Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen

Ich frage die Landesregierung:

1. Mit welchen Ländern bestehen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Schul-, Berufs- und akademischen Abschlüssen?

2. Beinhalten solche Abkommen grundsätzlich alle Abschlüsse, die in einem Land erworben werden können?

3. Wie steht die Landesregierung zu einem Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren der im Ausland erworbenen Schul-, Bildungs- und Berufsabschlüsse?

4. Was spricht aus Sicht der Landesregierung gegen eine pauschale Anerkennung von Bildungsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden?

5. Gibt es auch Möglichkeiten zur einseitigen Anerkennung von akademischen Abschlüssen? Wenn ja, welche und mit wem?

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 4. Mai 2010 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Bilaterale Abkommen zur Gleichstellung und Anerkennung von Berufsbildungsabschlüssen bestehen mit Österreich (für ca.140 Berufe), Frankreich (für ca. 25 Berufe) und der Schweiz (nur Handwerk). Aufgrund der ähnlichen Bildungssysteme zwischen Deutschland, Frankreich und Österreich wurde von der formalen bürokratischen Gleichstellung einzelner Berufsabschlüsse inzwischen abgesehen. Stattdessen wurden mit Österreich und Frankreich sogenannte „Gemeinsame Erklärungen" getroffen, die die gegenseitige Vergleichbarkeit von Berufsabschlüssen zwischen Deutschland und Österreich bzw. Deutschland und Frankreich im Grundsatz feststellt. Hierbei handelt es sich nicht um eine formale Gleichstellung einzelner Berufsabschlüsse, sondern vielmehr darum, dass die im Nachbarland erworbene Qualifikation mit der im Gastland vorhandenen vergleichbar ist.

Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Schulabschlüssen bestehen nicht.

Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (sog. Äquivalenzabkommen) bestehen derzeit zwischen der Bundesrepublik und folgenden Ländern:

Daneben gibt es noch unterhalb der Ebene eines Äquivalenzabkommens mit Russland eine Gemeinsame Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung von Studienzeiten und Abschlüssen im Hochschulbereich sowie von Urkunden über russische wissenschaftliche Grade und deutsche akademische Qualifikationen zwischen KMK/HRK und dem Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung der Russischen Föderation Moskau vom 18. Februar 1999.

Zu Frage 2: Die genannten Äquivalenzabkommen betreffen nur hochschulische Abschlüsse, die nach dem Abkommen als Hochschulabschlüsse definiert sind. Sie regeln unter anderem die gegenseitige Anerkennung und Anrechnung von Studien- und Prüfungsleistungen zur Fortführung von Studien oder für weitere Studien im Hochschulbereich im jeweils anderen Land sowie die Berechtigung zum Führen der im jeweils anderen Land erworbenen Hochschulgrade und Hochschultitel.

Zu Frage 3: Für Arbeitnehmer sind eine breite und fundierte Ausbildung, berufliche Fort- und Weiterbildung und die entsprechenden Zeugnisse und Zertifizierungen die Grundlage für ein erfolgreiches Arbeitsleben. Die Landesregierung begrüßt daher grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf ein Bewertungsverfahren, in dem geprüft wird, ob und in welchem Maße im Ausland erworbene Qualifikationen mit deutschen Ausbildungen vergleichbar und gleichwertig sind, als einen guten Beitrag zur Deckung des künftigen Fachkräftebedarfs.

Aus Sicht der Landesregierung ist dabei allerdings wichtig, die Qualität des deutschen Berufsausbildungssystems, in dem Ausbildungsinhalte in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern verbindlich festgelegt werden, zu sichern.

Für den Schulbereich werden generell vorgelegte internationale schulische Zeugnisse aus allen Ländern der Welt geprüft. Alle Antragsteller haben ein Recht auf Prüfung des im Ausland erworbenen Schulabschlusses. Die Gleichstellung mit einem deutschen Schulabschluss ist jedoch nicht generell gegeben und bedarf oft noch weiterer Anpassungsmaßnahmen oder Weiterbildungen, um endgültig als „Schulabschluss" anerkannt werden zu können.

Für die Bewertung ausländischer Qualifikationen in Deutschland im Hochschulbereich ist die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) eingerichtet worden. Sie ist eine Abteilung des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) in der Bundesrepublik Deutschland. Die ZAB informiert und berät alle deutschen Behörden und öffentlichen Einrichtungen, die mit der Anerkennung von ausländischen Qualifikationen befasst sind.

Zu Frage 4: Eine pauschale Anerkennung ist kaum realisierbar, da allein die Vielfältigkeit der internationalen Schul- und Berufsbildungssysteme eine weltweite Pauschalisierung nicht ermöglicht.

Hier ist immer eine präzise Detailprüfung gefragt. Dabei erfolgen auch häufig zusätzliche, ergänzende Anrechnungen aus den nachfolgenden beruflichen ausländischen Ausbildungen nach dem Schulbesuch (aus Fachschulen, Universitäten), um die allgemeinbildende Schulbildung gegebenenfalls dann im Hinblick auf einen deutschen Schulabschluss betrachtet „aufstocken" zu können.

Zu Frage 5: Auf Grundlage des „Übereinkommens über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region" (sog. Lissabon-Konvention), hat jeder Inhaber einer Qualifikation, die in einem der Unterzeichnerstaaten der Konvention erworben wurde, das Recht, eine Bewertung dieser Qualifikation zu erhalten. Dieses Recht besteht seit dem Inkrafttreten der Konvention in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Oktober 2007. Das Land Rheinland-Pfalz hat dieses Recht in der Hochschulgesetznovelle ebenfalls berücksichtigt. Das künftige Hochschulgesetz verlangt eine konsequente Anerkennung von Leistungen, die an einer anderen Hochschule erbracht wurden. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um Studien- und Prüfungsleistungen von Hochschulen in Deutschland handelt, oder um solche, die an einer ausländischen Hochschule erbracht worden sind.

Außerhalb bilateraler Abkommen der genannten Art finden Anerkennungen im Hochschulbereich in den von den Äquivalenzabkommen erfassten Bereichen der Anrechnung von Studien- und Prüfungsleistungen sowie Hochschulabschlüssen zur Fort- und Weiterführung des Studiums bzw. der Promotion statt. Die Hochschulen regeln dies in ihren jeweiligen Studien-, Prüfungs- und Promotionsordnungen (§ 26 Abs. 5 HochSchG). Gesetzliche Grundlage für diese akademischen Anerkennungen ist § 26 Abs. 6 HochSchG. Die Berechtigung zum Führen eines im Ausland erworbenen akademischen Grades in Rheinland-Pfalz ist in § 31 Abs. 2 ff.

HochSchG gesetzlich geregelt, eine berufliche Anerkennung ist mit dem Recht der Gradführung aber nicht verbunden.