Gastronomie

Datenschutzbericht 2008/2009 | 3. Arbeitsschwerpunkte des LfD diversen Foren, Informationsveranstaltungen und Podiumsdiskussionen, die von anderen privaten und öffentlichen Stellen organisiert wurden.

Lehrveranstaltungen des LfD Versteht man Datenschutz als Bildungsaufgabe, geht es nicht nur um die Weiterbildung und darum, was die Schulen zur Datenschutzerziehung beitragen können.

Auch die Hochschulen müssen in die Pflicht genommen werden. Der LfD hat versucht im Rahmen seiner Kapazitäten selbst einen Beitrag zur Datenschutzbildung im Hochschulbereich zu leisten. Im Rahmen eines Lehrauftrags der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer führt er ­ gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Dienststelle ­ seit einigen Semestern eine Lehrveranstaltung zum Datenschutz in Gesetzgebung und Praxis durch. Das Interesse von Seiten der Studierenden ist groß. Nach sehr positiver Evaluation wird die Veranstaltung auch im kommenden Semester fortgeführt.

Videoüberwachung

Allgemeines Zigtausende Videokameras werden zurzeit zur Überwachung von Supermärkten und Kaufhäusern, von Einkaufspassagen und Tankstellen, von Bahnhöfen und Sparkassen, aber auch von Schulen und Hochschulen, von Gerichten und städtischen Bussen in Rheinland-Pfalz eingesetzt. Sowohl nach § 34 LDSG als auch nach § 6b BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Insbesondere muss die Videoüberwachung erforderlich sein und die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen müssen durch entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen ausreichend geschützt werden. Mittlerweile sind aufgrund der technologischen Fortentwicklung diese Kameras häufig nicht mehr als solche zu erkennen, sondern ähneln kleinen Lampen mit wenigen Zentimetern Durchmesser. Auch trennen uns nur noch ein paar Entwicklungsschritte von einer „intelligenten Videoüberwachung", die Gesichter erkennen und auf bestimmte „auffällige" Bewegungen von „Zielpersonen" reagieren kann. Insbesondere die datenmäßige Vernetzung der Kameras ist in Teilbereichen bereits machbar. So gesehen stehen wir an einem Scheideweg: Entweder die unkontrollierte und unkontrollierbare Ausbreitung der Videoüberwachung hinzunehmen, die unser Privatleben weiter einschränken und unser Verhalten zunehmend beeinflussen wird, oder aber gegenzusteuern.

Umfrage zur Videoüberwachung Grundlage einer Zurückdrängung der sich epidemisch ausbreitenden Videoüberwachungsanlagen muss zunächst eine Analyse der aktuellen Situation in Rheinland Pfalz sein. Deswegen führte der LfD in den Jahren 2008 und 2009 eine breit angelegte, in ihrem Umfang bundesweit einmalige Umfrage zur Videoüberwachung durch die öffentliche Hand durch. Befragt wurden Ministerien, Schulen, Hochschulen, die Polizei, Gerichte, Justizvollzugsanstalten, die Kommunen, öffentliche Verkehrsbetriebe und Krankenhäuser. Hinzu kamen Stichproben im privaten Bereich, hier wurde die Videoüberwachung in Supermärkten und Kaufhäusern, in Einkaufspassagen, in Restaurants, Freizeitanlagen und Tankstellen, bei Ärzten, im Schienennahverkehr, in Industrie und privater Nachbarschaft unter die Lupe genommen.

Insgesamt wurden dabei 2.673 öffentliche Stellen in Rheinland-Pfalz befragt, zusammen mit Stichproben im privaten Bereich, etwa bei Tankstellen und Sparkassen, wurden Informationen zu insgesamt mehr als 6.

Stellen erhoben.

Im Ergebnis wurden dabei mehr als 3.000 Kameras öffentlicher Stellen und mehr als 8.500 Kameras im privaten Bereich dokumentiert. Auf Basis der gut fundierten Schätzung, dass allenfalls jede zehnte Überwachungskamera sich in öffentlicher Hand befindet, ist daher für Rheinland-Pfalz von 30.000 bis 50.000 Überwachungskameras auszugehen.2.3 Ergebnisse der Umfrage

Die Ergebnisse dieser außergewöhnlich ertragreichen Umfrage können im Rahmen eines Tätigkeitsberichts nicht im Einzelnen vorgestellt werden. Deswegen bereitet der LfD für das Frühjahr 2010 eine umfangreiche Dokumentation der Umfrage vor.

An dieser Stelle sollen nur die wesentlichen Ergebnisse wiedergeben werden:

Die häufigsten datenschutzrechtlichen Mängel bei der Videoüberwachung befinden sich im Bereich der Hinweispflichten (vgl. § 34 Abs. 2 LDSG und § 6b Abs. 2 BDSG). Häufig fehlen die Hinweisschilder ganz, regelmäßig sind sie nicht zur Kennzeichnung des Überwachungsbereichs, sondern unterhalb der Kamera angebracht; in vielen Fällen fehlt zudem der vorgeschriebene Hinweis auf die verantwortliche Stelle.

Als rechtlich problematisch hat sich der Einsatz von Videoüberwachungsattrappen durch die öffentliche Hand erwiesen. Zur Klärung der Zulässigkeit einer solchen „Schein-Videoüberwachung" durch die öffentliche Hand regt der LfD eine Klarstellung im Landesdatenschutzgesetz an: Entweder sollte der Einsatz von Attrappen durch die öffentliche Hand generell verboten werden oder aber ­ unter Abwägung des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Bürger sowie unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips ­ auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.

Regelmäßig fehlen Videoüberwachungskonzepte, welche vor Inbetriebnahme der Anlage verpflichtend zu erstellen sind (vgl. § 6b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 BDSG; § 34 Abs. 3 LDSG). Insbesondere fehlt es häufig an der Festlegung bestimmter Zwecke der Videoüberwachung, die eine aufsichtsbehördliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung erst ermöglichen.

Wird Videoüberwachung in Form der Aufzeichnung betrieben, so finden sich regelmäßig Verstöße gegen die Höchstspeicherdauer der Videoaufzeichnung. Eine Überschreitung der maximalen Grenze von 72 Stunden Speicherdauer führt regelmäßig zur Unverhältnismäßigkeit der Videoüberwachung.

Eine Videoüberwachung von sog. „Tabubereichen" ist immer rechtswidrig. Hierzu zählen Toilettenräume, Umkleidekabinen und Saunabereiche; Aufenthaltsräume, Kommunikationsstätten sowie die Gastronomie.

Teil des Videoüberwachungskonzepts muss auch eine Zugriffsregelung sein, die verbindlich vorschreibt, aus welchen Anlässen welche Personen zum Zugriff auf die Speichermedien befugt sind. Um die Verletzung von Arbeitnehmerrechten zu verhindern, empfiehlt der LfD dringend, bei den Zugriffsregelungen die Betriebs- und Personalräte zu beteiligen.

Die Zwecke der Videoüberwachung stimmen häufig nicht mit der Konzeption der Videoüberwachungsanlagen überein: Sicherheitsgewinne lassen sich regelmäßig nur durch sog. Monitoring, also durch die lückenlose Beobachtung von Livebildern durch eingriffsbereites Personal erzielen. Erfolgt die Videoüberwachung als reine Aufzeichnung, so sind hiermit keine Sicherheitsgewinne verbunden; allenfalls lassen sich (in einer begrenzten Zahl von Fällen) im Nachhinein Straftäter identifizieren. Hier gewinnt der LfD regelmäßig den Eindruck, dass an sich stimmige Videoüberwachungskonzepte aus Kostengründen soweit „minimiert" werden, dass die Überwachungsmaßnahmen jede Erfolgschance einbüßen.

Geraten Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz ständig oder häufig ins Blickfeld von Videoüberwachungsmaßnahmen, so können diese dadurch rechtswidrig werden, auch wenn sie gar nicht gegen die Arbeitnehmer gerichtet sind: Bereits die Möglichkeit einer Totalüberwachung durch den Arbeitgeber macht Videoüberwachung im Arbeitsverhältnis unzulässig. Hier sind die Arbeitnehmerrechte schon bei der Positionierung der Überwachungsanlagen zu berücksichtigen, zudem ist durch eine Betriebsvereinbarung die Nutzung der Videoüberwachungsanlagen zu Zwecken der Arbeitnehmerüberwachung auszuschließen.

Oft ist die Videoüberwachung sinnvoll, etwa in Parkhäusern, Supermärkten und wohl auch in Bahnhöfen. Allerdings breitet sie sich mittlerweile in rasantem Tempo und weitgehend unkontrolliert aus ­ auch in Bereichen, in denen man sich bisher unbeobachtet aufhalten konnte, wie etwa in Arztpraxen oder in der Gastronomie, im Schienennahverkehr und in der privaten Nachbarschaft.

Der LfD hat deshalb strengere gesetzliche Vorraussetzung für die Zulässigkeit der Videoüberwachung gefordert und unterbreitet hierzu dem Parlament entsprechende Vorschläge. Im staatlichen Bereich sollen den Behörden künftig Orientierungshilfen an die Hand gegeben werden, um eine rechtskonforme und zurückhaltende Anwendung der Videoüberwachung zu ermöglichen. Noch wichtiger ist es aber, dass die Bürger mit offenen Augen durch ihren Alltag gehen und nicht klaglos akzeptieren, wenn in ihrer Eisdiele, im Schwimmbad, in Toilettenbereichen oder im Zug nach Hause Videokameras installiert werden.

Die Beschwerden an den LfD richten sich nicht nur gegen Videoüberwachungsanlagen, die von Gewerbetreibenden, etwa im Einzelhandel, eingesetzt werden, sondern zunehmend auch gegen Videoüberwachungsanlagen, die von Privatpersonen betrieben werden. Dabei handelt es sich meist um Videokameras, die an Wohnhäusern angebracht und zumindest teilweise auf öffentliche Verkehrswege oder Datenschutzbericht 2008/2009 | 3. Arbeitsschwerpunkte des LfD

Nachbargründstücke gerichtet sind. Ein Grund für die Zunahme derartiger Beschwerden dürfte darin liegen, dass die Videoüberwachung inzwischen zu einer „Jedermann-Technik" geworden ist, die sich kostengünstig installieren und einfach betreiben lässt. Für die Aufsichtsbehörde bedeutet dies, dass durch die immer leichtere Verfügbarkeit dieser Technik die Zahl der Beschwerden aus dem Nachbarschaftsbereich spürbar zunimmt. Da der LfD jedoch ausschließlich für Videoüberwachungsanlagen zuständig ist, mit denen geschäftliche oder wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden, müssen solche Fallgestaltungen an die Zivilgerichte überwiesen werden.

Webcam-Übertragungen

Immer häufiger nutzen öffentliche und private Stellen die Möglichkeit, mit Hilfe von webcams Liveaufnahmen ins Internet zu stellen. Damit sind besondere Probleme verbunden: Wie für alle ins Internet eingestellte Inhalte gilt generell, dass die Betreiber der webcams mit der Einspeisung der Bilder ins Netz unverzüglich die Kontrolle über die Inhalte und diese ihre Flüchtigkeit verlieren. Die Bildsequenzen können weltweit von Unbekannten nicht nur eingesehen, sondern auch gespeichert und reproduziert werden, dies ist mittlerweile selbst für Laien kein Problem mehr. Den Betroffenen ist es unmöglich zu erfahren, was mit diesen Aufnahmen geschieht. Gegen deren Missbrauch gibt es praktisch kein wirksames Mittel.

Zahlreiche Beispiele auf einschlägigen Internetdiensten wie z. B. Youtube zeigen dies eindringlich. Durch Webcams ins Internet gestellte Videosequenzen beeinträchtigen die Betroffenen unabhängig vom Kontext der Aufzeichnung. Auch für die Betreiber von webcams können die Kameras zum unkalkulierbaren Risiko werden, z.B. wenn ein Betroffener seine persönlichkeitsrechtlichen Ansprüche zivilrechtlich geltend macht. Dies kann immer passieren, wenn Personen erkennbar sind, selbst wenn diese nur mit Zusatzwissen identifiziert werden können.

Videoüberwachung per webcams ist daher nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Die Veröffentlichung von per Webcam erstellten Personenaufnahmen im Internet ist in jedem Fall unzulässig. Beim Webcam-Einsatz ist daher vorrangig sicher zu stellen, dass einzelne Personen auf den Bildern nicht identifizierbar sind (s.a. 21. Tb. Tz. 18.1).

Schlussfolgerungen des LfD

Den Vorteilen der Videoüberwachung insbesondere bei der Diebstahlsvorbeugung und ihrem (beschränkten) Nutzen zur Aufklärung von Straftaten stehen erhebliche Nachteile gegenüber: Zu nennen ist hier insbesondere der Überwachungs- und Anpassungsdruck, der durch die Videoüberwachung entsteht; neben der Gefahr eines allgemeinen Voyeurismus ist durch die Installation von Videoüberwachungsanlagen auch eine Lähmung der Hilfsbereitschaft und des Verantwortungsgefühls in der Bevölkerung zu beobachten. Positive Wirkungen der Videoüberwachung werden häufig dadurch gemindert, dass bloße Verlagerungseffekte auftreten, außerdem ist eine zweckmäßig durchgeführte Videoüberwachung technisch anspruchsvoll und äußerst kostspielig.

Insgesamt lässt sich die Videoüberwachung daher datenschutzrechtlich wie folgt bewerten:

Jede Videoüberwachung ist ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, denn alle Menschen haben das Grundrecht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne dass ihr Verhalten durch Kameras aufgezeichnet wird.

Die Videoüberwachung erfasst unvermeidbar völlig unverdächtige Menschen mit ihren individuellen Verhaltensweisen.

Daher ist Videoüberwachung immer begründungsbedürftig und darf nur offen erfolgen, sie ist stets auf das notwendige Maß zu beschränken und bedarf in zeitlicher Hinsicht der regelmäßigen Überprüfung (jährliche Evaluationspflichten).

Vor der Einrichtung einer Videoüberwachung müssen alle Alternativen hierzu geprüft und bewertet werden. Videoüberwachung kann nur die ultima ratio sein.

Jede Einrichtung einer Videoüberwachung muss der datenschutzrechtlichen Vorabkontrolle unterzogen werden (§9 Abs. 5 LDSG, § 4d Abs. 5 BDSG), gleichzeitig ist die Berufung eines behördlichen bzw. betrieblichen Datenschutzbeauftragten vor Installation der Videoüberwachung verpflichtend.

Der Zweck der Videoüberwachung muss konkret vor der Überwachung schriftlich festgelegt werden.

Während der Videoüberwachung müssen die Zweckbindung, die differenzierte Abstufung zwischen Aufnahmearten, die deutliche Erkennbarkeit der Videoüberwachung sowie die Löschung der Daten binnen kurzer Fristen strikt und dauerhaft sichergestellt werden.

Rechtskonforme Videoüberwachung ist planungsintensiv, kostspielig, aufwändig und nur begrenzt effektiv. Videoüberwachung ist nur bei optimaler technischer und personeller Ausführung erfolgversprechend und daher verhältnismäßig.

Die Beweislast für die Zulässigkeit der Videoüberwachung liegt beim Betreiber!

Die flächendeckende Videoüberwachung muss verhindert werden, da die Gefahr besteht, dass diese Entwicklung zur einer Überwachungsinfrastruktur führt.

Mögliche Rechtsverletzungen können aus personellen Gründen nur unzureichend staatlich geahndet werden (Vollzugsdefizit). Effektiver Rechtsschutz der Betroffenen wird auch nicht durch die Zivilgerichte gewährt.