Einrichtung von Schülerschiedsstellen

Vorbemerkung der Fragestellerin: „Die Jugendkriminalität im Saarland nimmt zu ­ so war in den vergangenen Jahren ein Anstieg der Straftaten mit Gewaltkomponenten zu verzeichnen (von 2003 bis 2004 betrug laut LKA-Statistik die Zunahme 13,4%). Angesichts dieser Zahlen muss über einen neuen Ansatz bei der Bekämpfung bzw. Prävention der Jugendkriminalität nachgedacht werden. Ein in Bayern seit 2000 erfolgreich angewendetes Modell ist die Einrichtung von Schülergerichten, sogenannten Teen Courts.

Dass Jugendliche sich eher durch das Urteil Gleichaltriger vom Unrecht ihrer Tat überzeugen lassen und deshalb von einer Wiederholung der Tat absehen, als von tatsächlichen Richtersprüchen, hat die Erfahrung in rund 400 Verfahren vor Schülerschiedsstellen in Aschaffenburg gezeigt. Dort wurden nur 5% der von Schülern „Verurteilten" rückfällig, im Vergleich zu 12% der von Richtern bestraften. Aufgrund dieser guten Erfahrungen wurde das Projekt auf Ansbach, Ingolstadt und Memmingen ausgedehnt."

Vorbemerkung der Landesregierung:

Die pauschale Annahme zunehmender Jugendkriminalität im Saarland lässt sich anhand der hier vorliegenden Zahlen nicht nachvollziehen, vielmehr weist die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2005 einen Rückgang der bei der Polizei des Saarlands bearbeiteten Straftaten Jugendlicher aus (vgl. Antwort zu Frage 1.). Der Bekämpfung der sich gleichwohl auf hohem Niveau bewegenden Jugendkriminalität misst die Landesregierung aber unverändert hohe Bedeutung bei.

Wie viele Delikte jugendlicher Täter wurden im Saarland im Jahr 2005 begangen?

Zu Frage 1: Eine Darstellung aller tatsächlich begangenen Straftaten Jugendlicher ist nicht möglich. In der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) werden die der Polizei bekannt gewordenen, strafrechtlich relevanten Sachverhalte nach bundeseinheitlichen Kriterien erfasst. Danach wurden 3.770 Straftaten einschließlich versuchter Straftaten im Jahr 2005 registriert, bei denen der Verdacht bestand, dass sie durch jugendliche (d.h. durch 14- bis unter 18-jährige) Täter begangen wurden. Dieses bedeutet gegenüber 2004 einen Rückgang um 341 Straftaten oder ca. 8,3%. Den bundeseinheitlichen Vorgaben entsprechend sind in diesen Zahlen Ordnungswidrigkeiten, Staatsschutz- und Verkehrsdelikte (mit Ausnahme von Straftaten nach den §§ 315, 315b StGB und § 22 StVG) nicht enthalten. Die Zahlen der durch die statistischen Landesämter nach ebenfalls bundeseinheitlichen Kriterien erstellten Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2005 liegen noch nicht vor.

Wie viele Jugendrichter gibt es im Saarland, die mit diesen Fällen betraut wurden?

Zu Frage 2.:

An den Strafgerichten im Saarland wurden im Jahr 2005 auf 9,44 Stellen (Berufs-) Jugendrichterinnen und Jugendrichter eingesetzt, davon an den Amtsgerichten auf 7,34 Stellen und am Landgericht Saarbrücken auf 2,1 Stellen. Außerdem wurden in der laufenden Schöffenwahlperiode 200 Hauptjugendschöffinnen und Hauptjugendschöffen, sowie 128 Hilfsjugendschöffinnen und Hilfsjugendschöffen für den Einsatz bei den Jugendschöffengerichten und den Jugendkammern im Saarland bestimmt.

Diese sind allerdings nicht mit allen Fällen betraut, die sich aus der PKS ergeben, sondern nur mit dem Ausschnitt an Straftaten, der durch die Staatsanwaltschaft den Jugendgerichten zur Entscheidung vorgelegt wird.

Beabsichtigt die Landesregierung angesichts der im August 2005 (vgl. SZ-Artikel vom 24.08.05) sowie im zuständigen Fachausschuss am 29.09.2005 seitens des Justizministeriums gezeigten Gesprächsbereitschaft, zur Kriminalitätsbekämpfung unter Jugendlichen konkrete Maßnahmen zu ergreifen, die sich am „Teen CourtModell" orientieren? Wenn nein, welche Gründe führen zu einer ablehnenden Haltung?

Zu Frage 3.:

Hier als „Teen Court-Modell" bezeichnete kriminalpädagogische Projekte sind bisher als Modellprojekt in Bayern (an 4 Standorten), in Hessen und in Nordrhein-Westfalen (je 1 Standort) eingeführt worden. Eine landesweite Einführung von sogenannten Teen Courts ist bislang in keinem Bundesland erfolgt.

Von den bisher durchgeführten Modellprojekten werden insbesondere die in Bayern durchgeführten Projekte durch wissenschaftliche Begleituntersuchungen evaluiert.

Abschließende Ergebnisse liegen nach Kenntnis der Landesregierung zu der Frage der Wirksamkeit dieser Projekte noch nicht vor. Das bayerische Staatsministerium der Justiz hat mitgeteilt, dass die Ergebnisse der laufenden Rückfalluntersuchung für das am längsten bestehende Projekt in Aschaffenburg voraussichtlich im Jahr 2007 vorliegen werden. Das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales im Saarland steht insoweit mit dem bayerischen Staatsministerium der Justiz in engem Kontakt, so dass gewährleistet ist, dass die dort aus den laufenden Modellprojekten gewonnen Erkenntnisse hier verwendet werden können.

Die Landesregierung beabsichtigt, über die Einführung von hier „Teen Court-Modell" genannten Schülergremien zu entscheiden, wenn belastbare Ergebnisse über die Wirksamkeit der in Bayern durchgeführten, auf einzelne Standorte beschränkten Modellprojekte vorliegen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein parallel zu Bayern im Saarland durchgeführtes Projekt bessere oder schnellere Ergebnisse verspricht, als die dort bereits bestehenden Projekte. Insbesondere besteht kein Anlass, an der Validität der durch das Institut von Prof. Dr. Schöch in München durchgeführten Untersuchung des bayerischen Modellprojekte zu zweifeln. Diese Haltung entspricht der bisher dem Landtag des Saarlandes mitgeteilten Auffassung der Landesregierung.

Für den Fall, dass tatsächlich Schülerschiedsgerichte im Saarland eingesetzt werden sollten, ab wann wäre mit derartigen Gremien zu rechnen?

Für welche Deliktsgruppen wären derartige Gremien zuständig?

Zu Frage 4.:

Wie zu Frage 3. bereits ausgeführt, wird erst nach Vorliegen der Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Begleituntersuchung aus Bayern und hier insbesondere derjenigen zur Wirksamkeit der dort durchgeführten Modellprojekte über die Einführung entsprechender Projekte im Saarland entschieden. Danach ist gegebenenfalls in Abstimmung mit den an einem solchen Projekt Beteiligten zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt und in welcher konkreten Ausgestaltung das Projekt begonnen werden soll.

Dazu gehört auch die dann zu klärende Frage, welche Straftaten als geeignet für die Überweisung an das Projekt erachtet werden. Dabei werden Fälle schwerer Jugendkriminalität, insbesondere erheblicher Gewaltkriminalität nicht in Betracht kommen können.

Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit der Erprobung des „Teen Court-Modells" im Rahmen eines Modellprojekts im Saarland?

Zu Frage 5.:

Auf die Antwort zu Frage 3. wird verwiesen.