Für nach Stunden abgerechnete Leistungen machte der Anbieter die Stundensätze für Einzelbetreuung geltend

86 - Ein freier Träger bot Erziehungsbeistandschaft und sozialpädagogische Familienhilfe als Einzelbetreuung an. Für eine Betreuung von zehn Stunden je Woche, von denen vereinbarungsgemäß 60 % auf unmittelbare pädagogische Kontakte entfallen sollten, rechnete er eine monatliche Pauschale von 1.250 ab. Ein Jugendamt, das Leistungen im Umfang von rund 210.000 jährlich in Auftrag gegeben hatte, forderte auf Veranlassung des Rechnungshofs Stundennachweise des Leistungsanbieters an. Deren Auswertung ergab, dass die abgerechneten Leistungen zu einem erheblichen Teil als Gruppenbetreuung und zudem in einem geringeren als dem vereinbarten zeitlichen Umfang erbracht worden waren. Den vergüteten zehn Stunden an wöchentlichen Betreuungsleistungen standen nur rund vier Stunden tatsächliche Betreuung gegenüber. Die Überzahlungen betrugen überschlägig 70.000 in einem Jahr.

- Ein Jugendamt ließ 18 junge Menschen an regelmäßig fünf Nachmittagen pro Woche von einem Leistungsanbieter an dessen Sitz in Gruppen betreuen. Das vereinbarte Betreuungskonzept entsprach im Wesentlichen dem einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII. In einem Jahr zahlte das Jugendamt rund 500.000 an den Leistungsanbieter. Obwohl eine Abrechnung nach Stundensätzen vereinbart war, rechnete der Leistungsanbieter - vom Jugendamt unbeanstandet - einen Teil der Fälle pauschal ab. Insoweit lagen keine Leistungsnachweise vor. Die Höhe der Pauschalen entsprach Tagessätzen von rund 120 bis 150 und damit etwa dem Doppelten des Tagessatzes bei Betreuung in Tagesgruppen. Da es sich materiell um eine teilstationäre Hilfe im Sinne von § 32 SGB VIII handelte, hätte die Einholung einer Betriebserlaubnis veranlasst und nach Maßgabe einer Entgeltvereinbarung abgerechnet werden müssen. Dies hätte zu einer wesentlichen Kostenreduzierung - überschlägig 200.000 - geführt.

Für nach Stunden abgerechnete Leistungen machte der Anbieter die Stundensätze für Einzelbetreuung geltend. Bei Anwendung des mit dem Jugendamt vereinbarten Abrechnungsmodus für Gruppenarbeit wären deutlich geringere Entgelte angefallen.

Die Abrechnungen erstreckten sich auch auf Leistungen, zum Beispiel Reiten, die nicht von der aufgrund des Hilfeplans getroffenen Bewilligungsentscheidung des Jugendamtes umfasst und daher nicht vergütungsfähig waren.

Qualifikation des eingesetzten Personals - Bedarfsanpassung führt zu geringeren Jugendhilfeausgaben

Die ambulante Betreuung durch Leistungsanbieter hatte in manchen Fällen überwiegend Hausaufgabenhilfe, Nachhilfe oder Hilfe zur eigenständigen Haushaltsführung bei Verwahrlosungstendenzen zum Gegenstand. Die Leistungsanbieter setzten hierfür größtenteils Sozialpädagogen und Sozialarbeiter ein, die zur Abdeckung des übrigen Betreuungsbedarfs erforderlich waren. Die Fachkräfte übernahmen auch Aufgaben als Integrationshelfer im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII. Abgerechnet wurden die für den Einsatz der Fachkräfte vereinbarten Stundensätze, bei Integrationshilfen zum Teil auch tatsächliche Personalkosten mit Zuschlägen für mittelbare Leistungen.

Zur Hausaufgabenbetreuung sind auch Personen ohne Ausbildung als pädagogische Fachkraft in der Lage. Ihre Stundensätze liegen bei rund einem Drittel der Stundensätze von Fachpersonal. Hauswirtschaftskräfte sind im Rahmen der Hilfe zur eigenständigen Haushaltsführung geeignet. Integrationshilfen können bei geringfügigem ergänzendem Einsatz pädagogischer Fachkräfte überwiegend durch Erzieher geleistet werden.

§ 45 Abs. 1 SGB VIII.

Im Rahmen der Hilfeplanung sollte von den Jugendämtern auch über die Anforderungen an die Qualifikation einzusetzender Kräfte entschieden werden. Werden Leistungen bewilligt, die in nennenswertem Umfang keine sozialpädagogische Qualifikation erfordern, ist mit den Leistungsanbietern eine Abrechnung nach differenzierten Stundensätzen zu vereinbaren oder eine teilweise Vergabe an geeignete Dritte in Betracht zu ziehen.

Vollzeitpflege - großzügige Erziehungspauschale verursachte erhebliche Mehraufwendungen

Ein Leistungsanbieter brachte besonders entwicklungsbeeinträchtigte junge Menschen in von ihm betreuten "Gastfamilien" unter, in denen regelmäßig kein Mitglied über eine pädagogische Ausbildung verfügte. Jugendämter zahlten neben der Vergütung für die Betreuungsleistungen des Leistungsanbieters für die "Gasteltern" Unterkunfts- und Verpflegungspauschalen sowie den vierfachen Betrag des Pauschalsatzes der Kosten der Erziehung im Rahmen der Vollzeitpflege.

Nach den Empfehlungen des Landesjugendamts49 soll bei sozialpädagogischen Pflegestellen mindestens die Hauptbezugsperson über eine pädagogische Ausbildung verfügen. Bei entsprechend qualifiziertem Personal und der Betreuung besonders entwicklungsbeeinträchtigter Kinder kann den Pflegestellen zur Abgeltung des erzieherischen Bedarfs ein Betrag bis zum Fünffachen der Erziehungspauschale gewährt werden, wobei Zahlungen bis zum Vierfachen üblich sind. Die Zahlung des vierfachen Satzes an Pflegeeltern ohne sozialpädagogische Ausbildung ist nicht angemessen.

Würde der Betrag auf das Doppelte der Erziehungspauschale beschränkt, könnten die Jugendämter, die das Angebot des Leistungsanbieters nutzen, ihre Aufwendung um insgesamt mehr als 200.000 jährlich mindern.

5 Hilfeplanung - mangelndes Kostenbewusstsein und lange Planungsintervalle

Für längerfristige erzieherische Hilfen ist nach § 36 Abs. 2 SGB VIII ein Hilfeplan zu erstellen. An der Planung sind mehrere Fachkräfte des Jugendamts, der betreuungsbedürftige junge Mensch, dessen Personensorgeberechtigte sowie Hilfe erbringende Stellen zu beteiligen. Die Planung hat Aussagen zum Hilfebedarf, zur Hilfeart sowie zu den notwendigen Leistungen im Rahmen der geeigneten Hilfeart zu treffen. Das Jugendamt bewilligt die erzieherische Hilfe auf der Grundlage des Hilfeplans durch Verwaltungsakt.

Kosten - bei der Planung berücksichtigen Art und Umfang der Hilfen richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall. Im Rahmen der Hilfeplanung sind daher der Bedarf und die zu seiner Deckung erforderlichen Hilfen grundsätzlich allein unter fachlichen Gesichtspunkten unabhängig von den damit verbundenen Kosten zu bestimmen. Insbesondere darf eine als fachlich erforderlich angesehene Hilfe nicht allein aus Kostengründen verweigert werden. Kann jedoch ein festgestellter erzieherischer Bedarf durch verschiedene, aus fachlicher Sicht gleichermaßen geeignete Hilfearten gedeckt werden, oder kommen bei einer Hilfeart verschiedene Leistungsanbieter in Betracht, ist das Jugendamt von Rechts wegen nicht gehindert, bei der Auswahl unter

Die Pauschale wird aufgrund § 39 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 4, Abs. 5 SGB VIII und § 1 Landesverordnung über Zuständigkeiten nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, dem Jugendschutzgesetz, dem Unterhaltsvorschussgesetz, dem Bundeserziehungsgeldgesetz, dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und dem Adoptionsvermittlungsgesetz vom 23. Dezember 2004 (GVBl. 2005 S. 13), geändert durch Verordnung vom 13. März 2007 (GVBl. S. 66), BS 216-2, vom Landesjugendamt festgesetzt.

Vgl. Empfehlungen "Sozialpädagogische Pflegestellen in Rheinland-Pfalz", a. a. O.

§ 27 Abs. 2 SGB VIII.

Vgl. Wiesner, SGB VIII, 3. Auflage 2006, § 27 Rdnr. 61. diesen Hilfearten oder zwischen verschiedenen Leistungsanbietern deren Kosten in die Abwägung einzubeziehen. Eine diesbezügliche Pflicht ergibt sich aus dem kommunalrechtlichen Gebot wirtschaftlicher Haushaltsführung.

Eine kostenorientierte Abwägung setzt Erkenntnisse über die Kostenfolgen der in Betracht kommenden Hilfearten sowie einer eventuellen Auswahl zwischen Leistungsanbietern und Hilfeeinrichtungen voraus. Die meisten Hilfepläne enthielten keinerlei Angaben zu Kosten der Hilfen. Teilweise war an den Fallberatungen kein Vertreter der wirtschaftlichen Jugendhilfe beteiligt. Diese Kräfte sind für die Bewilligungsentscheidung und die finanzielle Abwicklung von Jugendhilfefällen zuständig. Sie verfügen regelmäßig über detaillierte Kenntnisse zu den Kosten der einzelnen Hilfearten.

Um ein ausreichendes Kostenbewusstsein bei den zur Hilfeplanung berufenen Fachkräften sicher zu stellen, sollte die wirtschaftliche Jugendhilfe an den Fallberatungen beteiligt werden. Soweit im Einzelfall mehrere, zur Deckung des erzieherischen Bedarfs gleich geeignete Hilfen in Betracht kommen, sollte der Hilfeplan unter Angabe der jeweiligen Kostenfolgen die gebotene Abwägungsentscheidung dokumentieren.

Planungsintervalle - häufig zu lang

Die Hilfepläne sind nach Beginn der Hilfe kontinuierlich fortzuschreiben. Die Fortschreibung ist grundsätzlich in Halbjahresabständen geboten, um flexibel auf Veränderungsbedarf reagieren zu können. Zu Beginn der Hilfe bis zu ihrer Stabilisierung sowie nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, etwa bei Unterbringung von Säuglingen oder Kleinkindern, können auch wesentlich kürzere Fortschreibungsintervalle angezeigt sein. Zeiträume bis zu einem Jahr sind allenfalls bei auf Dauer angelegten Hilfen, insbesondere der Vollzeitpflege, vertretbar.

Einige Jugendämter wiesen deutlich längere Planungsintervalle auf. Bei zwei Jugendämtern korrelierten überlange Abstände zwischen Fortschreibungen der Hilfeplanung eindeutig mit einer weit überdurchschnittlichen Hilfedauer. Die Fallbelastung des Allgemeinen Sozialdienstes (ASD) war vergleichsweise hoch und führte zu weiter steigenden Fallzahlen. Bei beiden Jugendämtern errechnete sich bei Einhaltung der fachlich gebotenen Planungsintervalle und damit einhergehender moderater Annäherung der Hilfedauer an Durchschnittswerte ein Einsparpotenzial von jeweils mindestens 500.000 jährlich.

Eine zeitgerechte Hilfeplanung ist für die fachliche und wirtschaftliche Fallsteuerung unabdingbar. Große Planungsrückstände sind ggf. unter Einsatz von befristet beschäftigtem, zusätzlichem Personal aufzuarbeiten, damit der Anteil vermeidbarer, kostenintensiver Hilfen zurückgeführt werden kann.

Bedarfsfeststellung bei ambulanten Hilfen - zunächst eigene Kräfte einsetzen Häufig zeigt die familiäre und erzieherische Situation junger Menschen, dass ein Bedarf an ambulanter erzieherischer Hilfe besteht, deren Art und Umfang jedoch noch unklar ist. In solchen Fällen kann es angebracht sein, zunächst eine Hilfe zu gewähren, die auch der Situationsklärung dient. Einige Jugendämter beauftragten Leistungsanbieter ambulanter Hilfen mit solchen "Clearingaufgaben" anlässlich der Betreuung des jungen Menschen oder der Familie. Die Leistungsanbieter gaben dann im Rahmen der Hilfeplanung Empfehlungen über die zu gewährenden Hilfen ab und wurden in der Regel mit der weiteren Leistungserbringung beauftragt.

§ 93 Abs. 3 GemO.

§ 36 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII.

Vgl. "Empfehlungen zur Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII", Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses vom 2. Juli 2007 (http://www.lsjv.rlp.de).

Zu diesem sog. "Bugwellen-Problem" vgl. JAmt 2009, 117.