Kredit

Aufgrund ihrer Funktion im Zahlungsverkehr war die Landeshauptkasse in allen acht Fällen beteiligt. Bevor die Sachverhalte der Einzelfälle näher ausgeführt werden, wird zunächst zum besseren Verständnis des Zahlungsablaufs die Rolle der Landeshauptkasse kurz dargestellt.

Die Landeshauptkasse Bremen bearbeitet jährlich weit über eine Million Einzelbuchungen für das Land und die Stadtgemeinde Bremen einschließlich ihrer Sonderhaushalte, Eigenbetriebe und sonstigen Sondervermögen. Es handelt sich um Umsatzbuchungen mit einem Gesamtwert von nahezu 10 Mrd.. Die Landeshauptkasse stellt dabei sowohl bei den Ausgaben als auch den Einnahmen das letzte Glied in der Kette eines Geldtransfers von einer Dienststelle zum Empfänger und umgekehrt dar.

Der jeweiligen Dienststelle obliegt die Anordnung der Ausgabe und der Landeshauptkasse unter strikter Beachtung der Trennung von der Anordnung die Ausführung, d. h. die Buchung des Zahlbetrages und dessen Überweisung an den Empfänger. Auch bei den Einnahmen Bremens ist die Landeshauptkasse die für den Zahlungsverkehr und damit die Kontenführung bei Banken zuständige Stelle. Sie sorgt für die Buchung des Zahlungseinganges in dem Bewirtschaftungsbereich der zuständigen Dienststelle. Zusätzlich betreibt sie die Zahlungsüberwachung und leitet gegebenenfalls über in ein Vollstreckungsverfahren.

Der Landeshauptkasse kommt seit längerem nicht mehr die Rolle zu, auch Teil der Mittelüberwachung bei Ausgaben zu sein. Zahlungsverkehr ist Massenbetrieb geworden. Auf umfangreichen digitalen Speichermedien und auf digitalen Transportwegen werden täglich massenhaft Daten verwaltet und zwischen den Beteiligten ausgetauscht. Dies hat zwangsläufig zu einem hohen Anonymisierungsgrad im Zahlungsverkehr geführt.

Folge und zumeist auch Sinn höherer Automatisierung ist neben einer Reduzierung der Personalkosten eine insgesamt schnellere Bearbeitung des Einzelfalles, hier eines Zahlfalles vom Erkennen des Zahlungsgrundes bis zur Auszahlung an den Empfänger und bei Einnahmen von der Rechnungsstellung bis zur Verbuchung des Einganges im Zugriffsbereich der Dienststelle.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass ein höherer Automatisierungsgrad aus Gründen der Daten- und Kassensicherheit nicht einhergehen darf mit einer Arbeitsroutine und Schematisierung, die auf der Anordnungsseite die besonderen Merkmale jedes Einzelfalles nicht gebührend berücksichtigt.

Allerdings liegt dadurch auch mehr Verantwortung bei den anordnenden Stellen.

Durch die Einführung von SAP können sie sich jederzeit eine Übersicht über den aktuellen Status ihrer Fälle verschaffen.

2. Einzelfälle

Fehlüberweisung an die DMB Bundesdruckerei & Co. KG, Bonn

Allgemeines:

Im Zusammenhang mit der Auflösung des Grundstücksamtes und der kameralen Sonderhaushalte Grundstücksverkehr und Verwaltung des öffentlichen Grundvermögens eingerichtet (Kapitel 2527 im Landeshaushalt, Kapitel 5527 im Haushalt der Stadtgemeinde), die alljährlich Anlage zum jeweiligen Haushaltsplan sind.

Die Sonderhaushalte beinhalten die ehemaligen Kapitel des Grundstücksamtes und wurden deswegen eingerichtet, weil die GBI keine operativen Haushaltsmittel im Kernhaushalt bewirtschaften darf.

Die Positionen bezüglich des Geschäftsbetriebes wie Sachkosten und Personalkosten wurden aus dem bestehenden Haushaltsplan des Grundstücksamtes in die neue GBI-Buchhaltung verlagert.

Die Einnahmen und Ausgaben beider Sonderhaushalte werden treuhänderisch von der GBI für die Freie Hansestadt Bremen bewirtschaftet; die Zahlungsvorgänge der beiden Sonderhaushalte werden nicht im kaufmännischen Rechnungswesen/ Wirtschaftsplan der GBI abgebildet.

In den Sonderhaushalten werden insbesondere folgende Einnahmen und Ausgaben durch die GBI treuhänderisch für die Freie Hansestadt Bremen bewirtschaftet:

- Erlöse aus dem Verkauf von Grundstücken,

- Ankauf von Grundstücken,

- Einnahmen/Ausgaben für die Bewirtschaftung des fiskalischen Grundbesitzes, der durch die Bremische Gesellschaft für Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau verwaltet wird.

Die erzielten Einnahmen aus Grundstücksverkäufen und aus der Bewirtschaftung des fiskalischen Grundbesitzes werden an den Kernhaushalt abgeführt; im Gegenzug werden den Sonderhaushalten die erforderlichen (Ausgabe-) Mittel für Grundstücksankäufe und die Bewirtschaftung des fiskalischen Grundbesitzes durch Überweisung aus dem Kernhaushalt zur Verfügung gestellt.

Am jeweiligen Jahresende müssen die Sonderhaushalte in Einnahme und Ausgabe ausgeglichen sein. Sofern im Saldo aus sonstigen Einnahmen und Ausgaben der Sonderhaushalte Einnahmeüberschüsse zu verzeichnen sind, sind diese ebenfalls an den Kernhaushalt abzuführen.

Die Verbindung zum Kernhaushalt erfolgt im Landes- und Stadthaushalt über die Kapitel 0987 bzw. 3987 (Kapitelbezeichnung jeweils Öffentliches Grundvermögen). Zuweisungen aus dem Kernhaushalt an die Sonderhaushalte bzw. Abführungen aus den Sonderhaushalten an den Kernhaushalt erfolgen zwischen diesen Kapiteln und den Sonderhaushalten. Die kassentechnischen Buchungen in den Kapiteln 0987 und 3987 des Kernhaushaltes werden zentral vom Referat 01 des Senators für Finanzen auf Anweisung des zuständigen Fachreferats durchgeführt. Die Zahlungen zwischen dem Kernhaushalt und den Sonderhaushalten sind keine Verrechnungsbuchungen, sondern stellen echte Zahlungsvorgänge dar.

Von der Fehlüberweisung aus dem Kernhaushalt an die DMB Bundesdruckerei & Co. KG, Bonn, ist der städtische Sonderhaushalt (Kapitel 5527) betroffen.

1. für die Bewirtschaftung des von Dritten verwalteten fiskalischen Grundbesitzes einen Betrag von 1.693.500,27 in Rechnung. Gleichzeitig erstellte die GBI eine Annahmeanordnung mit einer Sollstellung über diesen Betrag bei der Buchungsstelle im 5527/233 60-9 ­ Von Stadtgemeinde Bremen für Bewirtschaftung des von Dritten verwalteten fiskalischen Grundbesitzes ­ im städtischen Sonderhaushalt Grundstücksverkehr und Verwaltung des öffentlichen Grundvermögens (Kapitel 5527).

Diese Annahmeanordnung war mit einer Mahnsperre versehen worden. Damit verzichtete die GBI auf ein automatisiertes Mahnverfahren.

Die Rechnung wurde vom zuständigen Fachreferat 24 überprüft und der Rechnungsbetrag entsprechend dem Haushaltsanschlag im Kernhaushalt bei der Haushaltstelle 3987/517 60-2 auf 1.680.000 korrigiert. Das für die Buchung zuständige Referat 01 wurde daraufhin angewiesen, diesen korrigierten Betrag (1.680.000) zu buchen und an die GBI auszuzahlen.

2. Am 13. Dezember 2002 wurde vom Referat 01 der Rechnungsbetrag in Höhe von 1.680.000 auf Anweisung des zuständigen Fachreferats 24 gebucht und aus der Haushaltsstelle 3987/519 60-5 ­ Unterhaltung des von Dritten im seinerzeit verwendeten Buchungsprogramm HIS-MBS (Hochschul-Informationssystem ­ Mittelbewirtschaftungssystem) vorgenommen. In diesem Buchungsprogramm waren alle verwendeten Kreditoren mit den für die Zahlung erforderlichen Daten in einer Zahlungspartnerliste hinterlegt und mit einem bis zu vier Zahlen umfassenden Schlüssel gekennzeichnet. Um den betreffenden Kreditor in der Auszahlungsanordnung zu erfassen, war es erforderlich, die entsprechende Schlüsselnummer in das dafür vorgesehene Feld einzutippen.

Damit wurden alle relevanten Zahlungsdaten in die Auszahlungsanordnung statt der richtigen Schlüsselnummer 1849 für die GBI die falsche Schlüsselnummer 1549 eingegeben. Dieser falschen Schlüsselnummer war die DMB Bundesdruckerei & Co. KG, Bonn, zugeordnet. Das Buchungssystem akzeptierte diesen Schlüssel, da er in der Zahlungspartnerliste aufgeführt war.

Diese Auszahlungsanordnung wurde zusammen mit 62 weiteren Anordnungen im Rahmen einer Sammelauszahlungsanordnung erfasst. Nach Abschluss und rechnerisch richtig gezeichnet. Mit der Unterzeichnung dieses Vermerks übernimmt gemäß VV-LHO Nr. 12.1.1. zu § 70 LHO der Feststeller der sachlichen Richtigkeit die Verantwortung dafür, dass die in der förmlichen Zahlungsanordnung und in den zahlungsbegründenden Unterlagen enthaltenen, für die Zahlung maßgebenden Angaben richtig sind.

Die Feststellung der rechnerischen Richtigkeit bezieht sich im Wesentlichen auf die Richtigkeit des Auszahlungsbetrages. Da die Höhe des Auszahlungsbetrages hier nicht in Rede steht, wird darauf nicht weiter eingegangen.

3. Mit der Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit wurde die Sammelauszahlungsanordnung auf elektronischem Wege und die zahlungsbegründenden Unterlagen in Papierform dem für die Anordnung zuständigen Mitarbeiter übergeben. Nach VV-LHO Nr. 20.1. zu § 70 LHO muss die förmliche Zahlungsanordnung von einem Anordnungsbefugten unterschrieben werden. Mit der Unterzeichnung der Auszahlungsanordnung übernimmt der Anordnungsbefugte u. a. die Verantwortung dafür, dass in der förmlichen Zahlungsanordnung keine offensichtlich erkennbaren Fehler enthalten sind und dass die Bescheinigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit von dem dazu befugten Mitarbeiter abgegeben worden ist.

Der Anordnungsbefugte hat die Sammelauszahlungsanordnung mit den 63

Einzelanweisungen überprüft; allerdings den falschen Kreditor in der betreffenden Anweisung über 1.680.000 nicht erkannt.

Daraufhin hat er die Anweisung freigegeben, die Sammelauszahlungsanordnung unterschrieben und auf elektronischem Wege der Landeshauptkasse zur Zahlungsanweisung zugeleitet. Da die betreffende Auszahlungsanordnung in sich logisch war und keine Plausibilitätsfehler enthielt, wurde der Betrag daraufhin an den falschen Empfänger ausgezahlt.

4. Im Januar 2003 hat das Referat 01 den Betrag von 1.680.000 auf Anweisung des Fachreferats 24 von der falschen Buchungsstelle 3987/519 60-5 ­ Unterhaltung des von Dritten verwalteten fiskalischen Grundbesitzes ­ auf die richtige Buchungsstelle 3987/517 60-2 ­ Bewirtschaftung des von Dritten verwalteten fiskalischen Grundbesitzes ­ umgebucht.

Hierbei ist der falsche Zahlungsempfänger nicht festgestellt worden.

5. Bei der Abrechnung zum Jahreswechsel 2002/2003 des städtischen Sonderhaushaltes Grundstücksverkehr und Verwaltung des öffentlichen Grundvermögens (Kapitel 5527) wurde festgestellt, dass der aus dem Kernhaushalt überwiesene Betrag von 1.680.000 im Sonderhaushalt für 2002 noch nicht vereinnahmt worden war und zu der Rechnung/Forderung der GBI im Sonderhaushalt bereits ein Kassenrest nach 2003 übertragen war.

Da wegen des bereits im Sonderhaushalt übertragenen Kassenrestes nach 2003 ein Zahlungseingang für 2002 technisch nicht mehr möglich war, wurde die GBI in Kenntnis der getätigten Überweisung aus dem Kernhaushalt ­ und weil der Zahlungseingang im Sonderhaushalt nunmehr in 2003 zum übertragenen Kassenrest erfolgen musste ­ von einem Mitarbeiter im Referat 21 beim Senator für Finanzen gebeten, den Betrag von 1.680.000 im Sonderhaushalt aus dem Haushaltsjahr 2003 in das Haushaltsjahr 2002 zurückzubuchen.

Hierdurch wurde der Sonderhaushalt im Haushaltsjahr 2002 in Einnahmen zu Lasten des Haushaltsjahres 2003. Sie sollte durch den Zahlungseingang zum Kassenrest 2003 ausgeglichen werden. Dass dies nicht geschehen ist, ist auf die Fehlüberweisung an die Bundesdruckerei zurückzuführen.

Der im Sonderhaushalt nunmehr für das Haushaltsjahr 2003 zu verzeichnende Fehlbetrag ist ­ unabhängig von der bestehenden Forderung ­ im kameralen System haushaltsmäßig auszugleichen. Hierfür können im Wesentlichen vorhandene Rücklagemittel des Sonderhaushaltes eingesetzt werden, die für ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr benötigt werden.