Georg Thierauf wird Materialversprödung die bei Thomasstahl auftreten kann als Ursache der Mastbrüche jedoch ausgeschlossen

Sicherheit der saarländischen Stromnetze Vorbemerkung der Fragestellerin: „Ein kompletter Zusammenbruch der Stromversorgung - wie kürzlich im Münsterland - zeigt, wie abhängig Wirtschaft und Gesellschaft von einer kontinuierlichen Stromversorgung sind. Bereits kleine Versorgungsunterbrechungen führen zu einer nicht unerheblichen Belastung der Stromnutzer. Um solchen Fällen vorbeugen zu können, müssen mittel- bis langfristige Instandhaltungsund Erneuerungsstrategien von den Netzbetreibern entwickelt und umgesetzt werden. Das Land sollte diesen Prozess aktiv unterstützen, um so die Versorgungssicherheit im Saarland auch in der Zukunft zu gewährleisten."

Vorbemerkung der Landesregierung:

Bei den Ereignissen im Münsterland Ende November 2005 kam es in Folge außergewöhnlicher Wetterverhältnisse zu starken Beschädigungen im dortigen Hoch- und Mittelspannungsnetz und damit weiträumigen, mehrtägigen Stromausfällen.

In der Presse wurde vielfach über einen Zusammenhang zwischen den zu Bruch gegangenen Masten und Materialproblemen bei Thomasstahl berichtet. Nach Darstellung des von der RWE Energy AG beauftragten, staatlich anerkannten Gutachters Prof. Dr.-Ing. Georg Thierauf wird Materialversprödung, die bei Thomasstahl auftreten kann, als Ursache der Mastbrüche jedoch ausgeschlossen. Allein die extreme Wetterlage mit enormen Schnee- und Nassschneemengen in Kombination mit starken Windböen führte zur Überlastung und zum Bruch der Bauteile. Die festgelegten Belastungsgrenzwerte wurden bis zum 14,4-fachen überschritten.

Bezüglich der Thomasstahlthematik ist anzumerken, dass dieser Werkstoff bis Ende der 1960er Jahre bei vielen Bauwerken verwendet wurde. Heute ist bekannt, dass Thomasstahl eine Neigung zu Versprödung besitzt, die in Folge erhöhter Stickstoffansammlung auftreten kann.

Ausgegeben: 09.05.2006 (30.01.2006)

Bei den labortechnischen Untersuchungen von Proben aus dem Münsterland konnten zwar vereinzelt erhöhte Stickstoffgehalte nachgewiesen werden, die erforderliche Festigkeit war jedoch gegeben.

Da Detailkenntnisse zu den Leitungsmasten der Landesregierung nicht vorliegen, beruhen die diesbezüglichen Antworten im Wesentlichen auf Informationen der Netzbetreiber.

Wie haben sich in den letzten zehn Jahren die Investitionen der Netzbetreiber im Saarland im Vergleich zu anderen Bundesländern und dem Bund entwickelt?

Zu Frage 1: Die Investitionen der saarländischen Netzbetreiber in den vergangenen 7 Jahren ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle:

Weiter zurückliegende Investitionen der saarländischen Netzbetreiber und Daten aus anderen Bundesländern liegen der Landesregierung nicht vor.

Die bundesweiten Investitionen in die Stromnetze betragen laut Angabe des Verbandes der Netzbetreiber VDN e.V. ca. 2 Mrd. pro Jahr.

Wie haben sich die Nutzungsentgelte im Durchschnitt in den letzten zehn Jahren im Saarland im Vergleich zu anderen Bundesländern entwickelt?

Zu Frage 2: Erst mit der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts 1998 wurde die diskriminierungsfreie Öffnung der Netze für Dritte vorgeschrieben und die Berechnung von Netznutzungsentgelten erforderlich. Es bedurfte jedoch einer mehrfach überarbeiteten Verbändevereinbarung bis im Jahr 2001 bundesweit von in Grundzügen systematisch ermittelten Netzentgelten ausgegangen werden konnte.

Die ab diesem Zeitpunkt von Verbraucherverbänden und Kartellbehörden erhobenen Daten zeigten und zeigen große Preisspreizungen (Unterschiede von heute noch bis zu 150 Prozent). Nachdem die Netzentgelte bis Ende 2003 bundesweit gestiegen waren, lag nach einer Erhebung des Bundesverbandes der Energieabnehmer (VEA) das Durchschnittsentgelt für mittelständische Mittelspannungskunden im Saarland mit 3,17 Ct/kWh über dem Bundesdurchschnitt von 2,92 Ct/kWh. Während sich seither die Netzentgelte bundesweit durchschnittlich weiter leicht erhöhten, blieben die Entgelte im Saarland bei der Mehrzahl der Netzbetreiber stabil und wurden in anderen Fällen z.T. spürbar abgesenkt. Daher hat sich die Differenz inzwischen verringert: 3,08

Ct/kWh im Saarland, 2,94 Ct/kWh bundesweit.

Die Betrachtung arithmetischer Durchschnittswerte (ohne Gewichtungen durch Absatzmenge und/oder Kundenzahl) ist jedoch äußerst fragwürdig. So kommen in den Durchschnittswerten weder die Sonderregelungen für anschlusstechnisch günstig liegende Betriebsstandorte zum Ausdruck, noch die Tatsache, dass der regionale Netzbetreiber und einige Stadtwerke unterdurchschnittliche Netzentgelte erheben.

Darüber hinaus sind nur Vergleiche zwischen nach bestimmten Strukturklassen sortierten Unternehmen sinnvoll, nicht aber die Sortierung nach Landeszugehörigkeit. Der Vergleich innerhalb der Strukturklassen findet gemäß der Zweiten Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts 2005 Eingang in die von den Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder zurzeit durchzuführenden Netzentgeltgenehmigungsverfahren, über die noch keine Auskunft gegeben werden kann.

Wie viele Leitungsmasten gibt es im Saarland, die aus dem gleichen Material hergestellt sind wie diejenigen, die im Münsterland zu Bruch gegangen sind, und wie verteilen sie sich in der Fläche?

Zu Frage 3: Wie bereits in der Vorbemerkung erwähnt, sind die Mastbrüche im Münsterland nicht auf Materialfehler zurückzuführen und somit nicht auf Maste aus Thomasstahl beschränkt. Etwa die Hälfte der betroffenen Mastsysteme wurden aus Thomasstahl gefertigt, der Rest aus Stahlsorten, die nicht diese Versprödungsneigung besitzen.

Da die Datenerhebungen bei den öffentlichen Netzbetreibern im Saarland, insbesondere im Mittel- und Niederspannungsbereich, noch nicht abgeschlossen sind, können noch keine endgültigen Angaben zu der Anzahl der Masten aus Thomasstahl gemacht werden. auszubessern. Nach dem Sanierungsplan werden die betroffenen Maste in 3 Prioritätsstufen eingeteilt und entsprechend der Kategorisierung zeitlich gestaffelt bis spätestens 2015 saniert. Im RWE-Höchstspannungsnetz wurden bereits 176 Maste saniert. Die VSE AG wird bis Ende 2006 im Hochspannungsnetz alle Maste der Prioritätsstufe 1 - d.h. 92 Maste - ausbessern.

Welche Investitionen sind in das saarländische Stromnetz in den kommenden fünf Jahren geplant (Bitte aufschlüsseln nach Erhaltungsinvestitionen, Erweiterungsinvestitionen zur inländischen Versorgungssicherheit, Erweiterungsinvestitionen zum internationalen Stromaustausch und Erweiterungsinvestitionen auf Grund des Ausbaus der Windenergie)?

Zu Frage 5: Die saarländischen Netzbetreiber haben für die kommenden fünf Jahre Erhaltungsinvestitionen von insgesamt 284 Mio. geplant, die sich wie folgt verteilen. Planungen für Erweiterungsinvestitionen im Inland gibt es derzeit nicht, da kein Bedarf besteht. Ebenso gibt es keine grenzüberschreitenden Erweiterungsplanungen für den internationalen Stromaustausch. Grundsätzlich sind die Netzerweiterungsmaßnahmen aufgrund von Windkraftanlagen vom weiteren Zubau abhängig. Diesbezügliche Planungen von Seiten der Netzbetreiber bestehen derzeit nicht.

Welche Aktivitäten unternimmt die Landesregierung, um die Sicherheit der Energieversorgung im Saarland zu gewährleisten, und wie intensiv gestaltet sich der Informationsaustausch mit den Netzbetreibern?

Zu Frage 6: Maßgebliche rechtliche Grundlage für die Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung in Deutschland ist das Energiewirtschaftsgesetz. Danach sind Energieanlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten und zu betreiben. Im Falle der Stromversorgung sind insbesondere die technischen Regeln des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik e.V. einzuhalten.

Stromleitungsnetze werden von den Netzbetreibern im Rahmen ihrer Eigenverantwortung regelmäßig überprüft und instandgehalten. So wird beispielsweise das Netz der VSE AG jährlich ein Mal beflogen. Ein Mal jährlich werden die Freileitungstrassen begangen. Alle 5 Jahre werden die Maste bestiegen und kontrolliert.

Die Landesregulierungsbehörde und die Energieaufsicht haben im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung auf der Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes ständigen und intensiven Kontakt mit der Energiewirtschaft und den Energieverbänden. Darüber hinaus findet seit Jahren ein Meinungsaustausch zwischen Politik und Energiewirtschaft sowie den Energieverbänden im Rahmen des saarländischen Energiedialoges statt.

Der Arbeitskreis „Energiepolitik" bereitet derzeit für die Wirtschaftsministerkonferenz am 07. und 08.06.2006 einen Bericht zu der Frage vor, ob und auf welche Weise die Wahrnehmung der Aufsicht über die Netze wirksamer gestaltet werden kann.