Verbesserung der Drogen- und Suchthilfe in Bremen

Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 16/389 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet.

Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: Sucht- und Drogenpolitik haben sich in den letzten 20 Jahren zu einem gewichtigen Feld der Gesundheits-, Sozial-, Jugend- und Innenpolitik entwickelt. Waren bis vor einigen Jahren vor allem der Konsum von illegalen Drogen und dessen Folgen Schwerpunkt, so ist heute Sucht mit all ihren Erscheinungsformen unabhängig von der Art der psychotropen Substanz zum Thema der Sucht- und Drogenpolitik geworden. Alkohol und Tabak als gängigste Substanzen in Deutschland und die Folgen des Konsums gewinnen in den letzten Jahren mehr und mehr an Aufmerksamkeit.

Der Senat kann heute auf ein zwischen den Ressorts abgestimmtes Konzept entwickelt haben.

Suchtpolitik in Bremen stellt heute einerseits die gesundheitlichen und sozialen Aspekte der Suchtgefährdeten und -kranken bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Interessenslage der Bevölkerung in den Vordergrund und setzt andererseits einen Schwerpunkt in der verstärkten Prävention durch Gesundheitsförderung und Stärkung der Lebenskompetenzen aller Bürger. Sie basiert auf den Säulen Prävention, Repression, Hilfe und Schadensminimierung.

Primärprävention als integrierter Bestandteil der Gesundheitsförderung richtet sich an alle Bevölkerungsschichten. Oberstes Ziel ist dabei, alle Nicht-Konsumenten bei der Abstinenz von psychotropen Substanzen zu unterstützen und den eigenverantwortlichen Umgang mit psychotropen Substanzen zu stärken. Als Teil einer allgemeinen Gesundheitsförderung zielt die Suchtprävention in Bremen darauf, die Bevölkerung insgesamt zu erreichen. Ressortübergreifend werden alle Möglichkeiten genutzt, um Entstehungsfaktoren für Sucht zu erkennen, einzudämmen und zu verhindern.

Im Unterschied zu den Abhängigen illegaler Drogen werden Alkoholkranke nur zu fünf bis sieben Prozent vom Suchtkrankenhilfesystem erreicht. Meist werden sie wegen alkoholbedingter Begleit- und Folgeerkrankungen im medizinischen Allgemeinsystem versorgt und bei der spezifischen Behandlung ihrer Suchterkrankung vernachlässigt. Schon sehr früh hat der Senat durch die Initiierung und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte darauf reagiert. Die Suchtmedizinische Fortbildung der Ärztekammer für niedergelassene Ärzte, ein Projekt Frühintervention im ehemaligen Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße und die Thematisierung der Früherkennung und Frühintervention bei den Kostenträgern sind wichtige Schritte, suchtkranke Personen im allgemeinen medizinischen System früher zu erkennen und ihnen spezifische Hilfen anzubieten.

1. Inwieweit kann im Land Bremen nach Auffassung des Senats sichergestellt werden, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und dem Drogen- und Suchthilfesystem ergriffen werden?

Der Senat geht davon aus, dass die in den letzten Jahren entwickelten Grundlagen der Kooperation zwischen Ärzten und Drogen- und Suchthilfe weitergeführt und noch weiter ausgebaut werden können. Die im Weiteren beschriebene Zusammenarbeit bietet nach Ansicht des Senates eine sehr gute Struktur, um notwendige Abstimmungen zu gewährleisten und damit das Versorgungssystem für Sucht- und Drogenkranke qualitätsgesichert weiterzuführen.

Schon 1990 wurden im Lande Bremen die Gemeinsamen Empfehlungen zum Einsatz von Methadon zur Substitution von Drogenabhängigen in Bremen des Senators für Gesundheit, der Ärztekammer Bremen und der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen und dazu entsprechende Leitlinien zur psychosozialen Begleitung verabschiedet. Diese gute Kooperation zwischen dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, der Ärztekammer Bremen, der Kassenärztlichen Vereinigung und seit einigen Jahren auch den Krankenkassen mündete u. a. in die gemeinsame Substitutions-AG, in der eine regelmäßige Abstimmung zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der Versorgung und Behandlung substituierter Patientinnen und Patienten zwischen den beteiligten Organisationen stattfindet. Die Überarbeitung der gemeinsamen Empfehlungen und der Leitlinien aus dem Jahre 1990 steht gegenwärtig auf der Tagesordnung, um die Substitutionsbehandlung qualitativ weiterzuentwickeln.

Mit der erfolgreichen Umsetzung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten ist die Gremienstruktur verbindlich im Bereich der Psychiatrie und Suchtkrankenhilfe reformiert worden:

Im Psychiatrieausschuss des Landes Bremen werden mit Vertreterinnen und Vertretern der beteiligten Organisationen (Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Gesundheitsamt Bremen, Magistrat der Stadtgemeinde Bremerhaven, Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände, Kassenärztliche Vereinigung Bremen, Krankenhausgesellschaft der Freien Hansestadt Bremen, Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände, Landesverbände der Patienten- und Angehörigengruppen) grundlegende Fragen der Struktur und Koordination der psychiatrischen Versorgung und des Drogen- und Suchthilfesystems erörtert und abgestimmt.

Fachausschüsse Sucht in Bremen und Bremerhaven gewährleisten die Koordination auf kommunaler Ebene.

Auf regionaler Ebene sind entlang der Versorgungsstrukturen unterschiedliche Kooperationskreise eingerichtet worden, wie der Runde Tisch zum Projekt Vernetzte Hilfe für Kinder aus Suchtfamilien in Bremen-Nord. die Integration von niedergelassenen Ärzten in das Drogenhilfezentrum zu gewährleisten. Die Konzeption befindet sich zurzeit in der parlamentarischen Abstimmung.

Mit der Gründung des Bremer Aktionsbündnis Alkohol ­ Verantwortung setzt die Grenze unter Federführung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in enger Zusammenarbeit mit dem Senator für Bildung und Wissenschaft ist es vor vier Jahren gelungen, neue Impulse zur Verbesserung der Kooperation zwischen Ärzten, Suchtprävention und Suchthilfe zu setzen. In Zusammenarbeit u. a. mit der Ärztekammer Bremen, verschiedenen Ärzten und Krankenkassen wurden themenbezogene Runde Tische und Veranstaltungen durchgeführt, u. a. zu Alkohol und Schwangerschaft und Alkohol am Arbeitsplatz. An niedergelassene Allgemeinärzte, Frauenärzte und Hebammen wurden vor zwei Jahren spezielle Manuale der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Verstärkung der Frühintervention verteilt.

2005 ist vorgesehen, unter dem Schwerpunkt Alkohol und Krankenbehandlung die ärztliche Früherkennung und Frühintervention in den Mittelpunkt einer Kampagne zu stellen. Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, die Suchtprävention Bremen, die Ärztekammer Bremen, verschiedene Krankenkassen u. a. werden ein Symposium zu dem oben genannten Thema durchführen. Weiterhin sind zwei eintägige Fortbildungsveranstaltungen in Bremen und Bremerhaven geplant. Kooperation und Vernetzung mit dem Drogen- und Suchthilfesystem wird thematisch Bestandteil der Veranstaltungen sein.

2. Welche Kenntnisse hat der Senat über die Fort- und Weiterbildung von Ärzten im Bereich von Drogen und Suchtkrankheiten?

Aufgrund der oben beschriebenen Zusammenarbeit hat der Senat einen guten Überblick über die Fort- und Weiterbildung von Ärzten im Bereich der Behandlung von Drogen- und Suchtkrankheiten. So führte die Ärztekammer in den letzten fünf Jahren elf Veranstaltungen mit ca. 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch. Neben Einzelveranstaltungen fanden in Bremen zwei Zyklen zur Suchtmedizinischen Fortbildung (Ärztekammer Bremen und ZKH Ost) statt.

Drei regelmäßige Qualitätszirkel zu Suchterkrankung/HIV und Substitution tagen unter Beteiligung von jeweils 15 Personen. Außerdem sind die Veranstaltungen des Bremer Aktionsbündnis Alkohol ­ Verantwortung setzt die Grenze (siehe zu 1.) hier einzureihen. Der Senat wird auch weiterhin die Bemühungen der Ärztekammer Bremen im Aus- und Fortbildungsbereich unterstützen und sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für eine quantitative und qualitative Weiterentwicklung einsetzen.

3. Wie beurteilt der Senat eine regionale Vernetzungsstruktur von ambulanter und stationärer ärztlicher Versorgung mit der Drogen- und Suchthilfe sowie der Jugend- und Familienhilfe, und inwieweit kann diese verbessert werden?

Speziell in einem Projekt wird seit Jahren in einer engen Vernetzung zwischen Trägern der Drogenhilfe, den Familienhebammen im Gesundheitsamt, dem Sozialdienst Junge Menschen im Amt für Soziale Dienste, Kliniken und niedergelassenen Ärzten zusammengearbeitet. Unter dem Aspekt einer ganzheitlichen Hilfeplanung begrüßt der Senat eine enge Zusammenarbeit von Drogenberatung, medizinischen Diensten und Ambulanten Sozialdiensten für Junge Menschen, um insbesondere für Kinder drogenabhängiger Eltern die Sicherung des Kindeswohls zu gewährleisten. Das oben genannte Projekt hat für den Senat Vorbildfunktion.

Bei der Verbesserung der Zusammenarbeit kommt dem casemanagement eine Weiterentwicklung bereichsübergreifender fachlicher Weisungen bzw. Dienstanweisungen zur Zusammenarbeit gestärkt wird.

Über spezielle Fachveranstaltungen in der Fachschule für Erzieherinnen und Erzieher wird z. B. die Kompetenz für die Früherkennung von Problemlagen von Kindern aus Suchtfamilien gefördert.

Unter Federführung der Suchtprävention Bremen finden regelmäßig Veranstaltungen in Kooperation mit Jugendhilfe- und Drogenhilfesystem zu jugendund suchtspezifischen Themen statt. Die Verbesserung der Früherkennung und Frühintervention ist auch hier das Ziel. Zu Fragen der medizinischen Versorgung werden auch Ärzte miteinbezogen.

Der Senat geht davon aus, dass die Kooperation in der oben genannten Versorgungsstruktur alsbald durch verbindliche Vereinbarungen der unterschiedlichen Dienste zu regeln ist. Verfahrensabläufe sind besonders in dem sensiblen Feld von Hilfegewährung und Eingriffsrechte deutlich zu beschreiben.

4. Inwieweit können nach Auffassung des Senats die primären Präventionsmaßnahmen in Bremen gefördert werden, um den Kontakt mit Drogen zu verhindern?

Der Senat beurteilt die im Lande Bremen entwickelte Prävention auch im Vergleich zu anderen Ländern sehr positiv. Er setzt jedes Jahr erhebliche Mittel ein, um wirksame Maßnahmen zur Suchtprävention durchzuführen, wie sie in der Bürgerschaftsdrucksache Nr. 16/214 Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Lande Bremen ausführlich dargestellt sind. In den verschiedenen Maßnahmen in den Stadtteilen, im Aktionsbündnis Alkohol ­ Verantwortung setzt die Grenze und in die Aktion Bremer Schulen rauchfrei wurden und werden u. a. Ärztekammer und Ärzte in die Planung und Durchführung und durch Fortbildungen eingebunden.

Um die Durchsetzungskraft zu erhöhen, sieht der Senat die Notwendigkeit einer stärkeren gezielten Beteiligung der Krankenkassen an den Maßnahmen der Suchtprävention Bremen. Im Rahmen der Aktivitäten des Bremer Aktionsbündnis Alkohol ­ Verantwortung setzt die Grenze wird der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales eine neue Initiative starten, um neben den Krankenkassen auch die Alkoholwirtschaft für eine längerfristige finanzielle Absicherung von Präventionsmaßnahmen zu gewinnen.

5. Wie bewertet der Senat die Unterstützung der tertiären Präventionen, um ehemalige Drogenabhängige so schnell wie möglich wieder in die Gesellschaft einzubinden? für sehr wichtig. In erster Linie geht er davon aus, dass die für die Rehabilitation suchtkranker Patientinnen und Patienten zuständigen Kostenträger auch weiterhin die qualitativen Anforderungen an eine moderne Behandlung erfüllen.

Seit den 70er Jahren hat der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales das Betreute Wohnen als Maßnahme zur Stabilisierung ehemaliger Drogenabhängiger und Substituierter erfolgreich eingeführt. Daneben ist die Vorbereitung der Integration in den Arbeitsmarkt ein weiteres wichtiges Ziel. Spezielle Angebote für ehemalige Drogenabhängige, wie die Integration in Maßnahmen von Ausbildungs- und Beschäftigungsträger, sind in den letzten Jahren gefördert worden, wie z. B. das Projekt für ehemalige Drogenabhängige und Substituierte (Urban II) in Bremerhaven. In der Umsetzung der anstehenden Arbeitsmarktreformen muss daran weiter festgehalten werden.