Maßnahmen der Landesregierung gegen die Verbreitung der Partydroge GBL
Vorbemerkung der Fragestellerin: „Zunehmend wird die Partydroge GBL (Gamma-Butyrolacton) in unterschiedlichen Szenen, u.a. in der TechnoSzene konsumiert. Sie wird als ideale Kurzzeit-Partydroge ohne die bei anderen Drogen auftretenden beeinträchtigenden Nachwirkungen angepriesen.
Gamma (Y)-Butyrolacton oder GBL wird hauptsächlich als Lösungsmittel in der Industrie eingesetzt. Daneben wird es als Prodrug des Betäubungsmittels GHB verwendet; in Deutschland wird die Abgabe von GBL daher durch das so genannte Monitoring überwacht. Aufgrund seines Aufbaues im menschlichen Körper zu GHB wurde es nach dem Verbot von GHB (Gamma-Hydroxybutteryäure) als Ersatz in Fitnesspräparaten eingesetzt. GHB fällt seit dem 1. März 2002 in Deutschland unter die betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen, GBL hingegen nicht.
GBL erzeugt bei Aufnahme geringer Mengen einen Rausch, der dem Alkoholrausch ähnelt, wobei die Dosierung entscheidend ist für die Wirkung. Höhere Dosen führen zu einem narkotischen Zustandsbild. GBL kann zu einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit führen.
Die Wirkung ist abhängig von der persönlichen Konstitution der Konsumentinnen und Konsumenten. Besonders gefährlich kann der Mischkonsum z. B. mit Alkohol, Opiaten und anderen legalen oder illegalen Suchtstoffen werden, da dies lebensbedrohliche Wirkungen erzeugen kann. Eine ebenfalls lebensgefährliche Wechselwirkung wird bei einem Mischkonsum zwischen antiretroviralen Medikamenten und GHB/GBL erzeugt. Der Medienberichterstattung ist zu entnehmen, dass der Konsum von GBL in anderen Ländern mittlerweile zu einer Reihe von Todesfällen geführt hat."
Vorbemerkung der Landesregierung: GHB ist auf Grund seiner internationalen Unterstellung unter das UN-Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe seit dem 01.03.2002 in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eingestuft worden und wird unter anderem auch in der klinischen Anästhesie eingesetzt.
GBL ist nicht dem BtMG unterstellt. Es wird in sehr großem Umfang als Synthesebaustein, Lösungsmittel, Zusatzstoff o.ä. in der chemischen, pharmazeutischen, Textil- und Kosmetikindustrie eingesetzt. Die Unterstellung unter das BtMG mit seinen strengen Auflagen würde den breit gefächerten Einsatz dieser Massenchemikalie unmöglich machen. In vielen Fällen ist der Einsatz von GBL als Industriechemikalie auf Grund seiner sehr guten Eigenschaften als Lösungsmittel und seiner geringen Toxizität jedoch unerlässlich.
Die Kontrolle der Vertriebswege des GBL erfolgt über ein bewährtes europaweites Monitoringsystem in Form einer freiwilligen Selbstkontrolle, dem sich Handel und Industrie angeschlossen haben mit dem Ziel der Verhinderung der Abzweigung dieser Chemikalie für die unerlaubte BtM-Herstellung. Dieses System soll insbesondere den Erwerb von GBL durch Individualpersonen - also ohne offensichtlich legalen, produktionsbedingten Hintergrund vermeiden. Das freiwillige Kontrollsystem hat sich in einer Vielzahl von versuchten Abzweigungsversuchen zumindest in Deutschland bewährt.
Wie viele Vergiftungserscheinungen und Todesfälle sind im Saarland bekannt, die auf den Konsum von GBL zurückzuführen sind?
Zu Frage 1: Weder den saarländischen Suchtberatungsstellen, noch den Akutkrankenhäusern der regionalen Versorgung sind Vergiftungen oder Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von GBL bekannt. Lediglich zwei Suchtfachstellen haben im Rahmen ihrer Beratungen Kenntnis von 7 Klienten erhalten, die einen (freiwilligen und sporadischen) Konsum von GBL angegeben haben. Darunter waren auch einige Notfallversorgungen, die - nach Darstellung der Klienten - im Zusammenhang mit einem Mischkonsum verschiedener Drogen erfolgten. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) und die „Falldatei Rauschgift" (FDR) der saarländischen Polizei weisen keine Fälle mit Bezug zu GBL auf.
Was gedenkt die Landesregierung gegen den zunehmenden Gebrauch des Lösungsmittels GBL zu unternehmen?
Zu Frage 2: Wie in der Vorbemerkung der Antragstellerin und der Landesregierung schon ausgeführt, wird GBL aufgrund seiner für industrielle Anwendungen vorteilhaften Eigenschaften in sehr großem Umfang eingesetzt. Dabei stellt das genannte Monitoringsystem nach Einschätzung des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein bewährtes und europaweit eingesetztes Kontrollsystem gegen die Abzweigung der Chemikalie dar. Auch im Saarland sind keine missbräuchlichen Abzweigungen der Substanz bekannt.
Missbrauchsfälle sind zwar nicht sicher auszuschließen, doch kann z. B. auch ein einfaches Feuerzeug zwecks Inhalation des Gases oder Klebstoff zwecks „Schnüffeln" missbraucht werden. Die von GBL ausgehende Missbrauchsgefahr ist damit nicht „GBL-spezifisch". Die saarländische Landesregierung teilt allerdings insoweit die Einschätzung des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dass die in aller Regel funktionierenden Kontrollmechanismen insbesondere das bereits angesprochene Monitoringsystem gegen die Abzweigung der Chemikalie ein hinreichend wirksames System zur missbräuchlichen Verwendung von GBL darstellen.
Liegen Zahlen für das Saarland über den Missbrauch von GBL als "K.O.-Tropfen" vor?
Zu Frage 3: Es wird zum einen auf die Ausführungen zur Frage 1 verwiesen.
Im Saarland ist kein Fall über den Missbrauch von GBL als „K.O-Tropfen" bekannt. Es wird allerdings auf eine mögliche Dunkelfeld-Problematik hingewiesen. Stoffe wie GBL sind bisher nur wenige Stunden nach der Einnahme im Körper (Blut, Urin) nachweisbar. Bei entsprechender Dosierung kann eine Bewusstseinsstörung hervorgerufen werden, die in der Folge zu einer späten Anzeigenerstattung und damit einem Mangel beim Nachweis der Substanz führen kann. Auch das Schamgefühl der Opfer kann ursächlich für Nichtanzeigen von Verdachtsfällen gegenüber Strafverfolgungsbehörden sein.
Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote existieren für die Opfer von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen im Zusammenhang mit der Einnahme von GHB/GBL?
Zu Frage 4: Den Beratern in den saarländischen Suchtfachstellen sind die beiden Substanzen weitgehend bekannt, sodass bei Anfragen beschriebene Symptome differentialdiagnostisch und in der Beratung berücksichtigt werden. Die Clearingstelle hat dennoch die Suchtfachstellen anlässlich der Anfrage spezifisch auf die Substanzen und auf die mögliche Problematik durch Einnahme/Verabreichung der Substanzen aufmerksam gemacht.
Beide Substanzen scheinen vorwiegend im Schwulenmilieu als Sexualstimulanz eingesetzt zu werden. Die Aidshilfe Saar hält hierzu spezielle Beratungsmöglichkeiten und einen spezifischen Flyer zu den o. g. Stoffen vor.
Im Rahmen des polizeilichen Opferschutzes werden die Betroffenen von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen als Verletzte im Strafverfahren über ihre Rechte aufgeklärt und einzelfallbezogen über Beratungs- und Hilfsangebote staatlicher und nicht-staatlicher Einrichtungen informiert.
Für den Umgang mit Vergewaltigungsopfern steht den Polizeibeamten/Polizeibeamtinnen eine Handlungsempfehlung zur Verfügung.
Welche Informations- und Aufklärungsangebote über den Missbrauch und die Gefahr von sexuellen Übergriffen im Zusammenhang mit dem Konsum von GBL bestehen?
Zu Frage 5: Wir verweisen zunächst auf die Ausführungen zu Frage 4.
Beim Landeskriminalamt werden neben der Drogenprävention u.a. auch in den Deliktsbereichen „Sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen" Präventionsmaßnahmen angeboten. Die Maßnahmen werden zielgruppenorientiert und in der Regel in Kooperation mit anderen Präventionsträgern umgesetzt. Zielrichtung und Schwerpunkte polizeilicher Präventionsmaßnahmen orientieren sich u.a. an der Kriminalitätsund der Bedürfnislage der Bürgerinnen und Bürger. Hierbei soll insbesondere neuen Kriminalitätsphänomenen und sich verändernden Bedingungen Rechnung getragen werden. So werden von Verantwortlichen des Landeskriminalamtes und der Landespolizeidirektion im Rahmen der Drogenprävention bei Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen an interessierte Eltern und Lehrer auch Informationen zur GHB/GBL -Problematik übermittelt.
Hat das LKA das Thema Missbrauch von GHB/GBL in die polizeiinterne Fortbildung aufgenommen?
Zu Frage 6: Die Sachbearbeiter zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität werden auf Lehrgängen und Fachtagungen des BKA bzw. im Rahmen sonstiger Fortbildungsangebote außerhalb des Saarlandes aus- und fortgebildet. U.a. werden Fragen zur Zusammensetzung und Wirkung von Betäubungsmitteln thematisiert und Erkenntnisse ausgetauscht. Das gilt auch in besonderem Maße für GHB/GBL. Darüber hinaus werden Polizeibeamte vom "Drogenbeauftragten für den Straßenverkehr" der Landespolizeidirektion ausbzw. fortgebildet.