Der Betriebsprüfer der Firmengruppe Michels ist ein QuasiVerwandter des Ministerpräsidenten

Landtag des Saarlandes - 12. Wahlperiode - 38 Wie konnte es zu all dem kommen?

Das Beziehungsgeflecht

An dieser Stelle soll nun das Beziehungsgeflecht näher beleuchtet werden: Ministerpräsident Peter Müller ist der langjährige Duz-Freund des „Vorzeigeunternehmers" Willi Steiner (Geschäftsführer der Firmengruppe Michels). Willi Steiners Lebensgefährtin ist eine Cousine der Gattin des Ministerpräsidenten.

Der Betriebsprüfer der Firmengruppe Michels ist ein „Quasi-Verwandter" des Ministerpräsidenten. Er ist das Patenkind des Vaters von Peter Müller.

Wie die Einsichtnahme in die Terminbücher der Firma Michels belegen, war das Beziehungsgeflecht erheblich stärker, als es vom Ministerpräsidenten bei seiner Vernehmung eingeräumt wurde.

Hier wurde der „Bekanntschaftsgrad" herunter gespielt und nur auf die berufliche Ebene zurückgedrängt.

Besonders auffällig ist eine Einladung Willi Steiners durch den Ministerpräsidenten nach Absprache mit Roland Koch, Ole von Beust und Christian Wulff. In Wolfsburg fand eine Tagung zu Fragen des Mittelstandes statt. Bei diesen Gesprächen sollten auch mittelständische Unternehmer anwesend sein, woraufhin dem Ministerpräsidenten offensichtlich sofort Willi Steiner einfiel.

Die Spenden Willi Steiner, größter Einzelspender der CDU-Saar spendete seit Mitte der 90er Jahre regelmäßig größere Beträge: 1994 an den Kreisverband Neunkirchen 10.000 DM 1996 an den Kreisverband Neunkirchen 10.000 DM 1997 an den Landesverband 10.000 DM 1998 an den Landesverband 40.000 DM 1999 an den Landesverband 30.000 DM 2000 an den Landesverband 30.000 DM 2001 Oberbürgermeisterwahlkampf Gerd Bauer 10.000 DM.

Nur in 2002 blieb die Spende zunächst aus, obwohl Steiner sie versprochen hatte. Laut Spiegelbericht folgte am 17. Juni 2002, vier Minuten vor Mitternacht, eine E-Mail des saarländischen CDU-Schatzmeisters, Werner Ehrlich, an Steiner mit drohendem Unterton. Die Botschaft bestand aus zwei Sätzen: „Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie mir etwas versprochen haben. Haben Sie das etwa vergessen?" Steiner, enger Freund des saarländischen Ministerpräsidenten und CDU-Landesvorsitzenden Peter Müller, hatte dem CDU-Schatzmeister eine Spende über 7500 Euro zugesagt, aber nicht gezahlt.

Um von diesem ganzen Geflecht abzulenken, erhielt der Obmann der SPD-Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss plötzlich einen Brief, den Willi Steiner aus der Justizvollzugsanstalt abgesandt hatte.

Steiner wirft darin dem SPD-Politiker vor, um seine Bekanntschaft gebuhlt zu haben. Angeblich soll er sich auch um Parteispenden für die SPD bemüht haben. „Haben Sie denn nicht dasselbe getan wie der politische Gegner, nämlich versucht, mich als Spender für ihre Partei zu gewinnen? Nur war die CDU nicht so penetrant wie Sie und noch dazu erfolgreicher."

Das Beziehungsgeflecht sollte auf die SPD ausgedehnt werden und führte zu einer Ladung des Obmanns der SPD vor den Untersuchungsausschuss.

Jost, der den Brief Steiners selbst öffentlich gemacht hatte, sagte dazu: "Ich habe keine Spenden eingefordert und deshalb auch kein Problem dazu auszusagen." Geradezu ärmlich verlief der Rettungsversuch der CDU, aus dem Brief einen Vorteil ziehen zu wollen. Der Nachweis einer besonderen Nähe der SPD zum ehemaligen MichelsGeschäftsführer Steiner scheiterte kläglich, da die SPD keine Spenden von Steiner erhalten hatte. Dies wäre auch sehr seltsam gewesen, denn Steiner hat niemals einen Hehl aus seiner „guten Bekanntschaft" zum Ministerpräsidenten Peter Müller gemacht. Und dieser ist ja bekanntlich Landesvorsitzender der CDU.

Der Erfolg der Spendenacquise der CDU drückt sich hier in klaren Zahlen aus: Steiner spendete der Union über 70.000 Euro. Er war damit der größte Einzelspender der Saar-ChristDemokraten.

Die Finanzkommission der CDU-Saar

Das ist ein Gremium, dass von der Finanzordnung der Saar-CDU vorgesehen ist, das aber offenbar nicht allen Mitgliedern, auch nicht allen führenden Parteifunktionären bekannt ist. So berichtete die SZ am 11. Dezember 2002 über ein Gespräch mit dem Finanzminister Jacoby, wonach dieser gesagt haben soll, dass er nicht wusste, wie sich dieses Gremium zusammensetze. Das habe ihn als Vizeparteichef nicht interessiert.

Nach den nun vorliegenden Informationen gehören dieser neunköpfigen Runde neben dem Landesgeschäftsführer, dem Schatzmeister und dem Chef der Staatskanzlei, saarländische Unternehmer und Manager an. Ziel dieser Kommission ist schlicht und ergreifend die Beschaffung von Geld für die Union - sprich die Spendenacquise.

Für die Spendenacquise bei der CDU-Saar ist exklusiv ein Leitfaden herausgegeben und an die Mitglieder der Finanzkommission verteilt worden - auch an Willi Steiner, der seit 2001 zu der Finanzkommission gehörte.

Willi Steiner wurde vom Schatzmeister, Werner Ehrlich, persönlich vorgeschlagen, wie sich seiner Vernehmung entnehmen ließ: „Herr Steiner ist natürlich ein erfolgreicher Unternehmer bis zum damaligen Zeitpunkt gewesen. Ich habe mir Leute aus der Wirtschaft ausgesucht. Es gab da mehrere Gründe....Nicht nur Spenden zu akquirieren oder Events zu planen, sondern dass wir in Gesprächen die Sorgen und Nöte der Wirtschaft auch an die Abgeordneten herantragen können." (Protokoll 12/20 S. 45)

Bei den hohen Zielen der Finanzkommission standen die Spendenacquise und Events an erster Stelle, über die der Schatzmeister im Untersuchungsausschuss bei seiner Vernehmung stolperte.

Es gab da nämlich zwei Schreiben des Schatzmeisters an die Mitglieder der Finanzkommission, d.h. auch an Herrn Steiner. Der CDU-Schatzmeister glänzte hier jedoch mit auffälligen Gedächtnislücken.

In dem ersten Schreiben vom 05. März 2002 informierte der Schatzmeister über ein bevorstehendes Golfturnier, das CDU Golf Masters. Dieses sollte in Gisingen mit dem Ministerpräsidenten Peter Müller stattfinden. Dann folgten weitere Details über die anstehenden Kosten mit der Aufforderung eine Zusage zur Kostenübernahme für einen Künstler abzugeben.

Auf die Frage, ob der Schatzmeister Herrn Steiner diesbezüglich angeschrieben habe, antwortete er: „Nein." (12/20 S. 51)

Das zweite Schreiben vom 03. April 2002 war dieses mal nicht nur an die Mitglieder der Finanzkommission gerichtet, sondern an Herrn Steiner direkt.

Neben einer Terminauswahl für die kommenden Sitzungen und einer erneuten Aufforderung bezüglich des Golfturniers wird hier zusätzlich zum Start der Spendenaktion aufgerufen.

Darin heißt es wörtlich: „Argumente zur Spendenacquise haben Sie vor einiger Zeit erhalten.

Bitte starten Sie Ihre Spendenaktion und teilen die Namen der potentiellen Spender der Landesgeschäftsstelle mit. Wir müssen jetzt unbedingt loslegen!!!!"

Auch auf die Frage, ob der Schatzmeister dieses Schreiben an Herrn Steiner geschickt habe, antwortete er mit: „Nein."

Dieses Szenario wiederholte sich einige Minuten später nochmals unter Vorlage der Schriftstücke, die von Herrn Ehrlich selbst unterzeichnet waren.

Selbst alle Brücken, die von Seiten der CDU-Ausschussmitglieder für den Schatzmeister hierauf hin gebaut wurden, brachen unter ihm wie ein Kartenhaus zusammen. Schatzmeister Ehrlich sah jedoch keinerlei Widerspruch seiner Aussage zu den ihm vorgelegten Schreiben.

Betriebsprüfung und der Verdacht der Vorteilsnahme Ungereimtheiten gab es auch bei der Betriebsprüfung der Firmengruppe Michels durch den zuständigen Betriebsprüfer der Finanzverwaltung - der „Quasi-Verwandtschaft" des Ministerpräsidenten. Seit 1987 war dieser als Betriebsprüfer für die Firmengruppe Michels im Auftrag des Finanzamtes tätig..

Die erste Prüfung umfasste die Zeiträume 1987 bis 1990. Die zweite Prüfung befasste sich mit den Jahren 1991 bis 1994. Die dritte und letzte Prüfung ging dann über die Zeiträume 1996 bis 1998.

Die kleine Besonderheit, dass das Jahr 1995 nicht geprüft wurde, ist jedoch wie inzwischen klar wurde, kein Zufall. Das Jahr 1995 ließ der Betriebsprüfer verjähren. Dass die Verjährung eingetreten ist, berichtete der Betriebsprüfer auch umgehend der Firmengruppe Michels.

Dort ist in der Telefonliste des Unternehmens der Vermerk für den Geschäftsführer Steiner zu finden: „1995 ist verjährt". 1995, ein entscheidendes Jahr, wie die Steuerfahndung berichtete. Gab es doch genau in diesem besagten Jahr Merkwürdigkeiten bei Vermögensübertragungen, ungeklärte Bareinlagen sowie andere Tatbestände von möglicher steuerstrafrechtlicher Relevanz, die der damalige Geschäftsführer Steiner vornehmen ließ.