Apothekennotdienste

Seit der vor einiger Zeit eingeführten Neuregelung des Apothekennotdienstes häufen sich Beschwerden, insbesondere von älteren Bürgerinnen und Bürgern, über die aus ihrer Sicht unverständliche Regelung, dass teilweise lange Wege zu einer dienstbereiten Notdienst-Apotheke zurückgelegt werden müssen, während unmittelbar vor Ort teilweise mehrere Apotheken ansässig sind, die jedoch alle an Wochenenden und bei Notsituationen geschlossen bleiben. Insbesondere für ältere und nicht mobile Bürgerinnen und Bürger bedeutet diese Regelung eine unzumutbare Situation.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie bewertet bzw. teilt die Landesregierung die Kritik vieler Bürgerinnen und Bürger an der derzeit geltenden Notdienstregelung bei Apotheken, bei der die Bürgerinnen und Bürger teilweise weite Fahrstrecken zurücklegen müssen, um eine dienstbereite Apotheke zu erreichen?

2. Hält die Landesregierung es für gerechtfertigt, dass bei Vorhandensein von sechs Apotheken, wie z. B. in Konz, Bürgerinnen und Bürger aus dem Bereich Konz relativ lange Fahrstrecken bis Nittel, Saarburg sowie Trier zurücklegen müssen, um eine dienstbereite Apotheke zu erreichen? Wenn ja, bitte Begründung.

3. Wie beurteilt die Landesregierung die Kritik und hält sie es weiterhin für gerechtfertigt, dass die Bürgerinnen und Bürger gezwungen sind, erst umständlich im Internet zu recherchieren, komplizierte Festnetz- und Mobilfunknetzrufnummern anrufen zu müssen, ehe sie erfahren, wo eine Notdienst-Apotheke dienstbereit vorzufinden ist?

4. Welche Schritte kann bzw. will die Landesregierung unternehmen, um dem berechtigten Bedürfnis und der Forderung, vor allem der älteren Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum, in dem teilweise öffentliche Verkehrsverbindungen sehr dürftig vorgehalten werden, nach einer wohnortnahen Versorgung durch Apotheken an Wochenenden gerecht zu werden?

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 15. April 2011 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die zuständige Landesapothekerkammer in Mainz hat den Bereitschaftsdienst der Apotheken in Rheinland Pfalz Anfang des Jahres 2005 ­ mit Ausnahme der Städte ­ nach einer Testphase landesweit neu organisiert. Diese Neustrukturierung war primär von den Zielen geleitet, eine schnelle, sichere und bequeme Patientenversorgung und einen bedarfsorientierten und bedarfsgerechten Dienst der jeweiligen Notdienstapotheken herbeizuführen.

Zu Beginn der Umstellungsphase 2005 kam es ­ wie bei allen Neuerungen ­ anfänglich zu Diskussionen und Nachfragen. Im Laufe der Zeit haben die Bürgerinnen und Bürger das landesweit einheitliche Konzept der Notdienstbereitschaft der Apotheken kennengelernt und angenommen. In den Richtlinien und Allgemeinverfügungen der Länder zur Durchführung der Dienstbereitschaft und in der Verwaltungspraxis generell hat sich eine Entfernung bis zur nächsten dienstbereiten Apotheke von bis zu 15 km im Notfall als zumutbar herauskristallisiert, die in dünn besiedelten Gegenden sogar in bestimmten Fällen auf bis zu 20 km ausgedehnt wurde.

Diese durch die Verwaltungsrechtsprechung gefestigten Entfernungswerte werden bei der Einteilung des Apothekennotdienstes in Rheinland-Pfalz regelmäßig unterschritten. Insoweit ist die bestehende Dienstregelung in Rheinland-Pfalz bedarfsgerecht und nicht zu beanstanden.

Zu 2.: Bei der Arzneimittelversorgung im Flächenland Rheinland-Pfalz ist grundlegend zwischen der Versorgung im urbanen Raum und der Apothekenstruktur im ländlichen Raum zu unterscheiden. Während der städtisch geprägte Bereich von einer hohen Apothekendichte gekennzeichnet ist, ist im ländlichen Raum ­ wie der Eifel und im Westerwald ­ eher von einer stagnierenden oder rückläufigen Zahl von Apotheken auszugehen.

In Konz, einer Kleinstadt mit ca. 17 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, gibt es fünf Apotheken. Diese sind mit Apotheken anderer Gemeinden der Umgebung in einen Notdienstplan eingebunden. Seit der Neuregelung des Apothekennotdienstes sind die für den Raum Konz, Nittel, Saarburg und Trier zur Verfügung stehenden Apotheken durch die Dienstbereitschaftsanordnungen in einen sogenannten 13er-Turnus eingebunden. Dadurch gelingt es, einerseits die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung lückenlos zu gewährleisten, andererseits aber auch die Notdienstbelastung für die einzelnen Apotheken gerecht auszugleichen. Ein alle dreizehn Tage von ein und derselben Apotheke zu verrichtender Notdienst bedeutet neben den allgemeinen Öffnungszeiten eine angemessene Notdienstbelastung für den Einzelnen.

Eine eigenständige Versorgung von Konz an jedem Tag der Woche ohne Einbeziehung weiterer Apotheken wäre schon aus arbeitsschutzrechtlichen Erwägungen schwer möglich. Das führte nämlich dazu, dass in anderen umliegenden Gemeinden, wie beispielsweise in Nittel, wo sich nur eine Apotheke befindet, diese Apotheke jeden Tag 24 Stunden dienstbereit sein müsste, in Konz wäre jede Apotheke nur alle fünf Tage zum Notdienst verpflichtet. Zwar ist es jeder Apotheke unbenommen, von morgens 6. Uhr bis abends 22.00 Uhr, auch samstags, geöffnet zu halten, aber das kann jede Apotheke frei entscheiden.

Die Dienstbereitschaftsanordnungen durch die Behörde, die nicht der Entscheidung des einzelnen Apothekers obliegen, sondern im Interesse der Bevölkerung und der Apotheker Regelungen treffen, haben das geltende Recht der Apothekenbetriebsordnung und das Ladenöffnungsgesetz zu beachten.

Festzuhalten ist, dass Konz nicht nur seine Einwohnerinnen und Einwohner, sondern aufgrund der regionalen Situation die Bevölkerung von Saarburg und Nittel, aber auch von Freudenberg im Süden und Zerf im südöstlichen Bereich von Konz versorgen muss. Saarburg verfügt über fünf, Nittel, Zerf, Kell und Freudenburg jeweils über eine Apotheke. Im Hinblick auf die Lage von Konz wird deutlich, dass die Bevölkerung von Konz hinsichtlich der Versorgung mit Arzneimitteln nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern die gesamte Region einbezogen werden muss, um eine ordnungsgemäße und für alle Beteiligten zumutbare Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Das bedeutet, dass an manchen Tagen die Bevölkerung aus der genannten Region nicht von Konz, sondern auch über andere Gemeinden mitversorgt wird, zum Beispiel durch das von Konz 13 km entfernte Saarburg.

Für Konz selbst folgt aber aus der entfernungs- und verkehrsgünstigen Lage zu Trier, dass hier eine äußerst günstige Versorgung für die Bevölkerung möglich ist. In Trier ist an jedem Tag der Woche zumindest eine Apotheke, am Wochenende sind grundsätzlich zwei, an manchen Tagen sogar drei Apotheken notdienstbereit. Konz ist von Trier lediglich acht Kilometer entfernt und durch den öffentlichen Nahverkehr außerordentlich gut an Trier angebunden.

Alle Interessen, sowohl die der Bevölkerung als auch die der Apothekerinnen und Apotheker sind bei einer die Dienstbereitschaft regelnden Anordnung behördlicherseits zu berücksichtigen und im Fall von Konz auch gut umgesetzt worden.

Zu 3.: Die Bereitstellung von Daten zu dienstbereiten Apotheken in digitalisierter Form im Internet oder per abrufbarer Telefonauskunft ist lediglich ein Zusatzangebot, das die Ankündigungen in der Lokalpresse und die gemäß Apothekenbetriebsordnung weiter an allen Apotheken parallel existierenden Aushänge zu den nächstgelegenen, dienstbereiten Apotheken ergänzt.

Die Landesregierung hat darüber hinaus im Jahr 2008 einen Notfallflyer mit wichtigen Informationen zum Vorgehen im Notfall veröffentlicht und allen Haushalten, Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Apotheken in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt. Dieser gemeinsam mit den Partnern im Gesundheitswesen gestaltete Flyer enthält in getrennter und übersichtlicher Form detaillierte Hinweise, wie die jeweils dienstbereiten Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte und Apotheken zu erreichen sind.

Die Arzneimittelversorgung mit Hilfe moderner Medien wie dem Internet ist eine ergänzende Form, die der Gesetzgeber begleitend zur Vor-Ort-Versorgung gezielt mit der Einführung des Versandhandels im Jahr 2004 ermöglicht hat, um moderne und komfortable Versorgungsstrukturen auch in Deutschland zu nutzen. Diese Form der Versorgung wird zunehmend von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen und von den Apotheken gemeinsam mit einem entsprechenden Botendienst angeboten.

Zu 4.: Die Landesregierung ist im ständigen Dialog mit der für den Vollzug des Apothekennotdienstes zuständigen Landesapothekerkammer.

Mitte April 2011 ist ein weiteres Gespräch mit den Spitzen der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz und dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen zur Flexibilisierung und zukünftigen Gestaltung des Notbereitschaftsdienstes vorgesehen. Dieses Gespräch wird unter anderem die Situation des Apothekennotdienstes vor dem Hintergrund einer stagnierenden oder zurückgehenden Zahl von Apotheken in der Fläche thematisieren, was auch die Moselregion betrifft. Ziel des Gesprächs wird es sein, mit Unterstützung der Landesregierung und der Landesapothekerkammer als Vollzugsinstanz eine Vernetzung zu schaffen, die mittel- und langfristig eine ortsnahe und qualitativ hochwertige Ad-hoc-Versorgung mit Arzneimitteln, besonders für die älteren Bürgerinnen und Bürger gewährleistet, die auf die Vor-Ort-Versorgung angewiesen sind.

Durch dieses Verfahren sollen die naturgemäß nicht völlig deckungsgleichen Interessen der Bevölkerung und der diensthabenden Apotheken in Einklang gebracht werden.