Betroffenenstatus
A. Problem und Regelungsbedürfnis
Nach dem Untersuchungsausschussgesetz (UAG) existiert das Institut des Betroffenen. Betroffene sind mit bestimmten Schutzrechten ausgestattet. So können sie an nichtöffentlichen Sitzungen teilnehmen, haben Antrags- und Fragerechte (§ 15 Abs. 3 UAG). Sie dürfen zwar als Zeugen vernommen werden, haben aber ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 UAG). Hiervon ausgenommen sind nur Mitglieder der Landesregierung oder andere Amtsträger, soweit sich die Untersuchung auf ihre Amtsführung bezieht sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes, soweit von ihnen Auskunft über dienstliche Vorgänge einschließlich ihrer eigenen Amtsführung verlangt wird (§ 15 Abs. 2 Halbsatz 2 UAG).
Das Institut des Betroffenen hat sich in der Praxis nicht bewährt. Die Entscheidung über die Feststellung des Betroffenenstatus ist oft nicht mit letzter Eindeutigkeit zu treffen. Ferner wird die effektive Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses beeinträchtigt, insbesondere wenn Betroffene von dem im UAG vorgesehenen umfassenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen.
Der Bund und eine Vielzahl von Ländern verzichten daher auf die Zuerkennung eines Betroffenenstatus. Verfassungsrechtlich ist ein solches Recht auch nicht geboten.
Die allgemeinen rechtsstaatlichen Garantien wie der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und das Gebot des fairen Verfahrens sowie die Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte der StPO führen zu einem ausreichenden Schutz des Zeugen.
B. Lösung:
Die Abschaffung des Betroffenenstatus führt zu einer eindeutigen Rechtslage, die dem Interesse eines Untersuchungsausschusses nach politischer Aufklärung größtmöglich Rechnung trägt, ohne die Rechte eines Zeugen unverhältnismäßig zu beeinträchtigen.
Der vorliegende Gesetzentwurf führt dazu, dass alle Zeugen ohne die Zuerkennung eines Betroffenenstatus der Aussagepflicht gleichermaßen unterfallen und sich nur im Falle des § 16 Abs. 3 Satz 2 UAG i. V. m. den §§ 52 ff. StPO auf Aussage- bzw. Zeugnisverweigerungsrechte berufen können.
C. Alternativen Beibehaltung der bisherigen Rechtslage
D. Kosten Keine. Diese Regelung wird den heutigen Anforderungen an ein parlamentarisches Untersuchungsverfahren nicht mehr gerecht.
Die parlamentarische Kontrolle erfasst nicht nur das Tätigwerden der Staatsverwaltung in den Formen des öffentlichen Rechts, sie erstreckt sich vielmehr auf jegliche Staatstätigkeit und unter bestimmten Voraussetzungen auch auf das Tätigwerden Privater.
Das Untersuchungsrecht ist ein dem Parlament eingeräumtes verschärftes Frage- und Kontrollrecht, das es ihm ermöglicht, sich selbst und unabhängig von anderen Staatsorganen die zur Wahrnehmung seiner Funktion notwendigen Informationen zu verschaffen. Kernstück der Beweiserhebung ist die Zeugenvernehmung; sie steht im Mittelpunkt des parlamentarischen Untersuchungsverfahrens. Der Untersuchungsausschuss ist darauf angewiesen, alle Auskunftspersonen, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können, umfassend befragen zu können. Diesem Aufklärungsbedürfnis wird nicht Rechnung getragen, wenn einzelne Personengruppen von der Aussageverpflichtung ausgenommen werden.
Einzig von der Verfassung gebotene Grenzen sind die allgemeinen rechtsstaatlichen Garantien, wie der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und das Gebot des fairen Verfahrens sowie die Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte der StPO.
Vor diesem Hintergrund schafft der vorliegende Gesetzentwurf die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass alle relevanten Zeugen, die sich nicht auf die Rechte der §§ 52 ff. StPO berufen können, vernommen werden können. Der Gesetzentwurf stellt auf diese Weise die Effektivität der parlamentarischen Untersuchung sicher.
Die Streichung des Betroffenenstatus trägt zudem zur Rechtssicherheit und -klarheit bei und führt zu einer Vereinfachung des Untersuchungsausschussrechts.
Aus rechtsstaatlichen Gründen kann eine solche Regelung nur für die Zukunft gelten. Die Abschaffung von Verfahrensrechten für den Betroffenen führt dazu, dass in eine bereits zugestandene Rechtsposition eingegriffen wird. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes stünde einer anderen Lösung entgegen. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig, die Regelung nicht im Laufe einer Legislaturperiode in Kraft zu setzen, sondern erst für Untersuchungsausschüsse der kommenden Legislaturperiode wirksam werden zu lassen.
Kollisionen mit dem Verbot des Einzelfallgesetzes sind bei einer generellen Abschaffung des Betroffenenstatus ausgeschlossen.
B. Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu Artikel 1 Nr. 3:
Diese Regelung hebt den Status des Betroffenen in einem Untersuchungsverfahren auf.
Nr. 1 bis 2 und 4 bis 10:
Diese Regelungen stellen redaktionelle Folgeänderungen dar, die aus der Aufhebung des Betroffenenstatus resultieren.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Eine Rückwirkung wäre verfassungsrechtlich unzulässig. Das neue Recht wird mithin erst auf Untersuchungsausschüsse der kommenden Legislaturperiode Anwendung finden.