Kreditkarte

Landtag des Saarlandes - 12. Wahlperiode - 41 Überhaupt waren offenbar die Betriebsprüfungen recht oberflächlich, wie selbst eine Mitarbeiterin der Finanzbuchhaltung bei der Firmengruppe Michels bestätigte. Schließlich forderte der Prüfer auch meist keinerlei Belege zur Einsichtnahme an, was der Finanzbuchhaltung viel Arbeit ersparte, andererseits die Prüfung wertlos machte.

Steiner seinerseits vernachlässigte den Betriebsprüfer nicht. Ein eigenes Arbeitszimmer im Unternehmen in Lebach machte die Prüfung für diesen sicher angenehm, außer für die Mitarbeiter, wenn man bedenkt, dass die Zentrale mit der Buchhaltung inklusive aller Belege in Saarbrücken war. Aber für den Betriebsprüfer wären die benötigten Akten auch gerne bis nach Lebach und wieder zurück transportiert worden. Aber es sollte wohl nicht so viel geprüft werden.

Übersehen hatte der Betriebsprüfer auch die vielen Betriebsausgaben, die eigentlich Privatausgaben des Herrn Steiner waren und seinen sehr aufwendigen Lebensstil dokumentierten.

Steiner finanzierte dadurch in den Jahren 1996-2000 unter anderen auch seine privaten Immobilien in Spanien.

Die verdeckten Gewinnausschüttungen, die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben, die fingierten Löhne und die Abrechungen von Kreditkarten des Willi Steiner belaufen sich von 1996 bis 2000 auf weit über 5 Mio. DM.

In diesen Zusammenhang passt auch die Aussage der Betriebsratsvorsitzenden der Firmengruppe Michels, dass im Betrieb seinerzeit gemunkelt wurde, dass Steiner und der Betriebsprüfer eine gemeinsame Leiche im Keller haben müssen (Protokoll 12/14 Seite 90). Steiners „Perlo-Stiftung" in Liechtenstein Gegründet wurde diese Stiftung am 13. Juli 1992 in Vaduz und am 25. August 1998 wurde die amtliche Löschung angeordnet.

Das Gründungskapital einer solchen Stiftung beträgt nach Presse-Informationen mindestens 1,5 Mio. (SZ vom 17.01. und 20.01.2003) Willi Steiner ist Gründer der Stiftung. Ob und in welchem Umfang Zahlungen aus seinem Privatvermögen oder aber aus dem Unternehmen geflossen sind, konnte nicht geklärt werden.

Als die Daten über die Stiftung der Steuerfahndung Düsseldorf bekannt wurden, erfolgte im September 2001 eine Anfrage beim Finanzamt St. Ingbert (Wohnsitzfinanzamt) und bei der Steuerfahndung Saarbrücken. Nachgefragt werden sollte, ob eine Selbstanzeige des Steuerpflichtigen Willi Steiner hinsichtlich nicht erklärter Einkünfte aus der „Perlo-Stiftung" vorliegt. Eine solche ist bis heute nicht bekannt.

Eine Reaktion der saarländischen Finanzbehörden blieb aus.

Die einzigen existierenden Akten über die „Perlo-Stiftung" befanden sich nämlich in der Handakte des Betriebsprüfers, die dann bei der Hausdurchsuchung des Betriebsprüfers von der Steuerfahndung Saarbrücken beschlagnahmt wurden. Der „Quasi-Verwandte" hatte versucht diese brisanten Akten in einem Koffer im Garten eines Nachbarn in Sicherheit zu bringen, was leider fehlgeschlagen ist.

Später stellte sich dann heraus, dass der Steuerfahnder aus Düsseldorf auch mit dem Betriebsprüfer der Firmengruppe Michels selbst telefoniert hatte, aber keine Rückmeldung aus dem Saarland mehr erhalten hatte. Veranlasst hatte der Prüfer nichts. So blieb der Vorzeigeunternehmer und Stiftungsgründer Steiner von der Steuerfahndung verschont.

Der Betriebsprüfer bekam von der Firmengruppe Michels seltsamerweise eine Reparatur am seinem Auto sowie einen Mietwagen bezahlt. Außerdem wurde die Tochter des Betriebsprüfers bei der Firmengruppe Michels fest angestellt. Und zwar just um den Zeitpunkt, als die Betriebsprüfung durch den Vater begann.

Beförderungspraxis der CDU-Landesregierung

Der Beamte hatte sich im August 2000 wegen seiner Beförderungssituation persönlich an den Ministerpräsidenten Peter Müller gewandt. Hierin beklagt er sich über Benachteiligungen bei seiner Beförderung durch den "roten Filz" - schließlich sei seine Verwandtschaft zu Peter Müller bekannt - und schildert die Beurteilungs- und Beförderungspraxis in der saarländischen Finanzverwaltung. Schließlich endet der Brief mit der Bitte, bei dem nächsten Beurteilungstermin etwas mehr Gerechtigkeit walten zu lassen.

In seiner ersten Vernehmung vom 10.12.2002 wusste der Betroffene Müller darüber nichts zu berichten, selbst auf mehrfache Nachfrage hin. (12/2 Seite 136) Außerdem betonte er, dass keinerlei Einmischung seinerseits in solche oder ähnliche Fälle existieren (12/2 Seite 126). Nur einige Tage später musste Müller diese Aussage korrigieren.

Er übersandte dem Untersuchungsausschuss den Brief des Betriebsprüfers. Dieser sei von ihm unkommentiert an das Finanzministerium weitergeleitet worden; nur mit der „Floskel" versehen: „Auftrag von Herrn Müller!", natürlich ohne den Hintergedanken, politischen Einfluss nehmen zu wollen.

Fraglich ist nur, warum Staatssekretär Gerhard Wack in großer Hast Müller über das Ergebnis der Überprüfung schriftlich informierte.

Im Untersuchungsausschuss wurde mehrfach eingestanden, dass der Dienstweg für die Beförderungsangelegenheit nicht eingehalten wurde und der Angelegenheit eine besondere Dringlichkeit beigemessen wurde. Schon der vorläufige Arbeitsentwurf eines Vermerks über die Beförderungsaussichten des Patenkindes wurde sofort an den Ministerpräsidenten Müller übersandt. Dieser Vermerk offenbart auch, dass man auf eine schnelle Beförderung drängte

- und damit eine herausragende Beurteilung benötigte - als letzte Chance des Betriebsprüfers auf eine Beförderung vor der Pensionierung.

Für die geforderte „Gerechtigkeit" bei der Beurteilung des Patenkindes sorgte dann eine Spitzenbeurteilung durch die Finanzverwaltung.

Einer Beförderung stand eigentlich nichts mehr im Wege, bis auf das jetzt anhängige Ermittlungsverfahren wegen Korruption und des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Überhaupt stellt sich die Frage, wie ein Finanzbeamter, der bereits in früheren Jahren wegen Verdachts der Vorteilsnahme in ein Vordisziplinarverfahren verwickelt gewesen war, zu so einer ausgezeichneten Beurteilung kommt. Doch auch damals wurde dem Betriebsprüfer eine besondere Fürsorge seitens der saarländischen Finanzverwaltung zu teil.

Die damaligen Ermittlungen gegen das „Patenkind" des Vaters des Ministerpräsidenten waren der Finanzverwaltung wohl eher unangenehm und wurden trotz wenig glaubhafter und konstruierter Einlassungen des Betriebsprüfers ohne jegliche Nachprüfung einfach eingestellt.

Fazit:

Die Bevorzugung könnte nicht klarer in Erscheinung treten. Es war offensichtlich ein Geben und Nehmen. Die Verflechtung des Unternehmers Steiner und des Betriebsprüfers mit dem Ministerpräsidenten ist nicht zu übersehen.

Der Aktenschwund in der Staatskanzlei

Der Einsatz des Ministerpräsidenten bei der „Spitzenbeurteilung" des Betriebsprüfers wirft noch eine weitere Frage auf: Wie ist es zu dem ominösen Aktenschwund in der Staatskanzlei gekommen?

Denn ausgerechnet die Original-Schriftstücke, welche die fürsorgliche Behandlung in punkto dienstlicher Beurteilung des Betriebsprüfers der Firmengruppe Michels belegen, sind nicht mehr auffindbar. Was stand zusätzlich auf den Originalen, was die Öffentlichkeit nicht wissen darf? Wer hat sie an wen weitergegeben oder vernichtet? Und warum?

Auf die Anforderung der Original-Schreiben, teilte der Chef der Staatskanzlei Karl Rauber mit: „Dazu werde in der Staatskanzlei kein Aktenvorgang geführt." Dieser liege beim Finanzministerium ­ was dessen Staatssekretär bestritt -, eine doppelte Aktenführung sei nicht notwendig und wo Wacks Brief an Müller sei, könne er nicht sagen. Am Ende stellte sich heraus, dass alle Originale verschwunden sind!

Abschließend zum Fall Steiner ist festzustellen:

Die Beweisaufnahme erbrachte keine plausible Begründung für die beschleunigte Behandlung der Landesbürgschaft durch den von der Landesregierung gefassten Vorratsbeschluss.

Die massiven Liquiditätsschwierigkeiten der Firmengruppe waren schon seit spätestens Oktober 2001 dem Wirtschaftsministerium bekannt.

Eine ausreichende und frühzeitige Information des Ministeriums ist damit unbestreitbar.

Bedenken von Seiten des Ministeriums gegen das geplante Eingehen der Ausfallbürgschaft haben trotz der massiven Hinweise der Banken nicht bestanden. Auch die neue geplante stille Beteiligung des Landes wurde nur durch einen glücklichen Zufall verhindert. Alles in Allem ein durch höchste Inkompetenz, Vetternwirtschaft und gegenseitige Abhängigkeiten geprägtes Geflecht.