Lebensarbeitszeitkonto in der Sozialgesetzgebung

Vorbemerkung des Fragestellers: „In der Bund-Länder Konferenz vom 22. Juni 2005 wurde beim Treffen der Körperschaftsteuerreferenten das Thema Arbeitszeitkonten für Gesellschafter-Geschäftsführer erörtert. Bei dieser Konferenz war auch das Saarland vertreten. Es wurde festgehalten, dass Arbeitszeitkonten, die der Entgeltumwandlung dienen, für Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich zulässig sind, wenn sie den Kriterien der Körperschaftsteuerrichtlinien zu § 8 Abs. 3 S. 2 KStG entsprechen.

Entgegen dieser Vereinbarung stellt das saarländische Ministerium der Finanzen in einem Schreiben vom 21.10.2005 fest, dass auf Lebensarbeitszeitkonten die allgemeinen Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung anzuwenden sind.

Im Gegensatz zum Saarland wird in Rheinland Pfalz die körperschaftsteuerliche Anrufungsauskunft mit Einschränkungen positiv beschieden, was die Einbringung von Urlaubstagen und Überstunden betrifft. Ebenso wird dort festgestellt, dass die Einrichtung von Arbeitszeitkonten allen Arbeitnehmern, also auch Gesellschafter-Geschäftsführern, offen steht."

Vorbemerkung der Landesregierung:

Durch das Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 6. April 1998 (BGBl. I 1998, S. 688) wurden Lebensarbeitszeitkonten als eine langfristige Form der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland eingeführt. Der Arbeitnehmer kann seitdem durch den Verzicht auf die sofortige Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns (Überstundenvergütungen, Sonderzahlungen, Tantiemen) oder durch Umwandlung seines Arbeitsentgelts Vermögen ansparen, welches für die Finanzierung einer Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden kann.

Die Modelle sind so gestaltet, dass in der ersten Phase ­ der sog. Ansparphase ­ der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Tätigkeit in unveränderter Art und unverändertem Umfang weiter verrichtet, seine bisher vereinbarte Geschäftsführervergütung jedoch gekürzt wird. Der vereinbarte Kürzungsbetrag wird vom Arbeitgeber einbehalten und auf dem Arbeitszeitkonto entweder in Geld oder in Zeit gutgeschrieben. Teilweise werden auch nicht in Anspruch genommene Urlaubstage sowie Einmal- und Sonderzahlungen (z. B. Tantiemen) in die Konten eingestellt.

In der zweiten Phase ­ der Auszahlungsphase ­ beansprucht der GesellschafterGeschäftsführer sein Guthaben. Er wird unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeit freigestellt; entsprechend der Auszahlung der Bezüge verringert sich das Guthaben auf dem Konto.

Eine Anpassung des Steuerrechts an diese Neuregelung erfolgte seinerzeit durch den Bundesgesetzgeber nicht.

Infolge vermehrt gestellter Anträge auf verbindliche Auskünfte zur steuerlichen Behandlung von flexiblen Arbeitszeitkontenmodellen erörterten die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder auf der Sitzung der Lohnsteuer-Referatsleiter vom 15. bis 17.9.2004 die mit der Führung von Lebensarbeitszeitkonten zusammenhängenden lohnsteuerlichen Fragen. Über das Ergebnis dieser lohnsteuerlichen Beurteilung habe ich die saarländischen Finanzämter mit (verwaltungsinternem) Erlass vom 2.12.2004 unterrichtet.

Die Führung von Arbeitszeitkonten zur Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit steht grundsätzlich auch angestellten Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der sie selbst als Gesellschafter beteiligt sind (sog. Gesellschafter/Geschäftsführer), zur Verfügung. Bei Arbeitszeitkontenmodellen dieses Personenkreises treten indes - außer lohnsteuerlichen Fragen - auch körperschaftsteuerliche Fragen auf: Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Körperschaftsteuerrechts kann bei Gesellschafter/Geschäftsführern eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, so dass der angebliche Lohn/Lohnbestandteil zu einer Gewinnausschüttung umqualifiziert wird, wenn die Vereinbarung über die Führung des flexiblen (Lebens-) Arbeitszeitkontos auf gesellschaftsrechtlicher Veranlassung beruht. Diese Auffassung wurde von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder auf der Sitzung der Körperschaftsteuer-Referatsleiter vom 20. bis 22.6.2005 bestätigt und inhaltlich unverändert in den Erlass des saarländischen Ministeriums der Finanzen vom 21.10.2005 übernommen. Für den Bereich der rheinland-pfälzischen Finanzverwaltung ist die Oberfinanzdirektion Koblenz mit (verwaltungsinterner) Rundverfügung vom 11.4.2006 ebenso verfahren.

Zur Prüfung von Einzelfragen und zur Vorbereitung einer bundeseinheitlichen Verwaltungsanweisung haben die Körperschaftsteuer-Referatsleiter auf ihrer Sitzung vom 7. bis 9.2.2006 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, die ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat. Um dieser bundeseinheitlichen Verwaltungsanweisung nicht vorzugreifen, haben die Körperschaftsteuer-Referatsleiter ­ wie in diesen Fällen üblich ­ ebenfalls beschlossen, dass Anträge auf Erteilung verbindlicher Auskünfte von den Finanzämtern zurückgestellt werden sollen.

Wie beurteilt die saarländische Landesregierung die Tatsache, dass entgegen dem Beschluss der Bund-Länder-Konferenz die bundeseinheitliche Regelung im Saarland bisher noch nicht umgesetzt worden ist?

Zu Frage 1: Zur steuerlichen Behandlung von Lebensarbeitszeitkonten von Gesellschafter/Geschäftsführern ist bisher kein zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmtes Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ergangen.

Damit war eine Umsetzung für den Bereich der saarländischen Finanzverwaltung bisher nicht erforderlich.

Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass die körperschaftsteuerliche Anrufungsauskunft im Saarland gänzlich anderes beschieden wird als in Rheinland-Pfalz und keine körperschaftsteuerliche Anerkennung erfolgt?

Zu Frage 2: Das Rechtsinstitut der Anrufungsauskunft - vergleichbar der Anrufungsauskunft für Arbeitgeber im Lohnsteuerrecht (§ 42 e des Einkommensteuergesetzes) - ist dem Körperschaftsteuerrecht fremd. Körperschaftsteuerliche Fragen können im Vorfeld von Gestaltungen einzelner Sachverhalte rechtsverbindlich nur durch Erteilung einer Auskunft mit Bindungswirkung nach Treu und Glauben (verbindliche Auskunft) geklärt werden. Die Körperschaftsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben bereits auf ihrer Sitzung vom 5. bis 7.4.2005 beschlossen, dass im hier gegebenen Zusammenhang Anträge auf Erteilung verbindlicher Auskünfte von den Finanzämtern zurückzustellen sind. Diesen Beschluss haben sie auf ihrer jüngsten Sitzung vom 20. bis 22.6.2006 nochmals bekräftigt. Über eine hierzu in Widerspruch stehende Verwaltungspraxis der rheinland-pfälzischen Finanzbehörden, solcherlei Anträgen zu entsprechen, ist hier nichts bekannt.

Warum werden die allgemeinen Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung bei einer körperschaftsteuerlichen Anrufungsauskunft nicht im Einzelfall geprüft?

Zu Frage 3: Zum einen ist das Rechtsinstitut der „Anrufungsauskunft" dem Körperschaftsteuerrecht fremd.