Kreditzins

107 6.2 Kosten naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen für Erschließungsanlagen - nur die rechtzeitige Durchführung sichert die Beitragsfähigkeit

Ist mit der Herstellung von Erschließungsanlagen ein Eingriff in Natur und Landschaft verbunden, muss dieser ausgeglichen werden. Die hierfür anfallenden Kosten sind Herstellungskosten der Erschließungsanlage, da der Ausgleich rechtliche Voraussetzung für deren Herstellung ist. Diese Kosten sind jedenfalls dann beitragsfähig, wenn sie der Erschließungsanlage konkret zugeordnet27 und vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht angefallen sind. Beitragserheblich sind Kosten

- des Erwerbs oder der Bereitstellung von Grundstücken,

- der Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen und

- je nach Art der Maßnahme, der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege in einem Zeitraum bis zu fünf Jahren.

Eine vollständige Einbeziehung der Kosten für Ausgleichsmaßnahmen in den beitragsfähigen Aufwand setzt daher voraus, dass die Gemeinde für die rechtzeitige Entstehung der genannten Kostenpositionen Sorge trägt, d. h. die Ausgleichsmaßnahme vor endgültiger Herstellung und Widmung der Erschließungsanlage fertig stellt.

Oftmals

- führten Gemeinden die Ausgleichsmaßnahmen so spät durch, dass die Kosten der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege wegen zwischenzeitlicher Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht mehr beitragsfähig waren,

- wurden Grunderwerbs- oder Bereitstellungskosten bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands nicht berücksichtigt,

- entstanden die sachlichen Beitragspflichten, bevor mit der Durchführung der Ausgleichsmaßnahme begonnen worden war.

In allen Fällen konnte grundsätzlich beitragsfähiger Aufwand nicht durch die Beitragserhebung gedeckt werden. Allein bei einer Gemeinde entstand so ein Einnahmeausfall von rund 72.000. Vielfach war mit den Ausgleichsmaßnahmen noch nicht begonnen worden, da der für die Durchführung zuständigen Stelle nicht bekannt war, dass nur die Kosten bis zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand gehören. Dem kann durch verbesserte Absprachen und Informationen abgeholfen werden.

Die beitragsrechtlich nachteiligen Folgen erst nachträglich durchgeführter Ausgleichsmaßnahmen lassen sich vermeiden, wenn den Erschließungsmaßnahmen bereits realisierte Ausgleichsmaßnahmen zugeordnet werden. Dies ist möglich, da die Maßnahmen weder räumlich noch zeitlich in einem Zusammenhang mit der Erschließung stehen müssen. Die entsprechenden Maßnahmen werden in der Regel auf sog. Ökokonten nachgewiesen. Bei der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege wird die Beitragsfähigkeit der Aufwendungen erreicht, wenn der Erschließung Maßnahmen mit kurzer Pflegezeit zugeordnet werden.

§ 15 Abs. 2 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatschG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542).

Für die Zuordnung soll ausreichend sein, wenn sie sich aus der Begründung des Bebauungsplans oder den Verteilungsmaßstäben der Ausgleichssatzung ableiten lässt (vgl. u. a. Driehaus, a. a. O., § 13 Rdnr. 57).

Vgl. dazu Kommunalbericht 2001, Tz. 4 Nr. 5.2 (Landtagsdrucksache 14/1038).

Vgl. § 11 Landesgesetz zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG) vom 28. September 2005 (GVBl. S. 387), BS 791-1.

- 108 6.3 Fremdfinanzierungskosten - Nichtberücksichtigung führt zu Einnahmeausfällen

Bei vollständiger oder anteiliger Kreditfinanzierung der Erschließungsmaßnahme sind die Kosten für Zinsen und Disagio (Fremdfinanzierungskosten) beitragsfähig, soweit sie bis zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht angefallen sind.

Bei mehreren Gemeinden entstanden finanzielle Nachteile, weil bei Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands Kreditzinsen nicht für die gesamte Zeit zwischen Herstellungsbeginn der Anlage und Entstehung der sachlichen Beitragspflicht berücksichtigt wurden. Dies geschah insbesondere in Fällen, in denen die Erschließungsbeitragssatzung ohne rechtliche Notwendigkeit den berücksichtigungsfähigen Zinszeitraum unabhängig von seiner tatsächlichen Länge auf drei Jahre nach Herstellungsbeginn begrenzte.

Vereinzelt wurde auf die Berücksichtigung von Fremdfinanzierungskosten auch mit dem Hinweis verzichtet, es seien Vorausleistungen erhoben worden.

Vorausleistungen hindern nur dann die Entstehung berücksichtigungsfähiger Fremdfinanzierungskosten, wenn sie rechtzeitig und in Höhe des tatsächlichen endgültigen Beitrags erhoben worden sind. Ansonsten reduzieren sie lediglich den Kreditbedarf und damit die Höhe der beitragsfähigen Kosten.

Grunderwerbs- oder Bereitstellungskosten (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauGB) - Nebenkosten dürfen nicht vergessen werden Erwirbt die Gemeinde Grundstücke, die sie zur Herstellung der Erschließungsmaßnahme benötigt, gehören der Kaufpreis und die Grunderwerbsnebenkosten (Grunderwerbsteuer, Kosten für Notar und Grundbuchamt, ggf. Vermessungskosten und Maklerprovisionen) zum beitragsfähigen Aufwand. Stellt sie solche Grundstücke aus ihrem allgemeinen Liegenschaftsvermögen zur Verfügung, ist deren Verkehrswert im Zeitpunkt der Bereitstellung bei der Berechnung des Erschließungsaufwands zu berücksichtigen.

Mehrere Gemeinden ließen bei der Ermittlung des Aufwands Grunderwerbsnebenkosten ganz oder teilweise außer Acht. In einem Fall wurde dadurch beitragsfähiger Aufwand von 25.000 nicht in die Abrechnung einbezogen. Andere Gemeinden sahen ganz oder teilweise davon ab, Aufwendungen für den Grunderwerb anzusetzen, in einem Fall unter Hinweis auf den vermeintlich unentgeltlichen Erwerb im Wege des Grundstücktauschs. Dabei wurde übersehen, dass der Wert des durch Tausch veräußerten Grundstücks zum beitragsfähigen Aufwand gehört.

Eine kreisfreie Stadt hatte für die erstmalige Herstellung einer Straße ein bebautes Grundstück erworben. Von dem Grundstück benötigte sie eine Teilfläche von 890 m² für den Straßenbau. Den anteiligen Kaufpreis von rund 250.000 bezog sie aber nicht in den beitragsfähigen Aufwand ein. Einnahmeausfälle von rund 225.000 waren die Folge. BVerwG, Urteil vom 14. November 1975 - IV C 76.73.

- 109 6.5 Kosten der Freilegung von Flächen für Erschließungsanlagen (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) - Beseitigung von Altlasten ist beitragsfähig Vielfach sind vor Herstellung der Erschließungsanlage Flächen von ober- und/oder unterirdischen Hindernissen, zum Beispiel bauliche Anlagen und Bewuchs, zu befreien. Auch kann eine Beseitigung von Altlasten im Boden erforderlich sein. Die hierfür entstehenden Kosten einschließlich der Materialentsorgung, u. a. Aushub, sind Bestandteil des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

Bei einer Stadt waren im Rahmen der Freilegung Entsorgungs- und Deponierungskosten für Aushubmaterial von rund 160.000 entstanden, die bei der Erhebung von Vorausleistungen unberücksichtigt blieben. Aufgrund einer entsprechenden Feststellung des Rechnungshofs konnte dieser Fehler im Rahmen der endgültigen Beitragserhebung bereinigt und somit ein Einnahmeausfall von rund 144.000 vermieden werden.

Kosten für den Einsatz eigenen Personals - Beitragsfähigkeit setzt Erfassung voraus Häufig setzen Gemeinden aus Gründen der Kostenersparnis eigenes Personal für die technische Herstellung einer Erschließungsanlage ein. So werden beispielsweise bestimmte Teileinrichtungen, etwa die Straßenbeleuchtung, vielfach von Mitarbeitern des Bauhofs hergestellt. Die hierfür anfallenden Personalkosten sind nach § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB beitragsfähig. Die Ermittlung der beitragsfähigen Personalkosten ist allerdings nur möglich, wenn Arbeitsaufzeichnungen geführt werden.

In einer Reihe von Fällen stellte der gemeindliche Bauhof im Rahmen der Erschließung die Straßenbeleuchtung und das Straßenbegleitgrün her. Arbeitsaufzeichnungen unterblieben. Beitragsfähige Personalkosten konnten nicht ermittelt werden. Vermeidbare Einnahmeausfälle waren die Folge.

Beim Einsatz eigenen Personals für die Herstellung von Erschließungsanlagen sind daher alle Arbeitsleistungen in geeigneter Form zu erfassen, zu bewerten und sodann in den beitragsfähigen Aufwand einzubeziehen.

7 Gemeindeanteil (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB) - Haushaltslage erfordert Begrenzung auf Mindestanteil

Die Gemeinde ist - außer im Fall von Erschließungsverträgen

- verpflichtet, sich in Höhe von mindestens 10 % am beitragsfähigen Erschließungsaufwand zu beteiligen.

Eine Gemeinde hatte in ihrer Satzung den Gemeindeanteil für verkehrswichtige Straßen auf 50 % festgesetzt.

Eine über § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB hinausgehende Festlegung von Gemeindeanteilen ist bundesrechtlich nicht ausgeschlossen, sondern steht im Ermessen der Gemeinde. Dieses Ermessen unterliegt jedoch Schranken, die sich aus dem Gemeindehaushaltsrecht, insbesondere dem Prinzip der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und den Einnahmebeschaffungsgrundsätzen ergeben. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Erhebung der höchstzulässigen Erschließungsbeiträge regelmäßig Voraussetzung für die Förderung kommunaler Erschließungsmaßnahmen durch das Land ist. Eine Festlegung erhöhter Gemeindeanteile geht daher

Vgl. zu den Kosten einer Bodensanierung BVerwG, Urteil vom 13. November 1992 - 8 C 41.90. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 1990 - 2 S 25/90. Vgl. auch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 5. Januar 2006 - 9 ME 149/05 - zur Kostenerstattung für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen des Naturschutzes.

§ 124 Abs. 2 Satz 3 BauGB.

§ 94 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GemO.