Hochbegabtenförderung im Saarland

Die individuellen Fähigkeiten unserer Kinder sind entscheidend für das Weiterbestehen und die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.

Zielgruppenspezifische Förderung ist deshalb unabdingbar und das Fundament für die Ausbildung von individuellen Fähigkeiten zu Fertigkeiten.

Spezielle Förderung wird im deutschen Bildungssystem allerdings zumeist nur mit dem Fördern der schwachen Schüler gleichgesetzt. Dabei wird häufig außer Acht gelassen, dass den ca. 2 % Minderbegabten eines Altersjahrgangs ca. 2 % Hochbegabte gegenüber stehen, die ebenfalls einer speziellen Förderung durch Fordern bedürfen. Hochbegabung ist eine Veranlagung, die nicht automatisch zu Höchstleistung führt. Insbesondere die mangelnde oder verspätete Feststellung der Hochbegabung führt bei einigen Kindern zu Anpassungsproblemen im Klassenverband oder sogar zu Minderleistungen durch dauerhafte Unterforderung.

Hinzu kommt die Komplexität des Begabtenbegriffs, der breit gefächerte Angebote und Maßnahmen notwendig macht, sich die Angebote aber häufig nur an kognitiv hochbegabte Kinder wenden.

Im Saarland finden eine Reihe von Begabtenförderprogrammen dezentral an den Schulen vor Ort statt, die sich an den Fähigkeiten und Bedürfnissen der leistungsstarken Schüler orientieren, aber nicht zwingend an denen von Hochbegabten. Da Hochbegabte häufig über andere Denkstrukturen verfügen, bleibt offen, wie viele Schüler als so genannte „Minderleister" (underachiever) gar nicht zur Teilnahme an solchen Programmen ermutigt werden bzw. nach der Grundschule keine Gymnasialempfehlung erhalten.

Die aktuelle Diskussion um Grundschulschließungen aufgrund der zurückgehenden Geburtenzahlen im Saarland lässt nun zusätzlich die Frage aufkommen, ob und in welcher Weise diese Programme weitergeführt werden können oder ob es auch hier zu Strukturveränderungen kommen wird, die Einfluss auf die hochbegabten Kinder im Saarland haben werden.

Deshalb fragen wir die Regierung des Saarlandes:

A. Allgemeine Fakten:

1. Wie viele Kinder sind im Saarland und im Vergleich bundesweit prozentual und absolut als Hochbegabte anerkannt?

2. Welche Begabungen wurden dabei jeweils festgestellt?

3. Wie gestaltet sich dabei die Verteilung auf die einzelnen Schulformen?

4. In welchem Alter werden die Begabungen jeweils festgestellt?

5. Wie hoch ist nach Einschätzung der Landesregierung die Zahl nicht erkannter Hochbegabungen?

6. Wie hoch ist die Zahl der bekannten und vermuteten „underachiever" jeweils?

7. Welche Begabungen wurden bei den bekannten „underachievern" jeweils festgestellt?

B. Information und Diagnose:

8. Welche Möglichkeiten bestehen für Eltern, sich über die Hochbegabung ihrer Kinder im Saarland zu informieren bzw. diese feststellen zu lassen?

9. Welche spezielle Ausbildung haben diejenigen, die Hochbegabung attestieren?

10. Anhand welcher Kriterien wird Hochbegabung im Saarland attestiert?

11. Wie gewährleistet die Landesregierung, dass Hochbegabung möglichst im Kindergartenalter erkannt wird?

12. Wie viele Kinder wurden in den letzten 10 Jahren jährlich auf Veranlassung von Schulen auf Hochbegabung geprüft?

13. Wie viele Kinder wurden auf Initiative von Eltern auf Hochbegabung geprüft?

14. Plant die Landesregierung im Zuge der Reform der Erzieherinnenausbildung ein stärkeres Gewicht auf das Erkennen und Fördern von Hochbegabung zu legen?

15. Wie viele Erzieherinnen wurden in den letzten 10 Jahren zum Thema „Erkennen und Fördern von Hochbegabungen" fortgebildet?

16. Welche Fortbildungsmöglichkeiten für Erzieherinnen bestehen im Saarland zum Thema Hochbegabte?

17. Plant die Landesregierung, im Zuge der Reform der Lehrerausbildung ein stärkeres Gewicht auf das Erkennen und Fördern von Hochbegabung zu legen?

18. Wie viele Lehrer wurden in den letzten 10 Jahren zum Thema „Erkennen und Fördern von Hochbegabungen" fortgebildet?

19. Welche Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrer bestehen im Saarland zum Thema Hochbegabte?

C. Fördermöglichkeiten:

Welche Erfahrungen bestehen mit den von der Beratungsstelle Hochbegabung in Dillingen angebotenen bzw. koordinierten Fördermöglichkeiten im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Gründung der Beratungsstelle?

21. Von wie vielen Kindern werden diese Programme absolut und prozentual in Anspruch genommen?

22. Ist gewährleistet, dass theoretisch für jedes hochbegabte Kind im Saarland ausreichend Förderprogramme vorhanden sind?

23. An welche Formen von Hochbegabung richten sich die Begabtenförderungsprogramme?

24. Durch wen und auf welcher Grundlage werden die Begabtenförderungsprogramme konzipiert?

25. Welcher Begabtenbegriff wird den aufgelegten Förderprogrammen zugrunde gelegt?

26. Durch welche konkreten Maßnahmen begegnet die Landesregierung der Problematik der so genannten „underachiever"?

Inwieweit findet eine Abstimmung über den Förderbedarf bzw. die Programmplanung und ­durchführung mit den Kommunen statt?

D. Evaluation der Fördermaßnahmen:

28. Gibt es Evaluationen der Hochbegabtenförderung?

29. Wenn ja durch wen, wie häufig und mit welchen bisherigen Ergebnissen und Konsequenzen?

30. Werden Hochbegabte nach ihrer Schullaufbahn zu ihrer Förderung befragt und wie beurteilen sie diese?

31. Geschieht dies nicht, plant die Landesregierung eine entsprechende Evaluation zukünftig in Anspruch zu nehmen?

32. Wenn nein, wie stellt die Landesregierung die Effektivität der Förderprogramme sicher?

E. Finanzierung:

Wie hoch sind die direkten und indirekten Landesmittel für alle Hochbegabtenprogramme im Saarland insgesamt?

34. Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, wie hoch die Mittel in anderen Bundesländern, prozentual am Bildungshaushalt bemessen, für Hochbegabtenförderung ausgegeben werden, und wenn ja, wie hoch sind diese jeweils?

35. Gibt es Pläne, an diesen Mitteln Kürzungen vorzunehmen, und wenn ja, in welcher Höhe?

36. Welchen Anteil tragen die Kommunen prozentual und insgesamt an den Gesamtkosten für die Hochbegabtenprogramme?

F. Ausblick:

37. Gibt es aufgrund der Frequentierung bzw. Evaluation dieser Programme Pläne der Landesregierung, Veränderungen am Programm vorzunehmen?

38. Hält die Landesregierung die bisherige Begabtenförderung für ausbaufähig?

39. Sieht die Landesregierung insbesondere im Kindergartenbereich eine Ausweitung der Hochbegabtenerkennung und ­förderung für notwendig?

40. Wie beurteilt die Landesregierung die Gewichtung der vorhandenen einzelnen Programme, bezogen auf die unterschiedlichen Begabtenbegriffe (kognitiv, musisch-künstlerisch, musikalisch, praktisch)?

41. Plant die Landesregierung die Einrichtung einer Hochbegabtenschule im Saarland?

42. Wenn nein, warum nicht?

43. Wird es aufgrund der Grundschulschließungen Änderungen an den dezentralen Begabtenförderungsprogrammen geben?

44. Wenn ja, wie werden diese aussehen?

45. Wenn ja, wie will die Landesregierung weiterhin eine Begabtenförderung aufrecht erhalten?

46. Gibt es zwischen der Landesregierung und anderen Bundesländern einen Austausch über Hochbegabtenförderung?

47. Sieht die Landesregierung Bedarf, bestehende Maßnahmen wie das Überspringen von Klassen zu erleichtern?

48. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der jüngst veröffentlichten Studie zum Bereich Kindergarten durch die OECD sowie die aktuelle PisaStudie?