Zu den Vorwürfen hat sich das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen

Landtag des Saarlandes - 12. Wahlperiode 4.2 Zur Verminderung der Arbeitsrückstände bei der Bearbeitung der Steuererklärungen wurde im Jahr 1996 der gesamte beim Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße angesiedelte Lohnsteueraußendienst für 1,5 Monate bei der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle zur Geschäftsaushilfe eingesetzt. Die Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle wurde angewiesen, den Prüfern aus den Erklärungsbeständen Vorgänge ohne rechtliche Schwierigkeiten herauszusuchen. Die Prüfer haben sodann rund 1.000 Steuerfälle bearbeitet. Die Verantwortung für die richtige Rechtsanwendung lag indessen vorbehaltlich weiter gehender Zeichnungsvorbehalte auch für diese Fälle letztlich nach wie vor bei den Sachbearbeitern der Steuerbezirke.

Der RH hat das Bestreben der Verwaltung, die Arbeitsrückstände abzubauen, zwar begrüßt. Er hält den eingeschlagenen Weg jedoch aus zweierlei Gründen für verfehlt. Zum einen war die Aushilfsaktion in hohem Maße unwirtschaftlich, weil die Vorgänge von mehreren Personen mehrfach komplett durchgeprüft wurden. Zum anderen hat die Zweckentfremdung zu einer Vernachlässigung der eigentlichen Aufgaben des Lohnsteueraußendienstes, der in der Vergangenheit schon einmal zu einer ähnlichen Aushilfsaktion an das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben beordert worden war, geführt. Die Folge ist, dass Lohnsteueransprüche ungeprüft verjähren.

Zu den Vorwürfen hat sich das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen nicht geäußert.

5. Arbeitsergebnis

Nach den Feststellungen des RH war das quantitative Arbeitsergebnis der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle unzureichend. In Anlehnung an von der Verwaltung entwickelte Verfahren zur Personalbedarfsberechnung konnte der RH nachweisen, dass die in der Arbeitsstatistik ausgewiesenen Fallzahlen mit rund 1/3 weniger Personal hätten erreicht werden müssen.

Diese Feststellung wurde nicht nur durch das quantitative Arbeitsergebnis der zur Geschäftsaushilfe eingesetzten Lohnsteueraußenprüfer, sondern auch durch einen Vergleich mit den in zwei anderen Oberfinanzdirektionsbezirken erzielten Arbeitsergebnissen bestätigt. Dort wäre die gleiche Arbeitsmenge, wie sie in Saarbrücken bewältigt wurde, mit rund 43 v.H. bzw. rund 28 v.H. weniger Personal geschafft worden. Nicht auszuschließen ist, dass der Organisationsablauf bei den Sterbefallanzeigen, der bei den zum Vergleich herangezogenen Finanzämtern abweichend geregelt ist, die Effizienz der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle Saarbrücken negativ beeinflusst hat. Der RH sah sich indessen außer Stande, die von den einzelnen Bediensteten bewältigte Arbeitsmenge zu bewerten, da die auf den jeweiligen Veranlagungsbezirk, nicht aber auf den einzelnen Bearbeiter abgestellte Arbeitsstatistik keinen Rückschluss auf die von den einzelnen Bediensteten geschaffte Arbeitsmenge zuließ.

Nur 8,69 v.H. der Sterbefallanzeigen und 8,11 v.H. der Schenkungsanzeigen führten nach den Feststellungen des RH zu einer Steuer. Allein 16 v.H. der Sterbefallanzeigen wurden ohne weitere Ermittlungen als Freifälle abgelegt, weil der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle keinerlei Hinweise auf Vermögen des Erblassers vorlagen. Von den in den Jahren 1994 bis 1996 ergangenen Steuerbescheiden führten rund 43 v.H. zu einer Steuer unter 1.000,- DM und weitere 36 v.H. zu einer Steuer zwischen 1.000,- und 5.000,- DM. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Durchschnitt pro Erbschaftsteuerfall 2,17 und pro Schenkungsteuerfall 1,31 Steuerbescheide erteilt wurden. Der Grund hierfür liegt darin, dass mehrere Bescheide erteilt werden müssen, wenn in einer Anzeige mehrere steuerrelevante Rechtsvorgänge enthalten sind, beispielsweise wenn mehrere Erben vorhanden sind.

Der RH hat seine Feststellungen zum Anlass genommen, über die an anderer Stelle bereits geforderten, zur Leistungsverbesserung geeigneten Maßnahmen hinaus eine möglichst rationelle Arbeitsweise zu fordern. Er hat außerdem deutliche Verbesserungen in den Bereichen Planung, Steuerung und Kontrolle angemahnt. Dies vor dem Hintergrund, dass mit jährlich etwa 19.000 Anzeigen eine große Menge an Vorgängen, die in der Masse der Fälle keine besonderen Schwierigkeiten aufwerfen, bearbeitet werden muss.

Er regte deshalb auch an, der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle zur Sicherstellung eines effizienten und effektiven Verwaltungshandelns klare Vorgaben zum Organisationsaufbau und -ablauf an die Hand zu geben.

Das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen hat dem im Wesentlichen entgegengehalten, dass auch Arbeitskräfte ohne steuerliche Ausbildung eingesetzt worden seien, die der RH bei der Beurteilung der Effizienz nicht voll anrechnen dürfe. Außerdem habe der RH nicht berücksichtigt, dass die Bearbeiter neben ihren Aufgaben im eigentlichen Besteuerungsverfahren auch Nebenarbeiten hätten erledigen müssen. Eine umfassende Arbeitsanleitung hält es im Hinblick auf die Erbschaftsteuerrichtlinien und die Allgemeine Verwaltungsanweisung für die Erbschaftsteuer nicht für erforderlich.

Nach Auffassung des RH sind die Argumente des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen nicht stichhaltig. Zum einen ist es Aufgabe insbesondere auch der Aufsichtsbehörden, dafür Sorge zu tragen, dass Bedienstete grundsätzlich nach ihrer Leistungsfähigkeit eingesetzt werden, also nicht auf Stellen zum Einsatz kommen, auf denen sie überfordert sind und deshalb nicht effektiv und effizient arbeiten können. Zum anderen waren die Bediensteten, die über keine steuerliche Ausbildung verfügen, auch in der Tat nur mit Arbeiten, die ihrem Ausbildungsstand entsprachen, aber nach der bisherigen Organisation notwendig waren oder als notwendig erachtet wurden, beschäftigt. Die angesprochenen Nebenarbeiten sind, sofern nicht ausdrücklich in den Personalbedarfsberechnungen ausgewiesen, durch Zeitzuschläge für die allgemeine Fallbearbeitung berücksichtigt. Sie fielen zudem auch bei den zum Vergleich herangezogenen auswärtigen Erbschaft- und Schenkungsteuerstellen an. Im Übrigen ist der RH nach wie vor der Auffassung, dass das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen angesichts der bei der Prüfung zu Tage getretenen organisatorischen Mängel bzw. Verbesserungsmöglichkeiten auf eine umfassende Regelung der Organisation der Erbschaft- und Schenkungssteuerstelle nicht verzichten sollte.