Klimaschutzwirkung unserer Wälder erhöhen
Wälder und intakte humusreiche Waldböden sind neben den Ozeanen die größten CO2-Speicher - auch deshalb sind diese von herausragender Bedeutung für den Klimaschutz. Wälder binden in großen Mengen den „Klimakiller" CO2 im nachwachsenden Holz und in der organischen Substanz der Waldböden. Innerhalb des Waldes wird deshalb nach verschiedenen Kohlenstoffspeichern unterschieden:
1. Die Bäume als lebende Speicher, wobei nach ober- und unterirdischer Biomasse unterschieden wird.
2. Das Totholz, unabhängig ob stehend oder liegend.
3. Die Streuschicht und der Auflagehumus.
4. Der Boden und die Bodenvegetation.
Wachsende Bäume verbrauchen und binden CO2. Durch Photosynthese und nachfolgende Prozesse setzen sie das Treibhausgas in Holz um. Wälder sind gigantische Kohlenstoff-Speicher - in bis zu 400 Tonnen Holz pro Hektar lagern sie 200 Tonnen Kohlenstoff ein. So entzieht eine einzige 150-jährige Buche der Luft in der Vegetationszeit an einem Tag rund 4 kg CO2. Dies alles geschieht unter der Voraussetzung, dass sich die Wälder und ihre Böden in einem optimalen Zustand befinden. Das CO2 Bindevermögen im Holz wird im Wesentlichen von der vorhandenen Holzmasse, dem Zuwachs und der Holzdichte bestimmt - kurz gesagt, je höher der Vorrat pro Hektar Waldfläche ist und je höher die Holzdichte ist, desto höher ist das CO2-Bindevermögen.
Bedingt durch die Forstgeschichte, zivilisatorisch bedingte Waldverluste (WaldSterben), waldbauliche Entscheidungen bis vor 1987 (Kahlschläge etc.), zahlreiche sturmbedingte Waldopfer, Sekundärschäden durch Insektenkalamitäten und durch die vom Umweltministerium im Jahr 2006 veröffentlichten Belastungen der Waldverjüngung durch überhöhte Schalenwildbestände, ist der Saarwald weit davon entfernt, als kostenloser CO2-Speicher sein mögliches Klimaschutzpotenzial zu entfalten.
Unabhängig von den vorgenannten Aspekten liegt der hektarbezogene Durchschnittsvorrat mit 260 Vorratsfestmetern weit unter dem Potenzial, welches unsere Wälder bei den optimalen saarländischen Wuchsverhältnissen zu leisten in der Lage wären.
Selbst bei vorsichtiger Schätzung liegt der heutige Holzvorrat pro Hektar Waldfläche um rund 100 Festmeter unter dem möglichen Potenzial. Saarlandweit bedeutet dies einen Untervorrat von rund 9,3 Millionen Festmeter Holz oder rund 22,5 Millionen Tonnen CO2. Solche vorratsreichen Wälder binden in intakten Waldböden, im Totholz, in der Streuschicht und im Auflagehumus und in den Böden und der Bodenvegetation eine weitere gewaltige Menge des Treibhausgases CO2.
Wie Presseberichten zu entnehmen war, beabsichtigt die saarländische Landesregierung, mit Neuaufforstungen bisher nicht bewaldeter Flächen eine CO2-Senke zu realisieren - offenbar ohne das bereits vorhandene Potenzial in unseren Wäldern auszuschöpfen. Die Aufforstung bisher nicht bewaldeter Flächen birgt - im Vergleich zu naturnahen Verfahren - viele Nachteile, z.B.:
1. Gepflanzte Bäume aus Baumschulen weisen oft eine schlechtere Standorteignung auf als die standörtlich bewährte Naturverjüngung.
2. Gepflanzte Bäume können auf Grund mehrfacher Unterschnitte ihre Wurzeln nicht, wie von der Natur vorgesehen, ausbilden (besonders negativ für Baumarten mit Pfahlwurzel).
3. Neukulturen sind anfällig für Wetterextreme (hohe Ausfälle bei Trockenheit).
4. Neukulturen auf Nichtwaldflächen führen zu einer Flächenkonkurrenz mit anderen Nutzungen (Landwirtschaft).
5. Neukulturen auf Nichtwaldflächen erfordern einen erhöhten Wildschutz.
6. Neukulturen auf Nichtwaldflächen erfordern in den ersten ca. 10 Jahren einen erhöhten Unterhaltungsaufwand.
7. Neukulturen auf Nichtwaldflächen entfalten erst sehr viel später eine nennenswerte Klimaschutzwirkung.
8. Neukulturen binden erhebliche finanzielle Aufwendungen.
9. Nicht-Waldböden entwickeln erst nach mindestens einer Waldgeneration „waldbodenähnliche" Zustände mit den positiven Effekten auch für den Klimaschutz.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Regierung des Saarlandes:
1. Wie viele Hektar „Klimaschutzwälder" wurden seit 2005 auf bisher nicht forstlich genutzten Flächen aufgeforstet und wo befinden sich die Flächen (Gemarkung, Flur, Flurstück und Jahr der Aufforstung)?
2. In wessen Eigentum befanden sich die Flächen und wer ist heute Eigentümer?
3. Durch wen wurden die Aufforstungen durchgeführt, welche Baumarten wurden gepflanzt und welche Kosten verursachte dies? (Bitte getrennt aufführen nach Kosten für Pflanzmaterial, Pflanzung, Waldschutzmaßnahmen wie Zaunbau etc. und Kulturpflege.)
4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die laufenden Kosten zur Unterhaltung der Aufforstungsflächen in den nächsten 20 Jahren ein (z.B. Pflege, Zaunkontrolle und Zaununterhaltung, Zaunabbau und Zaunentsorgung)?
5. Wie hoch wird das CO2 Bindevermögen pro Jahr und Hektar für die nächsten 20 Jahre eingeschätzt? (Angabe bitte getrennt nach Jahren unter Berücksichtigung des Zuwachses.)
6. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um das CO2 Bindevermögen in den Landesforsten zu erhöhen und wie hoch ist die Zielgröße der Holzvorräte pro Hektar Waldfläche?
7. Verfolgte die letzte Forstreform das Ziel, den neuen Aufgaben nach einer Erhöhung der Klimaschutzfunktion des Staatswaldes gerecht zu werden und welche konkreten organisatorischen Entscheidungen wurden dazu getroffen?
8. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um auch in anderen Waldbesitzen (Kommune und Privatwald) - außerhalb der „normalen" Förderungen aus dem Gemeinschaftsaufgabengesetz - ein konkretes Klimaschutzprogramm Saar-Wald zu initiieren?