ­ zum Beispiel für Alkohol oder Tabak. Dahinter steht das Bild von „Sozialhilfefamilien", die sich um nichts kümmern und ihre Kinder verwahrlosen lassen. Das ist jedoch ein Zerrbild, das einzelne Fälle unzulässig verallgemeinert. Eine aktuelle Studie, die der Soziologe Werner Wüstendörfer im Auftrag der Stadt Nürnberg durchgeführt hat, zeigt das Gegenteil.

Nur wenige Eltern sparen bei ihren Kindern. Nach dieser Untersuchung verzichteten die Eltern in 93 Prozent der befragten Familien auf genauso viel oder auf mehr als ihre Kinder. Am seltensten sparten die Befragten bei Essen beziehungsweise Lebensmitteln und bei ihren Kindern (Ausgaben für Schule, Kinderkleidung, Kinderspielzeug). Am meisten schränkten sie sich bei Urlaub, Ausflügen, Wohnungseinrichtung, beim Ausgehen und bei der Kleidung der Mütter und Väter ein.

Einkommensarmut von Familien

Besonders von Armut bedroht sind Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren, die eine Armutsgefährdungsquote von 44,2 Prozent (Stand: 2008) aufweisen. Überdurchschnittlich hoch ist das Armutsrisiko auch bei Haushalten mit zwei Erwachsenen und drei oder mehr Kindern. Hier liegt die Armutsgefährdungsquote bei 24,6 Prozent (Stand: 2008)

Zander, Prof., Margherita. a.a.O. Seite 19

Wüstendörfer, Werner. Dass man immer nein sagen muss ­ eine Befragung der Eltern von Grundschulkindern mit Nürnberg-Pass. 30. Tabelle A.1.1.11 Rheinland-Pfalz. Armutsgefährdungsquoten in % nach soziodemografischen Merkmalen.

Hervorzuheben ist, dass Haushalte (Paare) ohne Kinder ein unterdurchschnittliches Einkommensarmutsrisiko haben; ihre Armutsgefährdungsquote beträgt 9,9 Prozent (Stand 2008).

Familien in der Grundsicherung für Arbeitssuchende

Die Grundsicherung für Arbeitssuchende dient ­ wie auch die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - der Vermeidung von Armut. Die Zahl der Leistungsberechtigten zeigt aber: Viele Menschen besitzen ein so geringes Einkommen und Vermögen, dass sie auf sozialstaatliche Unterstützung angewiesen sind. Auskunft über die Zahl von Familien, die Grundsicherung für Arbeitssuchende in Anspruch nehmen, gibt die Statistik zu Bedarfsgemeinschaften.

In Rheinland-Pfalz gab es im Juni 2009 insgesamt 121.641 Bedarfsgemeinschaften; davon 24.317 Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender.

8.4. Alleinerziehende

Die Zahl der Alleinerziehenden in Deutschland steigt seit Jahren stetig. Während deutschlandweit in den 1970er Jahren der Anteil an Alleinerziehenden-Haushalte bezogen auf alle Haushalte mit Kindern noch weniger als zehn Prozent betrug, waren es im Jahr 2007 in Gesamtdeutschland bereits 18,3 Prozent. In Rheinland-Pfalz lag der Anteil mit 19,8 Prozent noch etwas höher; 2008 stieg er auf 21,1 Prozent (= 131.300 alleinerziehende Personen).

Davon waren 76.200 Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren; davon 68. alleinerziehende Frauen. 17,8 Prozent der Familien mit Kindern unter 18 Jahren waren Alleinerziehendenfamilien (Westdeutschland 17,3 Prozent) und 18,7 Prozent aller Mütter war alleinerziehend (Westdeutschland: 15,3 Prozent). Alleinerziehende sind zu einem höheren Anteil jünger [unter 30 Jahren (18 Prozent)] oder älter [über 47 Jahren (11,6 Prozent)] als Mütter in Partnerschaften.

Haushalte mit Kindern und nur einem Elternteil haben ein erhöhtes Armutsrisiko. Sie sind öfter und länger auf staatliche Transferleistungen angewiesen als andere Haushalte.

Von allen Alleinerziehenden in Deutschland erhalten beispielsweise 41 Prozent Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Dieser Anteil ist laut einer Untersuchung des IAB dauerhaft ungefähr viermal so hoch wie die Quote für Paare mit minderjährigen Kindern. Frauen stellen nicht nur den überwiegenden Teil der Alleinerziehenden, sondern weisen den Zahlen der SGB II-Prozessdaten folgend zudem ein höheres Armutsrisiko auf als alleinerziehende Männer.

Besonders der Anteil junger Mütter kann Einfluss auf das Armutsrisiko der Alleinerziehenden haben, da die Vermutung nahe liegt, dass junge Mütter mit einer höheren Wahrscheinlichkeit keine abgeschlossene Berufsausbildung oder keinen Schulabschluss haben.

Bieräugel, Roland; Heid, Sabine; Larsen, Sabine; Schmid, Alfons. Studie zu den Ursachen eines erhöhten Armutsrisikos bei Alleinerziehenden insbesondere in Rheinland-Pfalz. 2009. S. 5

Lietzmann, Torsten. Warum Alleinerziehende es besonders schwer haben. IAB-Kurzbericht 12/2009. S. 1

Lietzmann, Torsten (2009), S. 2

Laut den SGB II-Prozessdaten waren von den rund 24.100 Alleinerziehenden, die Ende 2006 in Rheinland Pfalz SGB II-Leistungen erhielten, lediglich 5% Männer. Der Anteil der männlichen Alleinerziehenden an den Alleinerziehenden mit SGB II-Bezug ist somit niedriger als ihr Anteil an den Alleinerziehenden insgesamt.