Finanzamt

Landtag des Saarlandes - 12. Wahlperiode - 102 20 Aufgabenwahrnehmung durch die Sachgebietsleiter der Finanzämter

Bei Durchführung der Prüfung waren die Sachgebiete zum Teil sehr unterschiedlich strukturiert und bei den kleineren Finanzämtern mitunter recht „bunt" zusammengesetzt.

Die Sachgebietsleiterstellen wurden ohne eindeutige Orientierung am Anforderungsprofil sowohl mit Beamten des höheren als auch des gehobenen Dienstes besetzt.

Die Aus- und Fortbildung der Sachgebietsleiter wurde den Anforderungen, die die fortschreitende Verwaltungsmodernisierung an sie stellt, nicht gerecht.

Die Sachgebietsleiter insbesondere im Veranlagungsbereich waren in erster Linie mit der abschließenden Zeichnung der Steuerfälle und verschiedensten Kontrollen beschäftigt. Ihr Leitungsinstrumentarium war unzureichend. Sie sehen sich einer Situation gegenüber, in der nicht auszuschließen ist, dass sich die von ministerieller Seite mehr und mehr geforderte Arbeitsquantität zu Lasten der Arbeitsqualität auswirkt.

Die Ergebnisse der Prüfung beruhen auf Erkenntnissen, die der RH bei seiner allgemeinen Prüfungstätigkeit im Bereich der Finanzämter gewonnen hat. Fragebögen, die der RH zur Gewinnung von detaillierten Erkenntnissen zum Prüfungsthema entwickelt hatte, konnten wegen fehlender Zustimmung der Personalvertretung nicht eingesetzt werden. Der RH hält daher eine Änderung des Saarländischen Personalvertretungsgesetzes für geboten.

1. Finanzämter des Saarlandes

Das Saarland verfügt über 10 Finanzämter. Davon ist eines, das Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße, mit Sonderaufgaben betraut. Bei den restlichen 9 handelt es sich um Veranlagungsfinanzämter.

Die saarländischen Finanzämter sind überwiegend recht klein. 3 Veranlagungsfinanzämter hatten gegen Ende des Jahres 2001 zwischen 70 und 80, eines verfügte über etwa 100 und zwei weitere Veranlagungsfinanzämter beschäftigten rund 120 Vollzeitarbeitskräfte. Nur 3 Veranlagungsfinanzämter hatten mehr als 150 Vollzeitarbeitskräfte und blieben damit über jener Größe, die unter Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten in anderen Bundesländern als Mindestgröße für ein Veranlagungsfinanzamt angesehen wird.

2. Größe der Sachgebiete

Durchschnittliche Leitungsspanne

Der RH hat bei seiner Prüfung zunächst untersucht, ob die bei den Finanzämtern gebildeten Sachgebiete eine angemessene Größe haben, die zum einen den Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen Rechnung trägt, zum anderen aber auch noch eine möglichst optimale Personalführung durch die Sachgebietsleiter gewährleistet.

Er ist zu dem Schluss gekommen, dass die Größe der Sachgebiete im Landesdurchschnitt nicht zu beanstanden ist. Der RH hat sich dabei auf die Richtwerte zur Personalbemessung gestützt, die von einer Arbeitsgruppe der Länder ermittelt wurden. Abgerundet hat der RH dieses Ergebnis durch einen Vergleich der durchschnittlichen Leitungsspanne bei den saarländischen Finanzämtern mit derjenigen in einigen anderen Bundesländern.

Die Ermittlungen, die das Ministerium nach Abschluss der Prüfung durchgeführt hat, bestätigen die Feststellungen des RH. Danach lag die durchschnittliche Leitungsspanne bei den saarländischen Finanzämtern mit 13,92 knapp unter dem Länderdurchschnitt von 14,18 Vollzeitarbeitskräften je Sachgebietsleiter.

Ungleichmäßige Auslastung der Sachgebietsleiter

Einzelne Finanzämter, zu nennen ist insbesondere das Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße, waren allerdings bei der Ausstattung mit Sachgebietsleiterstellen bzw. Sachgebietsleitern nach den Vorgaben der für die Personalbemessung eingesetzten Arbeitsgruppe der Länder deutlich schlechter gestellt als andere. Relativ hoch war die Leitungsspanne der beim Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße angesiedelten Sachgebiete für Bußgeld- und Strafsachen, Steuerfahndung, Groß- und Konzern-Betriebsprüfung und Erbschaft- und Schenkungsteuer. Auf Landesebene waren insbesondere die für die Bearbeitung der Arbeitnehmerfälle gebildeten Sachgebiete zum Teil recht groß.

Um eine möglichst optimale Leitungsspanne bei allen Finanzämtern und Sachgebieten sicherzustellen, hat der RH angeregt, die Vorsteher anzuhalten, bei der Festlegung der Größe der Sachgebiete von geeigneten Kennzahlen auszugehen.

Sofern das Ministerium keine besseren Erkenntnisse habe, solle auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zurückgegriffen werden, die ggf. besonderen saarländischen bzw. örtlichen Verhältnissen angepasst werden könnten.

Das Ministerium hat zugesagt, künftig bei der Bildung von Sachgebieten angemessene Leitungsspannen zu Grunde zu legen. Es will sich dabei an den Vorgaben der Arbeitsgruppe orientieren.

3. Zusammensetzung der Sachgebiete

Nach den Feststellungen des RH waren die bei den saarländischen Finanzämtern gebildeten Sachgebiete zum Teil sehr unterschiedlich strukturiert und insbesondere bei den kleineren Finanzämtern mitunter recht „bunt" zusammengesetzt.

Der RH hat dazu die Auffassung vertreten, dass schon allein die sich laufend ändernde Steuergesetzgebung, die mit zunehmend komplizierter und komplexer werdenden Steuergesetzen einhergeht, eine Spezialisierung der Leitungsebene der Finanzämter erforderlich macht. Die Sachgebietsleiter müssen sich durch eine möglichst gute Strukturierung der Finanzämter auf eine bestimmte Steuerrechtsmaterie (z.B. Grunderwerbsteuer) oder die einen homogenen Arbeitsbereich (z.B. allgemeine Veranlagung) betreffenden Steuerprobleme konzentrieren können. Die Bildung homogener Sachgebiete hat zudem neben der Vermeidung von Reibungsverlusten den Vorteil, dass die Vertretung der beispielsweise wegen Krankheit vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter im Regelfall schon innerhalb der Sachgebiete zufrieden stellend geregelt und der Personaleinsatz dem Arbeitsanfall besser angepasst werden kann.

Wo die Bildung homogener Sachgebiete ausnahmsweise nicht möglich ist, sollte zumindest darauf geachtet werden, dass die zu einem Sachgebiet zusammengefassten Arbeitsgebiete artverwandt sind.

Zur Ausnutzung von Synergieeffekten kann es mitunter sogar zweckmäßiger sein, artverwandte, bisher organisatorisch selbstständige Arbeitsgebiete bereits auf dieser Ebene zusammenzuschließen. Der RH hat dazu auf die mögliche Zusammenfassung von Umsatzsteuervoranmeldungs- und Arbeitgeberstellen zu Anmeldungssteuerstellen verwiesen, in denen derselbe Bearbeiter sowohl für die Umsatz- als auch für die Lohnsteueranmeldungen eines Steuerpflichtigen zuständig ist.

Das Ministerium hat zugesagt, die Anregungen des RH, soweit möglich, umzusetzen.

4. Finanzamtsübergreifende Zusammenlegung gleicher Arbeitsgebiete

Insbesondere bei den kleineren und mittelgroßen Finanzämtern warf die Bildung homogener, die Sachgebietsleiter zugleich aber auch auslastender Sachgebiete nach den Verhältnissen, wie sie der RH bei seiner Prüfung vorgefunden hat, insofern Probleme auf, als vielfach nicht die hierfür notwendige Anzahl gleicher bzw. gleichartiger Arbeitsgebiete bei einem Finanzamt vorhanden war. Der RH hat deshalb angeregt, diese Bereiche finanzamtsübergreifend zusammenzufassen.

Das Ministerium hat zwischenzeitlich einen diesbezüglichen Projektauftrag erteilt und auch bereits verschiedene Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit der Planung, Vorbereitung und Umsetzung der Zusammenlegung befassen.

Da sich durch die vom RH angeregte und vom Ministerium auch bereits in Angriff genommene finanzamtsübergreifende Zusammenlegung von Arbeitsgebieten zusätzlich noch Personalverschiebungen zwischen den Finanzämtern ergeben, hat er angeregt, nach Abschluss der vorrangig zu treffenden Entscheidung über die Zusammenlegung von Arbeitsgebieten die Aufgaben und Zuständigkeiten der Finanzämter des Landes insgesamt neu zu verteilen.

Das Ministerium hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass die haushaltsmäßigen Rahmenbedingungen die Umsetzung dieser Anregung bereits in Ermangelung geeigneter Standorte und Gebäude derzeit nicht zulassen.