Weisungsbefugnis eines Kreistages und notwendige Vorlage von Unterlagen

Der Vulkaneifelkreis ist Mitglied im Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord (ZV SPNV Nord). Zwei Kreistagsfraktionen haben zur Behandlung des Themas „Zukunft der Eifelquerbahn" auch um Beantwortung von Fragen und um Vorlage des Wirtschaftlichkeitsgutachtens betreffend die Reaktivierung der Eifelquerbahn im Stundentakt gebeten.

Die vollständige Beantwortung der Fragen wie auch die Vorlage des Wirtschaftlichkeitsgutachtens wurde dabei seitens des ZV SPNV Nord verweigert. Auch nach nochmaligen Nachfragen wurde mit Verweis auf eine „derzeitige Beschlusslage die Vollversion der Untersuchung nicht veröffentlicht".

Gemäß Erläuterungen im Kommentar von Regierungsdirektorin Ulrike Nauheim-Skrobek zu § 8 KomZG steht die Tätigkeit als Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaft in der Verbandsversammlung eines Zweckverbandes nach dem gesamten Inhalt der Aufgabe der in der Gesellschaftversammlung oder einem entsprechenden Organ eines Unternehmens, an dem die Gemeinde beteiligt ist, gleich, auch wenn der Zweckverband in der Regel nicht privatwirtschaftlich tätig wird, sondern hoheitliche Aufgaben erfüllt.

Dies wird durch die Verweisung auf § 88 GemO und die darüber hinaus erfolgte weitgehende Angleichung des § 8 an § 88 GemO bestätigt.

In beiden Fällen, Vertretung bei Beteiligung und Vertretung in der Verbandsversammlung, ist es die wesentliche Aufgabe des Vertreters, die Interessen des von ihr repräsentierten Mitglieds zu wahren. Für beide Fälle gilt daher in gleicher Weise, dass die Tätigkeit als Vertreter einer kommunalen Gebietskörperschaft nicht zum allgemeinen Aufgabenbereich eines Ratsmitglieds gehört. Eine derartige Tätigkeit ist also rechtlich nicht mit der Ausübung eines Ratsmandats vergleichbar.

Hieraus folgt, dass der Grundsatz der freien Mandatsausübung (§ 30 Abs. 1 GemO) in rechtlich zulässiger Weise insofern eingeschränkt werden kann, als den Vertretern in der Verbandsversammlung Richtlinien und Weisungen erteilt werden können.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Teilt sie die rechtliche Einschätzung der vorgenannten Erläuterungen zum KomZG und der damit bestehenden Weisungsgebundenheit für die Vertreter in der Verbandsversammlung?

2. Wenn ja, ist sie mit mir der Auffassung, dass die Erteilung einer solchen Weisung durch ordnungsgemäßen Beschluss nur in Kenntnis aller maßgeblichen Sachverhalte und damit zwangsläufigen Vorlage aller entscheidungsrelevanten Unterlagen möglich ist?

3. Ist die Landesregierung mit mir der Auffassung, dass evtl. berührte schutzwürdige Interessen dadurch gewahrt werden, dass Beratungen und Beschlussfassungen in nichtöffentlicher Sitzung erfolgen können?

4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Verweigerung zur Herausgabe der geforderten Unterlagen mit geltendem Recht nicht vereinbar ist?

Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. September 2011 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Die Landesregierung teilt die in den Vorbemerkungen der Kleinen Anfrage wiedergegebene rechtliche Darstellung.

Dass der Grundsatz der freien Mandatsausübung (§ 30 Abs. 1 der Gemeindeordnung [GemO] und § 23 Abs. 1 der Landkreisordnung [LKO]) für Vertreter kommunaler Gebietskörperschaften in der Verbandsversammlung eines Zweckverbands nicht gilt, erDrucksache 16/379 Landtag Rheinland-Pfalz ­ 16.Wahlperiode gibt sich bereits daraus, dass gemäß § 8 Abs. 2 des Landesgesetzes über die kommunale Zusammenarbeit in Rheinland-Pfalz (KomZG) die Stimmen eines Verbandsmitglieds nur einheitlich abgegeben werden können und diese Bestimmung auch ausdrücklich regelt, dass die Verbandsmitglieder ihren Vertretern in der Verbandsversammlung Richtlinien und Weisungen erteilen können. Die Möglichkeit einer Abweichung hiervon nach § 8 Abs. 3 KomZG ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Richtlinien- und weisungsbefugtes Organ ist bei der Mitgliedschaft eines Landkreises in einem Zweckverband der Kreistag (§ 25 Abs. 1 LKO).

Zu Frage 2: Die Ausübung des Weisungsrechts des Kreistags gegenüber dem Vertreter oder den Vertretern des Landkreises in der Verbandsversammlung des Zweckverbands setzt die Kenntnis der in der Verbandsversammlung zu behandelnden Beratungsgegenstände sowie der einer Entscheidung der Verbandsversammlung zugrunde liegenden Unterlagen voraus.

Dem Kreistag des Vulkaneifelkreises wurden im vorliegenden Fall alle in der nachfolgenden Sitzung der Verbandsversammlung des Zweckverbands erörterten und bewerteten Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Zu Frage 3: Ja.

Zu Frage 4: Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass eine unmittelbare verfahrensrechtliche Beziehung über die Gewinnung notwendiger Informationen zwischen dem Verbandsvorsteher bzw. der Geschäftsführung des Zweckverbands und dem Kreistag eines Verbandsmitglieds nicht besteht. Der Kreistag hat sich hinsichtlich der für die Ausübung des Weisungsrechts notwendigen Informationen vielmehr an den oder die Vertreter des Landkreises in der Verbandsversammlung zu wenden.

Im vorliegenden Fall wurden ­ wie in der Antwort zu Frage 2 ausgeführt ­ alle in der Sitzung der Verbandsversammlung erörterten und bewerteten Unterlagen dem Kreistag zur Verfügung gestellt. Der Landrat als Vertreter des Vulkaneifelkreises hat in der Sitzung der Verbandsversammlung keine ergänzenden Unterlagen angefordert.