Diese Zuwächse betreffen in erster Linie Menschen mit Diabetes Typ 2 Diese sog

Situation von jugendlichen Diabetikerinnen und Diabetikern im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Der deutsche Gesundheitsbericht Diabetes 2003 stellt fest, dass bis zum Jahr 2010 in Deutschland die Anzahl der Diabetiker/innen um 50 Prozent ansteigen wird. Zwischen 1998 und 2003 war bereits ein Anstieg um 43 Prozent zu verzeichnen.

Diese Zuwächse betreffen in erster Linie Menschen mit Diabetes Typ 2. Diese sog. Altersdiabetes wird aber immer häufiger bei Kindern und Jugendlichen festgestellt. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um stark übergewichtige Personen, bei denen schon die Eltern und Großeltern an Diabetes leiden. Viele wissenschaftliche Studien im In- und Ausland haben gezeigt, dass vernünftigeres Essen und Trinken sowie mehr körperliche Bewegung die beste Prävention gegen Diabetes darstellen."

Vorbemerkung der Landesregierung:

Der Deutsche Diabetes-Bericht 2003 fasst die Problematik der Diabeteserkrankung zusammen und weist auf zu erwartende Zunahme und die daraus entstehende Belastung des Gesundheitssystems hin, die ohne Intervention zu erwarten ist. Diese Erkenntnisse haben sich in der Politik der Landesregierung bereits seit Beginn ihrer Legislaturperiode niedergeschlagen und zahlreiche Initiativen ausgelöst. Nach wie vor ist allerdings zu beklagen, dass die Datenlage zur Inzidenz (Rate der Neuerkrankungen im Jahr) und Prävalenz (Erkrankungshäufigkeit) von Diabetes mellitus in Deutschland unbefriedigend ist, da bislang versichertenbezogene Daten bei den gesetzlichen Krankenkassen und Privaten Krankenversicherern nicht vorgehalten werden.

Wie hoch ist die Anzahl der Diabetikerinnen und Diabetiker im Saarland? Wie viele davon sind an Diabetes Typ 1, wie viele an Diabetes Typ 2 erkrankt?

Zu Frage 1: Genaue Zahlen über die Anzahl von an Diabetes erkrankten Personen im Saarland wie auch deutschlandweit liegen nicht vor. Schätzungen gehen von ca. 60.000-70.000 im Saarland aus; dies entspricht der Hochrechnung des Deutschen Gesundheitsberichts Diabetes 2003.

Die Dunkelziffer ist hoch; die Studie von Palitsch (Palitsch 2000) geht sogar von einer Prävalenz von 10 % der saarländischen Bevölkerung aus. Ca. 90 bis 95 % sind davon an Diabetes Typ 2 erkrankt.

Wie viele Personen, die an Diabetes Typ 2 leiden, sind Kinder und Jugendliche?

Zu Frage 2: Dazu liegen im Saarland keine abschließenden Zahlen vor, ebenso wenig bundesweit. Im Saarland sind derzeit insgesamt 5 Jugendliche mit Typ 2 Diabetes in Betreuung der Kinderkliniken bzw. in gemeinsamer Betreuung von Kinderkliniken und niedergelassenen Kinderärzten. In der bundesweiten DPV-Wiss-Datenbank, in der die Daten von 120 Kinderkliniken anonymisiert zusammengeführt werden, gibt es 193 derzeit dokumentierte Fälle von Diabetes Typ 2. In den letzten beiden Jahren wurden dort jeweils 30 Neuerkrankungen pro Jahr registriert. Die Dunkelziffer von an Diabetes Typ 2 Erkrankten ist allerdings sehr hoch, da bei der Vielzahl adipöser Jugendlicher mit bereits eingetretener Stoffwechselentgleisung diese Diagnose nicht gestellt wird. In einer Gruppe von stark übergewichtigen Kindern und Jugendlichen in Südbayern fanden sich bei 6,7 % der Kinder Hinweise auf eine Störung des Zuckerstoffwechsels, bei 1,2 % lag ein Typ 2 Diabetes vor. (Hauner, Wabitsch et al.) Typ 2 Diabetes im Kindes- und Jugendalter ist in erster Linie durch starkes Übergewicht bedingt. Bei zunehmender Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter ist auch mit einer Zunahme der Typ 2 Diabeteserkrankungen in Deutschland zu rechnen.

Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass es im Saarland im Vergleich der Bundesländer die meisten dicken Kinder gibt und welche Maßnahmen hat sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit ergriffen bzw. wird sie ergreifen, um hier Abhilfe zu schaffen?

Die Aussage, dass es im Saarland die meisten dicken Kinder gibt, wurde erstmals nach Abschluss der saarländischen Wachstumsstudie von Professor Zabransky (1995) geäußert. Er verglich die damalig erhobenen Daten mit anderen regionalen Wachstumsstudien, die in Spanien, Holland und Schweden Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre sowie mit Studien aus Dortmund, Jena und München, die in den Jahren 1974 ­ 1986 durchgeführt wurden. Dabei gilt es allerdings, die jeweilige regionale Bevölkerung hinsichtlich ihrer Genetik und Lebensgewohnheiten zu berücksichtigen.

Unter dieser Vorgabe waren die saarländischen Jungen mit einer Körpergröße über 1,50 m schwerer als die Jungen in anderen Studien. Bei den Mädchen ab einer Körpergröße von 1,60 m sind diese schwerer als die Mädchen aus der Dortmunder und Jenaer Studie aus den Jahren 1980 und 1986, allerdings um 1,4 kg leichter als die Mädchen aus der Münchener Studie von 1974. Im Vergleich zu den zeitgleichen Studien in anderen Ländern im Alter von 10 Jahren gab es nur geringe Differenzen.

Derzeit erfolgt in der Pädiatrie die Berechnung des Gewichts auf der Grundlage des BodyMaß-Index (BMI) nach den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter nach Kromeyer-Hauschild. Die Referenzwerte sind in Ermangelung aktueller deutschlandweiter Daten aus 17 verschiedenen Regionen Deutschlands erstellt. Adipositas liegt vor bei einem BMI-Wert oberhalb der 97er Percentile, Übergewicht oberhalb der 90er Percentile bis zur 97er Percentile.

Vergleicht man die aktuellen Daten der Einschulkinder im Saarland mit denen anderer Bundesländer auf dieser Berechnungsgrundlage, so liegt der Gesamtanteil übergewichtiger und adipöser Kinder mit 10, 4 % der Jungen und 11,0 % der Mädchen in der gleichen Größenordnung wie in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Für ältere Schulkinder liegen aktuell keine Daten vor, auch nicht aus anderen Bundesländern.

Aus diesem Grund begann im Mai 2003 ein bundesweiter Kinder- und Jugendsurvey des Robert-Koch-Instituts. Im Rahmen dieser Studie werden über einen Zeitraum von drei Jahren bei rund 18.000 Kindern und Jugendlichen zwischen 0 und 18 Jahren Daten zu einem breiten Spektrum gesundheitlicher Themen erhoben. Ein Themenbereich des Surveys ist u.a. das Gesundheitsverhalten mit den Schwerpunkten Ernährung, Essstörungen und Adipositas. Damit werden in den nächsten Jahren repräsentative Daten aus den verschiedenen Regionen verfügbar sein.

Weiterhin ist dem Arbeitsbericht zum Projekt „Interdisziplinäre Evaluierung der Fitness und Gesundheit bei Kindern im Saarland" (IDEFIKS-Studie) zu entnehmen, dass 18 % der Kinder übergewichtig oder adipös sind. Dieser Wert liegt im Bundesdurchschnitt. Wie Prof. Dr. Urhausen (Institut für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes) mitteilte, wurde bei keinem der 216 Kinder, die an der Studie teilnahmen, ein auffälliger Blutzuckerwert registriert.

Dennoch sieht die Landesregierung Übergewicht und Adipositas als ein vorrangiges Gesundheitsproblem an, das aufgrund seiner möglichen gravierenden Folgeschäden einer rechtzeitigen Prävention bedarf. Dabei ist allerdings einschränkend festzuhalten, dass die verschiedenen Maßnahmen nur im Kontext mit gesamtgesellschaftlichem Verhalten nachhaltig wirksam werden können. Dies setzt voraus, dass Elternhaus und Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen präventive Maßnahmen mittragen und unterstützen.

So hat die Landesregierung verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Kinder und Jugendliche an gesunde Ernährung heranzuführen und verstärkt zum Sporttreiben zu animieren und damit dem Problem von Übergewicht und Adipositas zu begegnen.