Fortbildung

A. Problem und Regelungsbedürfnis

Der Rettungsdienst stellt eine wesentliche Einrichtung der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr dar. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten im Rettungsdienst eine wichtige und unverzichtbare Arbeit für das Allgemeinwohl. Dennoch werden sie bei der Ausübung ihrer Aufgaben zunehmend durch Dritte behindert. Dabei werden ihre Aktivitäten häufig durch Schaulustige, Gaffer und anderweitige Personen gestört.

Anders als ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Allgemeinen Hilfe oder des Katastrophenschutzes haben sie keinerlei Möglichkeit, unmittelbar selbst gegen diese Störer vorzugehen. Sie sind hierbei immer auf die Unterstützung anderer angewiesen. Vor dem Hintergrund, dass sie in der Regel die ersteintreffenden Hilfskräfte sind, kann diese fehlende Befugnis zu Verzögerungen und Erschwernissen bei der Hilfeleistung und damit bei der Lebensrettung führen.

Diese ungleiche Kompetenzverteilung steht nicht im Einklang mit dem rheinlandpfälzischen Verbundsystem aus Rettungsdienst und Katastrophenschutz. Hier ist es durchaus geübte Praxis, dass Einheiten der allgemeinen Hilfe oder des Katastrophenschutzes unterstützend für den Rettungsdienst tätig werden. In einigen ländlichen Bereichen des Landes kann dies zum Beispiel schon ab einer sehr niedrigen Einsatzschwelle von wenigen schwer verletzten Personen bei einem Verkehrsunfall eintreten.

Hier werden dann zusätzlich zu den Kräften des Rettungsdienstes Kräfte der Allgemeinen Hilfe oder des Katastrophenschutzes eingesetzt. Dabei ist es nicht unüblich, dass hauptamtlich Tätige auch in ihrer Freizeit ehrenamtlich bei der jeweiligen Hilfsorganisation mitarbeiten und in einem solchen Einsatzfall als Helfer der Allgemeinen Hilfe oder des Katastrophenschutzes vor Ort über die erweiterten Kompetenzen verfügen, die ihnen als Hauptamtliche derzeit nicht zustehen.

Die neue Regelung soll diese ungleiche Verteilung beseitigen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes mit den Helferinnen und Helfern der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes in diesem Punkt gleichstellen.

Sie besitzen danach die Befugnisse eines Vollstreckungsbeamten nach dem III. Abschnitt des ersten Teiles des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes. Somit sind die Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten wie auch Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter nach Inkrafttreten unter anderem berechtigt, störende Personen von der Einsatzstelle zu verweisen und dies notfalls mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen.

B...t e s Landesgesetz zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes

Der Landtag Rheinland-Pfalz hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1:

Das Rettungsdienstgesetz in der Fassung vom 22. April 1991, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juni 2007 (GVBl. S. 91), BS 2128-1, wird wie folgt geändert: § 22 wird wie folgt geändert:

1. Es wird folgender neue Absatz 6 eingefügt: „(6) Für das im Rettungsdienst eingesetzte Personal gelten die Regelungen des § 25 des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes für Helferinnen und Helfer der anderen Hilfsorganisationen entsprechend."

2. Der bisherige Absatz 6 wird Absatz 7.

Artikel 2:

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Die Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten wie auch Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter tragen große Verantwortung für das Leben und die Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten. Ihre besondere Aufgabenübertragung wird auch durch die besondere, strafrechtlich relevante, Garantenstellung gegenüber hilfsbedürftigen Personen deutlich.

Sie nehmen eine öffentliche Aufgabe wahr und sind verpflichtet, jedermann die bestmögliche Hilfe zu bieten. Der maßgebliche Einsatzerfolg und damit die Lebensrettungswahrscheinlichkeit hängen nicht nur von der Aus- und Fortbildung, der technischen Ausrüstung, sondern auch von weiteren Rahmenbedingungen ab.

Das Rettungsdienstgesetz (RettDG) beschreibt in § 2 Abs. 1 den Rettungsdienst als eine öffentliche Aufgabe. Er soll die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Notfall- und Krankentransportes als medizinisch-organisatorische Einheit der Gesundheitsvorsorge und Gefahrenabwehr sicherstellen.

Neben dieser Zuordnung des Aufgabenbereichs zu einem im besonderen öffentlichen Interesse liegenden Kernbereich öffentlicher Daseinsfürsorge wird die Stellung der ausführenden Kräfte im Rettungsdienst bis dato nicht weiter ausgeführt.

Hingegen ist im Rahmen der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes eine solche einschlägige Regelung bereits implementiert worden, die jedoch nur für Helferinnen und Helfer der anderen Hilfsorganisationen außerhalb des Rettungsdienstes gilt (§ 25 Abs. 3 LBKG).

Die Kräfte der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes rekrutieren sich wesentlich aus hauptamtlichem Personal des Rettungsdienstes sowie den beauftragten durchführenden Hilfsorganisationen im Rettungsdienst. Diese werden auch im Zuge des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (LBKG) herangezogen, nämlich dann, wenn die nach § 2 Abs. 1 RettDG „bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung" aufgrund eines besonderen Schadenereignisses nicht mehr gewährleistet ist und der Einsatz zusätzlicher Ressourcen der Allgemeinen Hilfe oder des Katastrophenschutzes resultierend aus § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 LBKG erforderlich wird.

Damit werden Einheiten der Allgemeinen Hilfe oder des Katastrophenschutzes unterstützend für den Rettungsdienst tätig. In einigen ländlichen Bereichen des Landes kann dies z. B. schon ab einer sehr niedrigen Grenze von einigen schwer verletzten Personen bei einem Verkehrsunfall erforderlich werden.

Umgekehrt wird auch der Rettungsdienst unterstützend für den Bereich der örtlichen Allgemeinen Hilfe oder des Katastrophenschutzes tätig, gemäß der maßgeblichen Inhalte des

Rettungsdienstplanes und des Rahmen-Alarm- und Einsatzplanes. Diese enge Verzahnung von Rettungsdienst, Allgemeiner Hilfe und Katastrophenschutz wird in der Organisationsregelung des Ministeriums des Innern und für Sport zum Sonderalarm Rettungsdienst Rheinland-Pfalz vom Juni 2006 in Ergänzung der Stufe 5 des RAEP Gesundheit nochmals besonders deutlich. Hier wird der Rettungsdienst als wesentlicher Unterstützer bei einem Großschadensereignis tätig.

Diese enge Verzahnung der aufeinander angewiesenen Systeme im Verbundsystem Rettungsdienst und Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz erfordert aber auch, dass alle eingesetzten Kräfte die gleichen rechtlichen Kompetenzen haben, was bisher noch nicht der Fall ist. Hauptamtliche Rettungsdienstkräfte haben bisher nur die sogenannten „Jedermannsrechte", können also keine hoheitlichen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der ihnen anvertrauten Patienten treffen.

Wird der Einsatzleiter einer Feuerwehr im Einsatz tätig, so obliegen ihm zahlreiche Regelungsbefugnisse. Vorrangig ist hier das Recht des Erlassens von Verwaltungsakten zur Durchführung und Durchsetzung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr angeführt (§ 25 Abs. 1 LBKG). Er besitzt die Befugnisse eines Vollstreckungsbeamten nach dem III. Abschnitt des ersten Teiles des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes. Somit ist er unter anderem berechtigt, den Einsatz störende Personen von der Einsatzstelle zu verweisen und dies notfalls mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen. Kann der Einsatzleiter diese Aufgabe, ungeachtet der Gründe, selbst nicht wahrnehmen, besitzen auch die Helferinnen und Helfer der anderen Hilfsorganisationen diese Rechte. Dies trifft nach derzeitiger Gesetzeslage aber nur auf die im Rahmen des LBKG tätigen ehrenamtlichen Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen zu.

Vor dem Hintergrund, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes in der Regel die ersteintreffenden Kräfte am Einsatzort sind, ist hier eine Kompetenzerweiterung und damit eine Angleichung an die Rechte der Helferinnen und Helfer des Katastrophenschutzes notwendig.

Werden neben dem Rettungsdienst Einheiten der Feuerwehr oder der anderen Hilfsorganisationen eingesetzt, sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes die Befugnisse des Einsatzleiters nach § 25 Abs. 1 LBKG nur dann haben, wenn der Einsatzleiter die notwendigen Maßnahmen nicht selbst treffen kann. Bei Einsätzen im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes, bei denen keine anderen Organisationen eingesetzt werden, können nach der beabsichtigten Neuregelung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes die erforderlichen Maßnahmen in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 1 LBKG selbst treffen.

Begründung:

Für die Fraktion: Jochen Hartloff