Täuschungshandlungen zur Erlangung von Einbürgerungen in Rheinland-Pfalz
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 24. Mai 2006 (Az: 2 BvR 669/04) entschieden, dass täuschungsbedingte Einbürgerungen auf der Grundlage allgemeiner Bestimmungen zur Rücknahme von rechtswidrigen Verwaltungsakten zurückgenommen werden können.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Personen wurden seitIn-Kraft-Treten des neuenStaatsangehörigkeitsrechts durch rheinland-pfälzischeEinbürgerungsbehörden eingebürgert (bitte auflisten nach Einbürgerungsbehörden)?
2. Wie viele Täuschungen der Einbürgerungsbehörden durch Antragsteller wurden seit In-Kraft-Treten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts (bitte auflisten nach Einbürgerungsbehörden) festgestellt?
3. In welcher Art und Weise wurde seither bislang getäuscht bzw. dieses versucht?
4. Wurden bei festgestellten Täuschungshandlungen strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet, ggf. aus welchen Gründen?
5. In wie vielen Fällen wurden seither Einbürgerungsanträge abschlägig beschieden (bitte auflisten nach Einbürgerungsbehörden), in wie vielen Fällen reichten die Betroffenen Widerspruch bzw. Klage ein (bitte ggf. Gründe benennen)?
6. Wie ist die Haltung der Landesregierung zum Vorschlag, dass der so genannte Einbürgerungsbetrug (auf vorsätzlicher Täuschung basierende Einbürgerung) unter Strafe gestellt werden sollte?
Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. Juni 2006 wie folgt beantwortet:
Zu Frage 1: Seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts am 1. Januar 2000 wurde in Rheinland-Pfalz bis zum 31. Dezember 2005 insgesamt 41 453 Personen die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung verliehen. Statistische Angaben für das Jahr 2006 stehen noch nicht zur Verfügung, da die Einbürgerungsstatistik jeweils im Folgejahr erstellt wird. Die Einbürgerungen verteilen sich wie folgt auf die Landkreise und kreisfreien Städte.
Nach den eingeholten Auskünften der ADD sowie der Kreis- und Stadtverwaltungen gab es seit dem 1. Januar 2000 in lediglich 16 Fällen Anhaltspunkte für mögliche Täuschungen im Einbürgerungsverfahren durch die antragstellenden Personen. In allen Fällen
KV Altenkirchen (1), KV Bad Kreuznach (1), KV Germersheim (2), KV Mainz-Bingen (2), KV Mayen-Koblenz (1), KV RheinHunsrück-Kreis (1), KV Rhein-Lahn-Kreis (1), SV Frankenthal (2), SV Ludwigshafen (2), SV Trier (2), SV Worms (1) wurden Verfahren zur Rücknahme der Einbürgerung eingeleitet.
In sechs der vorgenannten Fälle sind bereits Bescheide über die Rücknahme der Einbürgerung ergangen. In einem dieser Verfahren ist ein Widerspruch anhängig, über den noch nicht entschieden ist. In einem anderen Rücknahmeverfahren wurde der Bescheid der Behörde durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung aufgehoben.
Zu Frage 3: Hinsichtlich der Art und Weise der nachträglich festgestellten Täuschungen haben die Behörden folgende Sachverhalte benannt: Falsche Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit, keine Angaben über das Scheitern der Ehe mit dem deutschen Ehegatten, Verschweigen einer Doppelehe, keine Mitteilung über die Einleitung eines Strafverfahrens, keine Mitteilung über die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse, Fälschung der Unterschrift des anderen sorgeberechtigten Elternteils, Verneinung von verfassungsfeindlichen Aktivitäten. die Aushändigung der durch die ADD ausgestellten Einbürgerungsurkunden erfolgt grundsätzlich durch die für den Wohnort der oder des Betroffenen zuständige Kreis- oder Stadtverwaltung.
Landtag Rheinland-Pfalz 15.Wahlperiode Drucksache 15/43
Bei anhängigen Einbürgerungsverfahren von mit Deutschen verheirateten Antragstellerinnen oder Antragstellern wurde vereinzelt festgestellt, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr gegeben war. Auch über während des Einbürgerungsverfahrens eingetretene Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen, insbesondere den wirtschaftlichen Verhältnissen, oder über eingeleitete strafrechtliche Verfahren wurde die Behörde teilweise nicht unterrichtet. Über solche Verletzungen der verfahrensrechtlichen Obliegenheiten erlangt die Behörde regelmäßig im Rahmen der in Einbürgerungsangelegenheiten durchzuführenden Prüfungen Kenntnis. Soweit danach die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung nicht vorliegen, wird der antragstellenden Person empfohlen, den Einbürgerungsantrag zurückzunehmen, oder es erfolgt eine ablehnende Entscheidung.
Zu Frage 4: Die staatsanwaltschaftliche Praxis hat lediglich zwei Fälle mitgeteilt, in denen aufgrund von Täuschungshandlungen im Zusammenhang mit Einbürgerungen Ermittlungsverfahren eingeleitet geworden sind.
In einem Fall bestand aufgrund einer Strafanzeige der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich der Verdacht gegen eine Beschuldigte, im Rahmen ihres Einbürgerungsantrags ein verfälschtes Dokument über die Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit vorgelegt und damit eine Urkundenfälschung begangen zu haben. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, weil ein Tatnachweis letztendlich nicht zu führen war.
In einem anderen Fall aus dem Jahr 2001 wurde ein Angeklagter in Koblenz wegen mittelbarer Falschbeurkundung schuldig gesprochen und mit Strafvorbehalt verwarnt, da er die Einbürgerung für sich und seine Familie unter einer falschen Identität beantragt und erwirkt hatte.
Ergänzend ist auf ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Frankenthal aus dem Jahr 2001 hinzuweisen, das wegen falscher Angaben zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung unter dem Gesichtspunkt eines Vergehens gegen das frühere Ausländergesetz (AuslG) geführt worden ist. Im dem späteren Einbürgerungsverfahren unterließ es der Angeklagte sodann, die falschen Angaben richtig zu stellen. Die Verurteilung erfolgte wegen Erschleichens einer Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG.
Zu Frage 5: Statistische Erhebungen über Ablehnungen in Einbürgerungsverfahren erfolgen nicht; es werden lediglich die vollzogenen Einbürgerungen erfasst (vgl. Antwort zu Frage 1). Auch führen die Einbürgerungsbehörden keine entsprechenden Aufzeichnungen.
Der Landesregierung liegen lediglich die zu Frage 2 gemachten allgemeinen Angaben vor.
Zu Frage 6: Nicht nur wegen des offensichtlich sehr geringen Fallaufkommens bestehen Zweifel an der Notwendigkeit, für den sog. „Einbürgerungsbetrug" eine gesonderte Strafvorschrift zu schaffen. Die geschilderten Fälle zeigen vielmehr, dass bereits nach geltendem Recht ein strafrechtliches Instrumentarium vorhanden ist, um auf Täuschungen im Zusammenhang mit der Einbürgerung angemessen reagieren zu können.