Ausbildung

Landtag des Saarlandes - 12. Wahlperiode - 79 Aufgrund entsprechender Äußerungen von Lehrern hatte ihr Sohn jedoch bald den Eindruck, dass seine Krankengeschichte in der neuen Schule doch bekannt war. Dieser Eindruck bestätigte sich, als die Petentin Einsicht in die Schülerunterlagen nahm.

Es fanden sich dort Kopien von Unterlagen über die ausgeheilte Erkrankung.

Als die Petentin sich bei der alten Schule deswegen beschwerte, bekam sie zur Antwort, dass ja nur ein Teil der ärztlichen Unterlagen an die neue Schule übersandt worden sei und dass nach saarländischer Gesetzeslage sogar die komplette Schülerakte hätte weitergeleitet werden müssen.

Dieser Interpretation der schulrechtlichen Datenschutzbestimmungen des betreffenden Schulleiters musste ich entschieden widersprechen. Die Rechtslage bei der Weitergabe von Schülerdaten von der bisher besuchten Schule an eine Folgeschule stellt sich vielmehr wie folgt dar: Im Saarland gibt es eine Verordnung über die Erhebung, Verarbeitung und sonstige Nutzung personenbezogener Daten in den Schulen vom 3. November 1986 (Amtsblatt des Saarlandes vom 21. November 1986, Seite 990). In § 7 Abs. 2 Nr. 1 dieser Verordnung ist ausdrücklich festgelegt, dass bei einem Schulwechsel der Schülerbogen, die Schülerakte und die sonstigen schriftlichen Nachweise nicht weitergereicht werden dürfen. Die abgebende Schule übermittelt vielmehr der aufnehmenden Schule nur die Daten aus dem Schülerbogen, der Schülerakte und den sonstigen schriftlichen Nachweisen, die für den weiteren Bildungsgang des Schülers erforderlich sind. Krankheitsdaten zähle ich nicht zu den Daten, die „für den weiteren Bildungsgang" des Schülers erforderlich sind.

Im Übrigen ist nach § 20 Abs. 4 Satz 2 Schulordnungsgesetz eine Unterrichtung der Schule über Gesundheitsdaten nur zulässig mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten, sofern eine Information nicht aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften zur Vorbereitung schulischer Entscheidungen erforderlich ist. Die fragliche Datenübermittlung hätte somit nicht ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten stattfinden dürfen.

Dem Anliegen der Petentin wurde letztlich dadurch Rechnung getragen, dass die Schule in dem neuen Bundesland die fraglichen Unterlagen vernichtet hat.

Darüber hinaus musste ich rügen, dass die alte Schule der Petentin keine Auskunft darüber geben konnte, welche Unterlagen an die neue Schule geschickt worden waren. Nach § 6 der oben genannten Verordnung haben die Erziehungsberechtigten ein Auskunftsrecht darüber, welche Daten an welche Stellen übermittelt worden sind. Ich habe die Schule darauf aufmerksam gemacht, dass in den Schülerunterlagen vermerkt werden muss, welche Informationen an welche Stellen weitergegeben worden sind.

Schüler- und Elterndaten am Schwarzen Brett

Durch eine Eingabe wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass am Schwarzen Brett eines Gymnasiums die Namen sämtlicher Schüler und Eltern mit Adresse, Telefonnummer, Handynummer und Konfessionszugehörigkeit ausgehängt waren. Besucher der Schule, Vertreter, Reinigungspersonal, Hausmeister konnten ebenso wie alle Schüler und Lehrer die Daten lesen. Datenschutzrechtlich war dies eine unzulässige Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte.

Die Schulleitung erklärte, dass infolge einer Verwechslung die falsche Liste aufgehängt wurde. Der Fehler wurde sofort korrigiert.

Informationsrecht der Eltern volljähriger Schüler

Nach den Ereignissen an einer Schule in Erfurt ­ dort hatte ein Schüler in einem Amoklauf mehrere Mitschüler und Lehrer erschossen ­ ist eine bundesweite Diskussion darüber entbrannt, mit welchen Maßnahmen man künftig solche Geschehnisse möglichst verhindern könnte. Es wurde die Frage gestellt, ob nicht auch die mangelnde Information der Eltern des betroffenen Schülers durch die Schule eine Ursache gewesen sein könnte: Der Amokschütze war kurz vor der Tat von der Schule verwiesen worden, ohne dass die Eltern davon wussten.

Ein Blick in die datenschutzrechtlichen Vorschriften der Schulgesetze im Saarland zeigt, dass eine Unterrichtung der Eltern, etwa über den Leistungsstand oder schulordnungsrechtliche Maßnahmen, nicht mehr zulässig ist, sobald der Schüler das Volljährigkeitsalter erreicht hat. Gemäß § 36 Abs. 2 des Schulmitbestimmungsgesetzes ist den Erziehungsberechtigten der Leistungsstand ihres Kindes mitzuteilen sowie einzelne Beurteilungen zu erläutern. Der Gesetzgeber stellt somit für eine Informationsbefugnis eindeutig darauf ab, dass der Schüler noch minderjährig ist, denn nur insofern sind die Eltern erziehungsberechtigt.

Diese Regelung fügt sich ein in die bestehende Gesetzessystematik, wonach mit Vollendung des 18. Lebensjahres die elterliche Sorge und damit auch die gesetzliche Vertretung durch die Eltern enden.

Festzuhalten ist deshalb, dass aufgrund der derzeit bestehenden Rechtslage im Saarland eine Unterrichtung der Eltern volljähriger Schüler durch die Schule nicht zulässig wäre.

Sollte eine Gesetzesänderung erwogen werden, ist das Recht des volljährigen Schülers auf informationelle Selbstbestimmung als Konkretisierung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Artikel 1 Abs. 1 und Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz zu beachten. Dieses gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen; Einschränkungen dieses Rechts sind im überwiegenden Allgemeininteresse hinzunehmen. Dabei muss der Einzelne vor unnötigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt bewahrt bleiben; ein gesetzlicher Eingriff muss geeignet sein, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen und darf den Einzelnen nicht übermäßig belasten.

Sollte sich der Gesetzgeber zu einer Gesetzesänderung entschließen, müsste er zunächst die Frage beantworten, inwiefern eine Information der Eltern geeignet sein könnte, Ereignisse wie die in Erfurt zukünftig zu vermeiden.

Ich möchte mich an dieser Stelle nicht von vornherein gegen eine entsprechende Gesetzesänderung aussprechen, meine aber, dass den Gesetzgeber eine Darlegungslast trifft, was die Frage der Geeignetheit betrifft.

Inhaltlich würde ich es begrüßen, wenn es keinen Automatismus bei entsprechenden Datenweitergaben gäbe, sondern differenzierte Entscheidungsmöglichkeiten der Schule im Einzelfall. Außerdem sollte möglichst eine Unterrichtung der betroffenen Schüler über die beabsichtigte Datenübermittlung erfolgen.

Verhaltenszeugnis der Sekundarstufe

Das Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft hatte im Jahre 2000 eine Verordnung über Verhaltenszeugnisse erlassen. Danach erhalten alle Schüler/innen der Sekundarstufe I, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben, zusammen mit dem Abschluss- oder Abgangszeugnis ein Verhaltenszeugnis, in dem die Verhaltensmerkmale Betragen, Mitarbeit, Arbeitshaltung sowie Teamfähigkeit benotet werden. Das Zeugnis enthält außerdem entschuldigte und unentschuldigte Unterrichtsversäumnisse sowie Hinweise auf Tätigkeiten in der Schülervertretung und besondere außerschulische Aktivitäten. Mehrere Eltern und Elternvertreter hatten sich mit der Frage an mich gewandt, ob eine solche Regelung im Einklang mit den Grundsätzen des Datenschutzes stehe.

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat nunmehr in seinem Urteil vom 19.08.2002 (Az. 3 N 1/01) zwar die Klageanträge von betroffenen Schülern zum überwiegenden Teil zurückgewiesen, die Verordnung in folgenden Punkten jedoch für nichtig erklärt: Ausweisung entschuldigter Unterrichtsversäumnisse, weil solche Angaben in einem Zeugnis, das typischerweise zur Verwendung bei Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz dienen soll, einen Negativeffekt für das Schülerwohl haben könne, der nicht vom Unterrichts- und Erziehungsauftrag der Schule gedeckt sei.

Ausweisung von Tätigkeiten in der Schülervertretung, weil (in Anlehnung an die Rechtsprechung über die Erwähnung einer Betriebsrats- oder Personalratstätigkeit im Arbeitszeugnis) dieses Engagement strikt neutral zu betrachten sei und zudem im Berufsleben keineswegs uneingeschränkte Befürwortung finde.

Hinweise auf außerschulische Aktivitäten, weil für deren Aufnahme im Zeugnis das Schulordnungsgesetz keine Ermächtigungsgrundlage biete.