Ausgabereste stellen eine Ausnahme vom Grundsatz der zeitlichen Bindung von Ausgabeermächtigungen dar
86 Der Rechnungshof hat die Verwendung der Ausgleichsabgabe in den Jahren 2001 bis 2004 unter Einbeziehung der Rechnungsergebnisse 2005 geprüft. Dabei wurde auch untersucht, ob verschiedene bei der vorangegangenen Prüfung festgestellte Mängel 5) ausgeräumt wurden.
2. Wesentliches Ergebnis der Prüfung
Ausgabereste
Die Einnahmen und Ausgaben der Ausgleichsabgabe sind im Landeshaushalt in einer Titelgruppe gesondert veranschlagt). In Höhe der am Jahresende nicht verausgabten Mittel wurden Ausgabereste gebildet und in das neue Haushaltsjahr übertragen. Die Ausgabereste beliefen sich in den Jahren 2001 bis 2005, ausgenommen am Jahresende 2004), zwischen 9,4 und 11,8 Mio..
Die Ausgleichsabgabe ist von den Arbeitgebern spätestens zum 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr zu zahlen. Um Zahlungsverpflichtungen des Integrationsamts im ersten Quartal des jeweiligen Jahres erfüllen zu können, ist es zweckmäßig, einen Teil der letztjährigen Einnahmen vorzuhalten und hierfür Ausgabereste zu bilden 8). Im Hinblick auf den zu überbrückenden Zeitraum von drei Monaten könnte ein Viertel der verbliebenen Einnahmen des Vorjahres als Orientierungswert dienen. Bereits als Ergebnis der parlamentarischen Beratungen zum Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2001 wurde das Integrationsamt aufgefordert, die Höhe der Ausgabereste zurückzuführen 5) .
Das Landesamt hat erklärt, die Ausgabereste würden angemessen reduziert. Vgl. Jahresbericht 2002, Tz. 16 (Drucksache 14/1880), Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2002 des Rechnungshofs (Drucksache 14/2168 S. 15), Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses (Drucksache 14/2320 S. 11), Beschluss des Landtags vom 10. Juli 2003 (Plenarprotokoll 14/52 S. 3513). 6) Einzelplan 06 Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, Kapitel 06 04 Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, Titelgruppe 71 Ausgleichsabgabe nach § 77 SGB IX. 7) Einnahmen in Höhe von 3,4 Mio. im Rahmen des Ausgleichs zwischen den Integrationsämtern wurden erst im Jahr 2005 kassenwirksam. Ausgaben aus zweckgebundenen Einnahmen sind kraft Gesetzes übertragbar, vgl. § 19 Landeshaushaltsordnung (LHO) vom 20. Dezember 1971 (GVBl. 1972 S. 2), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 2006 (GVBl. S. 349), BS 63-1.
2.2 Förderungen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe
Betreuungsleistungen
Auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung zwischen dem Integrationsamt und Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege wurden den Berufsbegleitenden Diensten der Integrationsfachdienste 2002 für Betreuungsleistungen Vergütungen von insgesamt 2.765.000 gewährt. Ein Betrag von hochgerechnet 770.000 entfiel 2002 auf die Betreuung von Personen, deren Schwerbehinderung noch nicht förmlich festgestellt war).
Im Jahr 2003 wurden 68 % der Anträge auf nachträgliche Feststellung einer Schwerbehinderung abgelehnt). Insoweit entsprachen Vergütungen von mehr als 520.000 nicht den Vorgaben, nach denen die Mittel der Ausgleichsabgabe nur für besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben eingesetzt werden dürfen).
Das Landesamt hat mitgeteilt, die Rahmenvereinbarung entspreche einer Absprache des früheren Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit mit den Berufsbegleitenden Diensten der Integrationsfachdienste. Die Angelegenheit werde dem Ministerium zur Entscheidung vorgelegt.
Leistungsverpflichtungen Dritter und Kostenbeteiligungen
Das Integrationsamt bewilligte im Prüfungszeitraum Zuschüsse von mehr als 110.000 u. a. zur Finanzierung
- einer Podiumsdiskussion zum europäischen Vergleich der Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt,
- von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen,
- technischer Arbeitshilfen,
- von Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten.
Den Unterlagen war nicht zu entnehmen, ob das Integrationsamt vorrangige Leistungsverpflichtungen Dritter, wie z. B. des Bundes aus dem Ausgleichsfonds, der Träger der gesetzlichen Renten- und Pflegeversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit, sowie im Falle technischer - auch privat nutzbarer - Arbeitshilfen Kostenbeteiligungen der Leistungsempfänger geprüft hatte. Die Mittel der Ausgleichsabgabe dürfen nur eingesetzt werden, soweit Leistungen für denselben Zweck nicht von anderer Seite zu erbringen sind oder erbracht werden). Entsprechende Prüfungen sind durchzuführen und aktenkundig zu machen.
Das Landesamt hat erklärt, bei der Planung gleichgelagerter Veranstaltungen wie der Podiumsdiskussion werde künftig geprüft, inwieweit entsprechende Mittel von dem Ausgleichsfonds bereitgestellt werden könnten 5). Die Hinweise, die Prüfung vorrangiger Ansprüche aktenkundig zu machen und vor Bewilligung technischer Arbeitshilfen zumutbare Kostenbeteiligungen zu untersuchen, würden beachtet.
Nicht zuwendungsfähige Ausgaben
Für Integrationsbetriebe wurden Bewirtungskosten für eine Eröffnungsfeier sowie Aufwendungen für eine Autoreparatur, die Beschaffung von Autoreifen und den Erwerb von Fachliteratur als investive Ausgaben anerkannt und mit mehr als 5.000 gefördert. Diese Kosten zählen nicht zu den zuwendungsfähigen Leistungen für Aufbau, Erweiterung, Modernisierung und Ausstattung von Integrationsbetrieben).
Das Landesamt hat erklärt, wegen Insolvenzen und damit verbundener Auflösung von Unternehmen sei eine Kürzung der Fördermittel nicht mehr möglich.
Die Zuwendungsfähigkeit von Ausgaben muss künftig sorgfältiger geprüft werden.
Auszahlung von Fördermitteln
Zur Finanzierung investiver Ausgaben wurden einem Unternehmen in vier Raten Zuschüsse von insgesamt 280.000 ausgezahlt. Ein Zuwendungsbescheid wurde nicht erteilt, Sicherheiten wurden nicht bestellt. 28 % der Fälle nach einer Statistik der Berufsbegleitenden Dienste.
10) 98 von 144 Fällen nach einer Statistik des Integrationsamts.
11) § 77 Abs. 5 Satz 1 SGB IX. 12) §§ 77 Abs. 5 Satz 1, 102 Abs. 5 SGB IX, § 18 Abs.1 Satz 1 SchwbAV. 13) Vgl. §§ 132 und 134 SGB IX.
Das Landesamt hat erklärt, die Hinweise des Rechnungshofs, Zuschüsse nur auf der Grundlage eines Bewilligungsbescheids auszuzahlen)14 und Leistungen angemessen abzusichern, würden künftig beachtet.
Verwendungsnachweise Verwendungsnachweise über abgeschlossene Maßnahmen wurden nicht zum vorgeschriebenen Zeitpunkt vorgelegt oder nicht unverzüglich nach ihrem Eingang geprüft. Einem Nachweis waren keine prüffähigen Unterlagen beigefügt.
Das Landesamt hat erklärt, prüffähige Verwendungsnachweise seien angefordert worden. Einige Verwendungsnachweise seien zwischenzeitlich geprüft worden.
Projektüberwachung
Das Integrationsamt beauftragte im Jahr 2000 zwei Maßnahmeträger mit der Durchführung eines Modellvorhabens "Betriebsbesuche durch Dritte" und stellte hierfür Fördermittel von insgesamt 216.000 bereit. Obgleich nach den Zwischenberichten der Maßnahmeträger von Ende 2001 keine messbaren Ergebnisse vorlagen, wurde die Laufzeit des Projekts im März 2002 um ein Jahr verlängert. Erst im November 2002 wurde das Projekt eingestellt.
Spätestens Ende 2001 war der Misserfolg des Projekts erkennbar, so dass auf eine frühzeitige Beendigung hätte hingewirkt werden müssen. Eine vergleichbare Problematik war bereits Gegenstand des Entlastungsverfahrens für das Haushaltsjahr 2001 5) .
Das Landesamt hat erklärt, das Projekt sei verlängert worden, weil die zuständige Fachkraft ausgeschieden sei und eine geeignete Besetzung dieser Stelle sowie die Einarbeitung des Nachfolgers einige Zeit in Anspruch genommen hätten.
Zur Vermeidung von "Fehlinvestitionen" sollten eine wirksame Projektüberwachung und eine begleitende Erfolgskontrolle sichergestellt werden.
3. Folgerungen:
Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:
Der Rechnungshof hatte gefordert,
a) die Bildung und Übertragung von Ausgaberesten auf den Bedarf zu begrenzen,
b) vor Bewilligung von Zuschüssen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe vorrangige Leistungsverpflichtungen Dritter einschließlich Kostenbeteiligungen der Leistungsempfänger zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung aktenkundig zu machen,
c) Zuschüsse erst nach Bewilligung auszuzahlen und Leistungen angemessen abzusichern,
d) auf die rechtzeitige Vorlage von Verwendungsnachweisen hinzuwirken und diese nach Eingang unverzüglich zu prüfen.
Folgende Forderungen sind nicht erledigt:
Der Rechnungshof hat gefordert,
a) die Mittel der Ausgleichsabgabe ausschließlich dem Zweck entsprechend einzusetzen,
b) die Zuwendungsfähigkeit von Ausgaben sorgfältiger zu prüfen,
c) eine wirksame Überwachung von Projekten und eine begleitende Erfolgskontrolle sicherzustellen.
14) Vgl. Nr. 4.1, Teil I, zu § 44 VV-LHO.