Konsequenzen und Synergieffekte

Mit der öffentlichen Zusage von 500 Mio. DM für den Bau eines für sehr große Schiffe geeigneten Containerterminals in Wilhelmshaven hat die BLG-Tochter Eurogate die Anstrengungen zur Realisierung des Großprojektes einen entscheidenden Schritt vorangebracht. Dies ist aus strategischen Überlegungen prinzipiell zu begrüßen, weil daraus eine zusätzliche Chance erwächst, den Standort Deutschland im Seehafenverkehrswettbewerb nachhaltig zu stärken.

Presseveröffentlichungen zufolge soll die genannte Summe offenbar nicht nur in Supra-, sondern ebenso in Infrastrukturinvestitionen fließen. Träfen diese Informationen zu, würde die den Containerumschlag der bremischen Häfen dominierende BLG-Gruppe an der Jade signifikant über ihr bislang auf die Suprastruktur beschränktes Engagement hinausgehen. Aber selbst wenn sich Eurogate entgegen des öffentlichen Eindrucks auch in Wilhelmshaven nicht an den Kosten der Infrastruktur beteiligt, ist zu klären, welche Konsequenzen und Synergien daraus für den Standort Bremerhaven resultieren.

1. Wie bewertet der Senat die Ankündigung der BLG-Gruppe, sich mit 500 Mio. DM am Bau eines Weser-Jade-Ports in Wilhelmshaven zu beteiligen? Ist im Vorfeld dieser Entscheidung der Aufsichtsrat der mehrheitlich in bremischem Aktienbesitz befindlichen BLG befasst worden und wie beurteilt dieser eine feste Investitionszusage für Wilhelmshaven zum gegenwärtigen Zeitpunkt? Wann und auf welchem Wege hat der Senat von dieser Festlegung der BLG-Gruppe erfahren?

Die Fa. Eurogate hat in einem letter of Intent (Absichtserklärung) geäußert, sich ggf. und vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Gremien von Eurogate an der Firma Hafendienste Wilhelmshaven zu beteiligen. Beabsichtigt ist mit einer solchen Beteiligung, die, so es dazu kommt, erst nach Regelung der Infrastruktur-Finanzierung - an der sich Eurogate nicht beteiligen wird - wirksam werden soll, u. a. die Planung und Realisierung des Hafenprojektes mit zu betreiben und die Suprastruktur zu planen, zu erstellen und zu finanzieren.

Der Senator für Wirtschaft und Häfen ist vom BLG-Vorstand über diese Absicht der Firma Eurogate im Vorfeld informiert worden. Der Aufsichtsrat der BLG hat sich am 29. März 2000 mit einer Informationsvorlage des BLG-Vorstandes befasst.

Grundsätzlich hält der Senat angesichts der gegebenen und sich weiterhin abzeichnenden positiven Entwicklung im Containerumschlag, die eine Kapazitätserweiterung der Containerumschlagsanlagen im Jade-/Weser-/Elberaum über CT IV hinaus erforderlich macht, entsprechende Überlegungen und Absichten für sinnvoll.

Vor Entscheidungsfindung sind allerdings die Standorteigenschaften unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven zu prüfen und zu würdigen.

2. Wie beurteilt der Senat die offenbar bestehende Absicht der BLG-Gruppe, sich an der von Tiefgangsproblemen freien Jade nicht nur mit Supra-, sondern auch mit Infrastrukturinvestitionen zu engagieren. Gibt es Überlegungen oder wird es Überlegungen geben, die im Containerumschlag der bremischen Häfen dominante BLG-Gruppe auch in Bremerhaven über die Suprastruktur hinaus in die Finanzierung von weiteren Ausbauschritten der Terminalkapazitäten einzubinden?

Die Absichtserklärung der Fa. Eurogate zu einem Weser-Jade-Port bezieht sich ausschließlich auf die Finanzierung der Suprastruktur, nicht auf die Finanzierung der Hafeninfrastruktur. Dies auch in den bremischen Häfen geltende Finanzierungsprinzip soll für die zukünftige Handhabung überprüft werden.

3. Kann der Senat ausschließen, dass die zumindest für die Öffentlichkeit überraschend frühzeitige und weitreichende Bindung der BLG-Gruppe an Wilhelmshaven trotz gegenteiliger Versicherungen des Konzerns negative Auswirkungen auf die künftige Entwicklung in Bremerhaven haben könnte? Die Frage richtet sich insbesondere auf

a) die Zuwächse des Containerumschlages bis 2005 und ab 2006,

b) das Investitionsengagement der BLG-Gruppe in Bremerhaven,

c) die Realisierungszeiträume weiterer Ausbauschritte des Containerterminals,

d) die Rentabilität weiterer Ausbauschritte.

Der Senat geht davon aus, dass eine Beteiligung der Fa. Eurogate an einer über CT IV hinausgehenden Kapazitätserweiterung an einem nahegelegenen Standort, wie es in Wilhelmshaven der Fall wäre, positive Auswirkungen auf die Entwicklung des Containerumschlages in diesem Raum haben würde. Insbesondere unter Wettbewerbsgesichtspunkten könnte - wie es bereits beim Zusammenschluss der BLG Container und Eurokai der Fall war - über ein verbreitertes Kapazitätsangebot aus einer Hand die Verhandlungsposition gegenüber den Reedern verbessert werden.

Die in Bremerhaven möglichen Erweiterungen an Containerumschlagsanlagen werden mit dem Endausbau von CT IV erschöpft sein. Über die dann erreichte Umschlagskapazität hinaus wird weiteres Wachstum erwartet: Für diese, die weitere Zukunft betreffende Entwicklung ist daher eine Beteiligung von Eurogate an einem Container-Terminal in der Region außerhalb Bremerhavens sinnvoll.

Eine weitere Steigerung von Produktivität und Kapazität der Containerumschlagsanlagen in Bremerhaven erfolgt seitens Eurogate durch zusätzliche Investitionen i. H. von 140 Mio. DM in die bestehenden Anlagen.

Dazu kommt das seitens Eurogate erklärte finanzielle Engagement in die Suprastruktur für CT III a und CT IV i. H. von 75 bzw. 205 Mio. DM.

Die Realisierung des Endausbaues von CT IV wird seitens der Fa. Eurogate bis zum Jahr 2008 angestrebt. Hierzu hat der Senat am 28. März 2000 den notwendigen Beschluss zur Bereitstellung von Planungsmitteln gefasst. Im Rahmen dieser Planungen hat auch die Kosten-Nutzen-Bewertung dieser Investitionsmaßnahme für den Einsatz öffentlicher Mittel zu erfolgen. Die betriebliche Rentabilität wird die Fa. Eurogate ihren Aufsichtsgremien nachweisen.

4. Welche Schritte hat der Senat unternommen bzw. wird er unternehmen, um sicherzustellen, dass ein Weser-Jade-Port den bremischen Häfen, wie von der BLGGruppe laut Presseberichterstattung beteuert, nicht Konkurrenz, sondern Ergänzung bringen würde? Diese Frage bezieht sich insbesondere auf

a) Kontakte bzw. Vereinbarungen mit der BLG-Unternehmensgruppe, anderen Hafenwirtschaftsunternehmen, Verladern und Reedereien;

b) Kontakte bzw. Vereinbarungen mit der Stadt Wilhelmshaven und dem Land Niedersachsen,

c) Kontakte bzw. Vereinbarungen mit der für Tiefgang und Unterhaltung der Bundeswasserstraßen Weser und Jade zuständigen Behörden.

Der Container-Terminal Bremerhaven stellt den Schwerpunkt der von der Fa. Eurogate betriebenen Containerumschlagsanlagen dar. Die günstigen Standortvoraussetzungen, die durch eine weitere Anpassung des Außenweserfahrwassers an die Entwicklung der Containerschiffsgrößen noch verbessert werden können, sichern diesen Standort auch zukünftig für den möglichen Kapazitätsumfang. Die o. g. Investitionsabsichten der Fa. Eurogate in die Suprastruktur des Terminals belegen dies. Darüber hinaus wird ein weiterer Container-Terminal in der Region als sinnvolle und notwendige Ergänzung der bestehenden und geplanten Kapazitäten in Bremerhaven erachtet. Bremen ist über sein Mandat als Gesellschafter der BLG AG & Co. und über den Aufsichtsrat der BLG AG & Co. in die Entscheidungsprozesse der Gesellschaft eingebunden, so dass die Unternehmenspolitik in bremischem Interesse mitgestaltet werden kann.

Unmittelbare Kontakte mit anderen Hafenwirtschaftsunternehmen, Verladern und Reedereien sind originäre unternehmerische Aufgabe der Fa. Eurogate. Dass der Senat sich im Rahmen seiner politischen Möglichkeiten für den Standort Bremerhaven engagieren wird, steht außer Frage. Es bestehen Kontakte zu Wilhelmshaven wie auch zu Cuxhaven. Auf Regierungsebene haben erste Gespräche über Kooperationen im Hafengeschäft stattgefunden, die zukünftig vertieft werden sollen.