Ein Leistungsanbieter berechnete seinen Personalbedarf anhand der für erforderlich erachteten Jahreseinsatzstunden

80 für die von dem Ehepaar geführte Erziehungsstelle berücksichtigt, ohne dass deren Einsatz nachgewiesen wurde. Derartige Nachweise fehlten auch für das in die Kalkulation einbezogene hauswirtschaftliche Personal.

- Eine Einrichtung erhöhte im Rahmen der Entgeltkalkulation für eine Folgevereinbarung nach zwei Jahren ohne Begründung die Personalkosten für einen Praktikanten von 18.100 auf 28.600, für einen Psychologen von 57.200 auf 72.800. Das Jugendamt akzeptierte dies, ohne die Plausibilität der exorbitanten Personalkostensteigerung zu hinterfragen.

- Ein Leistungsanbieter berechnete seinen Personalbedarf anhand der für erforderlich erachteten Jahreseinsatzstunden. Deren Division durch die Jahresarbeitszeit einer Kraft ergab dann die Anzahl der erforderlichen Stellen, die Grundlage der Personalkostenberechnung war. Gesetzlich vorgeschriebene Pausenzeiten wurden bei der Ermittlung der Jahreseinsatzstunden einbezogen. Das führte zu einer um etwa eine halbe Stelle überhöhten Personalausstattung und damit einem zu hohen Tagessatz.

- Ein Anbieter hatte in einem Gebäudekomplex unter anderem eine Wohngruppe mit 14 Plätzen untergebracht. Für die im Durchschnitt weniger als 15 m2 großen Zimmer der Wohngruppe zuzüglich Anteilen an Gemeinschaftsflächen kalkulierte er jährliche Kosten für Wasser, Energie und Brennstoffe von 55.000, das entsprach - bei 91 % Auslastung der Plätze - mehr als 350 je Platz und Monat. Zusätzlich machte er Abschreibungen und Instandhaltungskosten von 38.300 sowie Fahrzeugkosten von 19.500 pro Jahr geltend. Das Jugendamt akzeptierte die Entgeltkalkulation, ohne die tatsächlichen Kosten, Kostensenkungsmöglichkeiten und die Kostenverteilungsgerechtigkeit zwischen Wohngruppennutzung und übriger Nutzung des Gebäudekomplexes geprüft zu haben.

- Für zwei Einrichtungen setzten Leistungsanbieter zugleich Abschreibungen und Mietkosten an, ohne dass dies vom Jugendamt in Frage gestellt wurde.

Eine andere Einrichtung berechnete bei der Entgeltkalkulation für 6 Bewohner unter Annahme einer neunzigprozentigen Auslastung und einer Monatsmiete von 272 je Platz Kosten mindernde Mieteinnahmen lediglich mit 15.330 statt mit 17.625

.

- Bei der Kalkulation von Verpflegungskosten berechnete nur ein Teil der Leistungsanbieter Einnahmen aus der entgeltlichen Teilnahme von Mitarbeitern am gemeinsamen Mittagessen mit den Bewohnern der Einrichtungen. Ob dies auch in anderen Fällen geboten war, hatten die Jugendämter nicht geprüft.

- Kostenkalkulationen neuer Angebote beruhten auf Auslastungs- und Sachkostenprognosen der Anbieter. Nach Abschluss der Entgeltvereinbarungen verzichteten Jugendämter auf einen Abgleich zwischen Prognose und tatsächlicher Entwicklung. Dies betraf auch Einrichtungen, bei denen eine deutliche Überschreitung der Auslastungsprognose aktenkundig wurde oder bereits bei Abschluss der Entgeltvereinbarung ein Überprüfungstermin für die Tagessätze festgelegt worden war. Die gebotene Neuverhandlung niedrigerer Tagessätze unterblieb.

Eine Entgeltvereinbarung gilt grundsätzlich während des gesamten Vereinbarungszeitraums, ohne dass die Beteiligten den Ausgleich tatsächlicher Mehr- oder Minderkosten verlangen können. Das dem Leistungsanbieter somit aufgebürdete Prognoserisiko führt dazu, dass aus seiner Sicht ein möglichst großzügiger "Sicherheitsaufschlag" bei der Kostenkalkulation interessengerecht erscheint.

§ 4 Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juli 2009 (BGBl. I S. 1939).

6 x 272 x 0,9 = 17.625,60.

§ 78d Abs. 1 SGB VIII.

Umso mehr gebietet das öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen Erbringung von erzieherischen Hilfen, dass die Jugendämter Kalkulationsgrundlagen vor Abschluss einer Entgeltvereinbarung auf Plausibilität und Realitätsnähe überprüfen.

Zusätzlich sind auch nach dem Abschluss alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten für eine Prüfung der Angemessenheit zu nutzen. Erkenntnisse über den Einsatz pädagogischer Kräfte liegen beim Landesjugendamt vor. Diesbezügliche jährliche Meldungen der Leistungsanbieter dienen dort zur Kontrolle, ob die Vorgaben der Betriebserlaubnisse eingehalten werden. Sie können auch von den Jugendämtern zur Überprüfung der Personalkosten in den Entgeltvereinbarungen abgefragt werden. Ob kalkulierte Kosten für sonstiges Personal (insbesondere Leitung, Verwaltung, Hausmeister, Hauswirtschaftskräfte, Reinigungskräfte) tatsächlich anfallen, lässt sich nur anhand von den Jugendämtern im Einzelfall anzufordernder Nachweise überprüfen. Derartige Anforderungen unterbleiben regelmäßig. Somit ist es den Leistungsanbietern weithin möglich, durch einen gegenüber der Kostenkalkulation verringerten Personaleinsatz unbemerkt Gewinnmaximierung zu Lasten der Jugendämter zu betreiben. Die Prüfungsergebnisse belegen, dass diese Möglichkeit genutzt wird.

Auch nach dem Abschluss einer Entgeltvereinbarung sollten sich die Jugendämter daher in angemessenen Zeitabständen die tatsächlichen Kosten und die Belegungssituation nachweisen lassen. Bei erheblichen Abweichungen von den in der Kalkulation zugrunde gelegten Prognosen können sie Neuverhandlungen mit dem Ziel niedrigerer Tagessätze verlangen bzw. nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums auf Neukalkulation nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse bestehen.

Entgeltbemessung bei Abweichung von Leistungsvereinbarungen - Regelungen zu "Leistungsstörungen" empfehlenswert

In den nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII abzuschließenden Leistungsvereinbarungen sind Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungsangebote festzulegen.

Hierzu gehört auch eine Regelung über den Umfang des Personaleinsatzes.

In Einrichtungen kam es immer wieder zu krankheitsbedingten Personalausfällen, die teilweise auch bei längerer Dauer keine Beschäftigung von Vertretungskräften zur Folge hatten. Gleichwohl zahlten die Jugendämter die vereinbarten Entgelte in voller Höhe weiter. Weder enthielten die Leistungsvereinbarungen eine Verpflichtung zum Einsatz von Vertretungskräften noch die Entgeltvereinbarungen Regelungen über eine Entgeltreduzierung bei Verstößen gegen die Leistungsvereinbarung. Die zeitweilig stark verminderte Betreuungsqualität beeinträchtigte die erzieherische Arbeit mit den betreuten jungen Menschen und verzögerte die planmäßig angestrebte Beendigung der Hilfe. Das erhöhte die Kosten der Kommunen, während sich insbesondere bei Personalausfällen mit Wegfall der Lohnfortzahlung der Aufwand der Leistungsanbieter verringerte.

Folgen eines längerfristigen Personalausfalls bei den Leistungsanbietern sollten im Rahmen der Vereinbarungen ausdrücklich geregelt werden. Es empfiehlt sich, in Leistungsvereinbarungen eine Pflicht des Leistungsanbieters zur Beschäftigung von Vertretungskräften aufzunehmen und in Entgeltvereinbarungen eine angemessene Reduzierung der Tagessätze bei Verstößen gegen die Leistungsvereinbarung vorzusehen. Das erleichtert die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen.

Bei neuen Angeboten nach maximal zwei Jahren, bei bestehenden Einrichtungen im Falle von Anträgen des Leistungsanbieters auf Neuverhandlungen, mindestens aber alle fünf Jahre.

§ 78d Abs. 3 Satz 1 SGB VIII.

4.1.3 Entgelte für Erziehungsstellen - auf Möglichkeiten zur Kostensenkung achten Stationäre erzieherische Hilfen können u. a. in Form der Unterbringung in einer sonstigen betreuten Wohnform erbracht werden. Hierzu zählen auch die Erziehungsstellen. Dort wohnen die zu betreuenden jungen Menschen in einer fremden Familie, bei der mindestens ein Mitglied eine sozialpädagogische Ausbildung besitzt und sich um ihre Erziehung kümmert. Zusätzlich wird die Familie von Kräften eines Leistungsanbieters betreut. Dieser erhält vom Jugendamt ein Leistungsentgelt, mit dem er auch die Tätigkeit des sozialpädagogisch ausgebildeten Familienmitglieds zu vergüten hat. Solche Familienmitglieder betreuten auch bei Vergütung als Vollzeitkraft teilweise nur ein bis zwei junge Menschen.

Die im Rahmen der Prüfung festgestellte Bandbreite von Leistungsentgelten für erzieherische Hilfen in Erziehungsstellen bewegte sich zwischen rund 1.800 und 6.000 je Monat. Qualitative Unterschiede der Erziehungsstellen, die derartige Abweichungen der Entgelte rechtfertigen könnten, waren nicht feststellbar. Das höchste Entgelt beruhte vielmehr darauf, dass der Leistungsanbieter seiner Kostenkalkulation eine Vollzeitvergütung des sozialpädagogisch ausgebildeten Familienmitglieds zugrunde gelegt hatte, obwohl nur ein junger Mensch betreut wurde.

Eine mit der Unterbringung in Erziehungsstellen vergleichbare pädagogische Betreuungsintensität kann auch durch Bewilligung von sozialpädagogischer Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII in Verbindung mit zusätzlicher sozialpädagogischer Familienhilfe nach § 31 SGB VIII geleistet werden. Der finanzielle Gesamtaufwand je Fall für das Pflegegeld und das Entgelt des Leistungsanbieters erreicht regelmäßig allenfalls den Mittelwert der für Erziehungsstellen festgestellten Entgeltspanne.

Die Jugendämter sollten daher bei der Belegung von Erziehungsstellen verstärkt auf die Nutzung kostengünstiger Angebote achten oder auf die Bewilligung von Vollzeitpflege mit sozialpädagogischer Familienhilfe ausweichen.

Entgelte für Tagesgruppen - Förderschulbesuch mehr als bisher mit ambulanten Hilfen verknüpfen

Die in die Prüfung einbezogenen Jugendämter gewährten jungen Menschen, die eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt sozial-emotionale Entwicklung besuchten, regelmäßig zusätzlich Hilfe zur Erziehung. Dabei wurde grundsätzlich Heimerziehung oder der Besuch einer teilstationären Tagesgruppe bewilligt. Lediglich ein Jugendamt deckte den erzieherischen Bedarf nicht mit teilstationären, sondern durch ambulante Hilfen.

Leistungsanbieter der Tagesgruppen waren überwiegend die privaten

Träger der Förderschulen. Diese vom Land entsprechend geförderten Schulen haben als Ganztagsschulen in verpflichtender Form39 die Betreuung der Schüler an vier Nachmittagen pro Woche und deren Versorgung mit Mittagessen sicherzustellen.

Ihnen stehen im Vergleich zu anderen Schulen mehr Lehrkräfte zur Verfügung.

§ 34 SGB VIII.

§ 39 Abs. 4 SGB VIII.

Nur drei der zehn rheinland-pfälzischen Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt sozial-emotionale Entwicklung stehen in kommunaler Trägerschaft.

Vgl. § 14 Abs. 4 Satz 1 Schulgesetz (SchulG) vom 30. März 2004 (GVBl. S. 239), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Juli 2010 (GVBl. S. 167), BS 223-1.