Integrierte Gesamtschule und Realschule plus Hermeskeil

Während das erste Halbjahr der Integrierten Gesamtschule Hermeskeil von Lehrern, Eltern und Schülern überwiegend positiv bewertet wird, wächst bei den Erziehungsberechtigten der bisherigen Real- und Hauptschüler die Unzufriedenheit über die Benachteiligung von Schülern der binnen fünf Jahren auslaufenden Schulformen.

Der Trierische Volksfreund fasst in seiner Ausgabe vom 1. Februar 2011 unter der Überschrift „Verlierer der Schulreform" die vielfachen Beschwerden von Eltern zusammen. Insbesondere richte sich die Beschwerde gegen die einheitlichen Zeugnisse und den Schulverweis, der den heutigen Sechstklässlern fünf Jahre lang drohen könnte. Trotz der auf Drängen des Schulelternbeirats beigefügten Bescheinigungen mit Hinweis auf die unterschiedlichen Laufbahnen sei die Ähnlichkeit der Papiere für viele Eltern unbefriedigend. Unter „Integrierte Gesamtschule Hermeskeil und Realschule plus" stehe „Halbjahreszeugnis der Realschule plus" sowie der jeweilige Bildungsgang „Qualifizierter Sekundarabschluss I", „Berufsreife" oder auch nur „Orientierungsstufe".

Insbesondere Eltern bisheriger Realschüler sehen ihre Kinder benachteiligt. Hätte sie ihren Sohn an der Hauptschule angemeldet, wäre er nun genauso weit, kritisiert eine Mutter. Sei ein Kind nach dem Realschul-Lehrplan unterrichtet worden, sollte dies auch ersichtlich sein. Die Schulelternsprecherin spricht in diesem Zusammenhang von einer „unklaren Informationslage". Die Eltern hätten bisher nicht gewusst, dass ihre Kinder nicht mehr Schüler der Erich-Kästner-Realschule, sondern der Realschule plus seien.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Beschwerden vieler Eltern über einheitliche Zeugnisse und die Ähnlichkeit der auf Drängen des Schulelternbeirats den Zeugnissen beigefügten Bescheinigungen?

2. Wie bewertet die Landesregierung die Sichtweise vieler Eltern von bisherigen Realschülern, die ihre Kinder durch diese einheitlichen Zeugnisse benachteiligt sehen?

3. Ist die Landesregierung bereit, über Berücksichtigung der Beschwerden vieler Eltern hier eine Änderung herbeizuführen dahingehend, dass zukünftig differenziertere Zeugnisformulare ausgegeben werden, aus welchen eindeutig hervorgeht, ob die Schüler den Bildungsgang „Integrierte Gesamtschule" oder „Realschule plus" besucht haben? Wenn ja, bis wann konkret? Wenn nein, bitte ausführliche Begründung.

4. Wie bewertet die Landesregierung die berechtigten Befürchtungen der betroffenen Eltern, dass aufgrund einer zu großen Nachfrage (zum Stichtag lagen 132 Anmeldungen vor, bei einem maximalen Platzangebot von 120 Schülern) nicht alle angemeldeten Schülerinnen und Schüler einen Platz in der vierzügigen IGS in Hermeskeil finden können und es zu einem Auswahlverfahren kommen muss, und welche Lösungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung hier?

5. Bleibt die Landesregierung bei ihrer Haltung hinsichtlich eines Wechsels von Schülerinnen und Schülern, die von der Grundschule zum Gymnasium wechseln, dass ein weiterer Wechsel zur IGS nur im Ausnahmefall unter Entscheidung durch die Schulleiterin oder den Schulleiter möglich ist?

6. Wie bewertet die Landesregierung die Befürchtungen von Eltern, dass älteren Wiederholern ein Schulverweis drohen könnte und den heutigen Sechstklässlern fünf Jahre lang drohen kann, und ist die Landesregierung hier bereit, eine Änderung herbeizuführen? Wenn nein, bitte detaillierte Begründung.

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 28. Februar 2011 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Die Integrierte Gesamtschule in Hermeskeil ist zum 1. August 2010 unter Aufhebung der früheren Hauptschule und der früheren Realschule an diesem Standort errichtet worden. Gemäß § 8 SchulstrukturEinfG werden die Klassenstufen 6 bis 9 der Hauptschule und die Klassenstufen 6 bis 10 der Realschule als abschlussbezogene Klassen einer Realschule plus im organisatorischen Verbund mit der neu errichteten Integrierten Gesamtschule geführt. Die Integrierte Gesamtschule in Hermeskeil führt deshalb derzeit die Bezeichnung „Integrierte Gesamtschule und Realschule plus Hermeskeil" und kann nur unter dieser Bezeichnung Zeugnisse und Bescheinigungen ausstellen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3:

Die Zeugnisse enthalten die Schulbezeichnung „Integrierte Gesamtschule und Realschule plus Hermeskeil", die Bezeichnung als „Halbjahreszeugnis der Realschule plus" oder „Halbjahreszeugnis der Integrierten Gesamtschule" und einen Hinweis auf den besuchten Bildungsgang „Berufsreife" oder „qualifizierter Sekundarabschluss I". Es handelt sich somit nicht um einheitliche Zeugnisse, sondern um Zeugnisse, aus denen die jetzt besuchte Schulart wie auch der besuchte Bildungsgang klar ersichtlich sind.

Im Bildungsgang „qualifizierter Sekundarabschluss I" der Realschule plus wird nach den für die Realschulen geltenden Lehrplänen unterrichtet, im Bildungsgang „Berufsreife" nach den für die Hauptschulen geltenden Lehrplänen. Für die Klassen der vormaligen Haupt- und Realschule gilt zudem noch der Fächerkanon der Hauptschulen und der Realschulen, was insbesondere den Wahlpflichtbereich betrifft. Insofern sind die bisherigen Realschülerinnen und Realschüler weder im Unterricht noch bei der Leistungsdokumentation in den Zeugnissen benachteiligt. Darüber hinaus können diese Schülerinnen und Schüler auf Wunsch eine Bescheinigung erhalten, mit der unter Angabe des genauen Zeitraumes der Besuch der früheren Realschule bestätigt wird. Da die frühere Realschule nicht mehr besteht, können diese Bescheinigungen nur auf dem Briefbogen und mit dem Dienstsiegel der neuen Schule erstellt werden.

Zu Frage 4: Da die Integrierten Gesamtschulen in Rheinland-Pfalz in der Regel auf eine Vierzügigkeit beschränkt sind, werden die Aufnahmen zirka 14 Tage vor den Anmeldeverfahren der anderen Schularten durchgeführt, damit für die Eltern die Möglichkeit besteht, im Ablehnungsfall eine alternative Schule auszuwählen.

Je nach Wohnort besteht für Schülerinnen und Schüler, die keinen Schulplatz an der Integrierten Gesamtschule Hermeskeil erhalten haben, die Möglichkeit der Anmeldung am Gymnasium in Hermeskeil oder an den Kooperativen Realschulen in Kell am See/Zerf, Birkenfeld und Thalfang bzw. an der Integrativen Realschule in Waldrach/Osburg.

Zu Frage 5: Integrierte Gesamtschulen sind in ihrer Zügigkeit beschränkt, weshalb ­ wie bei allen in ihrer Kapazität beschränkten Schularten und -formen ­ besondere Aufnahmeregelungen gelten. Dies betrifft nicht nur das Aufnahmeverfahren in Klassenstufe 5 (§ 13

ÜSchO), sondern auch die Aufnahmen von Schülerinnen und Schülern, die in höheren Klassenstufen von anderen Schularten an eine Integrierte Gesamtschule wechseln wollen. Während eine solche Aufnahme nach der bis zum 31. Juli 2009 geltenden „Landesverordnung über die Integrierten Gesamtschulen" tatsächlich nur in Ausnahmefällen nach Entscheidung der Schulleiterin oder des Schulleiters möglich war, ist jetzt in § 29 Abs. 3 ÜSchO festgelegt, dass eine Aufnahme an einer Integrierten Gesamtschule im Rahmen der Kapazität möglich ist.

Zu Frage 6: Bei den Schülerinnen und Schülern der jetzigen Klassenstufe 6 der Integrierten Gesamtschule und Realschule plus Hermeskeil muss ­ wie immer bei den untersten Klassenstufen einer auslaufenden Schule ­ im Falle einer Klassenwiederholung der weitere Schulbesuch geklärt werden.

Sofern es sich um Schülerinnen und Schüler im Bildungsgang „qualifizierter Sekundarabschluss I" handelt, können diese entweder in den Bildungsgang „Berufsreife" wechseln und dort in die Klassenstufe 7 aufsteigen, auf eine Realschule plus in erreichbarer Entfernung wechseln und dort die Klassenstufe 6 wiederholen oder aber die Klassenstufe 6 in der Integrierten Gesamtschule wiederholen. Hier soll dem jeweiligen Elternwunsch gefolgt werden. Sollte sich eine Wiederholung in der Integrierten Gesamtschule aus Kapazitätsgründen schwierig gestalten, wird die Schulbehörde Maßnahmen ergreifen, um einen Verbleib dieser Schülerinnen und Schüler am Schulstandort Hermeskeil dennoch zu ermöglichen.

Schülerinnen und Schülern, die in höheren Klassenstufen die Versetzungsbedingungen nicht erfüllen, droht ebenfalls kein Wechsel an einen anderen Schulort. Schülerinnen und Schüler aus dem Bildungsgang „qualifizierter Sekundarabschluss I" wiederholen entweder in der nachfolgenden Klasse dieses Bildungsgangs oder sie steigen unter Wechsel in eine Klasse des Bildungsgangs „Berufsreife" in die nächsthöhere Klassenstufe auf. Nicht versetzte Schülerinnen und Schüler aus dem Bildungsgang „Berufsreife" wiederholen in der nachfolgenden Klasse dieses Bildungsgangs.