Kriminalstatistik

Um die Veränderungen in den einzelnen Altersgruppen bewerten zu können, ist es erforderlich, die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen einer Altersgruppe ins Verhältnis zu der in ihrer Altersgruppe jeweils gemeldeten Wohnbevölkerung zu setzen. Ansonsten bliebe die Bevölkerungsentwicklung vollkommen unberücksichtigt.

Die Polizei arbeitet hier mit der so genannten Tatverdächtigenbelastungszahl (TBVZ). Sie ist die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen einer Altersgruppe, hochgerechnet auf 100 000 gemeldete Einwohner dieser Altersgruppe, ohne Kinder unter acht Jahren. Je kleiner die TVBZ, desto geringer ist die Zahl der Angehörigen dieser Altersgruppe, die tatverdächtig waren.

Die Tatverdächtigenbelastungszahlen der einzelnen Altersgruppen unter 21 Jahre haben sich in den letzten zehn Jahren wie folgt entwickelt:

Bei Betrachtung der o. g. Belastungszahlen ist zu berücksichtigen, dass die rheinland-pfälzische Polizei in den vergangenen Jahren die Aufklärungsquote deutlich verbessert und dadurch insgesamt mehr Tatverdächtige ermittelt hat. Dies wirkt sich auch auf die Tatverdächtigenbelastungszahlen in den einzelnen Altersgruppen aus. Auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes lässt sich für Rheinland-Pfalz tendenziell kein Anstieg der Jugendkriminalität feststellen, der aktuell zur besonderen Sorge Anlass geben müsste.

Das Bundeskriminalamt hat in der Polizeilichen Kriminalstatistik 2008 für die Bundesrepublik Deutschland die Tatverdächtigenbelastungszahlen deutscher Kinder, Jugendlicher und Heranwachsender in einem Ländervergleich gegenübergestellt. Danach weisen rheinland-pfälzische Kinder und Jugendliche die viertniedrigste und rheinland-pfälzische Heranwachsende die fünftniedrigste Tatverdächtigenbelastungszahl im Bundesgebiet auf, und dies bei einer deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegenden Aufklärungsquote.

Die große Mehrzahl der Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden wird nicht straffällig. Gleichwohl gilt es, die Entwicklung in diesen Altersgruppen weiterhin sorgfältig zu beobachten, um eine schnelle, aber auch angemessene Reaktion auf delinquentes Verhalten zu gewährleisten. Die Landesregierung fördert auch deshalb die Einrichtung von „Häusern des Jugendrechts" an den Standorten der fünf Polizeipräsidien und von Projekten mit ähnlicher Zielsetzung in der Fläche. Nach den positiven Erfahrungen mit dem Haus des Jugendrechts in Ludwigshafen haben inzwischen auch in Mainz und Kaiserslautern solche Häuser ihre Arbeit aufgenommen. Die Bauarbeiten für das Haus des Jugendrechts in Trier sind in vollem Gange. In Koblenz haben Polizei, Staatsanwaltschaft, Stadtjugendamt und freie Träger der Jugendhilfe vorbereitende Gespräche aufgenommen.

Die Sachbearbeitung Jugendkriminalität orientiert sich nicht mehr am Tatortprinzip, sondern am Wohnortprinzip. Möglichst derselbe Sachbearbeiter der für den Wohnort des/der minderjährigen Tatverdächtigen zuständigen Polizeidienststelle bearbeitet grundsätzlich alle Straftaten derselben Person. Diese täterorientierte Vorgehensweise hat den Vorteil, dass Informationen über straffälliges Verhalten an einer Stelle zusammenlaufen und damit ein frühzeitiges und zielgerichtetes Einwirken auf den straffälligen Minderjährigen zur Verhinderung einer kriminellen Karriere am ehesten möglich ist.

Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen an den Tatverdächtigen nahm in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich ab.

2007 lag dieser Anteil bei 18,1 %, 2008 mit 20 966 Tatverdächtigen bei 17,8 %. 2009 hat die Polizei 22 088 nichtdeutsche Tatverdächtige (+ 1 122 TV/+ 5,4 %) ermittelt. Ihr Anteil an den Tatverdächtigen insgesamt stieg auf 18,4 %. Allein wegen illegaler Einreise hat die Polizei im Jahr 2009 359 Nichtdeutsche mehr erfasst als im Vorjahr. Wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz nahm die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen 2009 gegenüber dem Vorjahr um 170 zu. Relativ starke Zunahmen registrierte die Polizei ferner bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten (+ 353 TV), darunter 136 Tatverdächtige wegen Leistungserschleichungen. Erwähnenswert sind außerdem die Zunahmen 2009 bei den Gewaltstraftaten in engen sozialen Beziehungen (+ 190

TV), den Beleidigungen (+ 92 TV) und bei den Delikten des Hausfriedensbruchs (+58 TV).

Entwicklung in besonderen Phänomenbereichen:

Straftaten gegen das Leben Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen und fahrlässige Tötung werden als Straftaten gegen das Leben zusammengefasst. 2006 hat die Polizei 162 solcher Straftaten verfolgt, 2007 144 Delikte, 2008 und 2009 jeweils 131 Delikte. Das ist der niedrigste Stand seit Einführung der bundeseinheitlichen PKS 1971. Zum Vergleich: In den Jahren 1974 bis 1989 lagen die Fallzahlen konstant bei ca. 250

Fällen, teilweise auch darüber. Wie die nachfolgende Grafik zeigt, weisen die Fallzahlen seit 1991 einen rückläufigen Trend auf.

Straftaten gegen das Leben in Rheinland-Pfalz 1971 bis 2009:

Der Anteil von Straftaten gegen das Leben an der Gesamtkriminalität betrug im Berichtszeitraum zwischen 0,04 % und 0,05 %. Vor zehn Jahren lag dieser Anteil noch bei 0,08 %. Straftaten gegen das Leben sind zumeist Beziehungstaten. Im Berichtszeitraum bestand in rund 70 % der Fälle eine Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung.

2009 ist die Zahl der Morde erneut zurückgegangen. Mit 17 Fällen, einschließlich der versuchten Taten, weist die PKS die niedrigste Fallzahl seit 1971 aus. 2008 hat die Polizei 22, 2007 26 und 2006 46 solcher Straftaten registriert. Zum Vergleich: Von 1971 bis 1993 gab es nicht ein Jahr, in dem die rheinland-pfälzische Polizei weniger als 50 solcher Fälle in der PKS erfasst hat, meistens waren es sogar über 60.

2009 registrierte die Polizei 72 Fälle des Totschlags und der Tötung auf Verlangen. 2008 fanden 68, 2007: 76 und 2006: 79 solcher Fälle Eingang in die PKS.

Der Vergleich belegt, dass entgegen der öffentlichen Wahrnehmung bei den Kapitaldelikten Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen in den letzten Jahren keine erhebliche Zunahme eingetreten ist, sondern dass die Tendenz bei diesen Straftaten insgesamt rückläufig ist.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung:

In der Straftatenobergruppe Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind sehr unterschiedliche Delikte zusammengefasst.

Dazu gehört die Verbreitung von pornographischen Erzeugnissen ebenso wie noch schwerwiegendere Delikte wie z. B. Vergewaltigungen. Die Gesamtzahl der Straftaten in dieser Straftatenobergruppe belief sich 2006 auf 3 176 Fälle. 2007 stieg die Fallzahl auf 3 333 und 2008 erneut auf 4 024. 2009 ging die Fallzahl auf 2 967, den niedrigsten Wert der letzten acht Jahre, zurück. Der Grund für diese unterschiedliche Entwicklung lag vor allem darin, dass 2008 die Staatsanwaltschaften eine Fülle von Anzeigen der Filmindustrie, in denen urheberrechtlich geschützte Pornofilme im Internet angeboten wurden, auch als Verbreitung pornographischer Erzeugnisse verfolgten. Die Daten der im Rahmen der Strafverfahren ermittelten Tatverdächtigen wurden von der Filmindustrie wiederum genutzt, um zivilrechtliche Forderungen geltend zu machen. Nachdem die Filmindustrie seit 2009 direkt über die Provider an die Daten der Urheberrechtsverletzer gelangt, nahm das Anzeigeaufkommen deutlich ab.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung unter Gewaltanwendung oder Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses blieben mit 982 Fällen im Jahr 2007 gegenüber 975 Fällen in 2006 nahezu konstant. 2008 ging die Fallzahl gegenüber dem Vorjahr um 8,8 % auf 896 Delikte und 2009 erneut um 3,2 % auf 867 Fälle deutlich zurück.

Eine ähnliche Entwicklung hat die Polizei beim sexuellen Missbrauch von Kindern registriert. Auch hier stieg die Fallzahl 2007 gegenüber 2006 um 0,8 % auf 801 Fälle geringfügig an, während sie 2008 gegenüber dem Vorjahr um ­ 12,0 % auf 705 Delikte und 2009 um weitere ­ 3,1 % auf 683 Straftaten, die niedrigste Fallzahl der letzten zehn Jahre, deutlich zurückging. Die von der PKS ausgewiesene positive Entwicklung der Fallzahlen in diesem zu verabscheuenden Deliktsfeld dürfen jedoch, wie die jüngsten Ereignisse zeigen, nicht verkennen lassen, dass sich hinter diesen Fallzahlen ein hohes Dunkelfeld verbirgt. Nicht zuletzt im Interesse des Opferschutzes muss es daher ein gesamtgesellschaftliches Anliegen sein, solche Straftaten aus der Anonymität herauszuholen, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und eine fortgesetzte Tatbegehung zu verhindern.

Einen rückläufigen Trend weist die PKS auch für den Deliktsbereich Vergewaltigung und sexuelle Nötigung aus. In den Jahren 2002 bis 2006 registrierte die Polizei jährlich jeweils mehr als 400 solcher Straftaten. Seit 2007 liegen die jährlichen Fallzahlen deutlich darunter (2007: 332; 2008: 358; 2009: 338).

Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit:

Zur Gruppe der Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit gehören vor allem Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung, aber auch Raubstraftaten und der im April 2007 neu eingeführte Straftatbestand der Nachstellung, das sog. Stalking.

Seit Einführung der PKS vor 39 Jahren hat die Polizei kontinuierlich deutlich ansteigende Fallzahlen bei Körperverletzungsdelikten beobachtet, was nicht unwesentlich auf eine stärkere Aufhellung des Dunkelfeldes durch ein verändertes Werteverständnis und die damit einhergehende gestiegene Anzeigebereitschaft der Bevölkerung zurückzuführen ist. 2007 hat die Polizei eine Stagnation der Fallzahlen registriert. Die Fallzahl aus 2007 (30 214 Delikte) lag nur um zwei Fälle über der aus 2006. 2008 nahmen die Körperverletzungsdelikte erstmals seit vielen Jahren um über 1 000 Straftaten (­ 3,4 %) auf 29 179 Delikte ab. 2009 stiegen diese Straftaten um 344 (+ 1,2 %) an, ohne jedoch die Fallzahlen aus 2006 und 2007 zu erreichen.

Der Anteil der Tatverdächtigen, die bei Körperverletzungsdelikten unter Alkoholeinfluss standen, stieg 2009 erneut an, und zwar von 29,2 % 2008 auf 31,0 %.

Bei den Heranwachsenden wurde fast jede zweite und bei den Jugendlichen mehr als jede fünfte Körperverletzung in alkoholisiertem Zustand begangen. Die Landesregierung hat vielfältige Anstrengungen unternommen, dieser negativen Entwicklung entgegenzuwirken. Neben zahlreichen Präventionsprogrammen und -projekten gegen den übermäßigen Alkoholkonsum insbesondere durch Minderjährige hat sie die offensiven Maßnahmen gegen betroffene Minderjährige selbst, aber auch gegen diejenigen, die Minderjährigen entgegen den gesetzlichen Vorgaben alkoholische Getränke überlassen, intensiviert. Gemeinsame Aktionen u. a. von Polizei, Jugendämtern, Ordnungsbehörden und Veranstaltern, z. B. bei Fastnachtsveranstaltungen, Kirmes, Weinfesten, Schulabschlussfeiern und anderen lokalen und überregionalen Events, führten in der jüngsten Vergangenheit zu einem Rückgang der Körperverletzungsdelikte und Sachbeschädigungen durch alkoholisierte Minderjährige. Das hat sich auch positiv auf das Sicherheitsgefühl der übrigen Veranstaltungsbesucher und Anwohner ausgewirkt.

2006 hat die Polizei 1 585 Raubdelikte registriert. Dies waren über 200 Straftaten weniger als im Jahr zuvor. 2007 stieg die Fallzahl in diesem Deliktsbereich um 75 Taten (4,7 %) an, während in den Folgejahren 2008 und 2009 Rückgänge um 3,6 % bzw. 4,3 % zu verzeichnen waren. 2009 hat die Polizei 1 532 Raubdelikte registriert. Das ist die niedrigste Fallzahl der letzten 19 Jahre.

Im April 2007 wurde der Straftatbestand der Nachstellung oder des „Stalking" eingeführt. Die Polizei hatte im Jahr 2007 insgesamt 717 dieser Delikte bearbeitet. Die Fallzahl stieg 2008 auf 1 500 Taten an und sank 2009 auf 1 240 Fälle. Das konsequente Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen solche Täter, aber auch das flächendeckend vorgehaltene Hilfsangebot der nicht staatlichen Hilfs- und Beratungsstellen dürfte sich positiv auf die Bereitschaft der Opfer ausgewirkt haben, ihre Peiniger anzuzeigen.

Diebstahlsdelikte:

Die Kriminalität hat sich im Laufe der Jahre verändert und diese Entwicklung setzte sich auch im Berichtszeitraum weiter fort. Seit Einführung der bundesweiten PKS im Jahr 1971 und in den folgenden Jahren handelte es sich bei rund zwei Dritteln aller Straftaten um Diebstahlsdelikte. Heute nehmen Diebstahlsdelikte noch einen Anteil von nur noch rund einem Drittel an der Gesamtkriminalität ein, mit weiterhin abnehmender Tendenz.