Rechnungshof Rheinland Pfalz Klaus P Behnke Präsident Sylvia Schill Ltd

Die Prüfung des Rechnungshofs bezieht sich auf die Verwendung von Mitteln der CDU-Fraktion im vorangegangenen, 14. Landtag von Rheinland-Pfalz unter der Führung des Fraktionsvorsitzenden Dr. Christoph Böhr und seines Fraktionsgeschäftsführers Markus Hebgen.

Die CDU-Landtagsfraktion im derzeitigen 15. Landtag von Rheinland-Pfalz ist wegen des Diskontinuitätsprinzips mit der vom Rechnungshof geprüften Fraktion des 14. Landtags nicht identisch, sondern lediglich deren Rechtsnachfolgerin (§ 9 Fraktionsgesetz). Als solche hat sie intensiv und unter Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten an der Aufklärung mitgewirkt, insbesondere im Hinblick auf die im Rechnungshofbericht unter 8.1 angesprochene Tätigkeit der „Beratungsfirma 1".

Die CDU-Landtagsfraktion hat sowohl den Vorsitzenden ihrer Vorgängerfraktion wie den konkret tätig gewordenen Berater der „Beratungsfirma 1", der im Rechnungshofbericht Berater A genannt wird, durch externe Anwälte befragen lassen. Die Ergebnisse der Befragungen sind gegenüber dem Rechnungshof offengelegt und die abgegebenen schriftlichen Erklärungen dem Präsidenten des Rechnungshofs zur Verfügung gestellt worden.

2. Relevante Sachverhalte zu Beratungsfirma 1

Zur Beratungsfirma 1 nennt der abschließende Bericht des Rechnungshofs zwei Gegenstände.

Konzept „Wahlsieg 2006 CDU Rheinland-Pfalz"

Für das Mitte Februar 2005 vorgestellte Wahlsieg-Konzept hat die Beratungsfirma 1 dem CDU-Landesverband als dem schon im Titel genannten Auftraggeber ein Honorar von 25 000 berechnet und diesen Betrag vom Landesverband erhalten. Der Vorsitzende der damaligen Fraktion und der Berater A haben übereinstimmend erklärt, dass die Beratungsfirma 1 für die Erarbeitung des Wahlsieg-Konzepts ein darüber hinausgehendes Honorar weder vereinbart, noch von der damaligen Fraktion verlangt oder erhalten hat. Der Berater A hat in seiner Stellungnahme vom 20. August 2009, die dem Rechnungshof vorlag, zu seinem eigenen Konzept im Hinblick auf die Überlegung des Rechnungshofs, hierfür könnte insgesamt ein Honorar von 85 000 und davon 59 912 von der Fraktion bezahlt worden sein, ausgeführt: „Darüber hinaus dürfte bereits eine oberflächliche Inaugenscheinnahme des Konzepts eine Wertigkeit eher im Bereich von 25 000 als von 85 000 erkennen lassen."

Beratungsleistungen seit März 2005

Der Rechnungshof gibt zutreffend wieder, dass der Vorsitzende der damaligen Fraktion wie der Berater A übereinstimmend erklärt haben, dass Letzterer seit März 2005 als eine „Art externer Referent für Grundsatzfragen und für strategische Planung der Fraktion" tätig war.

Die Beratungstätigkeit des Beraters A für die damalige Fraktion, für die 385 918,40 berechnet und bezahlt wurden, sieht der Rechnungshof als Aktivität in einer „Grauzone" zwischen zulässiger Parlamentsarbeit und unzulässiger Wahrnehmung von Parteiaufgaben. Positiv festgestellt hat er eine Überschreitung der Grenze zulässiger Fraktionsarbeit in dem langen Leistungszeitraum vonAnfang März 2005 bis Dezember 2005 nach seiner eigenen Einschätzung aber nur insoweit, als sich der BeraterA der Beratungsfirma 1 am 8. März 2005 mit „einem Konzept (,Bildungspatenschaften)" in den Wahlkampf eingebracht hat. Der Rechnungshof behauptet nicht, dass diese Mitwirkung des Beraters A an dem Konzept Bildungspatenschaften vom 8. März 2005 einen Betrag von über 300 000 wert gewesen oder von der Fraktion entsprechend bewertet worden wäre.

3. Beratungsleistungen der Beratungsfirma 1 für die Fraktion

Die vom Vorsitzenden der damaligen Fraktion und vom Berater A übereinstimmend geschilderte Tätigkeit von Berater A als einer Art externer Referent für Grundsatzfragen und für strategische Planungen der Fraktion hat der Rechnungshof nicht widerlegt, sondern seiner Bewertung zugrundegelegt. Der Rechnungshof hat ausdrücklich anerkannt, dass gegen eine nachvollziehbare Finanzierung solcher Leistungen aus Fraktionsmitteln keine Bedenken zu erheben wären. Er hat aber allein aus dem Um51 stand, dass der beratene Vorsitzende der damaligen Fraktion zugleich Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl war, gefolgert, die Aktivitäten beträfen eine „Grauzone" und in dieser unterläge die damalige Fraktion einer gesteigerten Dokumentations- und Nachweispflicht.

Nach Einschätzung der jetzigen CDU-Fraktion ist das eine politisch mögliche Bewertung, der die Fraktion sich bei ihrer eigenen politischen Bewertung durch die Entscheidung für die Rückzahlung der entsprechenden Mittel an den Landtagspräsidenten auch angeschlossen hat.

Unter rechtlichen und vor allen Dingen unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten liegt in der Position des Rechnungshofs aber eine unzulässige Maßstabsverschiebung zum Nachteil aller Fraktionen. Der Rechnungshof hat verkannt, wie im Verhältnis von zulässiger Fraktionsarbeit und verdeckter Parteienfinanzierung mit Grauzonen und tatsächlichen Unsicherheiten umzugehen ist.

Maßgeblich sind die Gesichtspunkte, welche die vom Bundespräsidenten eingesetzte Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung wie folgt herausgearbeitet hat (Bundestagsdrucksache 14/6710, Seite 45 f.):

2. Grauzonen und Unsicherheiten Ungeachtet der Zweckgebundenheit der Fraktionsmittel und des eindeutigen Verbots gemäß § 50 Abs. 4 AbgG ergeben sich aus der natürlichen „politischen Nähe" zwischen Fraktion und der ihnen nahestehenden Partei Grauzonen und Gefahren für eine verdeckte Parteienfinanzierung.

a) Es ist nur verständlich, dass eine Partei davon profitiert, wenn „ihre" Fraktion eine Veranstaltung durchführt, durch die auch die inhaltlichen Positionen der Partei propagiert werden. Umgekehrt nützt es der Fraktion, wenn „ihre" Partei in derselben Art und Weise erfolgreich arbeitet. Die Arbeit und die Interessen von Fraktion und Partei sind in der Praxis auf vielfältige Weise miteinander verwoben. Hier Grenzen einzuziehen, ist schwierig.

Das mag an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Es steht den Fraktionen frei, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben (§ 47 Abs. 3 AbgG). Diese nützt als Nebeneffekt natürlich auch „ihrer" Partei. Zu den Spenden, die eine Partei von einer Parlamentsfraktion nicht annehmen darf (§ 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PartG), gehören aber auch „geldwerte Leistungen aller Art" etwa durch „Übernahme von Veranstaltungen und Maßnahmen, mit denen ausdrücklich für eine Partei geworben wird" (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 2 PartG). Das Gesetz zieht die Grenze also bei der „ausdrücklichen" Werbung des Veranstalters, die nur mittelbare Begünstigung des anderen wird toleriert. Das erscheint praxisgerecht.

Diese rechtliche Grenzziehung zwischen einer „ausdrücklichen" Unterstützungsmaßnahme und einer „nur mittelbaren Begünstigung" liegt auch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz zugrunde (AS 29, 362, 377). Dieser Maßstab gilt bei allen „geldwerten Leistungen", also ganz unabhängig davon, ob es um öffentlichkeitswirksame Außenmaßnahmen (Werbung) geht oder um inhaltliche, nach außen ohnehin nicht sichtbar werdende Leistungen.

Ausgehend von den Feststellungen des Rechnungshofs kann danach ­ wenn überhaupt ­ allenfalls die in Umfang und Werthaltigkeit vernachlässigungsfähige Mitwirkung des Beraters A beim Projekt „Bildungspatenschaften" als außerhalb der Fraktionsaufgaben liegend eingestuft werden. Ihr Gegenwert kann aber allenfalls mit einem kleinen Bruchteil des von der Fraktion geleisteten, hier erheblichen Beratungshonorars (385 918,40) bemessen werden.

4. Wahlsieg-Konzeption Februar 2005

Anders verhält es sich mit der Wahlsieg-Konzeption, die der Berater A bis Mitte Februar 2005 erarbeitet und vor dem CDU-Landesvorstand vorgestellt hat. Hier gibt es keinen Bezug zur Fraktion.

Es kann aber ­ gemessen an rechtsstaatlichen Maßstäben ­ nicht festgestellt werden, dass die insoweit von der Beratungsfirma 1 durch den Berater A ausschließlich zugunsten der Partei erbrachten und von der Partei bezahlten Leistungen durch die damalige Fraktion (nochmals oder zusätzlich) vergütet worden sind. Die vom Rechnungshof angenommene Rolle der damaligen Fraktion als Mitauftraggeberin dieser Konzeption ist eine reine Vermutung, kein beweisbarer Sachverhalt.

Trotz der sehr langen und intensiven Prüfung durch den Rechnungshof, an der die CDU-Fraktion des 15. Landtags ergebnisoffen mitgewirkt hat, hat sich weder der Abschluss einer zur Mitauftraggeberschaft der damaligen Fraktion führenden Vereinbarung feststellen und beweisen lassen, noch gibt es einen belastbaren Anhaltspunkt dafür, dass die vom Berater A mit der Erarbeitung und Vorstellung des Konzepts „Wahlsieg 2006 CDU Rheinland-Pfalz" erbrachte Leistung einen Gegenwert hatte, der über den vom CDU-Landesverband als Auftraggeber bezahlten Betrag von 25 000 hinausgeht. Die jetzige CDU-Fraktion vermag der vom Berater A am 20. August 2009 gemachten Aussage, wonach schon eine oberflächliche Inaugenscheinnahme seines Konzepts eine Wertigkeit eher im Bereich von 25 000 als von 85 000 erkennen lässt, nicht zu widersprechen.

Mainz, 16. April 2010

Hans-Josef Bracht, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer