Neue Berufsbilder in der Pflege

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit hält die Landesregierung das Vorhaben Baden-Württembergs, neue Berufsbilder für die Pflege zu erproben und bestehende Berufsbilder weiterzuentwickeln, auch in Rheinland-Pfalz für notwendig?

2. Inwieweit gilt dies insbesondere für die Weiterentwicklung der Pflegehelferberufe und für ein Berufsbild für einfache Tätigkeiten und Unterstützungsleistungen bei alltäglichen Verrichtungen?

3. Inwiefern gilt das insbesondere für den geplanten Studiengang für Pflegekräfte?

4. Inwieweit gilt das insbesondere für den ausbildungsbegleitenden Erwerb der Fachhochschulreife für verschiedene Fachberufe und mit Realschulabschluss?

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Mai 2010 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Der baden-württembergische Gesetzentwurf zur Änderung des Landespflegegesetzes soll die Rechtsgrundlagen schaffen, neue Berufsbilder zu erproben und bestehende Berufsbilder weiterzuentwickeln.

Diese Möglichkeit besteht in Rheinland-Pfalz bereits durch das Landesgesetz über die Gesundheitsfachberufe vom 7. Juli 2009. Durch Rechtsverordnung können Regelungen über die Ausbildung und Prüfung und über das Führen von Berufsbezeichnungen für neue Berufsbilder in den Gesundheitsfachberufen erlassen werden. Damit können bei Bedarf auch neue Berufsbilder geschaffen werden.

In den Jahren 2004 bis 2008 wurde in Rheinland-Pfalz auf Grundlage der Modellklauseln des Altenpflege- und Krankenpflegegesetzes in Zusammenarbeit mit dem Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus in Speyer erfolgreich ein Modellprojekt zur Erprobung einer neuen Ausbildung in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege durchgeführt.

Im Rahmen dieses Modells zur gemeinsamen Pflegeausbildung konnte einer der drei regulären Berufsabschlüsse in der Pflege erworben werden. Das Projekt wird weiter fortgesetzt. Auf dieser Basis beteiligt sich Rheinland-Pfalz intensiv an den Reformbemühungen für eine gemeinsame Pflegeausbildung auf Bundesebene.

Neben der einjährigen Kranken- und Altenpflegehilfeausbildung soll in Baden-Württemberg zusätzlich eine zweijährige Pflegehilfeausbildung geschaffen werden.

In Rheinland-Pfalz gibt es die einjährige Kranken- oder Altenpflegehilfeausbildung. Neu in Rheinland-Pfalz ist seit dem Jahr 2006 das Stufenmodell in der Altenpflegeausbildung. Die Auszubildenden der Altenpflegehilfe und Altenpflege absolvieren dabei das erste Ausbildungsjahr gemeinsam und interessierte Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer können nach bestandenem ersten Ausbildungsjahr in das zweite Jahr der Altenpflegeausbildung einsteigen.

Mit einem neunjährigen Hauptschulabschluss sind in Rheinland-Pfalz die Voraussetzungen für die einjährige Ausbildung in der Kranken- oder Altenpflegehilfe erfüllt. Für die Helferinnen- oder Helferausbildungen, die sich an der derzeit noch gültigen Unterscheidung nach Lebensphasen (Kinder-, Kranken-, Altenpflege) in den Pflegeausbildungen orientieren, ist eine einjährige Ausbildung ausreichend und eine zusätzliche zweijährige Pflegehelferinnen- oder Pflegehelferausbildung nicht notwendig. Allerdings wird nach der Einführung eines neuen gemeinsamen Pflegeberufsbildes auch über eine gemeinsame Pflegehilfsausbildung zu reden sein.

Da das neue Berufsbild noch nicht entwickelt ist, macht eine neue Helferinnen- oder Helferausbildung derzeit keinen Sinn.

Schließlich will Baden-Württemberg ein Berufsbild für einfache Unterstützungsleistungen in Haushalten mit betreuungsbedürftigen Personen oder auch in Einrichtungen schaffen.

In Rheinland-Pfalz gibt es dazu bereits verschiedene Möglichkeiten.

­ Seit dem Jahr 2006 steht in Rheinland-Pfalz für die häusliche Versorgung die Qualifikation „Haushaltsassistenz für die Pflege" zur Verfügung, die haushaltsbezogene Dienstleistungen für hilfebedürftige Menschen erbringt.

­ In der Versorgung und Betreuung von hilfebedürftigen Menschen in Wohnformen mit Präsenzbedarf gibt es für die dort tätigen Hauswirtschafterinnen seit dem Jahr 2007 die berufsbegleitende Fortbildung auf Basis des Berufsbildungsgesetzes: „Zusatzqualifikation zur personenbezogenen Versorgung und Betreuung von Menschen in Wohnformen mit Präsenzbedarf für den Ausbildungsberuf Hauswirtschafterin".

­ Im deutschen Gesundheitssystem vollzieht sich eine zunehmende Aufgabenneuverteilung zwischen den Berufsgruppen. Zur Entlastung anderer Berufsgruppen, vor allem der Pflege, werden Servicekräfte benötigt, die administrative und logistische Aufgaben übernehmen und hotelähnliche Leistungen für Patientinnen und Patienten anbieten. Die Zusatzqualifikation zur Servicekraft im Gesundheitswesen wird derzeit in einem Modellprojekt bei der Marienhaus GmbH in Neuwied erprobt, das im Dezember 2009 begonnen und eine Laufzeit von einem Jahr hat. Die Zusatzqualifikation richtet sich bevorzugt an ausgebildete Hauswirtschafterinnen oder Hotelfachkräfte, die Interesse an der Ausgestaltung eines neuen Tätigkeitsbereiches innerhalb des Gesundheitswesens haben.

Insofern benötigt Rheinland-Pfalz keine weiteren Berufsbilder für einfache Unterstützungsleistungen.

Zu 2.: Rheinland-Pfalz hat ein ausdifferenziertes System von Ausbildungen und Qualifizierungen. Deshalb besteht kein weiterer Handlungsbedarf in diesem Bereich. Vor allem durch die Stufenausbildung in der Altenpflegeausbildung ist es möglich, dass Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer nach bestandenem ersten Ausbildungsjahr in das zweite Jahr der Altenpflegeausbildung übernommen werden.

Dadurch ist die Durchlässigkeit für geeignete Hauptschülerinnen und Hauptschüler gegeben, die Ausbildung zur Altenpflegefachkraft zu absolvieren. In den rheinland-pfälzischen Pflegehilfeausbildungen werden Kompetenzen in der Grundpflege, für einfache Tätigkeiten zur umfassenden Unterstützung der pflegebedürftigen Menschen bei den alltäglichen Verrichtungen und für die einfache Behandlungspflege vermittelt.

Zu 3.: In Rheinland-Pfalz werden mehrere Studiengänge im Bereich Pflege angeboten. An der Katholischen Fachhochschule Mainz gibt es den dualen Bachelor-Studiengang „Gesundheit und Pflege", der die Möglichkeit bietet, neben einem Abschluss in einem Gesundheitsfachberuf den Studienabschluss „Bachelor of Sciences" zu erwerben. Darüber hinaus wird der Masterabschluss in den Bereichen Pflegemanagement oder Pflegepädagogik angeboten. An der Fachhochschule Ludwigshafen kann der Bachelor-Studiengang „Pflegepädagogik" belegt werden. An der Philosophisch-theologischen Hochschule in Vallendar kann man einen Masterabschluss im Bereich Pflegewissenschaft erwerben.

Weitere Studiengänge befinden sich derzeit in der Prüfung.

Zu 4.: Mit dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung in der Alten- oder Gesundheits- und Kranken- oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sind die Absolventinnen und Absolventen zum Studium an rheinland-pfälzischen Fachhochschulen berechtigt.

Rheinland-Pfalz ist derzeit das erste Land, das einen solchen Abschluss ermöglicht und damit ein Höchstmaß an Durchlässigkeit erreicht, die Pflegeberufe attraktiver macht und so einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Fachkräftesituation leistet.

Die Zugangsvoraussetzung für die Regelausbildungen in der Pflege sind, wie überall in Deutschland:

­ die mittlere Reife oder ein zehnjähriger Hauptschulabschluss oder

­ ein neunjähriger Hauptschulabschluss und eine mindestens zweijährige Berufsausbildung oder

­ eine abgeschlossene Ausbildung in der Krankenpflegehilfe oder Altenpflegehilfe im Rahmen der Stufenausbildung in der Altenpflege.