Finanzamt

Landtag des Saarlandes - 12. Wahlperiode - 17 Die Tatsache, dass in Saarlouis Steuerrückstände von knapp 400.000 Euro im Juli 2002 aufgelaufen waren, sei der Fachabteilung des Ministeriums im Rahmen der turnusmäßigen Besprechung der sogenannten Großrückstände mit dem Finanzamt Saarlouis am 04. Juli 2002 bekannt gemacht worden. Das Finanzamt Saarlouis wurde vom Vollstreckungsreferat des Ministeriums angewiesen, eine Bankpfändung vorzunehmen. Diese Anweisung sei von der Fachabteilung unmittelbar im Anschluss daran zurückgenommen worden. Dies, nachdem bekannt wurde, dass das Unternehmen auf der Kippe stünde und deshalb Gespräche zwischen Banken, Wirtschaftsministerium und dem Unternehmen liefen.

Es seien eine Gefährdung und Rettung von Arbeitsplätzen mit zu bedenken gewesen und deshalb habe es am 09. Juli eine schriftliche Unterrichtung der Fachabteilung gegenüber der Hausleitung des Ministeriums gegeben. Bei dieser Information an die Hausleitung sei die Höhe der Steuerschuld unerheblich gewesen.

Zu den in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Einzelheiten im Zusammenhang mit den Außenprüfungen bei Michels sagte der Minister, dass Vorwürfe gegen einen Betriebsprüfer seit Bekannt werden unter Einschaltung der Steuerfahndung und der Staatsanwaltschaft konsequent aufgearbeitet würden.

Zusammenfassend sagte der Minister, es habe zu keinem Zeitpunkt in Sachen Michels eine unzulässige politische Einflussnahme oder eine unzulässige Beeinflussung der Zuständigen in der saarländischen Steuerverwaltung gegeben.

Der Staatssekretär im Ministerium für Finanzen und Bundesangelegenheiten, Gerhard Wack hat als Betroffener i.S. von § 54 Landtagsgesetz eine zusammenhängende Sachdarstellung abgegeben.

Zu Buchstabe A des 4. Beweisbeschlusses:

Der Ministerrat habe sich am 25. Juni 2002 mit einer möglichen Gewährung einer Ausfallbürgschaft zugunsten der Michels Anlagenbau GmbH befasst. Er selbst habe für Minister Jacoby an dieser Sitzung teilgenommen. Es sei ein unter mehreren Vorbehalten stehender Vorratsbeschluss gefasst worden, um die Handlungsfähigkeit der Landesregierung auch während der bevorstehenden Sommerpause sicherzustellen. Eine materielle Bürgschaftsübernahme am 25. Juni 2002 sei im Kabinett nicht beschlossen worden.

Zu Buchstabe B des 4. Beweisbeschlusses:

Am 21. Oktober 2002 (Veröffentlichung im Spiegel) sei die Zentralabteilung und die Steuerabteilung von ihm schriftlich aufgefordert worden, kurzfristig für die Hausleitung Stellung zu nehmen. Ebenfalls zeitgleich sei eine Fachgeschäftsprüfung beim Finanzamt Saarlouis angeordnet und zeitnah begonnen worden. Zusätzlich sei der Rechnungshof des Saarlandes um eine Prüfung gebeten worden.

Nach den von der Steuerabteilung des MFB auch anhand von Finanzamtsunterlagen ermittelten Zahlen haben zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bei den Firmen der Michels Gruppe Steuerrückstände in Höhe von gut 2 Millionen Euro bestanden.

Der Vollstreckungsstelle des Finanzamtes Saarbrücken Am Stadtgraben seien fällige Steuerforderungen der Michels Holding GmbH zu einem Zeitpunkt angezeigt worden, die Vollstreckungsmaßnahmen wegen der Rückschlagsperre des § 88 InsolvenzO verboten hätten.

Entsprechend verhielte es sich bei der Michels GmbH Komponentenbau Bus, Saarbrücken.

Sie schuldete zum Zeitpunkt des Insolvenzantrages Lohnsteuer für April 2002 sowie für Mai 2002; es handele sich um Steuerforderungen, die also unmittelbar vor Insolvenzantragstellung aufgelaufen seien, wie dies in Insolvenzfällen nicht ungewöhnlich sei.

Wie bereits in den Ausschusssitzungen des Landtages am 23.10. und 14.11.2002 erläutert, stelle sich die Rückstandssituation der Michels GmbH Anlagenbau, Lebach, als ein Sonderfall dar. Eine sorgfältige Beachtung der bundeseinheitlich geltenden Regelungen für die Lohnsteueranmeldungen (BuchO und AL-Müst) und der hierzu ergangenen Verfügung des MFB vom 24. Oktober 2001 hätte bewirkt, dass die beim Finanzamt Saarlouis abgegebenen Lohnsteueranmeldungen kassenmäßig früher erfasst worden wären. Die Michels GmbH Anlagenbau, Lebach, war zum 1.Januar 2002 neu gegründet worden und die Erteilung der Steuernummer habe sich bis Juni 2002 hingezogen. Die bis dahin beim Finanzamt vorliegenden Lohnsteueranmeldungen seien deshalb erst am 11. Juni 2002 bzw. 19. Juni 2002 kassenmäßig erfasst worden. Bei dieser Sachlage seien Vollstreckungsmaßnahmen wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtlich nicht mehr zulässig.

Was den Kenntnisstand der Hausleitung des Finanzministeriums über die aufgelaufenen Steuerrückstände bei den Finanzämtern in Saarbrücken und Saarlouis anbelange, sagte der Staatssekretär Gerhard Wack, dass die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen im Regelfall zu den laufenden Geschäften eines Finanzamtes und der dort Verantwortlichen gehöre.

Daher sei der Umstand des Bestehens von Steuerrückständen für das Jahr 2002 der Michels-Gruppe beim Finanzamt Saarlouis der Fachabteilung des Finanzministeriums für das Jahr 2002 erstmals im Rahmen der turnusmäßigen Besprechung der so genannten Großrückstände mit dem Finanzamt Saarlouis am 04. Juli 2002 bekannt geworden. Das Finanzamt sei beauftragt worden, eine Bankpfändung vorzunehmen, allerdings sei diese Anweisung von der Fachabteilung wieder rückgängig gemacht worden, nachdem öffentlich bekannt wurde, dass Gespräche zwischen Banken, Wirtschaftsministerium und dem Unternehmen zur Rettung desselben geführt werden. Dies sei dann Anlass für die Fachabteilung gewesen, den Staatssekretär am 09. Juli 2002 über diesen Sachverhalt zu unterrichten.

Eine politische Einflussnahme auf die steuerliche Behandlung der Michels-Gruppe sei nicht erfolgt, fasste Staatssekretär Wack zusammen.

Wirtschaftsminister Dr. Georgi berichtete im Rahmen der Zeugeneinvernahme, dass auch in den Zeiten früherer Wirtschaftsförderung durch die saarländische Landesregierung Steuerrückstände bestanden hätten. So im Jahre 1994 in Höhe von 5,069 Millionen DM, 1995 in Höhe von 3,288 Millionen DM und 1996 in Höhe von 1,609 Millionen DM.

Im Rahmen der öffentlichen Beweisaufnahme hat der Zeuge Lander, Leiter der Steuerabteilung im Finanzministerium, erklärt, dass 2001 Umsatzsteuerschulden in einer Größenordnung von 5 bis 7 Millionen DM bestanden hätten. Nach einem Gespräch im Finanzamt, an denen auch das Ministerium und auch zuletzt Herr Steiner teilgenommen hätten, seien diese Rückstände beglichen worden. Nach Erscheinen des „Spiegel-Artikels" im Jahre 2002 habe man eine Geschäftsprüfung beim Finanzamt Saarlouis durchgeführt und festgestellt, dass die Lohnsteueranmeldungen von Januar bis Mai 2002 nicht eingebucht wurden, weil keine Steuernummer vergeben war. Dies habe sich verzögert, da man von Seiten der Körperschaftsteuerstelle einen Anhörbogen an die Michels Anlagenbau, die zu diesem Zeitpunkt eine Umfirmierung vollzog, nicht zurück erhalten hätte. Am 04.07.2002 hätten zu Lasten der Komponentenbau PKW Steuerrückstände bestanden in einer Größenordnung von 380. Euro. Man habe sich daher an diesem Tag entschlossen, am 05.07.02 eine Kontenpfändung vorzunehmen. Diese sei aber angehalten worden, nachdem Sanierungsbemühungen der Banken bekannt wurden. Von sonstigen Rückständen sei ihm zum damaligen Zeitpunkt nichts bekannt gewesen. Eine politische Einflussnahme seitens des Finanzministeriums habe es nicht gegeben.

Zeuge Rapräger, ehemaliger Vorsteher des Finanzamtes Saarbrücken, sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass nach seiner Erinnerung bereits seit 1995 von der Firma Michels Steuerstundungsanträge gestellt wurden. Anfang 1999 habe es dann erneut einen Stundungsantrag gegeben, wobei es „um einige Millionen" gegangen sei. Dieser Antrag sei aber abgelehnt worden, man habe aber die Vollstreckung ausgesetzt. Anfang 2001 habe man in Ansehung der Höhe der Beträge gegenüber der Firma Michels in den Raum gestellt, dass Insolvenzantrag gestellt werde. Dies sei aber nur vor dem Hintergrund erfolgt, dass man eine Beitreibung der Rückstände erreichen wollte. Ende Juni 2001 gab es bei der Firma Michels keine nennenswerten Steuerrückstände mehr. Zum Zeitpunkt der Vorbereitung einer Routinebesprechung im Ministerium am 08.05.2002 habe Michels wieder auf einer Liste mit Steuerschuldnern gestanden, am Tage der Besprechung sei die Steuerschuld aber durch Zahlungen wieder so gut wie ausgeglichen gewesen. Eine Einflussnahme durch das Ministerium habe nicht stattgefunden.

Der Zeuge Weis, Sachgebietsleiter der Vollstreckungsstelle des Finanzamtes Saarbrücken, erklärte in seiner Vernehmung, dass er bei einem Termin am 08.05.2002 Herrn Lander berichten könnte, dass der Rückstand bezahlt worden sei, er habe noch ungefähr 7.000 betragen.

C. Minister Jacoby erläuterte, dass zum Jahresende 2001 eine Anschlussprüfung für die Veranlagungsräume 1996 bis 1998 begonnen worden sei. Es habe sich um denselben Prüfer wie in den beiden vorherigen Prüfungen gehandelt. Im April 2002 habe dieser Prüfer die laufende Prüfung unterbrochen, was mit einer notwendigen Abstimmung mit dem Lohnsteueraußendienst begründet worden sei. Im November 2002 sei dem Prüfer die Führung der Dienstgeschäfte mit sofortiger Wirkung untersagt worden. Gegen den Prüfer wurden wegen des Verdachtes der Vorteilsnahme zwei Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft eingeleitet.

Staatssekretär Wack führte in seiner zusammenhängenden Sachdarstellung aus, es seien mehrere Außenprüfungen gemäß § 193 der Abgabenordnung durchgeführt worden, sie hätten aber sämtlich die Fa. Michels GmbH, Sondermaschinenbau (später: Michels Holding GmbH), Saarbrücken betroffen. Die sonst erwähnten übrigen inländischen Firmen seien alle erst nach dem Jahre 1998 gegründet und seien deshalb bislang keiner Außenprüfung unterzogen worden.

Ab Dezember 2001 habe der Prüfer mit kleineren Unterbrechungen die Prüfung bis April 2002 durchgeführt. Sodann sei die Prüfung unterbrochen worden. Nach Einlassung des Prüfers wollte er sich wegen einiger Sachverhalte im Bereich von betrieblichen Aufwendungen mit dem Lohnsteueraußendienst abstimmen. Ein weiterer Punkt für die Unterbrechung sei laut Einlassung des Prüfers eine Überprüfung der Wertansätze der halbfertigen Arbeiten zum 31.12.1998 gewesen. Über die Unterbrechung habe der Prüfer seinen zuständigen Sachgebietsleiter später mündlich unterrichtet, dieser habe nachträglich zugestimmt.