Umweltverträglichkeitsprüfung

Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie des Rates 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (sog. UVP-Richtlinie, ABl. EG Nr. L 175, S. 40) sowie der Richtlinie 97/11/EWG des Rates vom 03. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (sog. UVP-Änderungsrichtlinie, ABl. EG Nr. L 73, S. 5). Die Richtlinie 85/337/EWG sieht vor, dass für die in Anhang II der Richtlinie genannten öffentlichen und privaten Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern. Sie wird unter Einbeziehung der Öffentlichkeit durchgeführt. Die Richtlinie 97/11/EG änderte die Richtlinie 85/337/EWG ab. Insbesondere wurden deren Anhänge I und II um zahlreiche Projektklassen aufgestockt.

Der Bundesgesetzgeber hat am 12. Februar 1990 das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erlassen, dass alle Vorhaben des Anhangs I der UVPRichtlinie sowie diejenigen Vorhaben des Anhangs II der UVP-Richtlinie erfasst, für die ein bundesrechtliches verwaltungsbehördliches Zulassungsverfahren („Trägerverfahren") vorhanden ist. Durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27.Juli 2001 (BGBl. I S. 1950) wurden die Anforderungen der UVP-Änderungsrichtlinie in das UVPG integriert.

Für diejenigen Projekte, für die der Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz inne hat, hat dieser dafür Sorge zu tragen, dass die UVP-Richtlinie in ihrer geänderten Fassung umgesetzt wird. Wegen andauernder Unsicherheiten über die Gesetzgebungskompetenzen für Vorhaben, die der Rahmengesetzgebung des Bundes unterliegen, hat der Bundesgesetzgeber in Anlage 1 des UVPG diejenigen Vorhaben, die der Rahmengesetzgebung unterliegen und von dem Landesgesetzgeber explizit ausgewiesen. Zusätzlich zu den Vorhaben, die den Ländern von dem Bund zur Umsetzung zugewiesen wurden, sind weitere Vorhaben der Richtlinie, die der originären Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen, zu regeln.

Das vorliegende Gesetz entspricht inhaltlich und strukturell nahezu vollständig dem UVPG des Bundes. Die §§ 1 bis 7 des Gesetzes wurden den Vorschriften des Abschnitts 1 des UVPG nachgebildet, soweit diese auch landesrechtlich von Relevanz sind. Zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung wurde auf die Verfahrensvorschriften des Bundes verwiesen. Anlage 1 zu dem Gesetz enthält die Liste der UVP-pflichtigen Vorhaben. Anlage 2 führt Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls auf. Von einem Vollverweis auf Bundesrecht wurde Abstand genommen, da dies die Verständlichkeit des Gesetzes insbesondere in Bezug auf dessen Anlagen erheblich beeinträchtigen würde. Die Anlehnung an das Bundesrecht trägt zur Verwirklichung des Grundsatzes der Rechtseinheitlichkeit bei, wonach vergleichbare Sachverhalt vergleichbaren Regelungen unterworfen werden sollen. Zudem bietet sich eine solche Regelung aus vollzugspraktischen Gesichtspunkten an. In der weitaus größeren Zahl von Fällen haben die Behörden der Länder Umweltverträglichkeitsprüfungen auf Grund von Bundesrecht durchzuführen. In diesen Fällen wenden sie das UVPG des Bundes sowie vergleichbare Vorschriften an. Die Fälle, für die auf Grund von Landesrecht Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen sind, sind demgegenüber quantitativ nur von untergeordneter Bedeutung. Wegen der Komplexität und Schwierigkeit des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung ist den Behörden eine abweichende Regelung kaum zuzumuten und ließe sich auf Grund der Nachrangigkeit der landesrechtlichen Vorhaben auch kaum rechtfertigen.

Die Vorschrift fasst die wesentlichen Zielsetzungen dieses Gesetzes in Übereinstimmung mit der Richtlinie zusammen. Bestimmte umwelterhebliche Vorhaben, die in der Anlage 1 zum Gesetz aufgeführt sind, sollen vor ihrer Verwirklichung einer Untersuchung über ihre Umweltauswirkungen unterzogen werden. Diese Untersuchung wird als Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bezeichnet. Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung ist entsprechend dem zweiten Erwägungsgrund der UVP-Richtlinie in ihrer geänderten Fassung die Umweltvorsorge.

Die Nummer 1 enthält allgemeine Regelungen zum Zeitpunkt und Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind demnach so frühzeitig festzustellen, dass das Ergebnis der Untersuchung so früh wie möglich in der behördlichen Entscheidung über die Zulässigkeit berücksichtigt werden kann. Das Wort „umfassend" in Nummer 1 bringt darüber hinaus den medienübergreifenden Ansatz der UVP zum Ausdruck. Es wird klargestellt, dass sich die UVP nicht auf einzelne Umweltsektoren beschränkt, sondern die Aufgabe hat einen Gesamtüberblick über alle umweltrelevanten Auswirkungen eines Vorhabens zu erstellen, wie es Artikel 3 der geänderten UVP-Richtlinie verlangt.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung muss nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführt werden. Diese Grundsätze werden im Einzelnen in diesem Gesetz festgeschrieben.

Zu § 2 (Begriffsbestimmungen)

Gemäß Absatz 1 Satz 1 ist die Umweltverträglichkeitsprüfung in demjenigen Verfahren durchzuführen, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient.

Hiermit wird klargestellt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung in bestehende Verfahren integriert wird. Weder wird eine besondere Behörde noch ein spezielles Verfahren geschaffen innerhalb dessen die Umweltverträglichkeitsprüfung stattfindet.

Die Entscheidung, die Umweltverträglichkeitsprüfung in bestehende Verfahrensarten zu integrieren, spart Kosten und beschleunigt die Verfahrensabwicklung. In Absatz 1 Satz 2 wird der Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung umschrieben. Sie umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf die genannten Schutzgüter und die Wechselwirkung zwischen ihnen.

Satz 3 regelt die Einbeziehung der Öffentlichkeit. Dies ist ein zentraler Punkt der UVPRichtlinie, die in den § 6, 7 und 9 Aussagen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit und anderer Behörden trifft.

Satz 4 macht deutlich, dass der medienübergreifende Ansatz auch dann zu beachten ist, wenn über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird. Die Zusammenfassung der Teilprüfungen obliegt dann der federführenden Behörde gemäß § 8. Absatz 2 dient der präziseren Kategorisierung und der klareren Definition der in Anlage 1 enthaltenen Vorhaben. Mit diesem Tatbestand wird der Verfahrensgegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung umrissen. Aus der Anlage 1 geht im Einzelnen hervor, für welche Anlagen dieser Tatbestand maßgeblich ist.

In Buchstabe a der Nummer 1 wird klargestellt, dass es bei technischen Anlagen auf den Tatbestand „Errichtung und Betrieb" ankommt.

In Buchstabe b der Nummer 1 wird bei den „sonstigen Anlagen" der UVP-pflichtige Tatbestand mit dem „Bau" dieser Anlagen gekennzeichnet; Entsprechend ist dies in der Anlage 1 für die betreffenden Vorhaben jeweils angegeben. Unter Absatz 2 Buchstabe b fallen insbesondere die unter 16 ­ 18 genannten Verkehrsvorhaben.

In Buchstabe c der Nummer 1 wird klargestellt, dass auch die Durchführung sonstiger in Natur und Landschaft eingreifender Maßnahmen Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung sein kann. Diese Maßnahmen werden durch Beschreibung entsprechender Tatbestände in der Anlage 1 aufgeführt (vgl. Nummer 20 Erstaufforstungen).

Der Begriff der eingreifenden Maßnahme ist in Übereinstimmung mit der UVPRichtlinie weit auszulegen. Es kommt daher nicht darauf an, ob es sich bei diesen Maßnahmen um Eingriffe im Sinne des Saarländischen Naturschutzgesetzes handelt.

Absatz 2 Nr. 2 dient der Umsetzung von Anhang 2 Nr. 13, 1. Anstrich, der UVPÄnderungsrichtlinie, die neben der Änderung von Projekten nach Anhang I auch die Änderung von Projekten nach Anhang II umfasst, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können, wobei auch die Erweiterung von Projekten ausdrücklich mitumfasst wird.

Absatz 3 definiert den in Absatz 1 Satz 1 verwendeten Begriff der Entscheidung näher.

In Nummer 1 werden zunächst beispielhaft einige Entscheidungsarten genannt sowie als Auffangtatbestand „sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben" aufgenommen. Gleichzeitig werden Anzeigeverfahren von dem Entscheidungsbegriff ausgenommen.

Nummer 2 betrifft Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren, die für anschließende Verfahren beachtlich sind. So sind beispielsweise die Ziele der Raumordnung gemäß § 4 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten.

Die Nummer 3 erfasst Bebauungspläne gemäß § 10 des Baugesetzbuchs sowie Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen. Planfeststellungsersetzende Bebauungspläne sind beispielsweise beim Bau von sonstigen Straßen (Nummer 18) der Anlage 1 denkbar.

Zu § 3 (Anwendungsbereich, Feststellung der UVP-Pflicht)

In Absatz 1 wird der Anwendungsbereich des Gesetzes festgelegt. Das Gesetz gilt für die in der Anlage 1 aufgeführten Vorhaben. Zudem wird die Landesregierung ermächtigt, die Anlage 1 um einzelne Vorhaben, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, zu ergänzen bzw. Vorhaben die keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt haben aus der Anlage 1 herauszunehmen. Diese Vorschrift flexibilisiert den Umgang mit der Anlage der UVP-pflichtigen Vorhaben und stellt insbesondere sicher, dass bei nachträglicher Feststellung der UVP-Relevanz bzw. UVP-Irrelevanz eines Vorhabens das Parlament tätig werden muss. Solche gesetzesändernde Verordnungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich zulässig, wenn die gesetzesverdrängende Wirkung auf einem ausdrücklich zugunsten der Verordnung reduzierten Geltungsanspruch des Gesetzes beruht.

Absatz 2 verpflichtet die zuständige Behörde dazu, unverzüglich festzustellen, ob für ein bestimmtes in Planung befindliches Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Die Feststellung ist in jedem Fall nach Beginn eines jeden Verfahrens zu treffen, dass der Entscheidung über die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens dient. Auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5 UVPG ist die Feststellung auch schon früher zu treffen. Dies dient vor allem den Interessen des Vorhabensträgers, der sich Klarheit über den Verfahrensgang verschaffen kann. Die Verpflichtung der Behörde, festzustellen, ob für das betreffende Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, beruht in erster Linie darauf, dass zur Feststellung der UVP-Pflicht bestimmter Vorhaben des Anhangs II der UVP-Änderungsrichtlinie nunmehr eine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist (sogenanntes „Screening"). Diese Vorprüfung wird durch eine behördliche Feststellung abgeschlossen. Auch bei Vorhaben, für die keine Einzelfallprüfung durchzuführen ist, hat die Behörde jedoch festzustellen, ob das Vorhaben einer bestimmten in Anlage 1 aufgeführten Vorhabensart zugeordnet werden kann.