Genehmigungen zur Wasserentnahme aus der Mosel

Der IPR teilt die in den gleichlautenden Stellungnahmen der rheinland-pfälzischen und der saarländischen Landesregierung sowie in den Stellungnahmen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg formulierten Bedenken gegen mehrere in der von der Electricite de France beantragten Neuerteilung von Genehmigungen zur Wasserentnahme aus der Mosel sowie für Ableitungen mit der sog. Fortluft und dem Abwasser (radioaktive sowie chemische und thermische Einleitungen) angestrebten Festlegungen.

Der IPR erinnert daran, dass die Beibehaltung der Grenzwerte des "Arrête du 10 Août 1976 relatif aux règles propres aux centrales nucleaires de puissance....applicables aux limites et modalites de rejet de leurs effluents radioactifs liquides " bei dem Kernkraftwerk Cattenom (wegen der verhältnismäßig geringen Wasserführung der Mosel im Vergleich mit anderen Vorflutern) dazu geführt hätte, dass für die deutschen Moselanrainer das in Deutschland geltende sog. 30 mrem­Konzept (heute 0,3 mSv­Konzept) nur schwerlich hätte eingehalten werden können, und dass sich die französische Genehmigungsbehörde im April 1985 nach Verhandlungen innerhalb der DeutschFranzösischen Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen dazu bereit erklärt hat, die flüssigen Ableitungen (ohne Tritium) auf 111 GBq pro Block und Jahr zu begrenzen, und dass der Wert von 444 GBq/a (Cattenom) durch Beschluss der Internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel und der Saar vom 27. März 1986 für völkerrechtlich verbindlich erklärt worden ist, sodass von einem "Erwartungswert" für flüssige radioaktive Ableitungen (außer Tritium, Kalium­40 und Radium) von 444 GBq/a und nicht, wie in den Antragsunterlagen ausgewiesen, von 2200

GBq/a auszugehen war.

Der IPR teilt die Bedenken, dass die beantragte Einleitung von Stoffen, wie Hydrazinhydrat, Chloride, Kupfer und Zink einen deutlich negativen Einfluss auf die Wasserbeschaffenheit der Mosel und auf die Ökosysteme ausüben könnte und unterstützt die Forderung, die Chlorideinleitung aus dem KKW Cattenom so zu begrenzen und zu kompensieren, dass, im Sinne einer integrierten Wassergütebewirtschaftung, insgesamt keine Erhöhungen der Konzentration in der Mosel auftritt.

Das in den Primärkreisläufen zum Korrosionsschutz eingesetzte Hydrazin hat die (höchste) Wassergefährdungsklasse 3; die beantragten Einleitfrachten von 90 kg Hydrazin pro Tag bzw. 42 kg Hydrazin in zwei Stunden bei Niedrigwasser der Mosel würden bei Hydrazinkonzentrationen im Moselwasser von 40 bis 260 µg Hydrazin pro Liter akut toxische Wirkungen für Bakterien und Algen sowie für Wirbellose, u.U: auch Fische, wahrscheinlich machen (von der Toxizität der ­ bei Algenmassenentwicklung ­ Umwandlung des Hydrazin-Abbauprodukts Ammonium in fischgiftigen Ammoniak nicht zu reden!). Der IPR weist darauf hin, dass zur Elimination von Hydrazin ein als sog. Hydrazinvernichtungsanlage eingeführtes Verfahren zur Verfügung steht, das den Hydrazineintrag in die Gewässer verhindert.

Der IPR begrüßt deswegen die angekündigten Überlegungen des KKW Cattenom, Hydrazin zu behandeln mit dem Ziel, die Einleitungsfrachten zu minimieren und fordert die Antragstellerin auf, das anfallende Hydrazin durch Vernichtung durch Verfahren, die dem Stand der Technik entsprechen, vollständig zu eliminieren und seinen Eintrag in die Mosel komplett zu vermeiden.

Desgleichen fordert der IPR den Kraftwerksbetreiber auf, alle technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die erstmals beantragten Frachten der Schwermetalle Zink und Kupfer (das auf Wasserorganismen stark toxisch wirkt) von mehr als 20 t pro Jahr, die aus dem Abrieb der Messingkondensatoren entstehen und das durch die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins für das gesamte Rheineinzugsgebiet festgelegte Qualitätsziel (50 mg/kg) deutlich überschreiten und im Widerspruch zu den Zielen des Aktionsprogramms Mosel/Saar zur Verringerung der Sedimentbelastung stehen würden, deutlich zu verringern.

Kritisch sieht der IPR auch die beantragte Erhöhung der Tagesfracht der eingeleiteten Chloride um 78 %, die ­ obwohl unter 1 % der Fracht in der Mosel insgesamt liegend ­ dennoch dazu beiträgt, dass die in der IKSMS festgelegte Zielvorgabe von 200 mg/l in Koblenz noch stärker überschritten wird.

Zugleich kritisiert der IPR, dass die beantragten Werte ­ der Antragsteller hat ausweislich der übermittelten Daten bei gestiegener Stromproduktion erhebliche Reduzierungen der tatsächlichen Einleitungen vorgenommen ­ die tatsächlichen Einleitungen zum Teil deutlich überschreiten und somit dem in der EU-Gewässerschutzrichtlinien verankerten Minimierungsgebot nicht entsprechen.

Angesichts der Tatsache, dass bei allen Ableitungen, seien sie radioaktiv oder nicht radioaktiv, die Antragswerte erheblich über den in der Vergangenheit gemessenen tatsächlichen Abgabewerten liegen, unterstützt der IPR die Forderung, dass die Grenzwerte für alle Ableitungen enger an die in der Vergangenheit tatsächlich gemessenen Einleitwerte angepasst werden, und dass dem Antragsteller aufgegeben wird, die Ableitungen im Sinne des Strahlenschutzgrundsatzes der Optimierung durch technische Verbesserung der Anlagen und durch Optimierung der Betriebsabläufe weiter zu minimieren.

Der IPR lehnt die beantragte Erhöhung der Grenzwerte für die Ableitung von Tritium mit dem Abwasser (um 25 % auf 200 TBq) zum jetzigen Zeitpunkt ab, da über den Übergang vom derzeitigen GEMMES-Zyklus (Gestion des Evolutions et Modifications des Modes dExploitation en Sûrete, Management entsprechend der Entwicklungen und Modifikationen der sicherheitstechnischen Betriebsarten) zu dem ab 2006 bis 2010 geplanten HTC-Zyklus (Hauts Taux de Combustion, Hoher Abbrand) und dessen sicherheitstechnische Zulässigkeit noch gar nicht entschieden ist, also der zweite Schritt vor dem ersten getan werden soll.

Der IPR weist darauf hin, dass aus den Antragsunterlagen darüber hinaus nicht hervorgeht, ob der Antragsteller für den Fall des HTC-Betriebs das Potential an abbrennbaren Neutronengiften (z.B. Gadolinium) ausgeschöpft hat, was die Möglichkeit eröffnen würde, höhere Tritiumableitungen zu vermeiden, da sich derartige Neutronenabsorber innerhalb der Brennstoffhülle befinden und nicht ­ wie das im Primärkühlmittel befindliche Bor ­ zur Tritiumproduktion beiträgt.