Abgeordnetengesetz Rheinland-Pfalz
Nach § 22 Satz 1 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtags Rheinland-Pfalz (Abgeordnetengesetz Rheinland-Pfalz) erstattet der Präsident dem Landtag jährlich einen Bericht über die Angemessenheit der Leistungen nach dem Abgeordnetengesetz. Der nachstehende Bericht schließt an den Bericht vom 2. Dezember 2009 Drucksache 15/4046 an.
2. Die Entschädigung nach § 5 Abs. 1 des Abgeordnetengesetzes wurde zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes Rheinland-Pfalz vom 7. April 2009 zum 1. März 2009 um 40 EUR und sodann um 3 v. H. auf 5 395,25 EUR und zum 1. März 2010 um weitere 1,2 v. H. auf 5 459,99 EUR erhöht.
Die allgemeine Unkostenpauschale, die insbesondere für die Betreuung des Wahlkreises, Bürokosten, Porto und Telefon sowie für sonstige Auslagen, die sich aus der Stellung des Abgeordneten ergeben, gewährt wird, betrug seit dem 1. Januar 1997 1 124,84 EUR und wurde zum 1. Januar 2009 um 60 EUR auf 1 184,84 EUR angehoben. Die Tagegeldpauschale ist seit 1. Juli 1987 auf 281,21 EUR festgesetzt. Die Fahrtkostenpauschale wurde zum 1. Januar 2009 um ein Sechstel angehoben und beträgt nunmehr je nach Entfernung des Wohnortes von Mainz zwischen 161,06 EUR und 695,53 EUR. Nachgewiesene Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Unterstützung bei der Erledigung ihrer parlamentarischen Arbeit werden den Abgeordneten bis zu dem Betrag erstattet, der dem Tabellenentgelt eines in Vollzeit Beschäftigten des Landes in der Entgeltgruppe TV-L E 8 (Stufe 3) entspricht. Der Erstattungshöchstbetrag beträgt seit 1. März 2010 2 444,33 EUR. Erstattet werden auch die entsprechenden Nebenleistungen wie Arbeitgeberanteile, -beiträge und -zuschüsse. Zusätzlich werden in entsprechender Anwendung der Tarifverträge für Beschäftigte im öffentlichen Dienst des Landes Aufwendungen für eine Jahressonderzahlung und für eine tarifvertragliche Einmalzahlung, die im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Tabellenentgelts gewährt wird, erstattet.
3. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Leistungen an Abgeordnete sind im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte maßgebend, die auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere auf das sogenannte erste Diäten-Urteil vom 5. November 1975 (BVerfGE 40, 296), zurückgehen und die zuletzt durch das sogenannte zweite Diäten-Urteil vom 21. Juli 2001 (BVerfGE 102, 224) und den Beschluss der 1. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2010 (DStRE 2010, 1058) bestätigt wurden. Sie lagen auch den bisherigen Berichten zu Grunde (vgl. zuletzt Drucksache 15/4046):
Die der Einkommensteuer unterliegende Entschädigung nach § 5 des Abgeordnetengesetzes stellt das Entgelt für die Inanspruchnahme des Abgeordneten durch das Mandat dar.
Dieses Entgelt muss „der Bedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verantwortung und Belastung und des diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Ranges gerecht werden". Damit soll es den Abgeordneten ermöglicht werden, „als Vertreter des ganzen Volkes frei von wirtschaftlichen Zwängen zu wirken".
Nach Artikel 79 der Verfassung für Rheinland-Pfalz sind Abgeordnete als Vertreter des ganzen Volkes nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden. Die Sicherung dieser Unabhängigkeit erfordert, dass die Entschädigung für die Abgeordneten und ihre Familien während der Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Parlament eine ausreichende Existenzgrundlage darstellt. Angesichts der Entwicklung der Abgeordnetentätigkeit von der Teilzeit- zur Vollzeitbeschäftigung bedeutet dies, dass die Entschädigung geeignet sein muss, den gesamten Lebensbedarf abzudecken.
Daher ist die Entschädigung „so zu bemessen, dass sie auch für den, der aus welchen Gründen auch immer kein Einkommen aus einem Beruf hat, aber auch für den, der infolge des Mandats Berufseinkommen ganz oder teilweise verliert, eine Lebensführung gestattet, die der Bedeutung des Amtes angemessen ist".
Mit der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 6 Abgeordnetengesetz werden die durch das Mandat veranlassten Aufwendungen abgegolten. Soweit diese Aufwandsentschädigung als Pauschale gewährt wird, orientiert sich deren Höhe an dem „wirklich entstandenen, sachlich angemessenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand".
Diesen Grundsätzen hat der Gesetzgeber sowohl bei der Verabschiedung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1978 als auch bei den seitherigen Festsetzungen von Entschädigung und Aufwandsentschädigung Rechnung getragen.
In seinem zweiten Diäten-Urteil (BVerfGE 102, 224) wies das Bundesverfassungsgericht auf das Erfordernis hin, die reguläre Entschädigung von Zeit zu Zeit den steigenden Lebenshaltungskosten anzupassen, weil auch dadurch, dass die Entschädigung im Gefolge der wirtschaftlichen Entwicklung allmählich die Grenze der Angemessenheit unterschreite, die Freiheit des Mandats gefährdet werde.
II. 1. Nach § 8 des Gesetzes zur Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen (Fraktionsgesetz Rheinland-Pfalz) erstattet der Präsident des Landtags mit dem Bericht über die Angemessenheit der Leistungen an Abgeordnete einen Bericht über die Angemessenheit der Geld- und Sachleistungen nach § 2 Abs. 3 und 4 des Fraktionsgesetzes (s. zuletzt Drucksache 15/4046).
2. Die Fraktionen erhalten zur sachgemäßen und effektiven Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach Artikel 85 a der Verfassung für Rheinland-Pfalz Geld- und Sachleistungen.
Die Geldleistungen wurden durch das Fraktionsgesetz Rheinland-Pfalz vom 21. Dezember 1993 neu strukturiert und zuletzt durch das Gesetz vom 7. April 2009 zum 1. März 2009 um 3 v. H. und zum 1. März 2010 um weitere 1,2 v. H. erhöht.
Die Geldleistungen setzen sich danach zusammen aus:
einem Grundbetrag von 55 150,23 EUR für jede Fraktion,
einem Zuschlag zu dem Grundbetrag in Höhe von 21 172,53 EUR für Fraktionen mit mehr als 25 Mitgliedern,
einem Steigerungsbetrag von 946,01 EUR für jedes Fraktionsmitglied und
einem zusätzlichen Steigerungsbetrag von 382,91 EUR je Mitglied für jede Fraktion, die die Landesregierung nicht trägt (Oppositionszuschlag).
Die Fraktionen erhalten die Geldleistungen für jeden Monat, in dem sie nach der Geschäftsordnung des Landtags die Rechtsstellung einer Fraktion haben, letztmals für den Monat, in dem die Wahlperiode endet.
Gemäß der seit 1. März 2009 geltenden Fassung des § 2 Abs. 3 Satz 3 des Fraktionsgesetzes erhielt jede Fraktion zur Betreuung von Enquete-Kommissionen und Untersuchungsausschüssen ab dem Monat der Einsetzung bis zum Ende des Monats, in dem die parlamentarische Beratung abgeschlossen wird, einen Betrag in Höhe von monatlich 1 922 EUR. Dieser erhöhte sich ab 1. März 2010 auf 1 945 EUR. Der Landtag hat in seiner 27. Sitzung am 28. Juni 2007 die Enquete-Kommission „Klimawandel" (siehe Drucksachen 15/1202/1274/1555), in seiner 39. Sitzung am 24. Januar 2008 den Untersuchungsausschuss „Arp" (siehe Drucksachen 15/1762/ 1858), in seiner 44. Sitzung am 17. April 2008 die Enquete-Kommission „Integration und Migration in Rheinland-Pfalz" (siehe Drucksachen 15/2141/2350), in seiner 70. Sitzung am 25. Juni 2009 die Enquete-Kommission „Verantwortung in der medialen Welt" (siehe Drucksachen 15/3409/3521), in seiner 74. Sitzung am 3. September 2009 den Untersuchungsausschuss „Nürburgring GmbH" (Drucksachen 15/3740/3765) und in seiner 94. Sitzung am 25. Juni 2010 den Untersuchungsausschuss „CDU-Fraktionsfinanzen der Jahre 2003 bis 2006" (Drucksachen 15/4687/4763) eingesetzt.
Die parlamentarische Beratung wurde bezüglich des Untersuchungsausschusses „Arp" am 25. März 2009 und bezüglich der EnqueteKommission „Klimawandel" am 3. September 2009 abgeschlossen.
Die Sachleistungen werden nach Maßgabe von Haushaltsplan und Haushaltsgesetz erbracht.
III. Für die Beantwortung der Frage, ob die Leistungen an Abgeordnete und Fraktionen noch angemessen sind, ist in erster Linie auf die allgemeine Entwicklung der Einkommens- und Preisverhältnisse abzustellen. Das Abgeordnetengesetz schreibt in § 22 Satz 2, das Fraktionsgesetz in § 8 vor, dass der Präsident vor Erstattung des Berichts eine gutachtliche Stellungnahme des Statistischen Landesamtes über die allgemeine Entwicklung der Einkommens- und Preisverhältnisse einholt. Die mit Schreiben des Präsidenten des Statistischen Landesamtes vom 4. Oktober 2010 vorgelegte Stellungnahme hat folgenden Wortlaut: „Meine Stellungnahme zur allgemeinen Entwicklung der Einkommens- und Preisverhältnisse berücksichtigt die vorliegenden Daten der Jahre 2009 und 2010. Die Preis- und Einkommensentwicklung wird im Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dargestellt, um Entscheidungsträgern eine umfassende Bewertung zu ermöglichen.
Zusätzlich berichte ich über die Ergebnisse der in bedeutenden Wirtschaftszweigen abgeschlossenen Tarifverträge sowie über die Entwicklung der Regelleistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, der Sozialhilferegelsätze und der Renten.
1. Entwicklung der Gesamtwirtschaft
Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in Deutschland nahm im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent ab. Für die alten Bundesländer ohne Berlin lag der Wert bei 5,4 Prozent.
In der ersten Jahreshälfte 2010 stieg die Wirtschaftsleistung in Deutschland gegenüber dem ersten Halbjahr 2009 um 3,1 Prozent.
Der Durchschnittswert für die alten Länder ohne Berlin betrug + 3,3 Prozent.
In Rheinland-Pfalz sank das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr wie in Deutschland insgesamt um 5 Prozent.
Im ersten Halbjahr 2010 stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in Rheinland-Pfalz gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 4,5 Prozent.
2. Entwicklung der Arbeitsproduktivität
In Deutschland sank im Jahr 2009 die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität, gemessen als preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen, um 4,9 Prozent. Bei einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5 Prozent war diese Entwicklung mit einer nahezu unveränderten Erwerbstätigenzahl ( 14 000 bzw. 0,0 Prozent) verbunden. Die Zunahme der Arbeitsproduktivität im 1. Halbjahr 2010 um 3,1 Prozent ging einher mit einem gestiegenen preisbereinigten Bruttoinlandsprodukt (+ 3,1 Prozent) und einer marginal gesunkenen Erwerbstätigenzahl ( 5 000 bzw. 0,0 Prozent).
In Rheinland-Pfalz entsprach die Abnahme der Arbeitsproduktivität mit 4,9 Prozent im Jahr 2009 dem Bundesdurchschnitt. Dabei ging eine geringfügige Abnahme der Erwerbstätigenzahl um 0,2 Prozent mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5 Prozent einher. Auf Länderebene sind unterjährige Angaben zur Entwicklung der Arbeitsproduktivität nicht verfügbar.
3. Preisentwicklung
Der Verbraucherpreisindex für Rheinland-Pfalz ist im Jahresdurchschnitt 2009 gegenüber 2008 lediglich um 0,1 Prozent gestiegen.
Dies war der niedrigste Jahreswert seit Beginn der Berechnung des rheinland-pfälzischen Verbraucherpreisindex im Jahr 1995. Ausschlaggebend hierfür war der Umstand, dass von Mai bis Oktober 2009 ein Rückgang der Verbraucherpreise gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat zu verzeichnen war. Im November 2009 setzte dann eine Trendwende zu einem moderaten Anstieg der Verbraucherpreise ein. Im Vergleichszeitraum Januar 2009 bis August 2010 stieg der Verbraucherpreisindex insgesamt um 2 Prozent.
Bei den Gütern und Dienstleistungen, welche die Abgeordneten zur Bestreitung der mit ihrem Mandat verbundenen Aufwendungen benötigen und für die sie eine Aufwandsentschädigung erhalten, zeigten sich teilweise vom allgemeinen Trend abweichende Preisentwicklungen. Die nachfolgenden Angaben gelten für Rheinland-Pfalz:
Die Preise für die Anschaffung und die Unterhaltung von Kraftfahrzeugen, deren Veränderung mit dem sogenannten Kraftfahrerpreisindex gemessen wird, stiegen im Zeitraum Januar 2009 bis August 2010 mit 6,2 Prozent wesentlich stärker als die allgemeine Teuerungsrate. Hierzu trug insbesondere der Anstieg der Kraftstoffpreise um 18,4 Prozent im Vergleichszeitraum bei.
Die Preise für die Nachrichtenübermittlung insgesamt sind seit Januar 2009 weiter gesunken, wobei die Entwicklung bei einzelnen Gütern und Leistungen unterschiedlich verlief. Verbilligt haben sich zwischen Januar 2009 und August 2010 beispielsweise Telefon- und Telefaxgeräte einschließlich Reparaturen ( 2,5 Prozent). Deutliche Preisrückgänge waren auch bei den Telefonund Telefaxdienstleistungen ( 3 Prozent) festzustellen. Demgegenüber war bei den Preisen für Post- und Kurierdienstleistungen ein Anstieg zu beobachten; diese lagen im August 2010 um 1,2 Prozent über dem Niveau vom Januar 2009.
Zur Beurteilung der Preisentwicklung für Beherbergungsdienstleistungen wird ein Jahresvergleich herangezogen, da ansonsten das Ergebnis durch die saisonalen Preisschwankungen verzerrt wird. Im Jahr 2009 stieg das Preisniveau für Beherbergungsdienstleistungen gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent. Im August 2010 lagen die Preise um durchschnittlich 1,8 Prozent höher als im August 2009.
4. Einkommensentwicklung
Zur Beurteilung der Entwicklung der nominalen Verdienste werden als zeitnaher Indikator die Ergebnisse der vierteljährlichen Verdiensterhebung im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich herangezogen.
Die nominalen Bruttomonatsverdienste der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rheinland-Pfalz erhöhten sich im Durchschnitt des Jahres 2009 um 1,9 Prozent. Im 1. Halbjahr 2010 lagen sie 2,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraumes. In diese Veränderungsrate fließen zum einen die Verdienständerungen der einzelnen Beschäftigten ein, zum anderen aber auch Änderungen der Wirtschafts- und Beschäftigtenstruktur.