Personelle Ausstattung und Erfolg der Steuerfahndung

Wir fragen den Senat:

1. Wie hat sich die personelle Ausstattung der Steuerfahndung Bremen an den bremischen Finanzämtern im Land Bremen in den Jahren 1995 bis 2003 entwickelt?

2. Welche zusätzlichen Aufgaben sind nach dem 11. September 2001 auf die Steuerfahndung zugekommen? Fand in diesem Zusammenhang eine Personalaufstockung in der Steuerfahndung Bremen statt?

3. Wie hat sich das erprüfte Mehrergebnis pro eingesetztem/r Fahndungsprüfer/-in (d. h. die durchschnittlich erprüften Mehrsteuern pro Steuerfahnder/-in und Jahr) in den Jahren 1995 bis 2003 in der Steuerfahndung Bremen entwickelt?

4. Wie hat sich die Zahl der Großverfahren (Steuerhinterziehung von über einer entwickelt? Wie hoch war das hierbei festgestellte Mehrergebnis?

5. Ermittelt die Steuerfahndung Bremen auch Fälle der organisierten Steuerkriminalität (bandenmäßige oder gewerbsmäßige Steuerhinterziehung)? Welche Ermittlungsmethoden für die Verfolgung von Vergehen im Bereich der organisierten Steuerkriminalität stehen zur Verfügung? Sieht der Senat hier Änderungsbedarf?

1. Wie hat sich die personelle Ausstattung der Steuerfahndung Bremen an den bremischen Finanzämtern im Land Bremen in den Jahren 1995 bis 2003 entwickelt?

Die Zahl der vorhandenen Fahndungsprüfer ist seit 1995 gestiegen. Dabei bedurfte es umfangreicher Qualifizierungsmaßnahmen. Außerdem ist deren Einsatz in einigen Fällen langfristig umzusteuern gewesen. Dadurch ist allerdings die Zahl der eingesetzten Fahndungsprüfer bis zum Jahr 2003 gesunken. Dies ist durch einen gestiegenen Anteil an fahndungsfremden Tätigkeiten (Aus- und Fortbildung) und höhere Krankheitstage bedingt. Die Entwicklung ist der beigefügten Grafik zu entnehmen.

Im Bereich der Sachgebietsleiter ist die Zahl der vorhandenen Personen von zwei auf drei gestiegen. Die Innendienstkräfte der Steuerfahndung sind in den Jahren 1995 bis 2003 auf fünf Fahndungshelfer erhöht worden. Dies hat zu einer Entlastung der Fahndungsprüfer im Bereich der Vorermittlungen und bei Auswertungen geführt, da die Fahndungshelfer über eine steuerliche Ausbildung verfügen und nicht mehr als reine Kanzleikräfte eingesetzt werden.

2. Welche zusätzlichen Aufgaben sind nach dem 11. September 2001 auf die Steuerfahndung zugekommen? Fand in diesem Zusammenhang eine Personalaufstockung in der Steuerfahndung Bremen statt?

Eine Personalaufstockung im Zusammenhang mit den Ereignissen des 11. September 2001 hat nicht stattgefunden.

Durch die Einführung des § 370 a AO (Verbrechen) ist die Steuerfahndung seit 2002 im Bereich der organisierten Kriminalität tätig. Zur Form der organisierten Kriminalität sowie zu den für die Steuerfahndung Bremen neu hinzugekommenen Ermittlungsmethoden wird auf die Beantwortung der Frage 5 verwiesen.

Die personellen Anforderungen in diesen Verfahren sind erheblich.

So sind im Zeitraum Oktober 2002 bis September 2004 insgesamt 940 Personentage, davon allein 240 für eine Telefonüberwachung aufgewandt worden.

Darüber hinaus hat sich zur Bekämpfung des Terrorismus und der Aufdeckung von inkriminierten Geldern aus organisierten Straftaten die Zusammenarbeit mit anderen Ermittlungsbehörden (u. a. BKA, LKA, Kriminalpolizei) intensiviert.

So sind der Steuerfahndung Bremen im Jahr 2003 ca. 150 Amtshilfen wegen des Verdachts der Geldwäsche zugeleitet worden. Diese werden von der Steuerfahndung zunächst ­ nur für das LKA ­ steuerlich aufgearbeitet und der Clearingstelle beim LKA mitgeteilt. Sollte sich der Verdacht der Geldwäsche (§ 261 nicht bestätigen, wird der Vorgang abschließend noch einmal der Steuerfahndung zur Prüfung einer Steuerstraftat zugeleitet.

Seit Mitte 2004 hat die Steuerfahndung Bremen zusätzlich die Aufgabe übernommen, als Verbindungsstelle zwischen Finanzverwaltung und LKA für die Geldwäscheverdachtsmeldungen der Finanzverwaltung (§ 31 b AO) zu fungieren.

Ähnliches gilt für den Bereich der illegalen Beschäftigung und der Schwarzarbeit (§§ 31, 31 a AO).

3. Wie hat sich das erprüfte Mehrergebnis pro eingesetztem/r Fahndungsprüfer/-in (d. h. die durchschnittlich erprüften Mehrsteuern pro Steuerfahnder/-in und Jahr) in den Jahren 1995 bis 2003 in der Steuerfahndung Bremen entwickelt?

Das erprüfte Mehrergebnis pro eingesetzten Fahndungsprüfer ist in den Jahren 1995 bis 2003 erheblich angestiegen und beträgt derzeit über 1,1 Mio Euro pro Prüfer (siehe Grafik).

4. Wie hat sich die Zahl der Großverfahren (Steuerhinterziehung von über einer entwickelt? Wie hoch war das hierbei festgestellte Mehrergebnis?

Großverfahren werden bei der Steuerfahndung nicht gesondert erfasst. Dass jedoch das durchschnittliche Mehrergebnis pro durchgeführte beträgt, ist auf einen deutlichen Anstieg von Verfahren mit einem steuerlichen Mehrergebnis über einer Million Euro zurückzuführen. zu entnehmen.

5. Ermittelt die Steuerfahndung Bremen auch Fälle der organisierten Steuerkriminalität (bandenmäßige oder gewerbsmäßige Steuerhinterzeihung)? Welche Ermittlungsmethoden für die Verfolgung von Vergehen im Bereich der organisierten Steuerkriminalität stehen zur Verfügung? Sieht der Senat hier Änderungsbedarf?

Die Steuerfahndung Bremen ermittelt auch im Bereich der organisierten Steuerkriminalität. In den Jahren 2002 bis 2004 sind in der Steuerfahndung Bremen sieben Fallkomplexe bearbeitet worden, die in die Kategorie schwere investiert, das entspricht ca. 20 % der eingesetzten Fahndungsprüfer der Steuerfahndung Bremen. Insgesamt befassten sich über 26 % der eingesetzten Fahndungsprüfer mit reinen Umsatzsteuerbetrugsfällen. Der allein von den Bremer Beschuldigten verursachte Umsatzsteuerschaden beläuft sich auf 32 Millionen Euro.

Die bisherigen Ermittlungsmöglichkeiten für Steuerhinterziehungstaten nach § 370 AO reichen in den Fällen der organisierten Steuerkriminalität nicht aus.

In diesen Fällen sind weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten erforderlich wie der Einsatz verdeckter Ermittler (§ 110 a die Telefonüberwachung (§ 100 a der kleine Lauschangriff (§ 100 c Abs. 1 Nr. 2 und der große Lauschangriff (§ 100 c Abs. 1 Nr. 3 Rechtlich zulässig ist derzeit nur der Einsatz verdeckter Ermittler. Es wäre daher zu überlegen, ob § 370 a AO als Katalogstraftat in die §§ 100 a und 100 c Abs. 1 Nr. 3 genommen werden soll, um weitergehende Ermittlungen zu ermöglichen.

Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass an der Verfassungsmäßigkeit des § 370 a AO Zweifel bestehen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 22. Juli 2004 verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung des § 370 a AO geäußert, mit der Begründung, das Tatbestandsmerkmal in großem Ausmaß erfülle möglicherweise nicht die Bestimmtheitsanforderungen des Artikel 103 Abs. 2 GG.

Zurzeit sind daher Anregungen an den Gesetzgeber zur Aufnahme des § 370 a AO nicht angezeigt.