Verwendung der Mittel für Entlassungsvorbereitungen und Übergangsmanagement
Im Doppelhaushalt 2009/2010 wurde unter dem Haushaltstitel 537 02 im Einzelplan 05 ein Betrag von 25 000 Euro im Jahr 2009 und 30 000 Euro im Jahr 2010 für „Entlassungsvorbereitungen und Übergangsmanagement sowie Behandlung und Maßnahmen zur Resozialisierung von Gefangenen" veranschlagt. Aufgrund der besonderen Bedeutung des Übergangsmanagements zur Vorbereitung auf die anstehende Entlassung aus dem Strafvollzug und die anschließende Resozialisierung und Integration in ein geordnetes Leben in Freiheit wurde bereits bei den damaligen Haushaltsberatungen kritisiert, dass die Haushaltsveranschlagung für diese Aufgaben zu gering ausfiel.
Ich frage die Landesregierung:
1. Für welche konkreten Maßnahmen wurden die veranschlagten Mittel im Haushalt für das Übergangsmanagement und die Entlassungsmaßnahmen bis zum Stichtag 31. Oktober 2010 verwendet?
2. Falls nicht alle bereitgestellten Mittel für solche Maßnahmen abgeflossen sind, aus welchen Gründen geschah dies nicht?
3. Welche Bedeutung misst die Landesregierung den Entlassungsmaßnahmen und dem Übergangsmanagement für die Resozialisierung ehemaliger Gefangener zu?
4. Waren nach Ansicht der Landesregierung die bereitgestellten Mittel im Doppelhaushalt 2009/2010 ausreichend, um die diesbezüglichen Maßnahmen sach- und bedarfsgerecht auszuführen?
Das Ministerium der Justiz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 wie folgt beantwortet:
Zu Frage 1: Mit den Mitteln aus dem Haushaltstitel 537 02 wurden für das Übergangsmanagement in den Jugendstrafanstalten die sächlichen Voraussetzungen geschaffen, damit Gefangene Lebensläufe, Bewerbungsschreiben und andere Korrespondenz im Rahmen der Suche nach Aus- und Arbeitsplätzen erledigen können. Die hierfür benötigte EDV-Ausstattung bestand aus Notebooks, Software und Druckern. Neben der EDV-technischen Ausstattung wurde auch Fachliteratur zu den Sozialgesetzbüchern, Literatur zum Thema Bewerbung und Wohnungssuche sowie Verbrauchsmaterial für Bewerbungstrainings angeschafft.
Des Weiteren wurden Mittel für externe Dienstleister aufgewendet, die in den Strafanstalten Trainings und Workshops veranstaltet haben, beispielsweise zu den Themen „SGB-II- und SGB-III-Informationsveranstaltung" oder Kleingruppengespräche mit Gefangenen zur Entlassungsvorbereitung hinsichtlich betreuten Wohnens in der JVA Zweibrücken.
Mit den Mitteln aus dem Haushaltstitel 537 02 wurde ferner die Teilnahme der Übergangsmanagerinnen aus dem Jugendstrafvollzug an der Fachtagung Übergangsmanagement am 6. und 7. Juli 2010 in Frankfurt ermöglicht. Der DBH-Fachverband für soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik hatte unter dem Titel „Übergangsmanagement für junge Menschen vom Strafvollzug in ein eigenständiges Leben. Problemfelder und beispielhafte Ansätze" eingeladen. Das Modell des Übergangsmanagements im Jugendstrafvollzug Rheinland-Pfalz konnte hierbei einer größeren Fachöffentlichkeit vorgestellt werden.
Weitere Mittel aus dem Haushaltstitel 537 02 wurden für die Behandlung und Maßnahmen zur Resozialisierung von Gefangenen ausgegeben. Diese Mittel werden hier nicht näher bezeichnet, da sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang von Übergangsmanagement und Entlassung und damit zur Fragestellung stehen.
Zu Frage 2: Alle Anträge auf Mittel aus dem Haushaltstitel 537 02 wurden positiv beschieden. Sowohl das Übergangsmanagement der Jugendstrafanstalten Wittlich und Schifferstadt konnte hiermit ausgebaut als auch der Aufbau des Übergangsmanagements in der JVA Zweibrücken finanziell unterstützt werden. Der Aufbau eines Übergangsmanagements in der JVA Rohrbach verzögerte sich durch verschiedene Projektanträge von freien Trägern, deren Ergebnis abgewartet werden musste. Mit der Besetzung einer für das Übergangsmanagement zuständigen Sozialarbeiterstelle an der JVA Rohrbach wird diese Arbeit 2011 aufgenommen. Hierfür werden die restlichen Mittel benötigt.
Zu Frage 3: Die ersten Wochen nach der Entlassung aus dem Jugendstrafvollzug sind die entscheidende Phase für eine positive Legalbewährung.
Deshalb müssen die Weichen für diesen wichtigen Zeitraum rechtzeitig gestellt und die Entscheidungen gut vorbereitet werden.
Dies kann nur durch eine langfristige Kooperation aller an der Entlassungsvorbereitung Beteiligten geschehen.
Die Jugendstrafanstalten haben seit Inkrafttreten des neuen Landesjugendstrafvollzugsgesetzes ihre Entlassungsvorbereitungen einer gründlichen Revision unterzogen. Eine einheitliche Vorgehensweise innerhalb der Anstalten konnte ebenso erreicht werden wie die inhaltliche Neuorientierung, die zur Neufassung der Standards der sozialen Arbeit im Justizvollzug in Rheinland-Pfalz geführt hat. Heute arbeiten alle im Sozialdienst Beschäftigten bei der Entlassungsvorbereitung nach einer einheitlichen Checkliste. Diese umfasst alle für den Übergang wichtigen Bereiche, wie z. B. Wohnraum, Arbeit und Ausbildung, Krankenversicherung, Sucht, Schulden, Familie, und regelt, was durch wen und in welcher Form zu tun ist. Die Schnittstellen zu anderen Einrichtungen und Institutionen sind ebenfalls berücksichtigt.
Neben den vielfältigen Anstrengungen, die Arbeit der sozialen Dienste der Justiz besser aufeinander abzustimmen und zu verzahnen, wird auch das Ziel, mit Externen nach Wegen verbesserter Koordination, Kooperation und einer möglichst umfassenden standardisierten Entlassungsplanung zu kommen, weiterverfolgt. Hierzu zählen Arbeitsgespräche mit den Agenturen für Arbeit und der Regionaldirektion, der Bewährungshilfe, der Freien Straffälligenhilfe, den Kompetenzagenturen und neuerdings auch mit den Jugendscouts.
Seit 2008 wird mit dem Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Mainz im Bereich der Bildungsberatung und Kompetenzermittlung vor der Entlassung stehender Gefangener zusammengearbeitet. Eine qualifizierte Bildungsberatung befasst sich nicht nur mit der Zuweisung von Gefangenen in Maßnahmen des Vollzugs, sondern ist im Sinne des Übergangsmanagements lebens- und bildungsperspektivisch orientiert. In den Justizvollzugsanstalten Rohrbach, Frankenthal, Trier und Koblenz wurden in dem mit Mitteln des ESF geförderten Projekt im Zeitraum 1. Januar 2008 bis 30. September 2010 insgesamt 426 Gefangene beraten und es wurden mit ihnen in Workshops Kompetenzprofile erarbeitet. Einige dieser Gefangenen haben nach ihrer Entlassung Bildungsberatungsstellen aufgesucht oder sich telefonisch oder per E-Mail weiter beraten lassen. Das mit dem Weiterbildungspreis des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnete Projekt endet am 30. September 2011. Damit zu diesem Zeitpunkt nicht auch die Bildungsberatung im Strafvollzug endet, wurden bereits in drei Fortbildungstranchen Bedienstete des Vollzugs ausgebildet. An der fünf Module umfassenden Fortbildung nahmen alle Bildungsbeauftragten und Übergangsmanagerinnen des rheinland-pfälzischen Strafvollzugs teil, dazu weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pädagogischen, des Sozialen und auch des Allgemeinen Vollzugsdienstes (AVD). Das Modell, die Aufgaben des Übergangsmanagements vielschichtig zu sehen und bei vorhandener Leistungsfähigkeit damit auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AVD zu betrauen, ist vielversprechend. Für die nächste Fortbildung „Bildungsberatung und Kompetenzermittlung" haben das hessische und saarländische Justizministerium jeweils um Teilnahmemöglichkeit für Vertreterinnen und Vertreter ihres Bundeslandes gebeten.
Zu Frage 4: Ja, die Mittel waren für die in den betreffenden Jahren anstehenden Aufgaben ausreichend.