Durchschnittliche Verfahrensdauer bei Gerichten und Staatsanwaltschaften

Vorbemerkung des Fragestellers: „Die Justizministerien der Länder erstellen jedes Jahr Statistiken über die Geschäftsentwicklung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften, woraus sowohl die Anzahl als auch die Dauer der Verfahren hervorgehen."

Wie hoch ist die durchschnittliche Verfahrensdauer im gesamten Bundesgebiet sowie in den einzelnen Bundesländern, aufgeschlüsselt nach Gerichtsarten, Staatsanwaltschaften, Verfahrensarten und Jahren seit 1995?

Zu Frage 1: Die detaillierten Verfahrensdauern bei den einzelnen Gerichten und Staatsanwaltschaften seit 1995 ergeben sich ­ soweit verfügbar ­ aus der Anlage.

Welche Ursachen sieht die Landesregierung für die statistisch ermittelten Verfahrensdauern im Einzelnen, insbesondere dort, wo die Verfahrensdauer im Saarland über dem Bundesdurchschnitt liegt?

Zu Frage 2: Die Verfahrensdauern in der ordentlichen Gerichtsbarkeit der Saarländischen Justiz sind uneinheitlich. In 9 von 15 Bereichen sind sie im aktuellen Vergleich (2003) kürzer als der Bundesdurchschnitt. Deutlich besser als der Bundesdurchschnitt liegen insbesondere die Familiensachen bei den Amtsgerichten sowie die Straf- und Bußgeldsachen beim Saarländischen Oberlandesgericht.

Das Landgericht Saarbrücken erreicht in Strafsachen erster Instanz im Vergleich zu den anderen Bundesländern die zweitkürzeste Verfahrensdauer. Im Bereich der Zivilkammern bei dem Landgericht, die in der Vergangenheit deutlich längere Verfahrenszeiten aufwiesen als der Bundesdurchschnitt, konnte im Jahr 2004 eine deutliche Verkürzung erreicht werden. Zu den Ursachen und deren Behandlung: siehe Frage 4.

Die Verfahrensdauer bei der Staatsanwaltschaft, die seit 1999 zurückgegangen war, ist zuletzt wieder leicht angestiegen und lag im Jahr 2004 um 0,9 Monate über dem Bundesdurchschnitt. Ursache hierfür dürften neben der stets hohen Belastung der Staatsanwaltschaft ein vor allem durch zahlreiche Altersabgänge bedingter Personalwechsel und dadurch hervorgerufene Einarbeitungszeiten sein. Vor diesem Hintergrund wird erwartet, dass sich die Verfahrensdauer nach Bewältigung der personellen Veränderungen in der Staatsanwaltschaft wieder verbessern wird.

Die Verfahrensdauer in den Fachgerichtsbarkeiten liegt durchweg unter den oder im Bereich der bundesdurchschnittlichen Erledigungszeiten. So waren die Verfahrenszeiten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Ausnahme der Berufungsverfahren in Asylsachen beim Oberverwaltungsgericht in den letzten Jahren deutlich kürzer als im Bundesdurchschnitt. Gleiches gilt für die Finanzgerichtsbarkeit. In der Sozialgerichtsbarkeit sind die erstinstanzlichen Verfahrenszeiten gleich bleibend unter Bundesdurchschnitt; in der Berufungsinstanz sind sie zuletzt etwas über den Bundesdurchschnitt gestiegen, was in erster Linie auf verschiedene personelle Veränderungen im Richterbereich zurückzuführen sein dürfte, der sich durch Altersabgänge ergeben hat und entsprechende Einarbeitungszeiten zur Folge hatte. In der Arbeitsgerichtsbarkeit liegt die durchschnittliche Verfahrensdauer in der ersten Instanz im Bereich des Bundesdurchschnitts, in der Berufungsinstanz ist sie unterdurchschnittlich.

Wie bewertet die Landesregierung die Verfahrensdauer im Einzelnen im Vergleich zu den anderen Bundesländern?

Zu Frage 3: Insgesamt liegt die Verfahrensdauer bei den Saarländischen Gerichten im Bereich des Bundesdurchschnitts. Während einige Verfahrensarten länger als der Bundesdurchschnitt dauern, gibt es eine Vielzahl von Verfahrensarten, die zum Teil deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen, so dass sich in der Gesamtbetrachtung kürzere und längere Verfahrenszeiten ausgleichen.

Soweit indes die Verfahrensdauer bei einzelnen Verfahren deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, ist dies Gegenstand besonderer Beobachtung und Behandlung (siehe Frage 4).

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Verfahrensdauer im Saarland zu verkürzen?

Zu Frage 4: Die Bearbeitungsdauer von gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren wird durch eine Reihe vielfältiger Faktoren bestimmt.

Die Arbeitsbelastung der jeweiligen Richter und Staatsanwälte, die technische Ausstattung der Arbeitsplätze, aber auch individuelle Bedingungen wie Arbeitsmethode und Verhandlungsgeschick spielen eine gewichtige Rolle. Allerdings ist die Einwirkungsmöglichkeit der Landesregierung auf die Dauer der Verfahrenserledigung sehr beschränkt, weil die Art und Weise der Verfahrensbehandlung Teil der grundgesetzlich verankerten richterlichen Unabhängigkeit ist und damit von der Justizverwaltung nicht beeinflusst werden kann.

Einfluss hat die Justizverwaltung im Wesentlichen auf die sächlichen Rahmenbedingungen und die Personalausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften.

Letztere war in der Vergangenheit gerade im Bereich der Amtsgerichte und des Landgerichts gemessen an bundesdurchschnittlichen Maßstäben überdurchschnittlich. Auch wenn angesichts der Haushaltslage des Saarlandes auch in diesem Bereich Sparmaßnahmen erforderlich und zwischenzeitlich eingeleitet sind, wird die Personalausstattung an den Gerichten nicht unter den Bundesdurchschnitt zurückfallen.

Oberste Priorität hat für die saarländische Landesregierung die Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen, zeitnahen Rechtsschutzes. Mit der Einführung des fortschreibungsfähigen Personalbedarfsberechnungssystems „PEBB§Y" wird es künftig den Gerichten im Rahmen der ihnen obliegenden richterlichen Selbstverwaltung ermöglicht werden, die Verteilung der anstehenden Verfahren gerechter vorzunehmen und damit die Gleichmäßigkeit der Belastung unter der Richterschaft sicherzustellen.

Darüber hinaus hat die Landesregierung in den vergangenen 5 1/2 Jahren ganz erheblich in die sächliche Ausstattung der Gerichte und insbesondere in deren IT-Ausstattung investiert. Die Einführung von EUREKA Delphi, einer auf den Gerichtsbereich zugeschnittenen Anwendersoftware für die ordentliche Gerichtsbarkeit, ist derzeit im Gang. Wenn die Einführung abgeschlossen ist, wird sie eine weitere Arbeitserleichterung auch für die Richterschaft mit sich bringen und damit helfen, die Verfahrensdauer weiter zu senken. Ähnliches gilt für die Staatsanwaltschaft, bei der die Einführung einer hochmodernen Software ansteht, durch die die Verfahrensdauer positiv beeinflusst werden kann.

Einen wichtigen Beitrag zur Optimierung der gerichtsinternen Verfahrensabläufe stellt auch die organisatorische Vernetzung der Tätigkeit des Richters, der Geschäftsstelle und der Kanzlei in sogenannten Serviceeinheiten dar, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle Tätigkeiten zur Vorbereitung und Ausführung der richterlichen Entscheidungen nach Art von Verfahrensassistenten selbständig erledigen. Die für die Bildung ganzheitlicher Service-Einheiten erforderliche Grundschulung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist im Wesentlichen abgeschlossen, die Fachausbildung läuft zur Zeit.

Schließlich fördert die saarländische Landesregierung die gezielte Wahrnehmung von Fortbildungsangeboten durch die saarländischen Richterinnen und Richter bzw. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Das Saarland beteiligt sich unter anderem an der Ausrichtung einzelner Veranstaltungen der Richterakademie und hält im Rahmen des Gemeinsamen Justizfortbildungsprogramms Rheinland-Pfalz/Saarland ein attraktives Fortbildungsprogramm für alle im Justizdienst beschäftigte Berufsgruppen vor. Für neu eingestellte Assessorinnen und Assessoren findet regelmäßig ein Einführungskurs statt. Ein im Jahr 2004 eingerichtetes Management-Kolleg zielt darauf ab, Richterinnen und Richter bzw. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte auf die Übernahme von Führungsaufgaben vorzubereiten.