Folgerungen aus den Verstößen gegen das Vergaberecht zog die Aufsichts und Dienstleistungsdirektion bislang noch nicht

- 65 Nr. 8 Ausschreibungen und Auftragsvergaben bei kommunalen Hochbaumaßnahmen Kommunale Gebietskörperschaften beachteten bei der Durchführung von Hochbaumaßnahmen, die vom Land gefördert wurden, das Vergaberecht nicht. In mehreren Fällen unterblieb eine öffentliche Ausschreibung. Erforderliche Vergabevermerke wurden nicht gefertigt.

Die Wertung von Angeboten war vielfach fehlerhaft. Entscheidungen, die von den Bauherren selbst zu treffen waren, wurden Dritten übertragen.

Folgerungen aus den Verstößen gegen das Vergaberecht zog die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion bislang noch nicht. Insbesondere wurden Zuweisungen bisher nicht widerrufen oder gekürzt.

1. Allgemeines:

Der Rechnungshof hat Ausschreibungen und Auftragsvergaben von Hochbaumaßnahmen der Städte Idar-Oberstein, Landau, Mayen, Pirmasens und Zweibrücken, der Landkreise Alzey-Worms und Bad Kreuznach sowie der Verbandsgemeinde Prüm geprüft. In die Prüfung wurden insgesamt 50 Maßnahmen einbezogen, die in den Jahren 2000 bis 2005 durchgeführt und vom Land aus verschiedenen Programmen des Ministeriums des Innern und für Sport sowie des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau - teilweise auch mit Mitteln der Europäischen Gemeinschaften - gefördert worden waren.

Nach den Bewilligungsbescheiden mussten die kommunalen Gebietskörperschaften die einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen 1) bei der Vergabe von Aufträgen beachten. Auch ohne eine entsprechende Auflage in den Bescheiden)2 waren die Körperschaften zur Beachtung der Vergabegrundsätze verpflichtet 3) .

2. Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Auswertung der Prüfungsfeststellungen

Bei 22 der geprüften Baumaßnahmen wurden folgende Feststellungen getroffen:

Leistungsbeschreibungen wiesen teilweise erhebliche Mängel auf.

- In 23 Fällen wurde bei Auftragsvergaben zum Teil schwerwiegend gegen das Vergaberecht verstoßen.

- In 13 Fällen war die Wertung von Angeboten fehlerhaft.

Hierzu gehören u. a. die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, des Ministeriums des Innern und für Sport sowie des Ministeriums der Finanzen über das öffentliche Auftragswesen in Rheinland-Pfalz, die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge - Vergabeverordnung (VgV) -, die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A), die Verdingungsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) und die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) in der jeweiligen Fassung. Vgl. Nr. 3.1, Teil II/Anlage 3 (ANBest-K), zu § 44 VV-LHO. 3) § 93 Abs. 2 Gemeindeordnung (GemO) in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. April 2005 (GVBl. S. 98), BS 2020-1, in Verbindung mit § 31 Abs. 2 Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) vom 6. Juni 1974 (GVBl. S. 277), zuletzt geändert durch Verordnung vom 1. November 2001 (GVBl. S. 275), BS 2020-1-4.1.1 Ausschreibungen

In mehreren Fällen wurden Aufträge im Wert von bis zu 90.000 ohne die erforderliche öffentliche Ausschreibung vergeben. Beschränkte Ausschreibungen gewährleisten keinen hinreichenden Wettbewerb. Gründe für ein Absehen von der öffentlichen Ausschreibung waren nicht erkennbar.

Vergabevermerk Vermerke über die Vergabe von Lieferungen und Leistungen)4 wurden überwiegend nicht gefertigt.

Der Vergabevermerk dient der Offenlegung der einzelnen Stufen des Verfahrens gegenüber Aufsichtsbehörden und für Nachprüfungsverfahren. Mit dem Vermerk wird der Abschluss des Entscheidungsprozesses dokumentiert. Bei Vergabe oberhalb des Schwellenwertes ist er zwingende Voraussetzung für die Erfüllung der Informationspflicht des Auftraggebers 5). Dieser hat die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots zu informieren. Ein Vertrag darf ohne diese vorausgegangenen Informationen nicht geschlossen werden.

Fehlende oder unzureichende Informationen sollen nach den Bestimmungen der Vergabeverordnung zur Nichtigkeit des Vertrags führen.

Wertung von Angeboten

Die Wertung von Angeboten war vielfach fehlerhaft. Teilweise wurden Angebote ohne hinreichenden Grund von der Wertung ausgeschlossen. In anderen Fällen unterblieb der gebotene Ausschluss. Durch eine Änderung oder Berichtigung von Leistungsbeschreibungen nach der Eröffnung der Angebote änderte sich zum Teil die Rangfolge der Bieter. § 30 VOB/A, § 30 VOL/A, § 18 VOF. 5) § 13 VgV.

Überwiegend übertrugen die kommunalen Gebietskörperschaften Architekten- oder Ingenieurbüros die Wertung von Angeboten.

Die Entscheidung über die Vergabe ist allein Aufgabe der Bauherren und muss daher von den kommunalen Gebietskörperschaften selbst getroffen werden. Dritte dürfen die Entscheidungen vorbereiten, aber nicht treffen. Die Vergabeentscheidung, die der Bauherr nicht selbst getroffen hat, ist rechtswidrig).

Leistungsbeschreibungen

Die Leistungsbeschreibungen enthielten in zahlreichen Fällen Positionen, in denen bestimmte Fabrikate vorgegeben waren. Dies betraf insbesondere haustechnische Gewerke.

Bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren sowie bestimmte Ursprungsorte und Bezugsquellen dürfen nur dann ausdrücklich vorgeschrieben werden, wenn dies durch die geforderte Leistung gerechtfertigt ist 7). Derartige Ausschreibungen sind nach dem Vergaberecht nur in besonderen Fällen zulässig). Gründe für die Einschränkung des Wettbewerbs waren in der Regel nicht ersichtlich.

Förderrechtliche Konsequenzen

Die Bewilligungsbehörden bzw. die von ihnen beauftragten Stellen haben zu prüfen, ob die Bewilligungsbescheide ganz oder teilweise zu widerrufen und Zuweisungen zurückzufordern sind, soweit die Zuweisungsempfänger das Vergaberecht nicht beachteten 9). Dieser Prüfung kommt besondere Bedeutung zu, weil Maßnahmen aus Mitteln der Europäischen Gemeinschaften mitfinanziert wurden und die Zahlungen der EG-Kommission von einer ordnungsgemäßen und vollständigen Einhaltung der nationalen und europäischen Fördervorschriften abhängig gemacht werden 10) .

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hat erklärt, sie sei bemüht, die festgestellten Beanstandungen umgehend abschließend zu bearbeiten. Bei der Feststellung eines schweren Verstoßes gegen die vergaberechtlichen Vorschriften seien die gebotenen Folgerungen in Bezug auf die Höhe der gewährten Zuweisung, insbesondere eine Kürzung des Bewilligungsbetrags, zu prüfen.

3. Folgerungen Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) bei schweren Verstößen gegen das Vergaberecht eine Kürzung der Zuweisungen zu prüfen und über die Folgerungen zu berichten,

b) darauf hinzuwirken, dass die kommunalen Gebietskörperschaften

- Lieferungen und Leistungen grundsätzlich öffentlich ausschreiben,

- in einem Vergabevermerk die einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens dokumentieren,

- ureigene Bauherrenaufgaben nicht Dritten übertragen,

- die Leistungsbeschreibungen grundsätzlich produktneutral aufstellen,

c) im Rahmen der Prüfung der Verwendungsnachweise die Einhaltung des Vergaberechts verstärkt zu überwachen. Oberlandesgericht München, Beschluss vom 15. Juli 2005, Az.: Verg 14/05. § 9 Nr. 5 Abs. 1 und 2 VOB/A in der Fassung von 2002. Vgl. Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar - Teile A und B, 13. Auflage -, A § 9 Nr. 5 Rdnr. 83. Nr. 8.2.5, Teil II, zu § 44 VV-LHO in Verbindung mit dem Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau über förderrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und die Verdingungsordnungen für Leistungen (VOL/A) vom 16. Juni 2003 (MinBl. S. 374). 10) Vgl. Nrn. 5.3 und 8 der Ergänzungen zu den Allgemeinen Nebenbestimmungen für die Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Gebietskörperschaften und Zweckverbände unter Beteiligung der Europäischen Union (ErgANBest-K-EU).