Flexible Sperrzeiten in der Gastronomie ermöglichen ­ Übertragung der Entscheidungskompetenz auf die Kommunen ­ Selbstverwaltungsrecht stärken

Der Landtag wolle beschließen: Veränderte Lebensgewohnheiten und Lebensbedürfnisse der Menschen im Saarland, gerade der jüngeren Generation, machen eine flexible Anpassung der Sperrzeitenregelungen an das Ausgehverhalten erforderlich. Gab es noch vor einigen Jahren feste Tage oder Tageszeiten, an denen ausgegangen wurde, ist es heute nicht mehr voraussehbar, wie und wo die Menschen ihre Freizeit genießen. Der frühe Abend gehört heute aufgrund flexiblerer Arbeitszeiten vielfach noch zur Arbeitszeit. Der Besuch von Gaststätten hat sich zeitlich nach hinten verschoben. Dies gilt auch - gerade in der warmen Jahreszeit - für den Außenbereich von Gaststätten. Die Menschen haben ein berechtigtes Bedürfnis, sich auch nach 22 Uhr noch in einem Biergarten aufhalten zu können. Andererseits muss auch das berechtigte Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner an der wohl verdienten Nachtruhe berücksichtigt werden. Dies wird durch die Festlegung von Sperrzeitenregelungen verwirklicht.

Nach dem derzeit geltenden Recht ist der Außenausschank nach 22 Uhr nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Nach der saarländischen Gaststättenverordnung beginnt die Sperrzeit auch für die Außengastronomie um 5 Uhr und endet um 6 Uhr (sog. „Kehrstunde"). Es sind aber immissionsschutzrechtliche Einschränkungen zu beachten. Ab 22 Uhr dürfen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (in Verbindung mit der TA Lärm) zum Schutz der Nachtruhe außerhalb von Gebäuden Werte zwischen 35 und 45 dB je nach Gebiet nicht überschritten werden. D.h. dass nicht die Uhrzeit, sondern ab 22 Uhr die Lautstärke entscheidend ist. Ausnahmen hiervon können auf Antrag durch die Ortspolizeibehörden zugelassen werden. Bereits jetzt wird der Außengastronomie der Außenausschank teilweise bis 24 Uhr erlaubt. Ob die Ortspolizeibehörde im Einzelfall die Sperrzeiten ganz aufhebt, verkürzt oder verlängert, liegt in ihrem Ermessen.

Auf diese Weise kann praktikabel und einzelfallgerecht eventuellen Veränderungen des Ruhebedürfnisses bzw. des Freizeitverhaltens der Bevölkerung entsprochen werden. Allerdings hat diese einzelfallbezogene Regelung den Nachteil, dass die Sperrzeiten eben für einzelne Gaststätten entsprechend ihrem Antrag verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden müssen. Das gesamte Verfahren kann sowohl für den Antragsteller als auch für die Behörde langwierig und mit hohem bürokratischen Aufwand und erheblichen Kosten verbunden sein. Für eine Verlängerung befristeter Ausnahmegenehmigungen sind weitere Anträge erforderlich, die wiederum kostenpflichtig sind und erneuten Verwaltungsaufwand hervorrufen.

Einen vernünftigen Ausgleich zwischen dem Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner vor Lärmbelästigung und der Nachfrage nach Freizeitmöglichkeiten kann die Landesregierung dadurch schaffen, dass sie den Kommunen die Möglichkeit gibt, die Sperrzeiten dort flexibel zu gestalten, wo es angemessen und möglich ist. Daher sollte die Landesregierung die rechtliche Grundlage dafür schaffen, die es den Kommunen ermöglicht, eigene Sperrzeitverordnungen zu erlassen. So können sowohl verbraucherals auch anwohnerfreundliche Sperrzeiten eingeführt werden. Flexiblere Sperrzeiten tragen zur Attraktivitätssteigerung des urbanen Lebens bei und beeinflussen das kulturelle Image der Kommunen positiv. Durch die Übertragung der Entscheidungskompetenz auf die kommunale Ebene wird die Selbstverwaltung gestärkt. § 18 Abs. 1 Satz 3 Gaststättengesetz erlaubt es den Ländern, die Festsetzung der Sperrzeiten auf die Kommunen zu übertragen. Von dieser Möglichkeit soll das Saarland Gebrauch machen, um in Zukunft die kommunalen Räte in die Lage zu versetzen, durch einzelnen Beschluss eine Regelung für die Allgemeinheit, für den besonderen Fall, für einzelne Stadtteile oder Standorte zu treffen. Man kann vor Ort besser entscheiden, in welchem Bereich welche Öffnungszeiten möglich sind und akzeptiert werden und an welcher Stelle längere Öffnungszeiten nicht akzeptiert werden. Zudem haben die Kommunen die Möglichkeit, die langen Antragsverfahren abzukürzen, was zu einer Entbürokratisierung beiträgt und auch die Arbeit der Verwaltung vereinfacht.

In anderen Bundesländern wird dies bereits erfolgreich umgesetzt. So finden sich z.B. in Nordrhein-Westfalen in vielen Städten und Gemeinden Verordnungen, die die Außengastronomie bis 24 Uhr und länger erlauben.

Der Landtag des Saarlandes fordert die Landesregierung daher auf:

· die saarländische Gaststättenverordnung so zu ändern, dass die in § 18 Abs. 1 Satz 1 Gaststättengesetz der Landesregierung erteilte Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung auf die Kommunen übertragen wird, um diesen eine flexiblere Sperrzeitenverordnung zu ermöglichen.