Vorgezogenes Jugendverfahren

In den Ländern Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg wird an Gerichten ein so genanntes vorgezogenes und vorrangiges Jugendverfahren durchgeführt. Dieses Verfahren beruht auf einer Koordination und Abstimmung der Verfahrensbeteiligten im Jugendstrafverfahren und hat das Ziel, möglichst innerhalb von weniger als vier Wochen eine strafrechtliche Ahndung der Straftat herbeizuführen. Gerichtet ist dieses Verfahren insbesondere an junge Serientäter.

Wir fragen den Senat:

1. In welchem Zeitraum erfolgt an Gerichten im Land Bremen nach Erfassung und Anklage einer Straftat bei jugendlichen Straftätern, insbesondere jugendlichen Intensivtätern, eine strafrechtliche Ahndung derselben?

2. Welche Erfahrungen haben nach Kenntnis des Senats die Länder Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg mit dem vorgezogenen Jugendverfahren gemacht?

3. Welche organisatorischen Maßnahmen und Koordinationen sind zur Durchführung dieses Verfahrens an den betreffenden Gerichten ergriffen bzw. eingeführt worden?

4. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das vorgezogene Jugendverfahren auch an Gerichten in Bremen und Bremerhaven einzuführen?

1. In welchem Zeitraum erfolgt an Gerichten im Land Bremen nach Erfassung und Anklage einer Straftat bei jugendlichen Straftätern, insbesondere jugendlichen Intensivtätern, eine strafrechtliche Ahndung derselben?

Das Jugendstrafverfahren dauert an den Gerichten im Land Bremen vom Eingang der Anklage bis zur Verurteilung durchschnittlich 2,9 Monate. Jugendstrafverfahren gegen Intensivtäter werden erheblich schneller abgeschlossen.

In der Regel findet die Hauptverhandlung innerhalb weniger Wochen nach der Anklageerhebung statt.

2. Welche Erfahrungen haben nach Kenntnis des Senats die Länder Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg mit dem vorgezogenen Jugendverfahren gemacht?

Nach Mitteilung der Landesjustizverwaltung Schleswig-Holstein hat sich das dortige Verfahren, das so genannte Flensburger Modell, bewährt. Das Land Niedersachsen bezeichnet die dortigen Erfahrungen als grundsätzlich positiv. Auch Hessen und Brandenburg berichten über gute Erfahrungen.

3. Welche organisatorischen Maßnahmen und Koordinationen sind zur Durchführung dieses Verfahrens an den betreffenden Gerichten ergriffen bzw. eingeführt worden?

Nach Kenntnis des Senats sind an den betreffenden Gerichten keine besonderen organisatorischen Maßnahmen getroffen worden. Das so genannte vorgezogene Jugendverfahren beruht vielmehr auf Absprachen zwischen den am Verfahren beteiligten Stellen. Die Gerichte haben sich bereit erklärt, alle Beschleunigungsmöglichkeiten auszunutzen. Zwischen der verantwortlichen Vernehmung bei der Polizei und der Hauptverhandlung sollen nach Möglichkeit nicht mehr als vier Wochen vergehen.

4. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das vorgezogene Jugendverfahren auch an Gerichten in Bremen und Bremerhaven einzuführen?

Das vorgezogene Jugendverfahren findet nur auf einen kleinen Anteil der jugendlichen Angeklagten, insbesondere auf Intensivtäter, Anwendung. Die in Bremen praktizierte Intensivtäterbearbeitung beruht auf Absprachen, die dem vorgezogenen Jugendverfahren vergleichbar sind. Daher besteht zurzeit kein Bedarf nach Einführung des vorgezogenen Jugendverfahrens. Schon jetzt schöpfen die Jugendgerichte alle sich prozessual bietenden Beschleunigungsmöglichkeiten aus.