Zins-Steuer Quote

Die Zins-Ausgaben-Quote hat sich gegenüber dem Vorjahr um rund 0,5 Prozentpunkte auf rund 11,7 % verbessert, die Zinslastquote hingegen nur um rund 0,1 Prozentpunkte auf rund 17,0 %.

V. Verlauf der Sanierung:

Vorbemerkung:

Nach Abschluss der Beratung des Jahresberichts 2005 hat der Senator für Finanzen am 2. März 2005 zu einem ihm am 17. Januar 2005 übersandten Berichtsentwurf Stellung genommen. Der Rechnungshof bedauert, dass die späte Stellungnahme des Finanzressorts eine Diskussion unterschiedlicher Standpunkte unmöglich gemacht hat. Soweit Anmerkungen des Ressorts der Klarstellung gedient haben, hat der Rechnungshof sie aufgenommen. Ab Tz. 198 geht der Rechnungshof auf einige strittige Punkte der Stellungnahme ein.

2 Ausgangslage

Die Haushaltslage und -struktur der drei bremischen Gebietskörperschaften waren noch Anfang der siebziger Jahre mit denen der anderen Bundesländer vergleichbar. Sie verschlechterten sich bis Mitte der achtziger Jahre deutlich. Die wirtschaftliche Entwicklung hatte sich durch die Strukturkrise der bremischen Wirtschaft von der Bundesentwicklung abgekoppelt. Das führte zusammen mit anderen Einflüssen wie z. B. als Folge des Wechsels bei der Verteilung der Einkommenssteuer vom Betriebsstätten- zum Wohnortprinzip im Jahr 1970 und einer verstärkten Umlandwanderung zu verminderten Steuereinnahmen. Zeitgleich stiegen die Sozialhilfeausgaben überdurchschnittlich an. Einsparungen im konsumtiven Haushalt reichten nicht aus, diese Entwicklung zu kompensieren. Der Rückgang der Investitionen und steigende Kreditaufnahmen verschlechterten die Haushaltsstruktur weiter. Ab 1981 wurde regelmäßig die Ausnahmeregelung zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in Anspruch genommen.

Zudem war durch den Rückgang der Investitionen ein erheblicher Nachholbedarf entstanden. Der entstandene Schuldenstock in Verbindung mit dem seit 1989 wieder gestiegenen Zinsniveau hatte eine Zinsbelastung zur Folge, die eine Haushaltskonsolidierung erschwerte. Bremens Handlungsmöglichkeiten reichten nicht mehr aus, die Eigendynamik der Zins-Schulden-Spirale zu durchbrechen.

1988 hat Bremen und 1989 das Saarland das Bundesverfassungsgericht angerufen und einzelne Regelungen des Länderfinanzausgleichs (LFA) als verfassungswidrig bezeichnet.

Das hat in seinem Urteil vom 27. Mai 1992 festgestellt, dass sich das Land Bremen und das Saarland in einer extremen Haushaltsnotlage befinden. Daraus erwachse die Verpflichtung von Bund und Ländern, diesen Ländern mit dem Ziel der haushaltswirtschaftlichen Stabilisierung Hilfe zu leisten.

Die Haushaltsnotlage sei dadurch gekennzeichnet, dass sich gegenüber den anderen Bundesländern alle finanzwirtschaftlichen Kennzahlen als wesentlich schlechter darstellten. Hauptindikatoren hierfür seien u. a. die Zins-Steuer-Quote und die Kreditfinanzierungsquote (s. Tz. 117).

Das Gericht hat keine präzisen Grenzwerte für das Vorliegen einer Haushaltsnotlage festgelegt. Die für das Saarland für 1986 errechneten Belastungsquoten hat es aber für eine derartige Feststellung als ausreichend angesehen. In jenem Jahr überstieg dessen Kreditfinanzierungsquote mit rund 14,1 % die des Durchschnitts der Bundesländer von rund 6,9 % um mehr als das Doppelte. Die Zins-Steuer-Quote lag mit rund 19,8 % weit über dem Durchschnitt der Bundesländer von rund 11,8 %.

Dementsprechend wurde Bremen unter Hinweis auf die für dasselbe Jahr ermittelten finanzwirtschaftlichen Haushaltskennziffern von rund 19,3 % für die Kreditfinanzierungsquote und rund 26,3 % für die Zins-Steuer-Quote eine Haushaltsnotlage mit einem gegenüber dem Saarland noch größeren Ausmaß bescheinigt.

Sanierungsziel:

Mit der Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (FAG) vom 23. Juni 1993 wurde das Urteil umgesetzt und u. a. festgelegt, dass Bremen zum Zweck der Haushaltssanierung in den Jahren 1994 bis 1998

Sonder-Bundesergänzungszuweisungen (Sonder-BEZ) in Höhe von jährlich rund Mio., mithin insgesamt rund 4,6 Mrd. erhält. Diese Zuweisungen wurden mit der Maßgabe gewährt, sie unmittelbar zur Schuldentilgung und die sich daraus ergebenden Finanzierungsspielräume entweder für wirtschafts- und finanzkraftstärkende Investitionen oder zur Verminderung der Nettokreditaufnahme zu verwenden.

Als Maßstab der für die Überwindung der Haushaltsnotlage der beiden Länder notwendigen Hilfe hat das Gericht das Niveau des nächstschwächeren Landes angenommen. Das war zu dem Zeitpunkt Schleswig-Holstein mit einer Zins-Steuer Quote im Jahr 1990 von rund 13,7 %. Damit war ein konkretisiertes und einer Erfolgskontrolle zugängliches Ziel gesetzt, das im ersten Jahr nach dem Auslaufen der Sanierungshilfen erreicht werden sollte.

In der im Sanierungsprogramm vom 13. Oktober 1992 festgelegten Sanierungsstrategie hat Bremen die Komponenten Entschuldung und Investitionsausweitung als gleichrangige Bestandteile der Sanierungsbemühungen dargestellt.

Neben der Senkung der Zinslast sollten die Investitionsausgaben gemessen am Durchschnitt der Investitionsausgaben der übrigen Länder überproportional gesteigert werden. Dies sollte die Wirtschafts- und Finanzkraft stärken und darüber zu höheren Steuereinnahmen führen. Die Investitionsmaßnahmen konzentrierten sich insbesondere auf die Programmbereiche Wirtschaftsstruktur, wissenschaftliche Infrastruktur und Verkehr.

Gleichzeitig sollte lt. Planung (s. Tz. 124 f.) ab 1993 der Schuldenstand des Jahres 1991 i. H. v. rund 8 Mrd. bis Ende 1997 um rund 2,7 Mrd. auf rund 5,3 Mrd. abgebaut werden.

In den anschließenden Jahren wollte Bremen in der Lage sein, die Zins-Steuer Quote bei 13,7 % konstant zu halten und bei einem eigenfinanzierten Investitionsvolumen von durchschnittlich rund 0,65 Mrd. mit einer Nettokreditaufnahme von jährlich rund 0,27 Mrd. auszukommen.

Als Voraussetzung für die solidarische Hilfe des Bundes hatte bereits das bestimmt, dass sich die Empfängerländer zu einem eigenen Beitrag zur Sicherstellung des Sanierungserfolgs verpflichten müssen.

Die jährlich zulässige Steigerung der Gesamtausgaben wurde in einer zwischen dem Bund, dem Saarland und Bremen abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung vom 30. Juli 1993 verbindlich auf das vom Finanzplanungsrat empfohlene Maß beschränkt. Die Empfehlungen sahen bis 1996 eine Begrenzung von 3 % und danach eine von 2 % gegenüber den Vorjahren vor.

Nachdem Bremen aufgrund von Analysen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein Verbleib in der extremen Haushaltsnotlage attestiert und die Notwendigkeit weiterer Finanzhilfen anerkannt worden war, wurden die Sanierungszahlungen über das Jahr 1998 hinaus weitergeführt. Unter den Bedingungen der u. a. Eine neue dem Sanierungsprogramm des Jahres 1992 vergleichbare programmatische Neuorientierung wurde nicht vorgenommen.

Dieser von allen Beteiligten getragene politische Wille wurde im Dritten Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 17. Juni 1999 umgesetzt und vom in seinem Urteil vom 11. November 1999 bestätigt. In der Begründung des Gesetzes wurde bestimmt, dass im Hinblick auf die noch bestehenden Anpassungsnotwendigkeiten für die Jahre 1999 bis 2004 eine auslaufende Sanierungshilfe gewährt wird, mit der die extreme Haushaltsnotlage abschließend beseitigt werden sollte.

Mit der Gewährung von Zahlungen für weitere sechs Jahre i. H. v. zusammen rund 3,9 Mrd. ­ von jährlich rund 920 Mio. auf rund 358 Mio. degressiv verlaufend ­ wurde das endgültige Auslaufen der Sanierungshilfen im Jahr 2004 festgeschrieben.

Der gesamte Betrag war für die Schuldentilgung einzusetzen. Die Investitionsmittel sollten aus den durch die weitere Hilfe möglichen Zinsersparnisse nicht weiter aufgestockt, sondern die Zinsersparnisse insgesamt zur weiteren Begrenzung der Verschuldung verwendet werden.

Die weiter notwendige restriktive Haushaltspolitik sollte sichergestellt werden durch die fortgeltende Begrenzung des allgemeinen Ausgabenzuwachses auf jährlich 2 % und eine eigene Obergrenze für die konsumtiven Ausgabepositionen von jährlich 1,5 %. Ab 2003 wurde die Ausgabenzuwachsrate für die beiden Notlageländer auf 1 % und für die konsumtiven Ausgaben auf 0,5 % abgesenkt.

Ergebnis der Sanierung:

Haushaltsbezogene Indikatoren:

Zins-Steuer-Quote:

Das hatte aus einer Kombination von gegenüber den anderen Ländern deutlich schlechteren Quoten einen extremen Haushaltsnotstand gefolgert und ihn auch für Bremen angenommen. Neben u. a. der Kreditfinanzierungsquote hat es als einen Schlüsselindikator die Zins-Steuer-Quote bezeichnet, die am Ende des Sanierungszeitraums als Ausweis einer erfolgreichen Sanierung den Referenzwert des Landes Schleswig-Holstein aus dem Jahr 1990 i. H. v. 13,7 % erreicht haben sollte. Zur Beantwortung der Frage, ob der extreme Haushaltsnotstand beseitigt werden konnte, hat der Rechnungshof die Entwicklung am Beispiel dieser Quote untersucht, weil das die Zins-Steuer-Quote als zuverlässigsten Indikator für die Beurteilung eines Haushaltsnotstands bezeichnet hat.