Steuer

4.2 Prüfungsarbeit des Rechnungshofs - Der Rechnungshof begrüßt grundsätzlich die Verwaltungsreform und wird sich mit ihr weiterhin auseinandersetzen. Er stellt seine Finanzkontrolle und Prüftätigkeit auf die geänderten Gegebenheiten jeweils neu ab. Die fachlich immer komplexer werdende Haushalts- und Wirtschaftsführung im Konzern Bremen muss für Prüfungen aufbereitet und auf Schwachstellen untersucht werden und stellt dabei erhöhte Anforderungen an die Tätigkeit des Rechnungshofs.

Organisation der Korruptionsbekämpfung

Die Korruptionsbekämpfung im bremischen öffentlichen Dienst hat auch vier Jahre nach In-Kraft-Treten einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift noch nicht den notwendigen Stellenwert.

Der Rechnungshof hat gefordert, die vorbeugenden und kontrollierenden Maßnahmen in den Dienststellen sowie die aufdeckenden und repressiven Maßnahmen des Innenressorts zu verstärken. Hierzu hat er eine Reihe von Vorschlägen gemacht.

Im Interesse einer ganzheitlichen Bekämpfung hat er empfohlen, die Grundsatzzuständigkeit für die Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Dienst vom Finanzressort auf das Innenressort zu verlagern und dort die koordinierenden Aufgaben der zentralen Antikorruptionsstelle mit den repressiven Aufgaben der Polizei organisatorisch zu verknüpfen.

1 Vorbemerkungen - Bestechlichkeit und Bestechung sowie Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung gibt es in allen Bereichen der Gesellschaft. Auch der öffentliche Dienst ist von diesen korrupten Praktiken betroffen. Sie schaden den öffentlichen Haushalten in einem beträchtlichen Umfang und belasten die Volkswirtschaft insgesamt. Korruption diskreditiert nicht nur das Gebot der Fairness im Geschäftsverkehr, sie untergräbt vor allem das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Integrität und Funktionsfähigkeit des Staates und schwächt damit die Demokratie.

In Deutschland hatte die Bekämpfung der Korruption bis Mitte der 90er Jahre keinen besonderen Stellenwert. Erst als durch Ermittlungserfolge einiger Staatsanwaltschaften die Größenordung der Korruptionsgefahr deutlich wurde, setzte sich die Einsicht durch, dass es neben gesetzlichen Änderungen und Verschärfungen im Straf-, Steuer- und Beamtenrecht ergänzender und möglichst flächendeckender präventiver Maßnahmen in der öffentlichen Verwaltung bedarf. Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hatte hierzu 1996 das Präventions- und Bekämpfungskonzept Korruption beschlossen und den Ländern empfohlen, die darin beschriebenen Maßnahmen umzusetzen.

In Bremen hatte eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der IMK-Empfehlungen ein Konzept zur Bekämpfung der Korruption im öffentlichen Dienst erarbeitet und dem Senat im Jahr 1998 vorgelegt. Auf dieser Grundlage hatte der Senat mehrere Beschlüsse gefasst. Kernpunkte waren damals,

· in den Ressorts eine alle ihre Arbeitsbereiche abdeckende Innenrevision aufoder auszubauen,

· eine für alle Ressorts nutzbare Datenbank zu entwickeln, mit der Vergabeund Beschaffungsvorgänge kontrolliert werden können,

· ein Antikorruptionsreferat mit 2,5 Stellen bei der damaligen Senatskommission für das Personalwesen (SKP) einzurichten.

Das zentrale Antikorruptionsreferat sollte die Korruptionsbekämpfung in der bremischen Verwaltung koordinieren. Zugeordnet wurde ihr eine sog. mobile Prüfgruppe mit je einem Vertreter aus den Bereichen Kriminalpolizei, Bautechnik und Steuerprüfung, die als Ad-hoc-Gruppe anlassbezogen tätig werden sollte, z. B. zur Beweissicherung.

Darüber hinaus hatte der Senat die Ressorts aufgefordert, Antikorruptionsbeauftragte als Ansprechpartner für die Beschäftigten zu benennen und die SKP beauftragt, eine Dienstanweisung über die Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung vorzulegen. Nach einem langwierigen Abstimmungsprozess mit den Ressorts trat schließlich Anfang 2001 die Verwaltungsvorschrift zur Vermeidung und Bekämpfung der Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Land und Stadtgemeinde) in Kraft.

Der Rechnungshof ist der Frage nachgegangen, ob die Korruptionsbekämpfung sachgerecht und wirksam organisiert ist und ob die Regelungen in der Verwaltungsvorschrift ausreichend sind.

2 Prüfungsfeststellungen und Stellungnahme des Finanzressorts

Allgemeine Einschätzung der Korruptionsbekämpfung in Bremen - Das dem Senat 1998 von der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe vorgelegte Bekämpfungskonzept hat sich bis zum Erlass der Verwaltungsvorschrift im Jahr 2001 stark verändert. Einst als wichtig erachtete Kontroll- und Eingriffsrechte der zentralen Antikorruptionsstelle, z. B. der Zugriff auf die mobile Prüfgruppe für überraschende Kontrollen vor Ort, sind in die Vorschrift nicht aufgenommen worden.

Dadurch ist der Bereich der Aufdeckung korrupter Taten, der im Grenzfeld zwischen präventiven und repressiven Maßnahmen liegt, entscheidend geschwächt worden.

Die seit Auflösung der SKP dem Senator für Finanzen zugeordnete zentrale Antikorruptionsstelle ­ nach der ursprünglichen Konzeption mit 2,5 Stellen besetzt und mit Eingriffsrechten ausgestattet ­ ist heute entsprechend der Verwaltungsvorschrift eine Koordinierungsstelle mit zentralen Aufgaben im Präventionsbereich. Personell verfügt sie über nur noch 0,35 Stellenanteile. Für die Aufdeckung von Korruption ist sie praktisch ohne Bedeutung. Im Ergebnis trifft dies auch auf die mobile Prüfgruppe zu. Zwar ist diese weiterhin der Antikorruptionsstelle zugeordnet, kann jedoch nur auf Wunsch eines Ressorts tätig werden. Zu einem Einsatz ist es in all den Jahren allerdings nicht gekommen.

Der Rechnungshof hat kritisiert, dass es keine ergänzenden zentralen Aktivitäten und Maßnahmen, beispielsweise die Einrichtung eines kostenfreien Bürgertelefons, gegeben hat, um verstärkt Hinweise ­ auch anonyme ­ von Beschäftigten, Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen auf Fehlverhalten öffentlich Bediensteter zu erhalten. Gerade derartige Informationen hatte die ressortübergreifende Arbeitsgruppe im ursprünglichen Konzept zu Recht als wichtig bezeichnet. Es reicht nicht aus, sich insoweit auf das Behördenfernsprechbuch und den zweifellos sehr guten Internetauftritt der zentralen Antikorruptionsstelle zu beschränken.

Defizitär sind aber auch die anderen seinerzeit als Kernpunkte der Korruptionsbekämpfung bezeichneten Maßnahmen. Weder gibt es heute ­ immerhin mehr als sechs Jahre nach dem Senatsbeschluss ­ eine flächendeckende und personell hinreichend ausgestattete Innenrevision in den Ressorts (s. Tz. 513 ff.), noch ist in der Gesamtverwaltung ein Datenbanksystem installiert, mit dem Vergaben und Beschaffungen kontrolliert werden können. Verbesserungsbedürftig sind darüber hinaus einige der in der Verwaltungsvorschrift genannten Präventionsmaßnahmen, u. a. die Personalrotation.

Weiter hat der Rechnungshof bemängelt, dass im bremischen Konzept eine wesentliche Empfehlung der IMK fehlt: Weder die ursprüngliche Konzeption noch die jetzige Verwaltungsvorschrift sehen vor, anhand bestimmter Kriterien korruptionsbedrohte Arbeitsbereiche systematisch und flächendeckend zu identifizieren und darauf aufbauend ggf. Risikoanalysen durchzuführen. Diese von den Ressorts zu leistenden Vorarbeiten sind für eine wirksame Korruptionsprävention jedoch unabdingbar. Ohne sie bleiben konkrete organisatorische Präventionsmaßnahmen zufällig, fehleranfällig und insgesamt Stückwerk.

Den Rechnungshof hat das Konzept in seiner heutigen Form nicht überzeugt. Angemahnt hat er eindeutige Signale der Ressortspitzen zum Stellenwert der Korruptionsbekämpfung, auch und gerade durch eine ausreichende personelle Ausstattung des Systems. Dabei sollte im Blick sein, dass eine wirksame Prävention die Ressorthaushalte entlastet. Überteuerte Leistungen und Preise können vermieden werden.

Das Finanzressort hat die allgemeine Einschätzung des Rechnungshofs nicht geteilt. Nach seiner Auffassung trage das Maßnahmenbündel des Senats den bestehenden Gegebenheiten insgesamt Rechnung. Es sei ein relativ junges Instrumentarium, für das der Grundsatz der lernenden Verwaltung gelte. In den vier Jahren des Bestehens der Verwaltungsvorschrift seien trotz knapper personeller Ressourcen sinnvolle Neujustierungen vorgenommen worden.

Der Rechnungshof hält an seiner kritischen Bewertung fest, zumal das Finanzressort in seiner Stellungnahme eingeräumt hat, die personelle und finanzielle Ausstattung der Bereiche lasse wegen der knappen Haushaltsmittel Wünsche offen.

Der Rechnungshof hat gefordert, der Korruptionsgefahr im bremischen öffentlichen Dienst effektiver zu begegnen. Hierzu hat er vorgeschlagen,

· die dezentrale Prävention zu verstärken und die Verwaltungsvorschrift zu überarbeiten,

· die Grundsatzzuständigkeit für die Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Dienst zu verändern,

· innovative Möglichkeiten ­ z. B. Internetzugang für anonyme Hinweisgeber ­ zu nutzen, um korruptes Handeln vermehrt aufzudecken,

· wichtige rechtliche Begleitmaßnahmen politisch zu unterstützen, ggf. zu initiieren.

Empfehlungen zur Stärkung der dezentralen Prävention

Korruptionsgefährdete Arbeitsplätze systematisch ermitteln - Die Ressorts müssen durch die Verwaltungsvorschrift verpflichtet werden, systematisch und flächendeckend korruptionsanfällige Arbeitsbereiche und Funktionen zu ermitteln. Dabei erkannte Risiken sind mit präventiv wirkenden Organisationsmaßnahmen ­ z. B. Personalrotation (s. Tz. 481 f.), geänderte Arbeitsabläufe, Mehr-Augen-Prinzip ­ zu minimieren. Der Rechnungshof hat auf entsprechende Vorgaben und Umsetzungshilfen verwiesen, die der Bundesinnenminister in seine Bekämpfungsrichtlinien für die Bundesverwaltung aufgenommen hat.

Erreicht werden sollte, dass ein Gefährdungsatlas entsteht, der es auch zentralisierten Arbeitseinheiten ­ z. B. den Innenrevisionen ­ ermöglicht, Risikobereiche zielgerichtet zu prüfen. Er könnte auch Grundlage dafür sein, Beschäftigte in korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen ­ auch und gerade Vorgesetzte ­ verpflichtend fortzubilden (s. Tz. 483 f.). - Das Finanzressort hat hierzu mitgeteilt, die zentrale Antikorruptionsstelle habe eine Handlungshilfe zur Risikoanalyse im Entwurf erstellt, die gegenwärtig mit den Antikorruptionsbeauftragten der Ressorts beraten werde.

Der Rechnungshof begrüßt diese Vorarbeiten.

Bekämpfungselement Innenrevision stärken - Die Innenrevision unterstützt die Führungsfunktion der Dienststellenleitung. Sie prüft u. a., ob das interne Kontrollsystem und die Informations- und Ablaufsysteme lückenlos aufgebaut sind und zuverlässig arbeiten und ob die Fachvorgesetzten ihrer Führungsverantwortung gerecht werden. Sie ist damit zugleich ein wichtiges Instrument zur Korruptionsbekämpfung in den Dienststellen. Obwohl der Senat in den Jahren 1998 bis 2000 die Ressorts mehrfach aufgefordert hatte, Innenrevisionen einzurichten oder bestehende auszubauen, gibt es immer noch erhebliche Defizite (s. Tz. 513 ff.). Die in den senatorischen Dienststellen eingerichteten Revisionseinheiten sind durchweg extrem klein. Mit den geringen personellen Ressourcen ist eine auch nur annähernd ausreichende Revisionstätigkeit nicht möglich. Korruptionsgefährdete Arbeitsbereiche und Funktionen müssen kaum mit einer Kontrolle rechnen. Dadurch entfällt die an sich vorhandene präventive Wirkung der Innenrevision. Die Ressorts müssen ihre Revisionseinheiten personell deutlich besser ausstatten.

Beschaffungen und Vergaben technikgestützt kontrollieren - Ein Kernpunkt im ursprünglichen Konzept zur Korruptionsbekämpfung war es, ein Datenbanksystem zu entwickeln und in allen Ressorts einzuführen, mit dem Vergabe- und Beschaffungsvorgänge kontrolliert werden können (s. Tz. 460). Dies ist bis heute nicht geschehen.

Eingebettet in das E-Government-Angebot Bremens entsteht gegenwärtig ein sog. elektronisches Einkaufsmanagement.