Finanzamt

76 2.2 Fehlerschwerpunkte Fehlerschwerpunkte waren insbesondere die Anerkennung von Kosten der Unterkunft für eine Zweitwohnung und Fahrtkosten.2.1 Kosten der Unterkunft Steuerlich abzugsfähig sind nur die Kosten für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Zweitwohnung mit einer ortsüblichen Miete und einer Wohnungsgröße bis 60 m². Gleiches gilt auch, wenn die Wohnung im Eigentum des Arbeitnehmers steht. Der Werbungskostenabzug für Einrichtungsgegenstände ist auf eine notwendige einfache Wohnungsausstattung eines Alleinlebenden begrenzt.

Häufig ließen die Finanzämter Aufwendungen zum Abzug zu, ohne deren Angemessenheit zu prüfen. Sie veranlagten eine Vielzahl von Fällen, ohne den Mietvertrag eingesehen zu haben. Obwohl keine Erkenntnisse über die Wohnungsgröße oder Informationen über das Mietobjekt vorlagen, erkannten die Finanzämter die erklärten Unterkunftskosten als Werbungskosten an. Selbst unüblich hohe Mieten für Wohnungen, deren Flächen zum Teil die 60 m²-Grenze deutlich überschritten, wurden anerkannt. In einem Fall lag die Miete von 22.900 mit 29 pro m² weit über dem ortsüblichen Betrag.

Auch in Fällen, in denen Arbeitnehmer Eigentümer der Zweitwohnung waren, unterblieb die gebotene Überprüfung der Angemessenheit. Beispielsweise wurden für eine Eigentumswohnung von 55 m² bei zwei Veranlagungen 15.000 und 16.800 also mehr als 22 und 25 pro m², als Unterkunftskosten anerkannt.

Mehrfach überschritten Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände nach Art und Höhe eine notwendige und angemessene Zimmer- oder Wohnungseinrichtung.

U. a. wurden Anschaffungskosten von 4.200 für ein Wasserbett und von 1.000 für einen Kaffeeautomaten zum Abzug zugelassen.

R 9.11 Abs. 8 Lohnsteuerrichtlinien (LStR).

2.2.2 Familienheimfahrten

Für eine wöchentliche Familienheimfahrt können 0,30 je Entfernungskilometer steuerlich geltend gemacht werden. Das gilt allerdings nicht, wenn ein vom Arbeitgeber überlassener Firmenwagen genutzt wird.

Oftmals übernahmen die Finanzämter ohne nähere Prüfung die Angaben der Steuerpflichtigen zur Entfernung zwischen Wohnort und Zweitwohnung. Beispielsweise hatte ein Steuerpflichtiger die Entfernung mit 720 km angegeben, der Routenplaner wies nur 622 km aus. In einem anderen Fall legte das Finanzamt die tatsächlich gefahrene Strecke von 808 km anstelle der Entfernung von 404 km zugrunde.

Des Weiteren nahmen die Finanzämter Angaben über ungewöhnlich hohe Fahrleistungen von mehr als 50.000 km im Jahr allein für Familienheimfahrten nicht zum Anlass für eine genauere Untersuchung.

Statt einer wöchentlichen Heimfahrt erkannten sie wesentlich mehr Heimreisen an.

Bei einem Steuerpflichtigen wurden sogar 192 Heimfahrten innerhalb eines Jahres nicht beanstandet.

In nahezu allen Fällen, in denen Steuerpflichtige einen vom Arbeitgeber überlassenen Firmenwagen genutzt hatten, ließen die Finanzämter Aufwendungen für Familienheimfahrten trotzdem zum Abzug zu.

Verpflegungsmehraufwand

Für bis zu drei Monate nach dem Bezug der Zweitwohnung am Beschäftigungsort können Mehraufwendungen für Verpflegung mit gesetzlich festgelegten Beträgen anerkannt werden.

Wiederholt berücksichtigten die Finanzämter Verpflegungsmehraufwendungen über Zeiträume von mehr als drei Monaten. In einem Fall bestand die doppelte Haushaltsführung bereits seit einem Jahr; dennoch wurden auch noch in den beiden nächsten Veranlagungszeiträumen für 225 und 184 Tage Beträge für eine 24-stündige Abwesenheit vom Lebensmittelpunkt steuermindernd abgezogen.

Eigener Hausstand

Dem Merkmal eines eigenen Hausstands kommt bei ledigen Steuerpflichtigen besondere Bedeutung zu. Ob ein solcher Hausstand am Heimatort vorliegt und auch bei längerer Abwesenheit noch unterhalten wird, bedarf einer näheren Prüfung.

Bei Steuerpflichtigen, die mit ihrem Wohnsitz bei den Eltern gemeldet waren, untersuchten die Finanzämter nicht, ob sie dort einen eigenen Hausstand unterhielten. Auch Anhaltspunkte, die darauf schließen ließen, dass der Lebensmittelpunkt zwischenzeitlich an den Beschäftigungsort verlagert worden war, wurden nicht zum Anlass für weitere Ermittlungen genommen.

Qualität von Steuerveranlagungen erheblich verbesserungsbedürftig

Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung im Massengeschäft beschränken die Finanzämter die Bearbeitung von Steuererklärungen auf das Notwendigste. Anlässlich früherer Prüfungen des Rechnungshofs hatte die Steuerverwaltung eingeräumt, hierbei nehme sie in gewissem Umfang Steuerausfälle in Kauf. Sie hatte darauf verwiesen, andere Steuerfälle/Bereiche überprüfe sie dafür besser als zuvor.

Das betrifft insbesondere die maschinelle Fertigung von Steuerbescheiden ohne personelle Überprüfung (Black Box-Verfahren), vgl. Jahresbericht 2003, Nr. 8 (Drucksache 14/2900), Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2003 des Rechnungshofs (Drucksache 14/3097 S. 8), Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses (Drucksache 14/3240 S. 6), Beschluss des Landtags vom 1. Juli 2004 (Plenarprotokoll 14/76 S. 5080), Schlussbericht der Landesregierung im Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2002 (Drucksache 14/3780 S. 7).

Zumindest auf die jetzt geprüften Fälle der doppelten Haushaltsführung, die dementsprechend gründlich zu bearbeiten gewesen wären, trifft dies nicht zu. Die Finanzämter verzichteten weitestgehend auf erforderliche Sachverhaltsermittlungen, wie z. B. eine Anforderung von Mietverträgen, eine Überprüfung geltend gemachter Fahrleistungen oder eines eigenen Hausstands bei ledigen Steuerpflichtigen.

In Anbetracht der Struktur der geprüften Fälle (Intensivprüffälle, häufige Einbeziehung der Sachgebietsleiter, maschinelle Prüfhinweise, finanzielle Bedeutung, Dauersachverhalte) hält der Rechnungshof Mängel in der festgestellten Häufigkeit nicht für hinnehmbar. Hinzu kommt, dass es sich bei dem überprüften Bereich um eine Thematik handelt, die überschaubar und rechtlich nicht besonders schwierig ist.

Zur Verbesserung der Bearbeitungsqualität könnte eine einmalige intensive Überprüfung und vollständige Ermittlung des Sachverhalts im Erstjahr beitragen. Da eine doppelte Haushaltsführung unverändert über viele Jahre bestehen kann, würde so auch Steuerausfällen in späteren Veranlagungszeiträumen vorgebeugt.

Das setzt voraus, dass die Ergebnisse der Sachverhaltsermittlungen entweder in den Akten oder elektronisch für spätere Veranlagungszeiträume festgehalten werden.

Im Übrigen sollten die Bearbeiter in den Finanzämtern bei der Veranlagungstätigkeit durch geeignete elektronische Arbeitshilfen unterstützt werden. Checklisten, wie sie beispielsweise in Bayern und in Nordrhein-Westfalen für die Prüfung der doppelten Haushaltsführung eingesetzt werden, wären eine geeignete Ergänzung zu den allgemeinen Prüfhinweisen.

Die geprüften Finanzämter und die Oberfinanzdirektion haben die festgestellten Bearbeitungsmängel eingeräumt. Die Oberfinanzdirektion hat auf die "schwierige Personalsituation (weniger Personal bei Mehrarbeiten und einer ständigen Verkomplizierung des Steuerrechts)" hingewiesen. Ferner stimme sie mit dem Rechnungshof überein, dass die Überprüfung der Angemessenheit des Mietzinses und der Wohnungsgröße im Erstjahr eine Sachverhaltsermittlung erforderlich mache. In Bezug auf die Frage, ob ein alleinstehender Arbeitnehmer einen doppelten Haushalt unterhalte, könne die Sachverhaltsermittlung vielfach nicht leicht und einwandfrei vorgenommen werden. Auf eine verbesserte Dokumentation der Arbeitsergebnisse werde hingewirkt.

Um die Bearbeitungsqualität in den Finanzämtern zu verbessern, seien folgende Maßnahmen vorgesehen:

- Einführung einer Checkliste zur doppelten Haushaltsführung entsprechend dem in Bayern verwendeten Muster,

- Einführung eines Fragebogens zur Sachverhaltsermittlung,

- ggf. Ergänzung der maschinell erstellten Prüfhinweise,

- Speicherung der Fälle mit doppelter Haushaltsführung als Dauertatbestände unter den "festsetzungsnahen Daten",

- Einstellung eines Leitfadens zur doppelten Haushaltsführung als Arbeitshilfe und Nachschlagewerk in das Intranet der Steuerverwaltung,

- Multiplikatorenschulung und Besprechung der Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs in allen Finanzämtern und

- gezielte Schwerpunktprüfungen von Fällen mit doppelter Haushaltsführung im Rahmen des Risikomanagements.

Darüber hinaus würden die Anregungen des Rechnungshofs zur Qualitätsverbesserung an die für die Risikomanagementsysteme zuständigen Bund-/Ländergremien weitergegeben. Berichte über Prüfungen des Rechnungshofs würden künftig in neutralisierter Form allen Finanzamtsvorstehern zugänglich gemacht.