Vollzugsgestaltung

Die durchschnittliche Verweildauer im Jugendvollzug beträgt bis zum Zweidrittelzeitpunkt der Strafe 13 Monate, bis zum Strafende 20 Monate.

Als Intensivtäter werden 40 % der Insassenpopulation beurteilt. 60 % wurden nicht im klassischen Sinne deutsch sozialisiert. Fast 50 % haben die Sonderschule besucht. Einen Schulabschluss jeglicher Art haben nicht erreicht fast 80 %. Knapp 20 % haben Erfahrungen in der beruflichen Bildung, allerdings verfügt kein Insasse über einen Berufsabschluss. 95 % der Insassen haben nicht einmal ein Jahr draußen gearbeitet.

Aus diesem Insassenprofil wird deutlich, wie dramatisch sich mittlerweile der Grad der Bildungs- und Kulturferne der Jugendstrafgefangenen darstellt und welches Maß an Anstrengungen nötig ist, um hier zu einem verbesserten Ergebnis der Eingliederungschancen zu kommen. Das stationäre Setting des Jugendvollzuges muss dazu genutzt werden, in einem kurzen Zeitraum von durchschnittlich einem Jahr Gefangene zur Mitarbeit zu motivieren, sich in Basis-Kulturfähigkeiten zu bilden und ­ wo möglich ­ auch in ihren beruflichen Qualifikationen zu fördern.

Seit April 2004 befindet sich die Teilanstalt Jugendvollzug im so genannten Haus IV der Justizvollzugsanstalt Bremen, Standort Oslebshausen. Das Gebäude hat drei Flügel und ist durch eine Mauer vom übrigen Gelände abgetrennt. Das Trennungsgebot wird dadurch im Bereich der Unterbringung eingehalten. Auch im Bereich der schulisch-berufliche Maßnahmen wird das Trennungsgebot eingehalten, da sich die Maßnahmen entweder im Gebäude des Hauses IV oder in räumlich abgetrennten Bereichen auf dem Gelände des Standortes Oslebshausen befinden. Sämtliche Freizeitmaßnahmen werden regelmäßig im Haus IV, das Sportangebot zeitversetzt in der Anstaltssporthalle bzw. im Freigelände der Anstalt durchgeführt (siehe zusammenfassend unter 3.)

Vollzugsgestaltung:

Die Gestaltung des Jugendstrafvollzuges richtet sich nach den Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes (JGG), den bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften für den Jugendstrafvollzug (VVJug), dem Strafvollzugsgesetz und der Untersuchungshaftvollzugsordnung

Der Auftrag des Jugendvollzuges ergibt sich aus § 91 Abs. 1 JGG, wonach der Gefangene durch den Vollzug der Jugendstrafe dazu erzogen werden (soll), künftig einen rechtschaffenden und verantwortungsbewussten Lebenswandel zu führen.

Die erzieherische Ausgestaltung gilt auch für die Untersuchungshaft (§ 93 Abs. 2; Nr. 80 Die in Abs. 2 des § 91 JGG genannten Erziehungsgrundlagen (Ordnung, Arbeit, Unterricht, Sport, Freizeitgestaltung) dienen als Eckpfeiler der Konstruktion einer Vollzugsrealität. Sie werden in der Teilanstalt Jugendvollzug und humanen Jugendvollzuges, der das Vollzugsziel mit Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit und logischer Folgerichtigkeit im Auge behält. Der Jugendstrafgefangene wird hinsichtlich seiner geäußerten Einstellungen und der mit absteigender eigener Definitionsmacht: Er kann als Partner auf Augenhöhe, als anzuleitendes Erziehungssubjekt oder als hilfebedürftiger Rehabilitand gesehen werden.

Im Zentrum aller Überlegungen steht dabei die Erweiterung des Verhaltensrepertoires des Jugendstrafgefangenen in Richtung eines legalen Verhaltens durch kontinuierliche Verhaltensrückmeldung und Eröffnung von Bildungs- und Erprobungsmöglichkeiten, um sich und die umgebende Gesellschaft besser oder neu kennen- und einschätzen zu lernen. Bildung als Teilhabe an Kultur ist damit das gesellschaftliche Angebot an den Jugendstrafgefangenen, ohne Straftaten zu leben. Bildung unter den Bedingungen eines stationären Settings bedeutet für jeden engagierten Vollzugsmitarbeiter die geradezu laborhafte Auseinandersetzung mit der Gegenpropaganda der kriminellen Subkultur außerhalb und innerhalb der Institution Jugendvollzug. Aus diesem Spannungsverhältnis ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit, alle Betreuungs-, Erziehungs- und Behandlungsmaßnahmen in ihrer Kontur zu schärfen und hinsichtlich der Effekte rational zu überprüfen. Hierzu gehört auch die Festlegung der Freiheitsgrade (vgl. auch § 91 Abs. 3 JGG), in denen sich die Auseinandersetzung mit dem einzelnen Jugendstrafgefangenen abspielt.

Aufgrund der entwicklungs- und sozialpsychologischen Besonderheiten der Zielgruppe der 14- bis 24-jährigen Insassen sind die Mitarbeiter des Jugendvollzuges besonderen Anforderungen ausgesetzt, die bei der Auswahl und deren Einsatz berücksichtigt werden (§ 91 Abs. 4 JGG).

Die Teilanstalt Jugendvollzug mit 34 Untersuchungshaftplätzen und 60 Haftplätzen im Bereich der Jugendstrafhaft wird vom stellvertretenden Anstaltsleiter der JVA Bremen als Vollzugsleiter geleitet. Die Besonderheiten der erzieherischen Ausrichtung des Jugendvollzuges werden durch die Einrichtung von Erziehungsgruppen und die Zuordnung von Fachkräften (Psychologen, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen) herausgestellt. Geeignete Insassen können unter den Bedingungen des offenen Vollzuges erprobt werden (Vollzugsabteilung 27 am Standort Am Fuchsberg). Werden mehr als fünf Jugendstrafgefangene in der Vollzugsabteilung 27 untergebracht, so erfolgt ihre Unterbringung in einem räumlich abgetrennten Unterkunftsbereich im Pavillon. Ansonsten werden die Insassen nach Einzelprüfung und mit Zustimmung des Vollstreckungsleiters für den Jugendvollzug (§ 82 JGG) einem Unterkunftsbereich der Vollzugsabteilung 27 zugewiesen.

Die dem Jugendvollzug zugeordneten Bediensteten werden durch die Infrastruktur der Gesamtanstalt (z. B. medizinischer Dienst, Sport, Transport, Sicherheitsdienst, in die Abläufe der JVA Bremen unter Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Besonderheiten wegen der Erfordernisse des sparsamen Umgangs mit Personal- und Sachmittelressourcen unabdingbar. Die Personalentwicklung der JVA Bremen gewährleistet den Einsatz geeigneter Mitarbeiter auch in der Teilanstalt Jugendvollzug.

2. Grundsätze und Rahmenziele der Vollzugsgestaltung:

Der Jugendvollzug folgt dem Grundsatzziel der Gewährleistung eines modernen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Erkenntnissen verpflichteten differenzierten Justizvollzuges, der auf der Basis des Sicherheitsinteresses der und Bediensteten berücksichtigt und den Ansprüchen der Verbesserung des wirtschaftlichen Ressourceneinsatzes und der Steigerung der Leistungsfähigkeit des Justizvollzuges gerecht wird.

In der Teilanstalt Jugendvollzug werden folgende Grundsätze realisiert:

Individualisierung des Vollzuges:

Der Jugendvollzug berücksichtigt die individuellen Voraussetzungen des Insassen für die Erreichung des Vollzugszieles und die sich daraus ergebenden Entwicklungsmöglichkeiten. Dabei werden evtl. bestehende subkulturelle Bindungen oder Haltekräfte nicht vernachlässigt.

Differenzierung des Vollzuges:

Es wird eine angemessene Binnendifferenzierung zur Realisierung gesetzlich sowie zur Unterstützung der Erziehungs- bzw. Behandlungseffekte praktiziert. Dies bedeutet, dass der Jugendstrafgefangene während seiner Haft aufgrund seines Betreuungs- bzw. Sicherheitsstatus unterschiedlichen Maßnahmen sowie Vollzugsbereichen zugewiesen wird.

Sachmittel- und Personalressourcenoptimierung:

Auch der Jugendvollzug muss sich innerhalb des gesetzlichen Auftrages der Notwendigkeit eines wirtschaftlichen Ressourceneinsatzes stellen.

Qualitätssicherung und Leistungssteigerung:

Zur Vollzugsgestaltung gehört die Berücksichtigung von Qualitätsstandards und eine nachweisbare Leistungsfähigkeit (Controlling).

Rahmenziele:

Die Rahmenziele spiegeln die Koordinaten, in denen sich die Gestaltung des Vollzuges abspielt, wider. Als Ziele beschreiben sie teilweise auch einen Entwicklungsweg, in dessen Richtung die weitere Arbeit gehen soll. Jedes Rahmenziel soll dabei die oben formulierten Grundsätze aufgreifen.

Rahmenziel Sicherheit Individualisierung: Jeder Insasse wird hinsichtlich seines Sicherheitsstatus beurteilt. Die Unterbringung erfolgt ausschließlich in Einzelhafträumen.

Differenzierung: Es sind Vollzugsbereiche mit unterschiedlichen Sicherheitsstandards vorhanden, und zwar für die Bereiche Zugang Untersuchungshaft in der Jugendvollzugsgruppe 28-1, Ebene B, Zugang Strafhaft in der Jugendvollzugsgruppe, geschlossene Strafhaft, gelockerter Bereich C-Flügel und offener Vollzug in der Vollzugsabteilung 27 (Am Fuchsberg). Für Gefangene, die sich oder andere gefährden oder das Regelwerk der Anstalt verletzten, werden besonders gesicherte Hafträume vorgehalten.

Wirtschaftlichkeit: Personalausstattung und Sicherheitstechnik richten sich nach dem festgelegten Sicherheitsstandard der Vollzugsbereiche. Die Übersichtlichkeit der Hafträume ist gewährleistet, sodass die vorgeschriebenen Kontrollen effektiv realisiert werden können. Die per Hausordnung festgelegte Haftraumausstattung minimiert die Brandlast.

Leistungsfähigkeit: Jeder Haftraum wird einmal wöchentlich revidiert. Jeder Insasse wird vor Beginn von Lockerungen und Urlaub sowie bei Rückkehr in die Anstalt körperlich durchsucht. Die Kontrolle jedes Gefangenen bei Eintritt in den Unterkunftsbereich wird angestrebt, um das Einbringen verbotener Gegenstände oder Drogen zu unterbinden.

Rahmenziel Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Bediensteten vertraut.

Fachdienste und Führungskräfte nehmen an der Gleitzeitregelung (Tagesdienst) teil. Es wird erwartet, dass jeder Tagesdienstleistende mindesten an einem Wochentag Dienst in den Abendstunden, d. h. bis zum Einschluss der Gefangenen verrichtet. Es werden mindestens für die Jugenduntersuchungshaft und -strafhaft feste Mitarbeiterteams gebildet, die die Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten der Bediensteten berücksichtigen. Ein Wechsel von Mitarbeitern innerhalb des Jugendvollzuges ist zur Abwendung von Betriebsblindheit und Kompetenzverengung erwünscht. Ein Wechsel in andere Bereiche der JVA Bremen ist möglich bzw. aufgrund der Gegebenheiten der Gesamtanstalt nötig.

Die Kriterien der Differenzierung der Insassen unter Sicherheits- und Betreuungsgesichtspunkten sind transparent und verbindlich, sodass die Arbeitsinhalte darauf Bezug nehmen.

Wirtschaftlichkeit: Die Personalbemessung (im allgemeinen Vollzugsdienst) richtet sich nach einer transparenten Personalbedarfsrechnung unter Berücksichtigung der zu leistenden Betriebsstunden und den durchschnittlichen tatsächlichen Jahresarbeitsstunden eines Mitarbeiters. Die besonderen Aufgaben des Jugendvollzuges werden bei der Zuweisung von Personal berücksichtigt. Die Dienstplangestaltung ist verbindlich und verlässlich. Überstunden werden zeitnah abgebaut.

Leistungsfähigkeit: Es werden besonders befähigte, belastbare Bedienstete eingesetzt, die einen konsequenten, humanen Jugendvollzug realisieren. Die Grundlage der Gestaltung ist der für Insassen und Mitarbeiter verbindliche und transparente Vollzugsplan mit seinen Fortschreibungen. Das gültige Regelwerk wird von allen werden gewährleistet. Übergaben, Besprechungen und Konferenzen gewährleisten Informationsaustausch und mögliche Verbesserungen in Arbeitsabläufen und -ergebnissen.

Rahmenziel Versorgung der Gefangene Individualisierung: Grundsätzlich ist das Tragen von Privatkleidung erlaubt. Jeder Insasse kann seinen Einzelhaftraum unter Berücksichtigung der Übersichtlichkeit bzw. Sicherheit und Brandlast individuell gestalten.