Dabei haben vor allem der Bund sowie die Bundesländer mit einer großen Bruttokreditaufnahme Wertpapierfinanzierungen

Landtag des Saarlandes - 12. Wahlperiode - 87 Diese Wahl von unterschiedlichen Finanzierungsformen ist vor dem Hintergrund von Entwicklungen an den Finanzmärkten zu sehen. Seit den 70er-Jahren vollzieht sich im internationalen Bankgeschäft ein tief greifender struktureller Wandel. Er wird vor allem sichtbar im Vordringen des Wertpapierkredits und der rückläufigen Bedeutung der direkten Gewährung von Bankkrediten . Auch die deutschen Gebietskörperschaften haben mittlerweile den größeren Teil ihrer Schulden mit Wertpapieren finanziert.

Dabei haben vor allem der Bund sowie die Bundesländer mit einer großen Bruttokreditaufnahme Wertpapierfinanzierungen getätigt.

Der RH hält es für sinnvoll, dass sich das Saarland (allein oder gemeinsam mit anderen Bundesländern) einen Zugang zu den Wertpapiermärkten schafft, um so Alternativen in den Finanzierungsformen zu haben. Dadurch können auch die Risiken einer ausschließlichen Finanzierung durch Schuldscheindarlehen verringert werden.

7. Derivative Finanzinstrumente

Entwicklung der derivativen Finanzmärkte

Das Saarland hat erstmals 1996 im Rahmen des Schuldenmanagements derivative Finanzinstrumente eingesetzt. Andere Bundesländer wie Schleswig Holstein und Rheinland-Pfalz hatten mit Derivatgeschäften bereits Anfang der 90er-Jahre begonnen.

Derivative Finanzinstrumente (zum Beispiel Swaps, Financial Futures, Optionen) sind aus einem anderen Finanzprodukt abgeleitet. Sie können zur Absicherung bestehender Positionen, zur Arbitrage oder für Spekulationszwecke eingesetzt werden. Der Wert beziehungsweise der Preis des derivativen Instruments wird beeinflusst vom Wert beziehungsweise Preis des zu Grunde liegenden Finanzprodukts.

Die verschiedenen Geschäfte werden entweder in standardisierter Form an Börsen oder in individuellen Verträgen maßgeschneidert am freien Markt (over the counter ­ OTC) gehandelt und unterliegen damit sehr unterschiedlichen rechtlichen und abwicklungstechnischen Rahmenbedingungen.

Das seit Mitte der 80er-Jahre zu beobachtende rapide Wachstum der Derivatmärkte hält unverändert an. Der Nominalbetrag an offen stehenden Verträgen am weltweiten OTC-Markt belief sich Ende 1987 auf 0,9 Billionen US Dollar. Er ist bis Ende Juni 2000 auf 94 Billionen US Dollar angestiegen.

Der Einsatz von Derivaten enthält Risiken, deren Überwachung und Steuerung besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

Deutsche Bundesbank, Innovationen im internationalen Bankgeschäft, Monatsbericht April 1986, S. 25-35 vgl. Deutsche Bundesbank, Bilanzunwirksame Geschäfte deutscher Banken, Monatsbericht Oktober 1993, S. 63

OTC-Märkte haben keine formale Struktur. Sie sind dezentralisierte und informelle Märkte, die wenig überwacht und nur gering reguliert sind. Das Risikomanagement ist vollkommen dezentralisiert und obliegt den einzelnen Marktteilnehmern. Um diesen Risiken zu begegnen, haben sich unter den Teilnehmern an den internationalen Derivatenmärkten zunächst freiwillige Managementstandards entwickelt.

Während für Banken, Versicherungen und mittlerweile für alle Unternehmen Vorschriften für das Risikomanagement erlassen wurden, liegen bisher für die öffentliche Hand detaillierte, allgemein verbindliche Regelungen zum Abschluss, zur Abwicklung und zum Risikomanagement derivativer Geschäfte nicht oder nur in begrenztem Umfang vor.

Die Deutsche Bundesbank hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sachgerecht wäre, wenn alle Marktteilnehmer bei entsprechenden Größenordnungen ihrer Derivatgeschäfte auf die für Kreditinstitute geltenden Mindestanforderungen zurückgreifen: „Diese Regeln sind kein Selbstzweck, sondern auf Grund langer Erfahrungen entwickelt worden. Sie können auch dem Nichtbankensektor viel Lehrgeld ersparen."

Auch der Arbeitsausschuss Haushaltsrecht und Haushaltssystematik der Finanzminister des Bundes und der Länder hält es für geboten, für Geschäfte der öffentlichen Hand mit Finanzderivaten Grundsätze zu entwickeln, die einen sorgsamen Umgang mit Steuergeldern und deren wirksame Kontrolle sicherstellen.

Es ist dem Ausschuss allerdings bisher nicht gelungen, derartige Grundsätze aufzustellen.

Die Landesrechnungshöfe haben im Jahre 1998 „Empfehlungen für den Einsatz derivativer Finanzinstrumente im öffentlichen Bereich" beschlossen. Diese orientieren sich an den für Kreditinstitute geltenden Maßstäben und berücksichtigen vor allem die Besonderheiten öffentlicher Haushalte, insbesondere die verfassungs- und haushaltsrechtlichen Vorgaben.

Die Erörterung der Empfehlungen der Rechnungshöfe im Kreis der Kreditreferenten der Länder hat ergeben, dass die Bundesländer in sehr unterschiedlicher Weise Geschäfte mit Derivaten abwickeln. Eine gemeinsame und einheitliche Stellungnahme kam nicht zu Stande. Die Länder haben sich bisher nicht auf gemeinsame Management-Leitlinien für Derivatgeschäfte verständigen können.

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern hat das Saarland bisher keine eigenen Richtlinien für die Derivatgeschäfte erlassen.

International Monetary Fund, International Capital Markets: Developments, Prospects and Key Policy Issues, World Economic and Financial Surveys, Washington DC, September 2000, S. 93

Deutsche Bundesbank, Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute, Monatsbericht März 1996, S. 64

7.2 Derivatgeschäfte des Landes 1

Das Land hat im Jahre 1996 erstmals 6 Verträge über insgesamt 230 Mio. DM (117,6 Mio.) abgeschlossen. Im Jahr 1997 folgte ein Vertrag über 30 Mio. DM (15,3 Mio.) und 1998 waren es 6 Verträge mit einem Gesamtvolumen von 280 Mio. DM (143,2 Mio.). Während 1999 kein Vertragsabschluss vorgenommen wurde, stieg im Jahr 2000 (bis Oktober) die Zahl der Geschäftsabschlüsse auf 30 mit einem Gesamtbetrag von 1.701,6 Mio. DM (870,0 Mio.).

Im Zeitraum 1996 bis Oktober 2000 wurden insgesamt 43 Verträge mit einem Gesamtbetrag von 2.241,6 Mio. DM (1.146,1 Mio.) abgeschlossen.

Die Derivatgeschäfte des Landes teilen sich auf folgende Finanzinstrumente auf:

· Swaps 2 haben mit 38 Verträgen und einem Nominalbetrag von 1.898,2 Mio. DM (970,5 Mio.) den größten Anteil (88,4 v.H.) an den Derivatgeschäften des Landes. Die durchschnittliche Laufzeit der Verträge beträgt 11,2 Jahre.

· Es wurden vier Swapoptionen 3 mit einem Nominalbetrag von 293,4 Mio. DM (150,0 Mio.) abgeschlossen. Dies ergibt einen Anteil von 9,3 v.H. Deren mittlere Laufzeit war 0,9 Jahre.

· Ein Zinsbegrenzungsvertrag 4 mit einem Nominalbetrag von 50 Mio. DM (25,6 Mio.) und einer Laufzeit von 9,5 Jahren wurde ebenfalls getätigt.

Geschäftspartner des Landes waren insgesamt 14 verschiedene Banken. Diese haben ihren Geschäftssitz in Deutschland, London und New York. Banken mit Geschäftssitz im Saarland sind nicht darunter vertreten.

Der RH hat sich in seiner Analyse auf eigenständige derivative Rechtsgeschäfte beschränkt. Das Land hat auch Kredite mit derivativen Elementen wie etwa Kündigungsoptionen abgeschlossen (so genannte strukturierte Kredite).

Finanz-Swaps sind Vereinbarungen zwischen zwei Parteien über den Austausch von Zahlungsströmen. Häufigste Form sind Zinsswaps, mit denen variable gegen feste Zinszahlungen ausgetauscht werden, und Währungsswaps (Tausch von verschiedenen Währungen einschließlich der damit verbundenen Zinszahlungsverpflichtungen). Ursprünglich waren Swaps mit Kapitalmarkttransaktionen eng verbunden, das heißt, neu geschaffene Verbindlichkeiten bildeten die Grundlage für Swaps; im Zuge der Marktentwicklung erfolgte eine zunehmende Nutzung auch zur Umstrukturierung bereits bestehender Verbindlichkeiten.

Banken übernehmen bei Swap-Geschäften entweder reine Maklerfunktionen (Zusammenführung von zwei Swap-Partnern; kein Risiko der Bank) oder Intermediary-Funktionen (Abschluss separater Verträge mit zwei Swap-Partnern; Bank geht Kredit- und Positionsrisiko ein).

Option auf den Abschluss eines Finanz-Swaps. Sie beinhaltet das Recht, einen Swap zu einem späteren Zeitpunkt einzugehen.

Zinsbegrenzungsverträge sind Optionen, die eine eigenständige Versicherung gegen ungünstige Zinsentwicklungen darstellen und für die eine Versicherungsprämie (der Optionspreis) zu zahlen ist. Es kann eine Zinsobergrenze (Cap), eine Zinsuntergrenze (Floor) oder eine Zinsober- und Zinsuntergrenze (Collar) vertraglich vereinbart werden.