Konsequenzen einer Ausbildungsplatzabgabe

Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 16/184 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet.

Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt:

Über die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe gibt es derzeit eine kontroverse Diskussion. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass 2003 bundesweit ein weiteres Mal in Folge die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge hinter der des Vorjahres zurückblieb. Die Anstrengungen zur Gewinnung neuer betrieblicher Ausbildungsplätze sind daher deutlich zu erhöhen. Eine steigende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist ohne gemeinsame Gegensteuerungsmaßnahmen aller Beteiligten nicht zu erreichen.

Der Senat unterstreicht, dass die Beseitigung der Ausbildungsplatznot eine zentrale Aufgabe von Wirtschaft und Gesellschaft ist und alles getan werden muss, um ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen.

Der Senat wird den vorliegenden Entwurf des Gesetzes zur Sicherung und Förderung des Fachkräftenachwuchses und der Berufsausbildungschancen der jungen Generation (Berufsausbildungssicherungsgesetz ­ intensiv prüfen, insbesondere hinsichtlich seiner Konsequenzen für den bürokratischen Aufwand, die Verlagerung von betrieblicher in außerbetriebliche Ausbildung sowie in Bezug auf die Berücksichtigung nicht sozialversicherungspflichtiger Ausbildungsleistungen und ­ als zentrales Prüfkriterium ­ hinsichtlich des ausreichenden Raumes für tarifvertragliche und regionale Vorrang- bzw.- Ausnahmeregelungen und Vereinbarungen.

Aufgrund der konstruktiven Diskussionen und positiven Bemühungen des Bremer Bündnisses für Arbeit und Ausbildung setzt der Senat weiterhin auf regionale Lösungen, die gemeinsam mit den Sozialpartnern und der Bundesagentur für Arbeit gefunden werden und unterstützt die beabsichtigte Bremer Berufsausbildungsinitiative 2010, die von der Handelskammer Bremen und dem Senat mit der Unterstützung der Universität Bremen vorgelegt wird.

1. Wie viele neue Ausbildungsverträge wurden im Jahr 2003 im Land Bremen geschlossen? und

2. Wie viele offene Ausbildungsstellen gab es im Land Bremen im Jahr 2003?

Das Angebot an Berufsausbildungsstellen wird in Anlehnung an § 3 des Berufsbildungsförderungsgesetzes als Summe der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge berechnet, die vom 1. Oktober eines Jahres bis zum 30. September des Folgejahres abgeschlossen wurden (realisiertes Angebot), zuzüglich der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Ausbildungsstellen, die am 30. September nicht besetzt waren (nicht realisiertes Angebot).

Im Dezember 2003 gab es im Land Bremen ­ unter Anwendung dieser Definition ­ in den Arbeitsamtsbezirken Bremen und Bremerhaven 6.161 (davon 2. mit weiblichen Auszubildenden) neu abgeschlossene Ausbildungsverträge und 93 unbesetzte Plätze.

Hinsichtlich der Arbeitsamtsbezirke ist zu berücksichtigen, dass der Zuständigkeitsbereich des Arbeitsamtsbezirks Bremen sich auch auf den Landkreis Teil des Landkreises Cuxhaven (den Altkreis Wesermünde) erstreckt.

Beim Statistischen Landesamt waren per 31. Dezember 2003 im Land Bremen 5.264 (davon 2.354 mit weiblichen Auszubildenden) neu abgeschlossene Ausbildungsverträge erfasst.

3. Wie viele Ausbildungsplätze sind schätzungsweise durch private Vermittlung besetzt worden?

Inwieweit Vertragsabschlüsse durch private Vermittlung zustande gekommen sind, ist dem Senat nicht bekannt.

4. Wie viele Schulabsolventen konnten keine Lehrstelle finden, und was waren die Gründe dafür?

Die Nachfrage nach Ausbildungsstellen umfasste im Jahr 2003 6.529 Plätze.

Wird dieser Nachfrage das Angebot von 6.254 Plätzen gegenübergestellt, fehlten 275 Ausbildungsstellen.

Bereits seit dem Jahr 1999 ist im Land Bremen das Angebot an betrieblichen Berufsausbildungsstellen kontinuierlich zurückgegangen. Die Gründe sind überwiegend in der ungünstigen konjunkturellen Lage zu suchen.

Eine weitere Ursache dafür, dass einige Schulabsolventen keinen Ausbildungsplatz fanden, bestand darin, dass nach wie vor eine starke Konzentration der Bewerber und Bewerberinnen auf bestimmte Ausbildungsberufe erfolgt. Außerdem gelang es benachteiligten Bewerbern und Bewerberinnen, die zum Teil nur mit entsprechender Unterstützung ausbildungsfähig sind, oftmals nicht, in Konkurrenz mit den übrigen Schulabsolventen einen Ausbildungsplatz zu finden.

5. Wie viele Auszubildende haben im Jahr 2003 und bis heute ihre Ausbildung abgebrochen?

Beim Statistischen Landesamt waren per 31. Dezember 2003 im Land Bremen 1.420 (davon 588 mit weiblichen Auszubildenden) vorzeitig gelöste Ausbildungsverhältnisse ­ bezogen auf alle Ausbildungsjahre ­ erfasst. Angaben zu den Monaten Januar bis März 2004 liegen nicht vor.

6. Welche Vermittlungsanstrengungen haben die Wirtschaft und die Kammern im Jahr 2003 unternommen, und welche Pläne gibt es diesbezüglich für dieses Jahr? insbesondere Kammern, unternehmen kontinuierlich gemeinsame Anstrengungen zur Verbesserung der Situation. Die Bündnispartner haben am 27. November 2003 bekräftigt, die existierenden Landesprogramme zur Schaffung von Ausbildungsplätzen in einem neu gestalteten Landesprogramm zusammenzufassen. Darüber wird in der Sitzung des Plenums im Mai 2004 beraten.

Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Zielsetzung, über die Akquisition zusätzlicher Ausbildungsplätze und die Förderung von zusätzlich ausbildenden Betrieben den Anteil dualer Ausbildungsplätze zu erhöhen und auch benachteiligten Zielgruppen eine Ausbildung zu ermöglichen.

Um Betriebe, die bisher noch nicht ausgebildet haben, für eine Ausbildungsbereitschaft zu gewinnen, wurde ­ auf Initiative der Bündnispartner ­ vom Bildungszentrum der Wirtschaft im Unterwesergebiet vor einem Jahr das Projekt Externes Ausbildungsplatzmanagement ­ Bremer und Bremerhavener Ausbildungsbüro begonnen. Die mit diesem Projekt eingerichteten Ausbildungsbüros in Bremen und Bremerhaven konnten innerhalb dieses Jahres 465

Ausbildungsplätze akquirieren, von denen bereits 239 (davon 108 mit weiblichen Auszubildenden) besetzt werden konnten.

Die Landesregierungen Niedersachsens und Bremens prüfen derzeit, inwieweit zusätzlich gemeinsames Handeln in Bezug auf Landesprogramme für Ausbildungsverbünde und -partnerschaften sowie auf Förderprogramme für benachteiligte Jugendliche möglich ist.

Konkrete Vorschläge werden bis zum 30. Juni 2004 vorgelegt.

7. Welche bürokratischen Folgen und Kosten sind durch die Einführung der Ausbildungsplatzabgabe zu erwarten?

Der Gesetzentwurf für ein Berufsausbildungssicherungsgesetz (Stand 30. März 2004) gibt die Gesamthöhe entstehender Verwaltungskosten nicht an. Schätzungen der den Gesetzentwurf einbringenden Bundestagsfraktionen zufolge ist für die Erhebung der notwendigen Daten, den Erlass der Abgabe- und Zuwendungsbescheide, die Abwicklung von Vollstreckungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren sowie die Kontrolle und Überprüfung aber mit jährlichen Kosten in Höhe von 73 Millionen Euro beim Bundesverwaltungsamt zu rechnen.

Der Gesetzentwurf wird nicht zuletzt aufgrund der auch diesen Kritikpunkt betreffenden Entschließung des Bundesrates zum Verzicht auf die Einführung einer gesetzlichen Ausbildungsplatzabgabe vom 2. April 2004 im laufenden Gesetzgebungsverfahren intensiv beraten.

8. Welche Folgen ergeben sich durch die Ausbildungsplatzabgabe für das duale System?

Die den Gesetzentwurf einbringenden Bundestagsfraktionen beabsichtigen, mit einer Ausbildungsplatzabgabe die gesellschaftliche Verantwortung für die Berufsausbildung gesamtwirtschaftlich stärker zu verankern.

Der Senat sieht aber für das duale System die Gefahr, dass sich Unternehmen dementsprechend zunehmen werden. Der Senat setzt sich deshalb für die verstärkte Einwerbung betrieblicher Ausbildungsplätze ein und wird das Gesetz vor Beschlussfassung im Bundesrat in diesem Punkt kritisch überprüfen.

9. Mit welchen Verzerrungen im Wettbewerb rechnet der Senat durch die Einführung der Ausbildungsplatzabgabe? zur Kenntnis, mit der Einführung der Ausbildungsplatzabgabe die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt dadurch stärken zu wollen, dass den Betrieben in ausreichendem Maße Fachkräfte zur Verfügung stehen.

Im Gesetzentwurf vom 30. März 2003 wird die Ausbildungsquote in Höhe von 7 % allerdings pauschal an die Zahl der Beschäftigten geknüpft, wodurch beschäftigungsintensive Unternehmen und Branchen gegenüber kapitalintensiven benachteiligt werden.

10. Ist bei der Einführung der Ausbildungsplatzabgabe auch die Einbeziehung des öffentlichen Dienstes und der Gewerkschaften geplant?

Der Gesetzentwurf sieht die Einbeziehung des öffentlichen Dienstes und der Gewerkschaften in ihrer Rolle als Arbeitgeber vor.

11. Wie war das Abstimmungsverhalten der einzelnen Wirtschaftsminister der Bundesländer auf der Wirtschaftsministerkonferenz am 10./11. Dezember 2003 bezüglich einer Einführung der Ausbildungsplatzabgabe?

Die Wirtschaftsministerkonferenz hat am 10./11. Dezember 2003 zum Tagesordnungspunkt 13 Sicherung der Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft einvernehmlich (15 : 0 : 1) beschlossen, die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe abzulehnen; sie hat die Bundesregierung gebeten, von einer gesetzlichen Regelung abzusehen.

In diesem Zusammenhang hat das Land Berlin zu Protokoll gegeben, dass es in Regionen mit einer ausgeglichenen Ausbildungsplatzsituation vorsieht.