Beratungsstelle

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Impulsgeber für die Verbesserung der Rechtsstellung und des Schutzes der Opfer von Zwangsheirat und schweren Fällen des „Stalking" erwiesen.

11. Bundesratsinitiative: Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genitalien

Auf Antrag der Länder Baden-Württemberg, Hessen, Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz hat der Bundesrat am 12. Februar 2010 einen Gesetzentwurf beim Bundestag eingebracht, durch den die Sanktionsmöglichkeiten bei Genitalverstümmelungen durch die Schaffung einer ausdrücklichen strafrechtlichen Regelung verbessert werden sollen. Damit soll zugleich ein deutliches Zeichen unserer Rechtsordnung gegen diese unmenschliche Praxis gesetzt werden.

Der Gesetzentwurf sieht die Schaffung eines völlig neuen eigenständigen Straftatbestandes - § 226a Strafgesetzbuch - vor, durch den die Verstümmelung der äußeren Genitalien einer Frau durch Beschneidung oder in ähnlicher Weise mit Freiheitsstrafe „nicht unter zwei Jahren" sanktioniert werden soll.

Einbezogen werden in die Strafbarkeit auch Taten, die nicht in Deutschland, sondern im Ausland erfolgt sind, wenn das Opfer zur Zeit der Tat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers soll die strafrechtliche Verjährung ruhen. Die geschädigte Frau kann damit also auch dann noch Anzeige erstatten, wenn sie der Familie sozusagen „entwachsen" ist.

Parallel dazu wird in der Strafprozessordnung die Nebenklagebefugnis für Opfer von Genitalverstümmelungen sowie die Möglichkeit der Bestellung eines Rechtsbeistandes für die betroffenen Frauen geschaffen.

Damit werden zum einen die Sanktionsmöglichkeiten bei Genitalverstümmelungen deutlich verbessert, zum anderen aber auch die notwendige Mitwirkungsrechte der Opfer an entsprechenden Strafverfahren gestärkt.

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Die Bundesregierung hat bei Weiterleitung des Gesetzentwurfes des Bundesrates an den Bundestag ausgeführt, sie teile die Einschätzung des Bundesrates, dass es sich bei der Verstümmelung weiblicher Genitalien um eine schwerwiegende Grundrechts- und Menschenrechtsverletzung handele. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung seien allerdings noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung derzeit von einer detaillierten Bewertung des Gesetzentwurfes des Bundesrates abgesehen. Sie teilte aber mit, sie werde die weiteren parlamentarischen Erörterungen „konstruktiv begleiten". 12. Unterstützung von Frauen- und Mädchenschutzeinrichtungen

Frauenhäuser und Beratungsstellen der Frauenhäuser - Fachberatung für Frauen bei Gewalt in engen sozialen Beziehungen

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen (MASGFF) fördert 2010 die 17 Frauenhäuser in Rheinland-Pfalz mit insgesamt 1.346.900 Euro.

Sie sind nach wie vor unersetzliche, gesellschaftlich notwendige Einrichtungen, die einen anonymen und betreuten Schutzraum bieten. Aufgrund des oftmals hohen Bedrohungspotenzials der Täter bieten die gerichtlichen Schutzanordnungen und Wohnungsüberlassungen nach dem Gewaltschutzgesetz nicht immer eine Alternative zum Frauenhaus. Im Jahr 2009 wurden 832 Frauen und 720 Kinder in den Frauenhäusern in Rheinland-Pfalz aufgenommen. Insgesamt stehen 277 Plätze zur Verfügung.

Die Frauenhäuser bieten anonyme Unterkunft, Aufnahme Betroffener bei Tag und Nacht sowie psychosoziale Beratung an. Sie unterstützen die Frauen bei der Entwicklung neuer Lebensperspektiven, beraten zu rechtlichen und finanziellen Fragen und bieten auf Kinder bezogen sozialpädagogische Einzel- und Gruppenarbeit an. Daneben werden auch ehemalige Frauenhausbewohnerinnen nachbetreut. Im Jahr 2009 fanden 2.338 persönliche und 2.558 telefonische nachgehende Beratungen statt. Fast alle Frauenhäuser offerieren zudem ein präventives Beratungsangebot in ihren Beratungsstellen. Die Beratung wendet sich an Frauen, die von Krisen in der Partnerschaft, Gewalt in engen sozialen

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Beziehungen, Zwangsheirat oder „Stalking" betroffen sind. Im Jahr 2009 wurden mehr als 4.150 persönliche und telefonische Beratungen durchgeführt.

Seit 2010 arbeitet ein Team aus drei Frauenhaus-Mitarbeiterinnen an einem Konzept zur Weiterentwicklung der interkulturellen Kompetenzen in den Frauenhäusern. Auf der Basis einer Bestandsaufnahme der bisherigen Arbeit mit Migrantinnen sollen Schlüsse auf eine diesbezügliche Optimierung der Frauenhausarbeit gezogen werden. Angedacht sind auch die Unterstützung von Leitbildprozessen zur Interkulturalität in den Frauenhäusern sowie eine Zusammenarbeit im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit mit lokalen Migrantenorganisationen. Dieser Entwicklungsprozess wird vom MASGFF 2010 mit 25.000 Euro gefördert.

Autonome Frauennotrufe - Fachstellen für sexualisierte Gewalt Sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist nach wie vor ein hoch tabuisiertes Problem. Nach verschiedenen repräsentativen Untersuchungen muss davon ausgegangen werden, dass jede siebte Frau schon einmal Opfer sexualisierter Gewalt wurde.

Allein in Rheinland-Pfalz zeigten 706 Frauen im Jahr 2009 eine Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung bei der Polizei an. Im selben Jahr wurden 794 Fälle sexuellen Missbrauchs an Kindern angezeigt. 79 Prozent der Betroffenen waren Mädchen. Die Dunkelziffern werden sehr viel höher geschätzt.

Die Beratungsstellen bieten Frauen und Mädchen in Fällen sexualisierter Gewalt, sexueller Belästigung, sexueller Nötigung und Vergewaltigung auch in engen sozialen Beziehungen und bei „Stalking" Hilfe an. Nach einem anonymen telefonischen Erstkontakt können psychosoziale Beratung und Krisenintervention, rechtliche Informationen zur Anzeigenerstattung und zum Gewaltschutzgesetz, Begleitung zur Polizei, zu Gerichten, zu Ärztinnen und Ärzten usw. angeboten werden. Darüber hinaus werden Selbsthilfeangebote, wie etwa Selbsthilfegruppen, offeriert. Auch Frauen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden, erhalten Hilfe.