Entwicklung der maritimen Ausbildung in Bremen

Die Fraktionen der CDU und der SPD haben unter Drucksache 16/512 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet.

Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt:

1. Welchen Stellenwert schreibt der Senat dem Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft der Hochschule Bremen zu?

An der Hochschule Bremen bieten der Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft und der Fachbereich Schiffbau, Meerestechnik und Angewandte Naturwissenschaften unter einer Vielzahl von unterschiedlich ausgerichteten Studiengängen auch Studiengänge mit maritimer Ausrichtung an.

Der Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft bietet 13 zum größten Teil international ausgerichtete Studiengänge an, darunter den Diplomstudiengang Nautik. Insgesamt studieren mehr als 1.500 Studierende in diesem Fachbereich. bietet fünf Studiengänge an, darunter den Studiengang Schiffbau und Meerestechnik, den Internationalen Studiengang Schiffbau und Meerestechnik (International Degree Course. In Naval Architecture And Ocean Engineering) und das Studium im Praxisverbund Schiffbau und Meerestechnik. Alle maritimen Studiengänge dieses Fachbereichs enden mit dem Bachelorabschluss. Es studieren zurzeit ca. 400 Studierende im Fachbereich Schiffbau, Meerestechnik und Angewandte Naturwissenschaften.

Mit ihrer fachlichen und insbesondere der internationalen Ausrichtung tragen beide Fachbereiche entscheidend zur Profilbildung der Hochschule Bremen bei.

Die Hochschule Bremerhaven steht durch ihre Vorgängereinrichtungen, die 1879 errichtete Navigationsschule Geestemünde und das 1884 eingeweihte Städtische Technikum, in einer mehr als einhundertjährigen Tradition der maritimen Ausbildung. Sie hat als Hochschule am Meer ihr maritimes Profil nachhaltig geschärft und bietet neben dem Diplomstudiengang Cruise Industry Management und ­ in Kooperation mit dem für Polar- und Meeresforschung ­ den Bachelorstudiengang Maritime Technologien an. Darauf aufbauend entwickelt die Hochschule einen Masterstudiengang Maritime Biotechnologie.

2. Wie haben sich die Studierendenzahlen seit dem Jahr 2000 in diesem Fachbereich entwickelt?

Die Studierendenzahlen an der Hochschule Bremen haben sich im Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft seit dem Wintersemester 2000/2001 nahezu verdoppelt, und im Fachbereich Schiffbau, Meerestechnik und Angewandte Naturwissenschaften mehr als verdoppelt.

3. Wie hat sich die Anzahl des Lehrpersonals im gleichen Zeitraum entwickelt?

An der Hochschule Bremen konnte die Zahl der Hochschullehrer im Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft ausgehend von 17 Professorenstellen im Jahr 2000 ab dem Jahr 2003 auf 21 Stellen erhöht werden; davon entfallen vier Professorenstellen auf den Studiengang Nautik. Im Fachbereich Schiffbau, Meerestechnik und Angewandte Naturwissenschaften erhöhte sich die Zahl der Professorenstellen ab dem Jahr 2004 auf insgesamt zehn. Davon sind fünf Professorenstellen den drei maritimen Studiengängen zugeordnet. Diese Zahl ist seit dem Jahr 2000 unverändert.

An der Hochschule Bremerhaven wurde die Zahl der besetzten Professorenstellen im Studiengang Schiffsbetriebstechnik von vier auf eine reduziert; in den neu eingerichteten Studiengängen Cruise Industry Management und Maritime Technologien konnten bis heute 3,33 Professorenstellen besetzt werden; ein Berufungsvorschlag für den Studiengang Cruise Industry Management liegt dem Senator für Bildung und Wissenschaft zurzeit vor.

4. Welchen Schwerpunkt hat die Ausrichtung der Hochschule Bremen in diesem Bereich?

An der Hochschule Bremen ist das Maritime Management Schwerpunkt im Studiengang Nautik. In den Studiengängen in Schiffbau und Meerestechnik liegt der Schwerpunkt auf der ingenieurwissenschaftlichen Kompetenz für das System Schiff und die meerestechnischen Systeme unter Berücksichtigung ökonomischer und umweltrelevanter Aspekte.

An der Hochschule Bremerhaven umfasst das Gebiet der Schiffsbetriebstechnik neben den allgemeinen und technischen Grundlagen die Schwerpunkte wirtschaftliche Betriebsführung, Sicherheit und Instandhaltung im Maschinen- und Schiffsbetrieb, Schiffselektronik und Schiffsautomaten, Betriebsstoffe und Umweltschutz, personelle Betriebsführung, Ausbildung des technischen Nachwuchses sowie Wahrnehmung öffentlich rechtlicher Aufgaben.

Im stark anwendungsbezogenen Studiengang Maritime Technologien erfolgt die Ausbildung in zwei Ausrichtungen: einem verfahrenstechnischen Schwerpunkt im Bereich Mess- und Anlagentechnik und einem produktorientierten Schwerpunkt im Bereich der Biotechnologie.

Im Studiengang Cruise Industry Management wurde wegen der bereits sehr starken Spezialisierung auf eine Schwerpunktbildung verzichtet.

5. Welche Arbeitsmarktchancen haben die in Bremen ausgebildeten Diplom-Wirtschaftsingenieure für Seeverkehr/Nautiker?

Die Arbeitsmarktchancen im Seebereich an Bord von Schiffen sowie auch im sekundären Arbeitsbereich sind sehr gut. Der Bedarf ist zurzeit bei weitem höher als die zur Verfügung stehende Ausbildungskapazität in Deutschland.

Bedingt durch die Altersstrukturen der Mitarbeiter und die Umstrukturierung der Betriebe der Maritimen Industrie gehen Studien des Verbandes Schiffbau und Meerestechnik (VSM) und des Verbandes der deutschen Maschinen- und Anlagenhersteller (VDMA, Zulieferindustrie) davon aus, dass bundesweit mit einem Bedarf von ausgebildeten Ingenieuren zu rechnen ist, der durch die Absolventen der Fachhochschulen mit schiffbaulicher Ausbildung in der Bundesrepublik nur zu einem geringen Anteil zu decken ist. Die von den Fachvertretern der Hochschule Bremen beobachtete Situation der Absolventen deckt sich mit diesen Aussagen. Alle Absolventen finden zurzeit eine Anstellung in der maritimen Industrie. Bezogen auf die Region ist die Nachfrage nach Ingenieuren in der maritimen Industrie unvermindert hoch. der Bedarf an Schiffsingenieuren an Bord von Schiffen sowie im technischen Management von Reedereien und Dienstleistern der Seefahrtbranche ist sehr groß, und auch die Zulieferbranche verzeichnet großen Bedarf an Schiffsingenieuren.

Die ersten Absolventen des Studiengangs Maritime Technologien und Cruise Industry Management werden im Jahr 2006 auf den Arbeitsmarkt treten. Als ein Indiz für die voraussichtlich sehr guten Chancen der Absolventen des Studiengangs Cruise Industry Management ist die Tatsache zu werten, dass Vertreter der Kreuzfahrtindustrie eigens nach Bremerhaven reisen, um Praktikanten zu rekrutieren.

Für die vielseitig ausgebildeten Absolventen der Maritimen Technologien, die der Offshore-Zulieferindustrie (Öl- und Gasindustrie), des technischen Betriebs (Wind, Wellen, Strömungen) sowie der Aquakultur finden können, wird ebenfalls mit sehr guten Arbeitsmarktchancen gerechnet.

6. Wie werden die Weiterqualifizierungs- und Auffrischungsmaßnahmen wie z. B. Radar-Training und IMO-Lehrgang im Bereich Maritimes frequentiert?

Der Studiengang Nautik an der Hochschule Bremen bietet 13 unterschiedliche Kontaktseminare pro Jahr an, die jährlich ca. 390 Teilnehmer haben. bietet mit einer Ringvorlesung und einer festen Vortragsveranstaltung im Rahmen des jährlich stattfindenden Alumnitreffens die Möglichkeit, sich im

Für Absolventen der Schiffsbetriebstechnik an der Hochschule Bremerhaven gibt es keine obligatorischen Weiterbildungskurse. Technische Weiterbildungskurse werden vom Institut für Wärmekraft- und Arbeitsmaschinen der Hochschule Bremerhaven nach Bedarf in direkter Absprache mit dem Auftraggeber durchgeführt.

Neben dem grundständigen achtsemestrigen Diplomstudiengang Schiffbetriebstechnik werden ein ebenfalls zum Abschluss Diplomingenieur Bildungsgang mit dem Abschluss Technischer Schiffsoffizier angeboten.

Ein Weiterbildungsstudiengang Cruise Industry Management (Master) ist im Aufbau.

7. Welches Potenzial sieht der Senat in dem jetzt in Betrieb genommenen Simulator?

Der Simulator ermöglicht eine Qualitätssteigerung bezogen auf die Ausbildung der Studierenden und auf die Weiterbildungsangebote für Lotsen und fahrende Nautiker. Darüber hinaus dient der Simulator Forschungszwecken und ermöglicht der Hochschule Bremen, Dienstleistungen für den maritimen Bereich anzubieten. So hat das Institut für maritime Simulation bisher schon ca. Projekte akquirieren können.

8. Durch welche konkreten Leistungen für das Maritime Institut möchte der Senat die Vernetzung der einzelnen Fachbereiche/Institutionen (Nautik, Schiffbau, Maschinenbau, Ingenieurwissenschaften, Institut für Maritime Simulationen sowie GAUSS) unterstützen?

Im Rahmen der Finanzierung der Hochschule Bremen fördert der Senat das Maritime Institut Bremen (MIB), das als fachübergreifendes Kompetenzzentrum das Ziel verfolgt, die gesamte umfangreiche Fachkompetenz der Hochschule Bremen in den Bereichen Schiffbau, Meerestechnik, Meeresbiologie, Nautik und Hafenbau sowie auf dem Gebiet des maritimen und marinen Umweltschutzes und der Sicherheit im Seeverkehr zu bündeln. Kooperierende sind dabei die Fachbereiche Schiffbau; Meerestechnik und angewandte Naturwissenschaften, Nautik und Internationale Wirtschaft sowie die Gesellschaft für angewandten Umweltschutz und Sicherheit im Seeverkehr (GAUSS) und das Institut für maritime Simulation.

Die GAUSS ist Gründungsmitglied des MIB und stellt mit einer Mitarbeiterin die technische Leitung des Instituts. Das bei der GAUSS vorhandene Knowhow sowie vorhandene Datenbanken, Bibliothek etc. werden dem MIB zur Verfügung gestellt.

Durch die Konzentration dieser wissenschaftlichen maritimen Kompetenz soll ein breiter Wissenstransfer sowohl in der Forschung, als auch in der Lehre erfolgen. Durch die Zusammenarbeit mit Partnern in der Wirtschaft soll ein Technologietransfer ermöglicht werden, der die Potentiale der Forschung zu wirtschaftlichem Wachstum führt.

9. Wie wird der Senat diese spezielle maritime wissenschaftliche Ausbildung im Hinblick auf die Bildung eines maritimen Centers als Wirtschaftsschwerpunkt für Bremen und Bremerhaven weiter nutzen und fördern?

Aktivitäten zur Bildung eines maritimen Centers sind nicht bekannt.

Jedoch wurde vor dem Hintergrund von Überlegungen zur Bildung eines im Rahmen einer Potentialstudie untersucht. Dabei spielen auch Ausbildungsgänge an den Hochschulen eine Rolle. Da die Studie noch nicht abgeschlossen ist, konnte der Senat noch nicht zu einer Meinungsbildung gelangen.

10. Welche Kooperationen der norddeutschen Länder gibt es in der Nautiker-Ausbildung?

Für die Koordination und Kooperation der seemännischen Ausbildung gibt es zwei Organisationen:

Die Ständige Arbeitsgemeinschaft der Küstenländer für das Seefahrtbildungswesen die aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung eingerichtet ist, koordiniert die Seefahrtausbildung zwischen dem Bund, der die internationalen Regelungen als Rechtsvorschriften erlässt, und den Küstenländern, die die Ausbildungsstätten betreiben. In der werden die Rahmenlehrpläne für Fachschulen und Rahmenordnungen für Fachhochschulen aus den internationalen Vorschriften entwickelt und beschlossen sowie Weiterbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen koordiniert.

Die BALAS, ein Zusammenschluss der Leiter der Seemännischen Ausbildungsstätten, koordinieren praktische Fragen wie die Ausgestaltung der Lehrpläne, Anrechnung von Leistungen, die an anderen Ausbildungsstätten erbracht wurden, Angebote für Weiterbildungsveranstaltungen, Gestaltung der Simulatorausbildung u. a. Beide Fachhochschulen kooperieren mit der seefahrtsbezogenen Ausbildung der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven am Standort Elsfleth. Darüber hinaus kooperiert die Hochschule Bremerhaven durch Austausch von Lehrpersonal und Studierenden eng mit der Seefahrtschule Cuxhaven und beim Aufbau des Studienganges Maritime Technologien mit dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI).